Der lange erwartete Trade von Houston-Texans Jadeveon Clowney ist unter Dach und Fach. Abnehmer sind die Seattle Seahawks. Die Trade-Kompensation ist allerdings erstaunlich. Weiterlesen
Jadeveon Clowney
Houston Texans in der Sezierstunde
Unruhige Zeiten bei den Houston Texans, die vor wenigen Tagen ihren GM Brian Gaine gefeuert haben, weil dieser mit seiner Passivität am Transfermarkt riskiert hatte, das Rookie-Vertragsfenster von QB Deshaun Watson zu torpedieren. Weiterlesen
Frischzellenkur 2014: Houston Texans
Die Houston Texans waren eine der Mannschaften, die im Draft 2014 kein Feuerwerk an Trades veranstaltet haben, aber sie hatten, wie ich finde, trotzdem ein bemerkenswertes Wochenende, was nicht nur daran lag, dass sie den Draft mit dem Top-Pick eröffneten und mit dem letzten Pick („Mr. Irrelevant“) auch abschlossen. Der neue Head Coach ist Bill O’Brien, aber O’Brien ließ hernach keinen Zweifel, dass der GM Rick Smith die Fäden in der Hand hielt.
Es gilt als offenes Geheimnis, dass die Texans am liebsten ihren Top-Pick verkauft hätten, aber weil sich offenbar kein Abnehmer fand, der ein hinreichend zufriedenstellendes Angebot abgegeben hat, zog man DE Jadeveon Clowney. Man muss nicht weiter über Clowneys Vorzüge schreiben: Gepaart mit einem J.J. Watt ist das eine Traumvorstellung von Defensive Front Seven. Die Hoffnung ist, dass DefCoord Romeo Crennel genügend Ideen im Petto hat, wie er die beiden einsetzen möchte.
Bei den Texans 2013 sagte man: Watt war auf sich allein gestellt. Er sah Doppeldeckungen in jedem Play und war als einziger echter Playmaker in der Front-Seven auf verlorenem Posten. Mit Clowney kriegt Watt nun einen Mitspieler an der Gegenflanke, der ihm Druck wegnehmen wird, um umgekehrt, Watts Präsenz wird auch Druck von Clowney, diesem zu schleifenden Rohdiamanten, nehmen.
Crennel will eine Art hybrides 3-4/4-3 System spielen, analog seiner späten Zeit in New England, wo er durchaus auch schon 4-3 Abwehrformationen einbaute. Crennel gilt allerdings im gleichen Atemzug auch als Verfechter vom 2-gap System in der 3-4 Defense Line – ein System, das Watt zu stark neutralisieren würde. Man muss also aufpassen, dass man sich nicht verzettelt. Als hausgemacht gilt, dass man Clowney tendenziell als 3-4 OLB aufstellen möchte, also als wendigen Edge-Rusher, der ab und an auch Deckungsarbeit wird übernehmen müssen; in entsprechenden Passrush-Situationen wird man Clowney auch als Defensive Tackle einsetzen, um Druck von innen zu erzeugen.
Houston bekam in der dritten Runde noch einen zweiten Mann für die Front-Seven geschenkt, der landesweit bekannt ist: DT Louis Nix III von Notre Dame, der wohl wegen seiner Knieprobleme so weit durchgerutscht ist. Nix ist gewiss keine sichere Tüte, aber es gab Pundits, die ihn in Nähe der ersten Runde verortet hatten, und entsprechend kann man die Personalie Nix mit heutigem Wissensstand erstmal unter „Schnäppchen“ einordnen.
Nix dürfte im Idealfall mit seinen 150kg eine Art Nose Tackle geben können. Nose Tackle wird zwar in der Texans-Defense aufgrund des hohen Anteils an „nickel-Defense“ ein eher begrenzt wichtiger Mann sein, aber für die 30-35% der Spielzüge, die er gebraucht wird, kann Nix sicher erstmal einspringen. Wenn nicht, dann sollte er zumindest für die Rotation bei den Defensive-Interiors zu gebrauchen sein – eine Position des „Needs“ für Houston unabhängig von der gedrafteten Personalie. Später kam übrigens auch noch der mir nicht bekannte DE Jeoff Pagan in der sechsten Runde hinzu.
Nix und Clowney sind zumindest eineinhalb Fixsterne im Umbau der Front-Seven in Houston. Man hat in OLB Whitney Mercilus bereits einen jungen Edge-Rusher, der als ehemaliger 1st-Rounder bisher als Enttäuschung gilt, aber einen Mercilus willst du noch nicht ganz abschreiben. Mercilus könnte an der Flanke des J.J. Watt eingeplant sein, mit dem Gegenüber Clowney. Clowney dürfte dort in der Stammformation Brooks Reed verdrängen; Reed war 2011 ein 2nd-Rounder, der die Erwartungen nicht erfüllen konnte. Mit ihm hat der Trainerstab aber einige Pläne, wenn man die Pressekonferenzen der Texans-Führung richtig deutet: Es kann gut sein, dass man Reed nach innen zieht, als zweiten ILB neben Brian Cushing, der von seiner schweren Verletzung zurückkommt.
In der Offense ist weniger interessant, was die Texans gemacht haben als das, was sie nicht gemacht haben. Sie blieben gegen Ende der ersten Runde erstaunlich inaktiv. So inaktiv, dass ihnen im allerletzten Abdrücker die Vikings reinrutschten, sich auf #32 hochkauften und QB Teddy Bridgewater vor der Nase wegschnappten. Nun weiß man nicht, ob Houston an #33 wirklich Bridgewater gezogen hätte; O’Brien soll nicht Teddys größter Fan gewesen sein, aber viele glauben, dass Houston doch ganz gerne Bridgewater geholt hätte. Der Preis wäre verkraftbar gewesen: Minnesota gab nur einen zusätzlichen 5th-Rounder auf.
Gegen die These, dass Houston Bridgewater geholt hätte, spricht der Mann, den sie „an seiner Stelle“ später in der vierten Runde holten: QB Tom Savage, den Hünen mit dem Monsterarm von Pitt, bei dem irgendwie alle davon ausgehen, dass er zum Bust wird, weil zu unpräzise. Savage ist ein diametral anderer Spielertyp als Bridgewater, und wenn du einen Savage holst, ist es zumindest nicht der naheliegendste Gedanke, dass du gleich heiß auf einen Bridgewater sein konntest. O’Brien gab hernach zu, dass Savage sich in der Pocket einleben wird müssen und dass er seine Wurfbewegung stabilisieren müsse. O’Brien sprach auch von einem starken (okay), akkuraten (!) Wurfarm, womit er Fragen aufwarf, ob er Savage überhaupt hat einmal spielen sehen.
