Free-Agency 2014, Tag 2: Das Fenster bleibt offen

Tag 2 im Milliardengeschäft des NFL-Transfermarkts, und noch immer wartet eine Position darauf, den ersten Megavertrag zu bekommen: Running Back, die gute alte Nische der schnauzbärtigen NFL-Pundits, die uns weismachen wollen, dass der moderne Kram mit der passing league bloß eine Erfindug der Zahlenschieber ist. Fakt ist: Während für mittelmäßige Cornerbacks 10 Mio/Jahr ausgegeben werden um den Pass stoppen zu können, sah bisher genau ein einziger Running Back überhaupt 10 Millionen in der Free-Agency 2014: Toby Gerhart, der das allerdings über drei Jahre kassiert…

Dafür liefen die Verträge für Passrusher, Defensive Backs und Offensive Tackles heiß. Es wurden zwar keine rekordverdächtigen Summen ausgepackt, aber die schiere Masse an Verträgen um die 7-10 Mio/Jahr ist schon auffällig und hängt zwangsläufig mit der massiv angehobenen Salary-Cap 2014 zusammen.

Zum Markt bei den Defensive Backs kann ich noch nicht viel Gehaltvolles analysieren: Der auffälligste Deal war Jairus Byrd nach New Orleans, aber ich kenne dort noch keine wirklichen Vertragsdetails. Fakt ist: Die Saints befanden sich in einer schlechten Cap-Position, aber Byrd kassierte nach diversen Berichten zwar 28 Mio guaranteed, wovon aber erstmal nur 11 Mio. via Handgeld überwiesen wurden. Es könnte also durchaus sein, dass Byrd einen Vertrag bekam, der ihm relativ niedrige Kohle für 2014 gibt, und dann ab 2015 richtig ansteigt.

Der Cornerback-Markt ist durchaus interessant, nachdem CB Alterraun Verner für vergleichsweise moderate Kohle in Tampa unterschrieb. Wenig überraschend wurde kurz nach Verners Unterschrift dort eine Insel geflutet. Die Insel gibt es nun meistbietend zu ersteigern. Die Preiserwartung in der Erstausschreibung: Teuerste Insel ever. Mehr, wenn es soweit ist.


Auf dem Markt der Wide Receiver wartet derzeit noch alles gebannt darauf, in welchen Dimensionen sich der neue Vertrag von Eric Decker bewegen wird; in Deckers Schatten konnte ein Superbowl-Sieger schon seinen Multimillionenvertrag unterzeichnen: Golden Tate, für fünf Jahre nach Detroit. Vertragswert 31 Mio., bei 13 Mio. Handgeld.

Golden Tate ist ein kleiner, untersetzter Mann, dessen berühmtester Touchdown auch sein umstrittenster ist. Er kommt ursprünglich aus der Region um die Großen Seen und spielte bei Notre Dame College-Football. Eine Hometown-Hero. Als Superbowl-Sieger bringt er eine Portion Siegermentalität in den Locker-Room der Lions. Blabla.

Konzentrieren wir uns auf die Fakten: Die Lions brauchten dringend eine Ergänzung zu Calvin Johnson. Tate ist zumindest von der Idee eine solche. Kein Mann, der dir im Alleingang die Manndeckung bricht, keiner, der der Secondary mit einem Weltklassesprint auf und davon läuft, aber dass musst du neben Johnson nicht sein. Du musst „nur“ präzise den dir zugewiesenen Job erledigen und die Bälle, die du fangen musst, festhalten.

Tate machte in der Vergangenheit beides. Ich weiß nicht mehr wo ich es gelesen habe, aber angeblich hatte Tate in seinen bisherigen vier Profijahren ganze sechs Drops, und er gilt mit seiner Agilität als sehr flutschiger Spieler, nicht leicht zu greifen (17.6% seiner Yards machte er 2013 nach dem ersten Kontakt – ligaweit die #1). Ich weiß nicht, ob man für so einen Spieler 6 Mio/Jahr ausgeben muss, aber nachdem sich Detroit den Vertrag grade so leisten kann und es keine dringendere Schwachstelle gab – okay. Lasse ich gelten.

Ein weiteres Puzzleteil für die Offense. Ob es nun immer noch einen Wide Receiver im Draft gibt, bleibt abzuwarten, aber es wird unwahrscheinlicher.