Gut. O’Brien gilt als QB-Guru. Er hätte Savage als Penn State-Coach letztes Jahr fast rekrutiert. Die Offense hat zwei sehr gute Wide Receiver, einen sehr guten Runningback und eine gute Offensive Line. Für Savage ist das zumindest die bestmögliche Situation, in die er kommen konnte. Wie gut es für Houston ist, bleibt die Frage, denn der Depth-Chart auf QB ist weiterhin eher mau: Rookie Savage, der noch viel lernen muss, Ryan Fitzpatrick, der bis auf ein paar gute Spiele in Buffalo als ewiger Backup gilt, und der wuselige Case Keenum, der letztes Jahr nach ein paar starken Auftaktspielen schnell an seine Grenzen stieß.
Manche vermuten, dass Houston in den nächsten Tagen noch einen Trade für New Englands Backup-QB Ryan Mallett anstreben wird – ein Trade, der nach New Englands Einberufung von Rookie-QB Garroppolo Sinn machen würde. Aber: O’Brien kennt Mallett aus gemeinsamen Zeiten in Foxboro, und er versuchte bisher nicht mit mehr Nachdruck, Mallett zu holen. So 100%ig überzeugt sieht das nicht aus. Und wenn du Mallett holst, hast du mit ihm nächstes Jahr einen Free-Agent. Das dürfte zwar den Trade-Preis drücken, aber potenziell musst du dann einen schweren Vertrag auszahlen. Und: Richtig weit sollen die Transfergespräche noch nicht geführt haben.
Die QB-Situation wurde also eher mit begrenzten Mitteln angegangen, aber dafür hat man in Houston neben der bereits beschriebenen Defense Line auch versucht, in der Offense „up front“ Frischblut zu holen.
Houston zog mit dem Pick #33, mit dem eigentlich alle den Teddy erhofft hatten, OG Xavier Sua‘-Filo, den besten Guard in einer guten Guard-Klasse. Ob das nach Bridgewaters Verschwinden eine Notlösung war oder von Anfang an der Plan war, darüber kann man nur spekulieren. Abwegig ist der Pick jedoch nicht: XSF wird neben dem LT Duane Brown Platz nehmen und die Offense Line, einen der Schwachpunkte 2013, sofort verstärken. Alle bescheinigen ihm, in der Entwicklung schon relativ weit zu sein, deswegen: Ein recht logischer Pick.
In der dritten Runde zog man noch TE C.J. Fiedorowicz, einen kompletten Spieler. Fiedorowicz ist kein Tight End der neuen Schule, sondern eher einer, der erstmal vor allem über das Lauf-Blocking kommen wird. Das riecht ein wenig nach der Rückkehr des Laufspiels bei den Texans (Foster wird wieder fit sein, und Rookie-RB Blue aus der sechste Runde könnte den Backup geben), a) um die vermutlich eher limitierten QBs zu entlasten und b) um wieder ein wenig Physis und Drive in die Offense zu bringen.
Die Edge-Rusher im NFL-Draft 2014
Pass Rush ist in der heutigen NFL eine unersetzliche Qualität. Pass Rush über die Mitte hatten wir schon diskutiert, aber auch Passrush von den Flanken hat heute noch ihren hohen Wert, deswegen gehören Elite-Passrusher zu den bestbezahlten Spieler in einer Footballmannschaft. Diese Jungs sind heute in der Vorstellung dran – die Edge Rusher. Sie setzen sich zusammen aus den klassischen 4-3 Defensive Ends und den 3-4 Outside Linebackern.
4-3 DE ist dabei die Position, in der man traditionell mehr mit Laufspiel zu tun hat, aber dafür weniger in die Deckung zurückfällt. Ein 3-4 OLB muss dagegen auch gewisse Qualitäten als Deckungsspieler mitbringen und wissen, wie man sich im offenen Spielfeld bewegt. Es ist aber möglicherweise übertrieben zu sagen, dass ein 4-3 DE mehr Spezialist und ein 3-4 OLB mehr Generalist ist.
Was aber nach wie vor richtig ist: Ein bockstarker 4-3 DE schafft es, eine 4-3 Defense ganz nahe an das Ausschöpfen ihres vollen Potenzials heranzubringen, und es gibt nicht so viele bockstarke Defensive Ends. Ein extrem guter 3-4 OLB dagegen ermöglicht einer 3-4 Defense, noch flexibler zu agieren als sie ohnehin schon ist.
Die Klasse von 2014
Viele bescheinigen der Klasse von 2014 sehr gutes Potenzial. Es gibt zwei Elite-Prospects, eine Handvoll sehr guter Jungs aus der zweiten Reihe, und auch die Tiefe soll da sein. Der DraftCast beschäftigte sich mit diesen Jungs ebenso wie der Film Room von Bo Wulf und Greg Cosell, und beide seien als Vertiefung wärmstens empfohlen.
Der Epische: Jadeveon Clowney
Jadeveon Clowney von der University of South Carolina gilt als größes Passrush-Talent der letzten Jahre. Clowney war schon bei seinem Auftauchen auf dem Radar der nationalen Medien, beim National Signing Day 2011, ein heftig gehypter Jungstar, der die in ihn gesetzten hohen Erwartungen prinzipiell gar nicht erfüllen konnte. Zwischen tausend überjazzten Prospects gibt es aber immer ein paar Ausnahmen, und Clowney war
Clowney gilt als einzigartige Kombination aus Körperbau (1.98m, 113kg), Explosivität, Beweglichkeit und Spielverständnis. Clowney ist ein fantastischer Passrusher mit einem Passrush-Repertoire, das über das Überpowern des Gegners hinausgeht, und dieses Passrushing allein macht ihn schon zum potenziellen Top-Pick. Clowney hat einen schwer zu schlagenden Move – den Arm über die Innenseite des Left-Tackle, aber am besten ist er dann, wenn er sich schnell eine recht gerade Bahn hin zum Quarterback verschaffen kann.
Er ist jedoch nicht auf den Pass Rush beschränkt: Clowney ist ein überaus disziplinierter Lauf-Verteidiger, der schon in jungen Jahren (er ist erst 21) die Ecken wie wenige andere Vollprofis zumachen kann und jeden Tackle im 1-vs-1 ins Backfield schieben kann.
Clowney spielte am College überwiegend den klassischen Defensive End der 4-3 Defense, wurde aber in mehreren Situationen zentraler positioniert und als Passrush-Tackle für 3rd-Downs verwendet. Für die NFL traut man ihm auch die Geschmacksrichtung 3-4 OLB zu, wobei es noch recht wenig Nachweis für seine Arbeit in der Pass-Deckung gibt – ein Job, den er als Outside Linebacker in zumindest geringen Dosen wird ausüben müssen.