Über die Denver Broncos und ihre Einkaufstour wurde schon auf den einschlägigen Online-Portalen geschrieben, dass die Finger bluteten. Tatsächlich machen die Moves der Broncos allergrößten Sinn: Du hast eine QB-Legende auf dem letzten oder vorletzten Halali, du hast eine machbare Conference, du hast eine, naja, okaye Mannschaft, und mit punktuellen Verstärkungen kannst du deine Titelhoffnungen am Leben erhalten. Und du hast Cap-Space. Die Broncos hatten über 30 Mio vor Start des Transfermarkts. Sie holten:

  • CB Aqib Talib für sechs Jahre, 57 Mio. Gesamtsumme und 26 Mio. Handgeld. Ein Vertrag, bei dem du eigentlich schlucken müsstest. Talib ist 28 oder 29 und ein wandelndes Verletzungsrisiko. Voll fit und motiviert galt er stets als sehr guter Spieler, aber er war meistens in seiner Vita eher einer, der für Kopfzerbrechen sorgte. Bekannt ist bei Talib seine jahrelange Marihuana-Abhängigkeit. Jetzt unterschreibt er in einem Staat, der Gras erst kürzlich legalisiert hat.
  • DE Demarcus Ware für drei Jahre, 30 Mio. bei 20 Mio. Handgeld. Ware war viele Jahre lang ein gefürchteter Passrusher in Denver. Ich war immer ein Fan von Ware, der sich von einem kleinen College hoch in die höchsten Sphären der NFL arbeitete. Ich werde nie vergessen, wie ich Dallas vor ein paar Jahren mal in einer Saison genau dreimal gesehen habe, und alle drei Mal zertrümmerte er alles, was sich ihm in den Weg stellte. Und er war ein kompletter Spieler.
    Er hatte ausgerechnet letztes Jahr sein bisher schwächstes Jahr, humpelte halb verletzt in einem nicht funktionierenden System in Dallas durch die Gegend. Das ist ein potenziell großartiger Move der Broncos: Sie kriegen einen noch immer guten zweiten Star-Passrusher neben dem „neuen Ware“, Von Miller, einen Spieler, der auch nicht in vier Jahren dreitausend Millionen an dead money anschreiben wird.
  • SS T.J. Ward für eine mir nicht genau bekannte Vertragssumme nach Denver. Ich hörte was von 7-8 Mio/Jahr für Ward, einen dieser aggressiven big hitter, die im Gegensatz zu einem Hitner auch Deckung spielen können. Ward gilt in erster Linie als Lauf-Safety, der sich am liebsten nahe der Anspiellinie aufhält – das kann Denver sehr gut gebrauchen.

Denver spart durch die Abgänge von Leuten wie dem alternden Champ Bailey oder DRC und Shaun Phillips auch Gehalt. Denver holt mit Talib, Ware und Ward drei potenzielle All-Pros in den Kader – und dieses Trio kostet in Summe nur grob geschätzte 8-10 Mio/Jahr mehr als die Vorgänger. Ich halte die Broncos-Moves für ein klares Upgrade. In einer eh schon schwachen Conference mit einem der besten Quarterbacks und noch immer Platz unter der Salary-Cap baut Denver seine Vorherrschaft auf dem Papier erstmal aus.

Jetzt noch Vince Young als Backup-QB und wir haben das Dream-Team II.

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GFWTC Team Herrmann – Die Linebackers

Mit den Picks in den Runden 14 und 18 ist nun auch mein linebacking corps komplett. Pittsburghs OLB LaMarr Woodley (gedraftet an 137. Position) ist ein perfect fit für meine 3-4-D und Jacksonvilles Paul Posluszny (177.) hat zwar kaum Erfahrung als 34-ILB, aber mit seinem skill set sollte er sich sehr gut mit meinem anderen ILB Daryl Washington ergänzen.

Meine LBs (Runde [pick])

3 (24) OLB DeMarcus Ware
9 (84) ILB Daryl Washington
14 (137) OLB LaMarr Woodley
18 (177) ILB Paul Posluszny

LaMarr Woodley paßt dermaßen perfekt in Dick LeBeaus Steelers-Defense, daß er gar nicht weiter auffällt. Er ist einer dieser typischen Spieler in Pittsburghs Verteidigung: gedraftet zwischen der zweiten und fünften Runde (2nd rd-pick 2007), nur Ersatzspieler in seiner ersten Saison, stark und diszipliniert gegen den Lauf, zuverlässig in coverage, stark im pass rush (52 sacks in sechs Jahren) und auch wenn er nicht immer die spektakulären highlight plays macht, so muß doch kein Steelers-Fan Angst haben, daß er auch nur ein big play zuläßt (hier ist der Patriots-Fan in mir besonders neidisch, wo doch jeder Patriots Verteidiger immer mal wieder gut ist für ein „Oh-mein-Gott-wie-konnte-ihm-denn-DAS-passieren-Moment?!?“).

Nachdem er lange Jahr selbst „der Junge“ war, der von der Präsenz der alten Hasen (James Harrison, Larry Foote, James Farrior) profitierte, muß er in der kommenden Saison Vorbild und Anker für Jason Worilds sein, der den ROLB spot von Harrison übernimmt.