Wo immer er auch spielte oder spielen wird: Fast jeder Gegner versuchte bislang, seinen GamePlan von Clowneys Spielfeldseite wegzudesignen um seiner atemberaubenden Dominanz aus dem Weg zu gehen – ein größeres Kompliment kannst du einem Spieler nicht machen. Hast du ihn in der NFL auf der Gegenseite eines zumindest brauchbaren „anderen“ Edge-Rushers, wird das Clowney nur entgegen kommen.
Clowney wurde im abgelaufenen Herbst 2013 allerdings als Enttäuschung gewertet, weil er leicht angeschlagen in mehreren Plays ein Päuschen eingelegt haben soll anstelle alle vollumfänglich durchzuziehen. Clowneys Status als klares Top-Prospect wurde angekratzt. Clowney bekam als Weichei, dem die Draft-Millionen wichtiger sind als die Teamkollegen, auf die Fresse – die übliche Posse des Draftberichterstattungsprozesses: Es braucht was zum Schreiben. Es braucht was zum Sagen. Es braucht Geschichten.
Clowney mag sich eine Spur zurückgenommen haben, aber es das wirklich dramatisch genug um das größte Talent seit Jahren abzukanzeln? Man bedenke, dass Clowney letztes Jahr mitunter geraten wurde, sein letztes Jahr auszusetzen um seine Karriere nicht mit einer überflüssigen Verletzung zu riskieren. Man bedenke, dass Clowney dann auch mit Zipperlein zu kämpfen hatte. Man bedenke, dass Clowney im eigenen Team einen Fall erlebte, in dem sich ein anderes Supertalent so vieles kaputt machte: Marcus Lattimore. Wie wahrscheinlich ist es, dass sich im Hinterkopf eine leichte mentale Bremse einstellt?
Clowney kann man wegen einiger kleiner technischer Unsauberkeiten kritisieren: Er spielt zu aufrecht und wird als Rookie ein paarmal umsonst das Gleichgewicht verlieren. Er soll sich nicht immer zu 100% an seine Assignments gehalten haben. Er verliert von Zeit zu Zeit seine Disziplin im Passrush. Aber das ist alles. In Summe ist er der dominanteste Edge-Rusher der letzten Jahre.
Es bleibt die Frage, ob er damit wirklich an #1 geht. Wir haben Montag, Draft ist am Donnerstag, und wird wissen noch immer nicht im geringsten wie sich der Lauf der Dinge in den ersten Picks entwickeln wird. Von einer Einberufung nach Houston über einen Trade für Clowney bis zu einem Fall auf #3 (nach Jacksonville?) ist scheinbar noch alles drin.
Die Kronprinzen: Khalil Mack und Anthony Barr
Der zweite Star-Passrusher im Draft ist Khalil Mack von den Buffalo Bulls aus der Mid-American Conference, der im Vergleich zu Clowney ein Spielertyp ist, der eher in erster Linie als 3-4 OLB einzustufen ist, dem man aber – trotz sehr weniger College-Snaps dort – auch eine Rolle als 4-3 DE zutraut, und dem man sogar zutraut, auch 4-3 SAM (die Rolle von Von Miller) und Middle Linebacker spielen zu können. Viel mehr Allrounder geht in der heutigen NFL fast nicht mehr, nachdem Defensive End und Midlinebacker schon sehr verschiedene Positionen sind.
Mack besticht durch sehr gute Technik in seiner Handarbeit: Er grapscht im Spiel gegen den Lauf lange genug gegen die Blocks, bis der Gegner nicht mehr will, und hat ein breites Arsenal an Passrush-Moves drauf, kann gegnerische Blocker sowohl mit Power als auch mit präzisen Handgriffen bzw. Swim-Moves aussteigen lassen.
Mack hat alle athletischen Voraussetzungen um einen exzellenten Edge-Rusher zu geben, ist allerdings mit 1.87m eine Spur kleiner gewachsen als mancher Artgenosse, was nicht zwingend ein Nachteil ist, aber was in der Defensive Line durchaus mittelfristig ein kleiner Nachteil sein könnte.
Es gibt Pundits, die einen Mack einem Clowney zumindest offiziell vorziehen wollen. Worin sich fast alle einig sind, ist der Fakt, dass Mack ein ungewöhnlich kompletter Spieler für sein Alter ist. Das ist einerseits großartig, denn so kannst du ihn schnell ins kalte Wasser werfen. Andererseits ist das bizarrerweise auch wieder ein kleiner Wettbewerbsnachteil, denn ein schon sehr weit entwickelter Mack hat nach Meinung vieler Coaches nicht mehr so viel Entwicklungspotenzial. Anyhow, Mack wird mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb der ersten zehn Picks vom Tablett sein.
Anthony Barr von UCLA ist ein bissl das Gegenteil von Mack: Er ist etwas athletischer, schneller, beweglicher. Als gelernter Runningback ist er auf engstem Raum explosiver als Mack, aber als gelernter Runningback ist er auch weniger gelernter Abwehrspieler als Mack. Barr hat nur zwei, drei richtig gute Passrush-Moves drauf, und er wird seine Waffen ausweiten müssen, will er sich mittelfristig zu dem kompletten Edge-Rusher entwickeln, der Mack schon heute *fast* ist.
Bei Barr las man schon häufiger, dass er zu Beginn seiner NFL-Karriere vor allem in speziellen Situationen eingewechselt werden sollte um sich an das Tempo und die Härte der NFL zu gewöhnen. Man möchte ihn nicht dann auf dem Feld haben, wenn der Gegner offensichtlich eine Power-Laufsituation im Schilde führt. Barr gilt als Erstrundenpick, aber er wird wohl erst nach Mack vom Tablett gehen.
Spielertyp: Defensive End, 4-3
Ein Dee Ford von der Auburn University sieht sich selbst als 3-4 OLB, aber glaubt man den meisten Experten, gibt das Tape diese Selbsteinschätzung Fords nicht her. Ford, ein sehr begabter Klavierspieler, ist vom Körperbau und von der Spielanlage her ein Zwitterdings, bei dem man genau aufpassen muss, wie man ihn einsetzen will. Ford spielte am College fast nur Left Defensive End mit den Händen im Boden, und er putzte aus dieser Position seine gegnerischen Tackles – die Right Tackles – mit maximal zwei richtig sauberen Moves. Wenn er schnell in den Spielzug kam, war Ford super. Kam er träge rein, wurde er gerne pulverisiert, weil er aufgrund seiner wenigen Moves eben tendenziell ein noch immer eindimensionaler Spieler ist.
Edge-Rusher 2014
Name Rd Jadeveon Clowney 1 Khalil Mack 1 Anthony Barr 1 Kony Ealy 1-2 Demarcus Lawrence 1-3 Kyle Van Noy 2-3 Marcus Smith 2-3 Dee Ford 2-3 Brent Urban 2-3 Jeremiah Attaochu 2-4 Scott Crichton 3-4 Kareem Martin 3-4 Jackson Jeffcoat 3-4 Trent Murphy 3-5 Adrian Hubbard 4-7 Michael Sam 4-7 Carl Bradford 4-7 Ronald Powell 4-7
Mayocks Top-5
Ends
- Clowney
- Ealy
- Ford
- Crichton
- Tuitt
OLB
- Mack
- Barr
- Shazier
- Lawrence
- Van Noy
Ford könnte trotzdem hoch gehen. Sein bestes Spiel hatte er im BCS-Finale, also der Partie, die die meiste Aufmerksamkeit erregte. Er hatte eine gute Senior Bowl. Er gilt als schneller Spieler. Aber er gilt eben zuallererst als 4-3 DE, weil man nicht weiß, wie sicher er sich im offenen Spielfeld bewegt.
Ein Scott Crichton von Oregon State ist auch ein Zwitterdings, allerdings ein im Vergleich zu Ford größeres und schwereres. Crichton gilt als Spielertyp, der sich in erster Linie über seinen unbändigen inneren Willen definiert. Als Spieler, der nie aufgibt, der immer wie ein Löwe kämpft. Crichton ist 124kg schwer und nicht wirklich pfeilschnell. Er ist nicht antrittsschnell um ein Elite-Passrusher auf der „offenen“ Spielfeldseite zu werden (also der Weakside), aber er ist möglicherweise zu leichtgewichtig um ein richtig guter Strongside-Spieler zu werden. Cosell meinte, man müsse sehr gut aufpassen wo man Crichton einzusetzen gedenkt – die sicherste Tüte sei er als 4-3 Strongside Defensive End.
Kony Ealy von den Missouri Tigers ist ein klassischer 4-3 Defensive End, der in speziellen Situationen analog einem Clowney nach innen gehen kann um als Tackle Druck zu entfachen. Viele sagen, Ealy sei nach Clowney die nächstbeste Option für ein Team, das wirklich committed ist, eine 4-3 Defense zu spielen. Ealy ist mit 1.93m sehr groß und rank gewachsen. Er dominiert Gegner an guten Tagen mit guter Technik und extrem angriffiger Spielweise. Die größten Zweifel bei ihm kommen von seiner Inkonstanz: Ealy hat nur ein wirklich gutes College-Jahr absolviert, und selbst dort tauchte er immer mal wieder ab. Es besteht aber eine gute Chance, dass er in Runde eins geht.
Spielertyp: Outside Linebacker, 3-4
Nach Mack und Barr sieht Cosell Jeremiah Attaochu von der Georgia Tech University als drittbesten „echten“ Outside Linebacker. Attaochu sei mit 118kg ein Modellathlet und schon in jungen Jahren flexibel für viele erdenkliche gegnerische Aufstellungen einsetzbar. Attaochu ist nicht der antrittsschnellste Mann unter der Sonne, aber er ist beweglich, engleitet seinem Blocker schon einmal mit einem guten Move und kann auch Laufspiel verteidigen.
Attaochu ist für Cosell auf alle Fälle ein Spieler, den er einem Dee Ford vorziehen würde. Auch Demarcus Lawrence von der Boise State University ist für ihn besser als Ford, vor allem besser als 3-4 OLB. Lawrence spielte am College ähnlich wie Ford fast nur 4-3 DE mit Händen im Boden, aber er ist athletischer als Ford, fast so gut wie Attaochu, und er ist hartnäckiger, lässt sich nicht so leicht von Blockern einschüchtern. Fast alle sind sich bei Lawrence sicher, dass er auch in der Pass-Deckung was drauf hat. Lawrence gilt als relativ sicherer 2nd-Rounder. Attaochu kommt für die meisten etwas dahinter.
Eine gute Option ist auch Marcus Smith von Louisville, ein sehr smoother Spielertyp, der recht viel in der Deckung operierte und daher wie gemacht ist für einen 3-4 OLB. Smith gilt als reif, aber nicht kraftvoll genug – sein neues Team wird erstmal einen Konditionstrainer auf ihn ansetzen müssen.
Trent Murphy von Stanford gilt nicht mehr als überragender Passrusher, aber bei ihm hat man sich dahin geeinigt, dass seine Zukunft in einer Rolle als kompletter Ergänzungsspieler zu suchen ist. Murphy kann Druck auf Quarterbacks ausüben, aber er ist nicht der ganz explosive Mann. Er kann aber gut decken, ist ein Mann, der in multiplen Rollen glänzen konnte.
Der Allrounder: Kyle Van Noy
Schließlich KVN – Kyle Van Noy – von den Brigham Young Cougars, der auffälligste Spieler in der Defense von BYU im letzten Jahr. Van Noy hatte ich immer als klassischen Inside-Linebacker auf dem Zettel, aber im Zuge der Draft-Evaluierung scheint man ihn mittlerweile eher als Edge-Rusher zu sehen, wobei: Van Noy ist nicht so richtig in ein Schema zu pressen. Er ist nicht der schnellste, nicht der explosivste, aber er hat schon viel gesehen und überall gut ausgesehen.
Van Noy trat oft aufrecht als Passrusher an der Line-of-Scrimmage an, fiel dann aber auch wieder oft in die Deckung zurück. Er weiß, wie man sich auf engstem Raum Platz verschafft und sich von Blockern löst. Er hat ein Näschen für wichtige Plays, kann diagnostizieren, wohin sich Spielzüge entwickeln. Er wird dir keine zehntausend Sacks bescheren, aber er soll extrem effektiv sein, wenn man ihn von der OLB-Rolle aus – möglicherweise auch von der Strongside aus – abstellen kann. Van Noy gilt nicht mehr als 1st-Rounder, aber ab Pick #40 hält man vieles für möglich.
Die Lichtgestalt: Michael Sam
Sportlich zu einer eher grauen Maus degradiert, ist Michael Sam von der University of Missouri (amtierender SEC-Abwehrspieler des Jahres) trotz allem einer der Stars des Draft-2014. Sam ist der Spieler, der sich im Februar als einer der ersten NFL-Spieler öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt. Was damals einen riesigen Aufschrei hervorrief, inklusive quer durch die Bank Solidaritätsbekundungen für Sam, hat sich mitterlweile ziemlich gelegt. Sams Sexualität war zumindest in den letzten Wochen kein großes mediales Thema mehr, aber du weißt, dass das Thema damit nicht vom Tisch ist. Du weißt, dass Sam die Witzeleien trotzdem aushalten wird müssen. Du weißt, dass er möglicherweise auch Anfeindungen wird aushalten müssen.