Die letzten Runden

13 (124) S Tyvon Branch
14 (137) OLB LaMarr Woodley
14 (144) S Antoine Bethea
16 (157) RB Marshawn Lynch
17 (164) WR Antonio Brown
18 (177) LB Paul Posluszny

Auch Paul Posluszny wurde 2007 in der zweiten Runde gedraftet. Da er bis 2010 bei den Buffalo Bills gespielt hat, konnte ich als Pats-Fan ihn auch regelmäßig spielen sehen, obwohl er bei einem „kleinen“ Team angestellt war. Posluszny ist mir dabei nicht nur aufgrund seiner wilden Mähne aufgefallen, sondern weil auch er ein Mister Zuverlässig ist.

Nach einer durch Verletzung auf drei Spiele reduzierten Rookie-Saison war er der Mike Backer in Buffalos 43-D, bevor die Bills 2010 die 34-D einführten und Posluszny in ebendieser ILB wurde. Er ist nicht der beste blitzer, aber Publikumsliebling wurde er im hohen Norde durch seine harten tackles, die immer saßen. Eher ging der Mann mit schöneren Haaren als Clay Matthews zum Friseur, als daß er einen tackle verpaßte. Laut PFF war er über mehrere Spielzeiten der dritt-sicherste Tackler unter den Linebackern, nur geschlagen von Patrick Willis und Takeo Spikes. Gute Gesellschaft.

Wichtig für meine Defense ist darüber hinaus, daß er auch in coverage sehr brauchbar ist. Er ist kein Willis oder NaVorro Bowman, aber mit sechs Interceptions in den letzten vier Jahren hat er soviele Bälle abgefangen wie die beiden zusammen.

Für das große Geld (mehr als $40 Millionen) wechselte er zur Spielzeit 2011 aus dem kalten NFL-Niemandsland Buffalo ins warme Niemandsland Jacksonville.

Mein Linebacking Corps besteht nun aus zwei wilden playmakers, die für die sacks und die Highlights zuständig sind (Ware und Washington) und zwei überaus zuverlässigen allrounders (Woodley und Posluszny), die den anderen beiden den Rücken freihalten. Zumal alle noch relativ jung sind (26, 28, 28 und 30 Jahre alt), sieht diese Viererbande auf dem Papier ganz hervorragend aus.

Team Herrmann nach 18 Runden

Position Name, Team (Runde) Position Name, Team (Runde)
LT Andrew Whitworth, CIN (12) DE J.J. Watt, HOU (1)
LG Mike Iupati, SF (8) NT
C DE Calais Campbell,ARI (4)
RG OLB DeMarcus Ware, DAL (3)
RT Sebastian Vollmer, NE (7) ILB Daryl Washington, ARI (9)
TE Vernon Davis, SF (6) ILB Paul Posluszny, JAX (18)
QB OLB LaMarr Woodley, PIT (14)
RB Marshawn Lynch, SEA (16) CB Darrelle Revis, TB (2)
WR Vincent Jackson, TB (5) CB Leon Hall, CIN (10)
WR Dwayne Bowe, KC (11) S Tyvon Branch, OAK (13)
WR Antonio Brown PIT (17) S Antoine Bethea, IND (15)
? DB

NFL Notizblock Woche 7: Cowboys@Panthers

Die nachlässigen Dallas Cowboys waren am Sonntag bei den nachlässigen Carolina Panthers zu Gast. Für beide Mannschaften ging es darum, mit einer überzeugenden Leistung und einem W  endlich so richtig ins Wild-Card-Rennen einzusteigen, nachdem die Top Dogs in den jeweiligen Divisionen schon weit enteilt sind. Am Ende verlor natürlich die nachlässigere Mannschaft. Wer das war: nach dem Klick.

Die Cowboys präsentieren sich die gesamte Saison über schon sehr dämlich. Überflüssige Strafen, die aus guten Situationen schlechte machen; einfach nur dumme Strafen; Ballverluste aus unkonzentrierter Nachlässigkeit; trotteliges Verhalten in der Redzone; Stolpern und Drops ohne Bedrängnis; mindestens fragwürdiges Clockmanagement ihres Head Coaches. Ohne diesen überflüssigen und eigentlich leicht abstellbaren  Käse, den man ganz leicht abstellen könnte,  wäre Dallas eine Top-Mannschaft und fast mein Geheimtipp für den Super Bowl sein. Aber dann haben sie am Sonntag doch wieder so vertrottelt gespielt.

Stats & more

Gamebook

In Carolina begann das Spiel denn auch symptomatisch: nach dem Kickoff Return bekommt Dez Bryant eine Personal-Foul-Strafe. Im zweiten Drive zerstören QB Tony Romo und TE Jason Witten die Panthers underneath, marschieren in 19 plays über 85 Yards bis zu Carolinas 2-Yard-Linie und bekommen am Ende nur drei Punkte. Den dritten Drive, auch dieser lang und überzeugend, beendet WR Miles Austin mit einem Fumble. Typische erste Halbzeit für Dallas: eigentlich gut gespielt, aber nur drei Punkte auf dem Scoreboard.