Und schließlich verdienen sich auch in den Medien zu viele Gestalten ihre Sporen, in dem sie über die toughness von diesem und jenem Spieler reden müssen, da kommt ein Michael Sam nur gerade recht. In einer idealen Welt ist Sexualität kein Auswahlkriterium für einen Job. Auf Sideline Reporter ist es ein so klein wie möglich gehaltenes Thema. Trotzdem an der Stelle noch einmal der Hinweis auf den ausführlichen Artikel von Outsports zu Sams Coming-Out: The Eagle has Landed.
St Louis Rams in der Sezierstunde
Bei den St Louis Rams rührt sich seit der Installation des Head Coaches Jeff Fisher vor zwei Jahren so einiges, aber eine Kombination aus Altlasten und schwieriger Division NFC West drückt den Output noch immer ein wenig nach unten. Obwohl: Bei 7-8-1 und 7-9 Bilanzen kann man angesichts des Spielermaterials nicht wirklich enttäuscht sein. Nun hat man zwar nicht die allerbeste Salary-Cap Position, dafür aber zum zweiten Mal en suite zwei Erstrundendraftpicks und somit ordentlich Holz um weiter an den Grundlagen zu bauen.
Wer die NFL erst seit ein, zwei Jahren verfolgt, kann sich gar nicht vorstellen, in was für einem abgrundtiefen Loch die Rams noch vor fünf Jahren steckten. Die Jaguars von heute kommen in etwa dem gleich, was Mannschaften wie St Louis oder Detroit damals waren. Die Folgen jener Katastrophenjahre zwischen 2007 und 2009 spürt man unterm Bogen bei den Rams noch immer.
Überblick 2013
Record 7-9 Enge Spiele 1-3 Pythagorean 7.6 17 Power Ranking 0.361 26 Pass-Offense 5.8 23 Pass-Defense 6.7 24 Turnovers +8
Management
Salary Cap 2014.
Der QB Sam Bradford passt dabei wie die Faust rein: Er ist ein ehemaliger #1-Pick, der sich aber noch nicht so entwickelte wie erwünscht. Er ist dafür aber der letzte der rekordverdächtig bezahlten Rookies aus dem alten CBA („Collective Bargaining Agreement“) und läuft diese Saison für eine Cap-Zahl von rund 17 Mio. Dollars auf. Seine Zahlen auf dem Feld in den letzten Jahren sind ernüchternd: Über seine vierjährige Karriere brachte er 5.5 NY/A an den Mann und versuchte sich hierbei nur in 16.7% der Wurfversuche an Pässen, die weiter gingen als 15yds. Entsprechend gilt Bradford als gut im Vermeiden von Turnovers, aber ein Turnover ist irgendwo ein „Trade-Off“, den du eingehen musst, wenn du mit dir und deiner Mannschaft weiterkommen willst. Wenn du dein ganzes Leben lang in deinem Haus verkrochen bleibst, wirst du dir nie den Hax abreißen, aber du wirst im Leben auch nicht voran kommen. Bradford scheint – zumindest geben das die Zahlen so wieder – in seinen ersten Jahren ein QB der Güteklasse Alex Smith gewesen zu sein: Lieber sicher werfen, ja keine INT riskieren.
Genau das macht Bradford im Grunde in Kombination mit seinem Vertrag entbehrlich. Wir hatten das Thema schon vor einigen Tagen in der Kommentarspalte, aber noch einmal: Es gibt prinzipiell vier Möglichkeiten, wie die Rams mit Bradford verfahren können:
- Gar nix machen. Dann kassiert Bradford sein ganzes Gehalt, aber die Rams werden ihre vertrackte Salary-Cap Situation (aktuell 7 Mio. Space) anderswo lösen müssen. Nicht vergessen: Die Rookie-Klasse 2014 wird die Rams mit ihren beiden 1st-Roundern runde 9.5 Mio. kosten. Und ein paar Free-Agents willst du dir auch einkaufen.
- So könnte man mit Bradford eine blanke Gehaltskürzung vereinbaren, aber ob Bradford das Spiel mitspielt, ist ungewiss.
- Möglich ist auch die Umschichtung von Bradfords Fixgehalt 2014 in ein Handgeld. Davon hätte Bradford keinen Nachteil: Er würde sein Geld sehen, und die Rams könnten dieses Geld auf mehrere Jahre abschreiben. Allerdings verschieben die Rams dann das etwaige Bradford-Problem nur in die Zukunft, und Bradfords Entlassung kostet eben 2015 ein paar Milliönchen mehr.
- Bradfords direkte Entlassung. Damit würden die Rams 17 Mio. Gehalt bei Bradford einsparen, müsste aber 7 Mio. dead money anschreiben. Netto würde man in etwa 10 Mio. an Cap-Space gewinnen, aber man wäre mit einem Mal gezwungen, mit einem seiner hohen Draftpicks einen Quarterback zu ziehen, von dem man möglicherweise nicht 100%ig überzeugt ist.
Es läuft wohl auf Option 2 oder 3 hinaus. Bradford dürfte ein weiteres Jahr kriegen um seinen Wert doch noch unter Beweis zu stellen. Er wird es machen müssen nach einer schweren Knieverletzung, der zweiten in seiner Karriere.
Er wird aber auch eine rundum verbesserte Offense vorfinden, denn es gilt als geritzt, dass St Louis mit einem seiner hohen Picks einen Offensive Tackle für die „Gegenseite“ des LT Jake Long holen wird. OT/OG Saffold wurde nach einigem Geeiere doch noch für relativ moderate Kohle gehalten, aber es gilt als unwahrscheinlich, dass er den anderen Tackle-Platz neben Long behalten darf.
Bei den Running Backs scheint man mit dem jungen Zac Stacy (nur 39% Success-Rate und 3.9 Y/A, aber ein relativ brauchbarer Ballfänger) sowie den seinigen Backups recht zufrieden zu sein. Ob der Mann ohne Spielgefühl, Isaiah Peed, noch eine Chance erhält, bleibt abzuwarten. Bei den Tight Ends kann ich mir vorstellen, dass man an der Combo Cook/Kendricks erst einmal nicht viel ändert.
Wide Receiver ist vielleicht eine Position, die noch einmal Augenmerk erfährt: Givens, Bailey und Quick sind alles noch recht junge, geschwindige Leute, die in über 1/3 der Fälle tief angespielt werden, aber sie alle besitzen nicht die allersichersten Fanghände und lassen schonmal einen Ball durch die Finger flutschen. Besonders ein Givens ist da anfällig: Letzte Saison 83 Anspiele, und nur 34 davon gefangen. Das ist nicht mehr allein mit üblem „Ball-Placement“ der (mittelmäßigen) Quarterbacks zu erklären.
Und dann haste noch die X-Waffe Tavon Austin, letztes Jahr mit viel Tamtam im Draft geholt, aber Austin hatte dann nur 34 Catches für 388yds und 4 TD, und er wurde fast ausschließlich kurz angespielt. Der OffCoord bleibt Brian Schottenheimer, und der bewies schon letztes Jahr nicht grad die neuesten Gedankengänge beim Versuch, Austin einzusetzen. Ist Tavon den hohen Pick wert? Ist er bloß eine Return-Waffe? Oder fehlt den Rams vor allem noch der eine, große #1-Wide Receiver, der das Spielfeld im Alleingang entzerren kann?
Über die Defense Line braucht man nicht viele kritische Worte verlieren: Sie ist die größte Stärke der Rams. DE Quinn holte zuletzt 19 Sacks und erwies sich als fantastischer Speed-Rusher, der allein gegen die All-Pro Gegenspieler zu knabbern hatte. Der Mann auf der Gegenseite ist der teure Chris Long, der kompletter als Quinn ist, aber nicht so explosiv. In der Mitte wird der junge DT Michael Brockers in hohen Tönen als eine Art neuer Suh gelobt. Es drängt sich allenfalls die Frage auf, ob sich die Rams mit ihrem Draftpick #2 overall den Luxus leisten sollten, ein weiteres potenziell episches Talent wie Clowney zu ziehen. Du kannst in der Defensive Line fast nie zu tief besetzt sein, aber wenn du so viele andere dringendere Löcher hast: Kannst du dir einen Clowney leisten?
Die Secondary ist eine offene Scheune: St Louis kassierte zuletzt trotz des fantastischen Passrushes 6.7 NY/A. Einzig der junge CB Janoris Jenkins gilt als NFL-tauglich. Bei den Safetys ist es eher die Unerfahrenheit. Bei den Linebackers die steifen Hüfte sowie die Eindimensionalität des OLBs Ogletree… wobei ein Ogletree ziemlich unumstritten sein dürfte, weil er das, was er kann, schon sehr gut kann: Decken und Passwege zustellen.
Es gibt also viel zu tun in St Louis. Man bewegt sich zwischen Luxusproblemen und echten Problemen. Alle Baustellen werden die Rams dieses Jahr nicht schließen können, und vielleicht wird 2014/15 wieder so eine frustrierende Saison im grauen Mittelmaß, aber „Team-Building“ braucht seine Zeit. Eine Priorisierung fällt schwer, aber gemessen an den Cap-Zahlen sehe ich folgende Fragen als die wichtigsten an:
- Wie lösen wir die Bradford-Frage? Kriegen wir eine ökonomische Vertragslösung hin oder müssen wir ihn rauswerfen? Dann müssen wir aber QB draften.
- Können wir uns den Luxus Clowney leisten? Könnten wir dafür im Gegenzug nächstes Jahr Quinn gehen lassen?
- Was ist uns wichtiger? Eine solidierte Offense Line oder ein großer Wide Receiver?
- Einer der hohen Picks gehört der Defense. Entweder Clowney oder eine Defensive Back.
- Mehrere Bemühungen müssen in das Defensive Backfield gesteckt werden: Entweder via Draft oder Free-Agency. Am besten über beide Wege.
Aus vielen Gründen sind die Rams trotz ihres geringen Sex-Appeals ein Team to Watch. Hier werkelt eine sportliche Leitung, die ihr Handwerk versteht. Hier holt ein Head Coach das Maximum aus seinem Spielermaterial heraus. Hier steht alsbald die Frage, wie viel Kohle ein zweitklassiger Starting-QB wert sein darf. Die Rams bleiben ein Team, auf dessen Aktionen ich gespannt bin.
Clowney, Nix und die Defense Front-Seven von 2014
Heute ist Tag der Defensive Front Seven in den Workouts der NFL-Combine 2014 und damit das Einsteigen des Superstars, DE Jadeveon Clowney, der schon eine monströse Sprintzeit angekündigt hat. Ein Blick auf ein paar Prospects. Hauptinformationsquelle: Ein Podcast mit Greg Cosell bei Midday 180.
Jadeveon Clowney – Clowney war schon beim National Signing Day vor drei Jahren ein landesweites Gesprächsthema, weil als once in a lifetime Talent gefeiert. Oft ist es bei solchen Prospects der Fall, dass sie die überhypten Erwartungen nicht erfüllen können, aber Clowney war das Gegenteil: Er übertraf sie sogar noch, zumindest in jener fantastischen Saison 2012 als er alles in Grund und Boden spielte. In seiner letzten College-Saison 2013/14 wurde er aber eher als Enttäuschung gesehen. Er soll nicht voll durchgezogen haben, soll halb verletzt gespielt haben, soll nicht fokussiert genug auf den Sport gewesen sein. Red Flags, wo man hinschaut. Es ist nicht ganz klar, wie viel davon Medienstory ist und wieviel wirklich dran ist.
Cosell sieht wie alle in Clowney erstmal einen hervorragenden Athleten („good size, shows explosion, shows quickness…“ fasel laber), alle Ingrendienzien für einen NFL-Superstar sind da. Aber Cosell warnt davor, dass Clowney nicht „tief“ genug an der Anspiellinie steht und in der Folge zu aufrecht spielt. Das ist am College gegen unterklassige Gegenspieler ein eher marginales Problem, weil die Kraft trotzdem ausreicht um damit durchzukommen, aber in der NFL siehst du fast nur starke Offense Tackles, und da wirst du – so Cosell – gern herumgeschoben. Einige Male soll Clowney das auch schon am College passiert sein.
Das sind so die kleinen technischen Unsauberkeiten, die Cosell bei Clowney beschreibt. Coaches müssen sich fragen, ob man dies aus einem Spieler „herauscoachen“ kann. Auf alle Fälle ist athletisch unbegrenztes Potenzial da, aber der „Football Skill Set“, den Cosell, Mayock und einige andere so oft beschreiben – naja, der müsse sich bei Clowney erst noch offenbaren.
Was Cosell nicht zu beantworten imstande ist: War Clowney ein Freelancer, d.h. hat er sich am College nicht an die Assignments seiner Coaches gehalten, sondern eigenhändig das Big-Play gesucht (etwas, das Coaches hassen / etwas, das einige dem Clowney vorwerfen)? Das wisse nur der Coaching-Staff von South Carolina.