Zu ihrem Glück haben sie nun aber gegen die Panthers gespielt, die wohl auch niemals einen Lexikoneintrag unter „abgewichst“ bekommen werden. Ja, zugegeben: die Offensive Line wurde aufgrund der Verletzung von Center Ryan Kalil durcheinandergewirbelt. C, RG und RT haben in dieser Formation noch nie zusammengespielt. Aber warum gerade dann OC Rob Chudzinski 39 Paßspielzüge ansagt und seine RBs nur 15 Carries bekommen, ist absolut unverständlich. Chudzinskis bewegt sich immer mehr in Richtung eines Cam Cameron oder Marty Mornhinweg. Das ist keine gute Richtung. Schon gar nicht, wenn man diesen RBs gerade $50 Millionen garantiert hat. Und schonmal überhaupt gar nicht, wenn man keinen guten Quarterback hat. Cam Newton kann einfach nicht mal über einen gesamten Drive konsistent gute Entscheidungen treffen und genau werfen. Hab ich von ihm noch nie gesehen. Nach jedem Laser-Paß, der wie an der Schnur gezogen sein Ziel findet, kommt wieder ein meterhoch hinter oder über alle möglichen Paßempfängern geworfenes Ei. Kommt die Offense dann doch mal in die Redzone, entblödet Newton sich auch nicht, einfach man direkt in die Arme eines Verteidigers zu werfen. Irgendwas muß sich bei Newton ändern, es ist bei ihm überhaupt keine Weiterentwicklung zu erkennen.

Die Möglichkeiten, gerade auch im Paßspiel, waren gegen Dallas da. Die Defensive Line hat sich auffällig zurückgehalten, um nicht Opfer von Newtons Beinen zu werden. Daneben sah Rookie CB Morris Claiborne in man coverage oft ziemlich schlecht aus und zu Beginn des dritten Viertels hat sich aus der beste Paßverteidiger des LB-Corps, Sean Lee, verletzt verabschiedet.

In der zweiten Halbzeit hat DeMarcus Ware dann genug von der Zurückhaltung und zerstört in gewohnter Zuverlässigkeit alles, was in seine Richtung kommt. Carolina in Q3; punt, 3&out, 3&out. Auch CB Brandon Carr sah meistens sehr überzeugend aus, auch wenn er gegen Steve Smith 1-v-1 verteidigen mußte. Weil aber der Rest der Cowboys-Truppe wieder alles leichtfertig kaputt machen will, steht Carolina im vierten Viertel nach zwei großen Strafen gegen Dallas ganz plötzlich kurz vor Endzone in die dann RB Mike Tolbert zur 14-13-Führung rumpelt.

Weil aber Newton zu viele Chancen liegen läßt und Chudzinksi nun überhaupt keine Lust mehr aufs Laufen hat, kommt nach Dallas´ anschließendem FG zur Führung nur noch ein 3&out und ein Turnover on Downs bei rum. Als Höhepunkt gabs nach dem Spiel eine peinliche Pressekonferenz von Newton, auf der er das bockige Kind gibt, seinem OC die Schuld in die Schuhe schiebt und überhaupt der Meinung ist, daß sich in Carolina irgendwas ganz schnell und ganz dringend ändern müsse (er meint natürlich nicht sich selbst). Am nächsten Tag wurde GM Matt Hurney gefeuert.

Glaskugel 2012: Dallas Cowboys

America´s Team ist in der öffentlichen Wertschätzung so weit abgerutscht, daß es sogar in der eigenen Division nur noch als Mitläufer gilt. Die Giants haben die Trophäen, die Eagles die größte Klappe und die Redskins haben RGIII. Niemand gibt mehr viel auf das Reich von Jerry Jones und mit zwei Jahren in Folge ohne Playoffteilnahme wird auch Mr. Jones himself so langsam unruhig. Dabei sind die `Boys eigentlich ganz gut aufgestellt. Den Übergang von der Wade-Philipps-Ära zum Jason-Garrett-Regime hat man ohne großen Neuanfang, sondern ganz smooth hinbekommen. Unglücklich war nur die verlorenen Zeit durch den Lockout. Nun sollte mittlerweile Kontinuität eingekehrt sein und auch die individuellen Schwachstellen wurde in dieser Offseason angegangen. Besonders in der Defense.