Cosell zweifelt auch ob Clowneys Commitment zum Sport. Dass er verletzt war, zähle für ihn nicht, denn Einsatz musst du auch in halbfittem Zustand bringen. Zum Thema „quält sich nicht genug für unseren Sport“ wird seit gestern auch Clowneys Übungseinheit im Bankdrücken gehören: Clowney hob die Gewichte nur 21 Mal, was ein eher unterirdischer Wert ist.
Festzuhalten bleibt: Clowney war optisch einer der dominierenden Spieler der letzten Jahre. Persönlich stach für mich letztmals Ndamukong Suh in der Defense Line so als Einzelspieler heraus wie Clowney bei South Carolina. Auffällig war in einigen Spielen, wie gegnerische Coaches ihr Spiel von Clowneys Abwehrseite weg konzipierten – ein untrügliches Zeichen, wer hier als die Superwaffe ausgemacht worden war. Wie ist so etwas auf die NFL transferierbar? Wir werden darüber noch vieles hören.
Clowney ist nach Common-Sense momentan nicht mehr der uneingeschränkte Top-Pick, und weil das #2-Team St Louis keinen wirklichen „Need“ in der Defense Line hat, weil das #3-Team Jacksonville und #4-Team Cleveland keine 4-3 Defense spielen und darüber hinaus dringend einen Quarterback brauchen, ist momentan noch nicht abzusehen, wo Clowney vom Tablett gehen wird.
Anthony Barr – Viel Presse bekam in den letzten Monaten OLB Anthony Barr von UCLA, der erst seit kurzem eine OLB-Position im Football spielt. Cosell bescheinigt ihm wie Clowney superbes athletisches Potenzial und einen gewissen, für OLBs ungewöhnliche Speed beim Geradeauslaufen, aber er hat Angst, dass Barr zu wenig flexibel als Passrusher ist. Auch Barr spielt etwas zu aufrecht. Seine technische Arbeit mit den Händen ist teilweise unterirdisch, teilweise aber schon ansehnlich.
Es wird bei ihm offenbar besonders geduldiges Coaching brauchen, eine gewisse Einlernzeit, in der er anfangs nur situativ in 3rd-und-lang oder so eingesetzt wird um Erfolge für die Motivation zu sammeln und sich nicht in der Lauf-Defense aufzureiben. Cosell gibt Barr eine gute Chance, ein Mega-Passrusher zu werden, sieht ihn aber noch als sehr unfertiges Prospect.
C.J. Moseley – weil es (glaube ich wenigstens) auch in der NFL schon einen CJ Mosley gibt, hat man stets das Gefühl, dieser Moseley ist schon tausend Jahre dabei, derweil ist er nur ein Mann, der in Alabama zweieinhalb Jahre als Starter auf dem Feld war. Cosell lobt Moseleys Entwicklung im abgelaufenen Herbst, er soll sich extremst verbessert haben. Moseley ist für ihn ein kompletter Linebacker: Hat die Spritzigkeit, hat den Grundspeed, hat das Gefühl, in die richtigen Gaps reinzuschießen, kann sich horizontal zwischen beiden Seitenlinien bewegen und wird nicht von den schnelleren Tight Ends überlaufen, kann sehr schnell die Richtung ändern, guter Deckungsspieler, und so weiter.
Der Vergleich, der Cosell einfällt, ist monströs: Lavonte David von den Buccs, einer der besten Abwehrspieler der abgelaufenen Saison. Für Cosell wird Moseley mit hoher Wahrscheinlichkeit ein richtig exzellenter Profispieler werden. Er ist sofort einsatzbereit (O-Ton „plug and play“). Er ist allerdings kein überragender Passrusher, und das könnte ihn einen Top-10 Draftpick kosten.
Khalil Mack – Mack ist für Cosell der kompletteste Spieler im Draft, beim Aufzählen seiner Stärken fällt man allerdings schnell in altbekannte Schemen zurück (athleticism, plays fast laber fasel…). Er ist kein Mega-Passrusher, aber weil er so intensiv spielt, so wenige mentale Fehler begeht, immer eingesetzt werden kann, gilt Mack (der von Buffalo aus der MAC kommt) als sicherer Top-10 Pick.
Mayock ließ im Laufe des Wochenendes übrigens sogar verlauten, dass Mack für ihn der beste Spieler im Draft 2014 sei, über Clowney, über Bridgewater, über Sammy Watkins. Was auch immer diese Superlative wert sind, sie zeigen ein gewisses Standing dieses Linebackers. Mack soll Ähnlichkeiten in der Spielanlage mit Von Miller haben, als 3-4 OLB oder als 4-3 SAM (Strongside Linebacker) spielen können.
Cosell diskutierte danach noch kurz den OLB von Georgia Tech, Jeremiah Attaochu, der als reinrassiger Passrusher für die 3-4 OLB gilt. Er soll ein großes Talent sein, aber wenn du ihn einsetzt, musst du dir bewusst sein, dass er eindimensional wie eine Scheibe Toastbrot ist und dich in der Run-Defense verbrennen wird.
Ein Defensive Tackle, bei dem ich sportlich noch nicht viel einzuordnen vermag, der aber definitiv eine Persönlichkeit ist: Louis Nix III von der Notre Dame University. Nix hat einen umtriebigen Twitter-Account. Ganz famos war sein Auftritt auf der Pressekonferenz der Combine – da kann noch ein Manziel mithalten, aber sonst keiner:
Neujahrs-Bowls 2014 Preview
Guten Morgen im neuen Jahr 2014. Heute steht folgendes Bowl-Programm an:
18h Gator Nebraska Georgia 18h Heart of Dallas North Texas UNLV 19h Outback Louisiana State Iowa 19h Capital One Wisconsin South Carolina 23h Rose Michigan State Stanford 02h30 Fiesta Baylor Central Florida
SPORT1 US bringt heute die beiden BCS-Bowls Rose und Fiesta live. Der ESPN-Player hat alle sechs Bowls im Programm.
Gator Bowl
Nebraska Cornhuskers – #22 Georgia Bulldogs
Diese Ansetzung gab es schon letztes Jahr in der Capital One Bowl. Georgia (8-4, SEC) hat eine Seuchensaison inklusive extrem vieler Verletzter hinter sich. Wenn sich die halbe Starting-Offense wochenlang in den Krankenstand verabschiedet, ist nicht mehr drin. Heute wird man ohne QB Aaron Murray antreten, der sich das Kreuzband gerissen hat. Die Vorschau für Nebraska (8-4, Big Ten) auf dieses Spiel schrieb ich schon im August:
Seit Pelini in Lincoln am Werk ist, ist die Meute wieder zufrieden: Ein schreihalsiger Defensivkünstler, dem in der Offense alles recht ist, solange nicht mehr als zehn Pässe pro Spiel geworfen werden. Das ist dann auch alles im Sinne von Athletic-Director und Nebraska-Legende Tom Osborne, den wir ja bereits kennen. Nebraska spielt mittlerweile nicht mehr wie zuvor seit Äonen in der Big 8 oder Big 12 Conference, sondern in der Big Ten Conference, in die man kulturell – Hand aufs Herz – auch etwas besser passt. Dort stehen keine Passfeuerwerke an. Dort wird noch überwiegend traditionell RRPP (run-run-pass-punt) gespielt.