Cowboys Defense

Rob Ryan ist einer der besseren Defensive Coordinators der Liga. Auf jeden Fall einer der kreativsten und mutigsten. Bei den Lehrvätern Buddy Ryan und Bill Belichick ist das auch nicht weiter verwunderlich. Es ist aber auch eine kompliziertesten, sie benötigt intelligente Spieler und Zeit, um sie zu verinnerlichen. Vor allem letzteres war in der vergangenen Saison, Ryans erster in Dallas, lockoutbedingt sehr knapp. In dieser Offseason wurde auch personell nachgebessert.

Vor allem die Secondary wurde auf links gedreht, weil da nicht viel zusammen gegangen ist. Gegangen wurden daher der nicht ins System passende (und zu teure) CB Terence Newman und der als Safety überforderte Abe Elam, beides Stammkräfte 2011. Der durchaus vorzeigbare slotman Orlando Scandrick und Safety Geral Sensabaugh sind die beiden einzigen, die ihre Positionen behalten werden.

CB Mike Jenkins, der mal ganz hervorragendes Talent gezeigt und dann wieder heillos überfordert wirkte, rückt im depth chart erstmal hinter die große FA-Verpflichtung Brandon Carr und seinen $50Millionen-Vertrag und wahrscheinlich auch hinter Rookie Morris Claiborne, für den die `Boys aggressiv nach oben getradet haben um ihn an sechster Position sicher zu bekommen. Cornerbacks, egal wie talentiert, reißen aber für gewöhnlich nicht besonders viel im ersten Jahr. Daher wäre die Idealsituation für Ryan, daß Jenkins, angestachelt durch die neue Konkurrenz, endlich mal wieder an seinem oberen Leistungslimit spielt.

Neben Sensabaugh, der gefühlt überall spielt, hat sich anscheinend mit einem ganz starken Camp der junge Barry Church durchgesetzt. Insgesamt ist das Defensive Backfield viel besser aufgestellt als letztes Jahr.

Davor spielt mit Sean Lee einer der besten Linebackers gegen den Paß. Der 2nd-rd pick des Jahres 2010 hat nicht besonders schnell gelernt, aber stetig und in der zweiten Hälfte der letzten Saison konnte er den Hype um ihn in der Regel auch mit entsprechender Leistung auf dem Platz rechtfertigen. Neben Lee als ILB haben die Opas Keith Brooking und Bradie James gespielt, für die das neue aggressive System von Ryan zu viel Aufregung auf ihre alten Tage war. Ihre Plätze übernehmen der letztjährige 2nd-rd pick Bruce Carter und Neuzugang Dan Connor. Connor spielt stark gegen den Lauf, aber mit seinem 80er-Jahre-Stil (er heißt nicht zufällig Dan Connor) würde ich ihn keine nickel snaps spielen lassen. Carter hat letztes Jahr nur Special Teams gespielt (glaub ich) ist somit für mich ein absolut unbeschriebenes Blatt.

Die größte Hilfe für die Paß-D spielt aber an den Außen der LOS. DeMarcus Ware und Anthony Spencer sind eines der besten OLB-Duos der letzten Jahre. Ware ist eine angsteinflößende Naturgewalt. Er ist sowas wie ein Jason Pierre-Paul in stark. Er hat in den letzten vier Jahren 66 Sacks gemacht, nur Reggie White hatte mal mehr über einen vier-Jahres-Zeitraum. Er ist der einzige Spieler nach Mark Gastineau, der in zwei Spielzeiten jeweils mehr als 19 Sacks gesammelt hat. Spencer daneben wird gerne mal schlechtgeredet, aber wenn ich ihn sehe, ist er immer recht überzeugend. Nicht überzeugend genug für die Cowboys, die ihn dieses Jahr unter dem Franchise Tag spielen lassen, um sich nochmal zu vergewissern, ob man ihm einen neuen Vertrag geben sollte.

Für denn Fall, daß nicht, wurde in dieser Draft Kyle Wilber in der vierten Runde gedraftet, der Victor Butler mal ein wenig Feuer unterm Hintern machen soll. Butler, 4th-rd pick 2009, hat sich nicht so entwickelt, wie man sich das in Jerry´s World vorgestellt hat. Mindestens einer drei – Spencer, Butler, Wilber – wird nächstes Jahr nicht mehr in Dallas sein. Für Trainer eigentlich immer eine angenehme Situation, Spieler unter solchem Druck zu haben.

Ganz vorne, in der Drei-Mann-Linie der Ryan´schen 34, braucht es auch mehr Konkurrenzkampf. Nose Tackle Jay Ratliff spielt zwar immer noch sehr gut, aber er hat keinen Backup und muß daher unglaublich viele Snaps für einen NT spielen. Weil daneben mit Marcus Spears (immerhin gut), Sean Lissemore (immerhin talentiert) und Kenyon Coleman (immerhin erfahren) kein herausragender Typ dabei ist, wurde in der dritten Runde Boise States Tyrone Crawford gedraftet.

Cowboys Offense

In der defensiven Front Seven hat Dallas also einen gesunden Konkurrenzkampf auf vielen Positionen geschaffen. Auf der anderen Seite hofft Head Coach und Offensive Coordinator Jason Garrett überhaupt fünf Typen zu finden, die man guten Gewissen aufs Feld lassen kann. Das hat viel mit Verletzungen während der Offseason zu tun, aber auch mit mangelnder individueller Klasse und vor allem mangelnder Kadertiefe.

Am ruhigsten schlafen kann man noch mit den beiden Tackles. Der letztjährige 1st-rd pick Tyron Smith, der sich als Rookie ganz anständig gemacht hat, rückt von der rechten Seite auf die linke und soll zum Franchise Player reifen. Doug Free macht den umgekehrten Wechsel und war in der vergangenen Saison immerhin besserer Durchschnitt.

Schedule

Wk1 @ NYG (SNF)
Wk2 @ SEA
Wk3 v TB
Wk4 v CHI (MNF)
Wk5 BYE
Wk6 @ BAL
Wk7 @ CAR
Wk8 v NYG
Wk9 @ ATL (SNF)
Wk10 @ PHI
Wk11 v CLE
Wk12 v WAS
Wk13 @ PHI (SNF)
Wk14 @ CIN
Wk15 v PIT
Wk16 v NO
Wk17 @ WAS

Haarig wird es zwischen Smith und Free. Center Phil Costa hat letztes Jahr mehr Snaps in die Rabatten geschleudert, als ich je von einem Center gesehen habe. Allein in den Spielen, die ich gesehen habe, hat er mindestens fünf 3rd-&24s produziert. Aber es war seine erste Saison als Starter und auch bei anderen Centern kommt das zu Beginn der Karriere immer wieder mal vor. Davon ab war er eigentlich ganz annehmbar.

Daneben als Guards spielen, tja. Man weiß es nicht. Wir hätten da Bill Nagy, der bis zu seiner Verletzung letztes Jahr Starter war, den aber niemand vermissen würde. Außerdem die Neuzugänge Nate Livings und Mackenzy Bernadeau, die beide für einen schmalen Taler verpflichtet werden konnten – weil sie sonst niemand wollte. Und zwei Rookies mit David Arkin (vierte Runde) und Ronald Leary (undraftet). (vielleicht kann uns einer der Cowboys-Fans hier in der Runde berichten, wie die Situation in der OLine gerade aussieht.)

Dahinter laufen sollen Felix Jones und DeMarco Murray – beide nicht erstklassig. Murray wurde letztes Jahr fast als Sensation und Wiedergeburt von Emmitt Smith gefeiert, nur weil er ein paar mal durch speerangelweit offene Scheunentore gerannt ist. In den meisten Spielen hat er keine 4yds/carry erreicht und sah auch nicht besonders explosiv aus. Komisch, daß ausgerechnet viele Cowboys-Fans sich von Zahlen wie „253 Yards gegen St. Louis“ blenden lassen. Denn genau das ist doch vor ein paar Jahren auch mit dem jungen Jones passiert, bis dann augenfällig geworden ist, wie weit er doch den Top-RBs der Liga hinterherhinkt.

Aber schlecht sind die beiden ja nicht mit Lawrence Vickers haben sie jetzt einen starken FB vorgesetzt bekommen. Garrett, als alter Meisterschüler Norv Turners, spielt sehr gerne mit 21 personnell, also mit 2RBs, 1TE und 2WRs. Auch darum machten die Cowboys keine großen Anstalten, unbedingt WR Laurent Robinson zu halten und ließen ihn in die Sümpfe zu Blaine Gabbert ziehen.

Mit Miles Austin und Dez Bryant hat Garrett zwei idealtypische Receiver für sein System. Beiden können alle Routen laufen, beide können sehr gut tief gehen und beide können an guten Tagen jeden CB im 1-v-1 schlagen. Noch ist Austin die NR.1, vom Talent her müßte es längst Dez Bryant sein. Aber dieser Typ scheint dermaßen einen verbuddelt zu haben, daß sich Garrett und Jones nicht mehr anders zu helfen wußten, als ihm allerhand Babysitter und Bodyguards zur Seite zu stellen. Vom Talent her braucht sich Bryant vor niemandem zu verstecken, vom Kopf her scheint er in der Grundschule hängengeblieben zu sein. Aber das sollte man nicht überbewerten. Als WR muß man nicht Atomphysik studiert haben und auch andere Knalltüten – gerade unter den Wide Receivers – waren sehr erfolgreich. Wenn er den Knall jetzt gehört hat, könnten Austin/Bryant als Duo mit Nicks/Cruz in der NFC East mithalten.

Daneben hat Romo mit Kevin Oagletree und Rookie Danny Coale zwei JAGs als Ziele. Mehr braucht Tony Romo auch gar nicht. Romo wird völlig zu unrecht immer so niedergeschrieben. So richtig kann ich das nicht verstehen, aber es scheint wohl damit zusammenzuhängen, daß seine – wenigen – schlechten Würfe und Spiele meistens zur Prime Time kommen und von allen gesehen werden und andererseits QBs, die mit Sternchen verbandelt sind und ihren Urlaub einigermaßen öffentlich in mexikanischen Luxushotels verbringen von Haus aus einen schweren Stand haben in der „Harte-Männer-Welt“ NFL.

Wenn TE Jason Witten dann endlich mal wieder richtig fit wird, ist das auf jeden Fall eine Top-10 Offense, trotz der Schwächen in der Offensive Line.

Ausblick Cowboys

Im Grunde haben die Dallas Cowboys alles, was man braucht, um locker in die Playoffs einzuziehen: einen starke Offense um einen Top-QB und zwei sehr starke WRs; eine starke Defense mit Playmakern in allen Levels (Ware, Lee, Carr) und zwei Coordinators, die viel Erfahrung und eine Ausbildung bei ganz großen Lehrmeistern mitbringen und doch innovativ geblieben sind. Im Weg stehen könnten nur die eigenen Nerven und eine ganz harte Divisionskonkurrenz. Läuft alles glatt, könnte America´s Team eine der großen Überraschungen 2012 werden.

Die Dallas Cowboys an der Hand genommen

Wenn man die Franchise der Dallas Cowboys beschreiben will, genügt in der reduzierten ein einziger Name: Jerry Jones, Owner und General Manager in Personalunion und ein Mann, dessen Hingabe für diese Franchise schier unendlich ist. Diese Hingabe geht so weit, dass Jones hier über eine sehr zentralisierte Organisation herrscht, in der die Fäden nach oben hin zusammenlaufen. Und Jones ist der klassische amerikanische jack of all trades, würde wohl sogar noch für die Spieler die Trikots waschen, bügeln und in der Umkleidekabine verteilen. Wäre ich Cowboys-Fan, würde mir dies allerdings mehr und mehr auf den Keks gehen.

Denn wir sprechen hier über eine Footballmannschaft. Und Footballspieler können Arschlöcher sein, zum Beispiel wenn sie wissen, dass eine letzte Entscheidungsbefugnis nicht beim Headcoach, sondern beim Owner liegt – bei einem Owner, der nicht bedingungslos hinter dem Headcoach steht. Wie anders ist die Laxheit der Cowboys im vergangenen Herbst zu erklären, als man ganz einfach eine Saisonhälfte lang lustlosen Mist zusammenspielte, während in Saisonhälfte zwei mit neuem Coach plötzlich wieder eine feurige Einheit auf dem Feld stand?

Dieser neue Headcoach ist Jason Garrett und er soll ein langjähriger jones’scher Liebling sein. Garretts Mannschaft spielte nach dem Trainerwechsel teilweise richtig ansehnlich – man darf gespannt sein, wie es heuer aussieht, in der Offense, aber vor allem in der Defense, wo mit Rob Ryan ein gemeinhin verkanntes Genie den neuen Defensive Coordinator gibt.

Die Offense

Quarterback, Frauenheld, Medienliebling: Tony Romo ist das bekannteste Gesicht in dieser Offense, ein Mann mit Tendenzen zum Gunslingern, allerdings auch einer, dem ich meine Oma nicht anvertrauen würde, wenn es drum geht, Großmütterchen über den Zebrastreifen einer vielbefahrenen Hauptstraße zu führen. Will heißen: Ich halte Romo für zu oberflächlich, zu schlampig und für nicht in der Lage, die kleinen Dinge dieser Welt im Griff zu haben. Oder auf neudeutsch: Ein Schönwetterquarterback.

Trotzdem produziert der Mann immer wieder ansehnliche Statistiken, was man allerdings auch Dallas‘ traditionell hochkarätigen Ballfängern zuschreiben könnte. Da wäre zum einen der sehr komplette Tight End Jason Witten (94 Catches, 1002yds, 9 TD), gleichermaßen gut als Blocker und Fänger, und da wären die beiden Top-WRs Miles Austin (69/1041/7) und Dez Bryant. Bryant ist charakterlich wohl nicht einwandfrei und anfällig für alle möglichen Blödsinne ernsthafter oder weniger ernsthafter Natur, aber als Spieler gilt Bryant als Naturtalent, als Moss‘ Friedensschluss mit dem einst vergessenen Randy Moss. Und Bryant ist ein fantastischer Punt Returner.

WR Roy Williams wurde nach zweieinhalb „lauten“ Jahren ziehen gelassen, was nachvollziehbar ist, weil Williams viel besser in eine Offense mit tiefen Routen passt, allerdings mit Blick auf die Tiefe im Kader ein riskanter Move – abseits der großen Drei Witten/Austin/Bryant muss schnell Wikipedia als Informationsquelle herhalten.

Immerhin gilt RB Felix Jones als recht guter Ballfänger, aber Jones‘ primäre Aufgabe wird das Laufspiel sein, wo Dallas ein Trio an ordentlichen Running Backs aufwarten kann: Jones, den fleißigen RB Tashard Choice und den jungen DeMarco Murray, der als ehemaliger Oklahoma Sooner das Cowboys Stadium bereits vom Red River Shootout kennen sollte.

Problempunkt ist die Offensive Line, die auf drei Positionen verändert wird und in der der wichtigste Mann, der Left Tackle, ein Rookie ist, von dem keiner so recht weiß, was er in dieser Saison zu leisten vermag. Wir reden vom Grünling Tyron Smith, dem Draftpick #9.

Die Defense

Dallas war 2010/11 eindimensional im Pass Rush, wenig erbaulich in der Laufspielverteidigung und fürchterlich in der Passabwehr, und das, obwohl das Spielerpersonal eigentlich als sehr okay gilt. Die Probleme hier noch mehr als in der Offense: Der Schlendrian. Mit dem neuen Coordinator Rob Ryan soll sich daran einiges geändert haben und man hört nur Gutes über Ryan und seine unkonventionellen Abwehrschemen.

Die Defensive Line wird um den NT Ray Ratliff gebaut sein, bei dem nie unerwähnt bleibt, wie wenig prototypisch er denn eigentlich für diese Position gebaut sei, aber mit zwei dicken DE-Säcken an seiner Seite gilt Ratliff als dominante Waffe und potenzieller All-Pro. Die Line wird gut spielen müssen, um die als schwach gegen den Lauf geltenden Linebackers zu entlasten, und dies ohne den abgewanderten DE Stephen Bowen (zu Erzfeind Washington).

In Sachen Pass Rush vertraut man auf zwei Dinge: OLB DeMarcus Ware, einer der konstant Allerbesten auf diesem Gebiet, und Ryans Kreativität. Man erwartet viele Zone Blitzes und überhaupt Blitzfreudigkeit, was auch dem jungen Anthony Spencer helfen sollte, ein Mann, dem großes Potenzial nachgesagt wird, allerdings auch ein schwer enttäuschendes Vorjahr.

Pass Rush, und zwar vielseitiger Pass Rush, wird wichtig sein, da das Defensive Backfield zuletzt arge Probleme hatte. CB Mike Jenkins ist eine Wundertüte, die mal großartig, mal fürchterlich spielt, CB Terrance Newman wird nicht jünger und die Safetys gelten bis auf Gerald Sansabaugh als zu wenig athletisch.

Ausblick

Ich kenen Rob Ryan kaum. Ich habe Cleveland im Vorjahr nie spielen sehen, aber die Tenöre, die auf den Kleinen Rex gesungen werden, sind hymnisch. Dallas hatte 2009/10 eine sehr dominante Defense, das Personal ist so stark verändert nicht – also gehe ich davon aus, dass der neue Coordinator diese Unit wieder hinkriegt. Die Offense liegt in den Händen eines Mannes, dem ich in kritischen Momenten ungern vertraue (Romo), aber sowohl die drei Running Backs, als auch die drei Top-Anspielstationen gefallen – kritisch dürfte allerdings die Tiefe sein, und wenn die Offense Line zu lange braucht, um eingespielt zu sein…

Der Schedule ist recht ausgeglichen, von der AFC East bis zur NFC West und die Platzierungsspiele gegen Tampa und Detroit:

Wk #1 @Jets (SNF)
Wk #2 @49ers
Wk #3 vs Redskins (MNF)
Wk #4 vs Lions
Wk #5 BYE
Wk #6 @Patriots
Wk #7 vs Rams
Wk #8 @Eagles (SNF)
Wk #9 vs Seahawks
Wk #10 vs Bills
Wk #11 @Redskins
Wk #12 vs Dolphins
Wk #13 @Cardinals
Wk #14 vs Giants (SNF)
Wk #15 @Buccaneers (Donnerstag)
Wk #16 vs Eagles
Wk #17 @Giants

Es ist un-analytisch und es ist gegen den common sense, aber irgendetwas gibt mir das Gefühl, dass wir hier über den NFC East-Champion 2011/12 sprechen. Obwohl ich Sorgen um die Line habe, obwohl mir die geringe Tiefe völlig bewusst ist, obwohl mehrerenorts Fragezeichen dicker als 0,75pts sind: Dallas sollte die Division gewinnen.

Das Zeiteisen verrät: 411 Minuten verbleiben. WordCount nach 20 Teams: 19307.