Bloß: Es hat noch nie einer dran gedacht, dass man mit diesen Vorstellungen im heutigen College-Football kaum mehr 11-1 Saison en suite zustande kriegt, sondern sich eben mit reihenweise 9-4 Jahren zufrieden geben muss. Zumal Nebraskas Highschool-System nicht die Wunderspieler wie in Texas oder Florida hergibt. Und so sprechen wir hier über eine Großmacht, die verzweifelt versucht, wieder alten Glanz zu versprühen ohne von ihren uralten Werten loslassen zu wollen.
Dem Publikum isses wurscht: Die Leute kommen eh. Kein Spiel seit über 50 Jahren, das nicht ausverkauft war. Kaum ein Spiel, bei dem sich nicht noch vor dem Stadion 20.000 Verzweifelte ohne Karten tummeln. Cornhuskers-Heimspiele haben Kultstatus in einem bodenständigen Staat, dem es abseits von Football und der Bibel an echter Unterhaltung mangelt.
Was soll ich sonst noch schreiben: Dass QB Taylor Martinez mobil wie eh und je ist, und mittlerweile sogar sowas wie ein echter Werfer? Dass die Defense, die bisher gebaut war, die wurfgewaltigen Big12-Konkurrenten zu stoppen, noch immer nicht ganz soweit ist, die laufspielorientierte Big Ten einzubremsen? Alles schon oft gesagt. Es wird so „laufen“ wie immer: Nebraska putzt den Bodensatz im Schedule, gewinnt gegen 1 oder 2 der 4 „echten“ Gegner, weil es nicht die Qualität hat, sie alle – UCLA, Michigan (auswärts), Michigan State, Penn State (auswärts) – hintereinander zu übertölpeln, und am Ende wird man mit acht bis zehn Siegen in der Regular Season in ein Bowl Typus „Capital One“ eingeladen (um diese dann zu gewinnen oder zu verlieren, je nachdem um mit 9-4 oder 10-4 abzuschließen).
Und am 1. Jänner werde ich wieder die gleiche Story erzählen. Wie schon immer und immer wieder. Weil sie immer wieder sympathisch ist. Weil sie so… Nebraska ist.
Selten war eine Garantie so risikolos. Nebraska ist übrigens 8-4, braucht also den Sieg, um mit 9-4 abzuschließen. Laut SRS ist allerdings Georgia mit 9.5 Punkten zu favorisieren.
Heart of Dallas Bowl
UNLV Rebels – North Texas Mean Green
Zwei kleine Unis, die sich normalerweise nie für die Bowl-Season qualifizieren, aus Mid-Major Conferences, die sich in der Cotton Bowl treffen: North Texas (8-4, Sunbelt) gegen UNLV (7-5, MWC). Ich habe beide Teams seit Jahren nicht gesehen und kann ergo nur wenig Substanzielles beitragen.
Also: North Texas ist 6.5pts-Favorit nach dem SRS. Mean Green hat dieses Jahr einen für die Sunbelt Conference unüblich schweren Schedule gespielt, aber relativ tough standgehalten. Man hat ein gutes Laufspiel (RB Brandin Byrd mit 1023yds und 11 TD), das auf eine der zehn schlechtesten Run-Defenses in der FBS trifft. Auf der anderen Seite gilt UNLV als relativ schwierig über den Luftweg zu bezwingen.
Die Story des Jahres ist aber die UNLV-Offense, wo man nach einem verheerenden Saisonauftakt den WR Caleb Herring zum Quarterback umschulte. Nach dem Move begann die Offense zu punkten, auch wenn UNLV nach wie vor als ungefährliche „RedZone“-Offense eingestuft wird.
Ich bin gespannt, wie viele Fans kommen werden. Die Cotton Bowl ist mit 92000 Plätzen hoffnungslos überdimensioniert für diese Ansetzung, aber North Texas hat seinen Campus nur eine Autostunde entfernt.
Outback Bowl
#16 Louisiana State Tigers – Iowa Hawkeyes
Reizvolle Ansetzung für die Outback Bowl, die in Tampa ausgespielt wird: LSU (9-3, SEC) gegen die Iowa Hawkeyes (8-4, Big Ten). Louisiana State konnte letzten Endes meine hohen Erwartungen nicht erfüllen, hatte keine Chance auf das BCS-Title Game, aber immerhin kann man sich rühmen, als einziges Team des Jahres bisher den BCS-Finalisten Auburn geschlagen zu haben.
Heute tritt man ohne den QB Mettenberger an, der sich am Kreuzband verletzt hat. Dafür gibt es das Debüt vom Backup-QB Anthony Jennings, der gegen Arkansas im letzten Viertel als Notnagel ins Getümmel geworfen wurde und zum Einstand gleich mal einen 99yds-Drive zum Sieg orchestrierte. Weil aber Mettenberger fehlt, geht man davon aus, dass LSU heute noch stärker als gewohnt auf seine Lauf-Offense rund um den nie um eine Straftat verlegenen RB Jeremy Hill (1185yds, 14 TD) setzen wird. Hill ist eine Knalltüte von Mensch, aber als Runningback mehr als gebräuchlich.
Iowa setzt dem eine Linebacker-Gruppe entgegen, die aus gleich mehreren NFL-Kalibern besteht: Hitchens, Morris und Kirksey sollen früher oder später Profi-Luft schnuppern können. Da muss Hill erstmal drüber oder drum herum laufen.
Iowa hat aber eine problematische Offense, mit einem Freshman-QB Jake Rudock, der erst in den letzten Wochen der Saison Sicherheit fand, nachdem er zuvor ein wandelndes Interception-Problem gewesen war.
LSU ist nach SRS mit 7 Punkten favorisiert – das ist ein Spread, der mir im ersten Moment relativ niedrig erschien.
Capital One Bowl
#9 South Carolina Gamecocks – #19 Wisconsin Badgers
BCS-würdiges Matchup in der Capital One Bowl: South Carolina (10-2, SEC) und die Wisconsin Badgers (9-3, Big Ten) waren beide diese Saison mal wieder nahe dran an einer BCS-Qualifikation – näher als man vielleicht meinen möchte. Beide verloren in der ersten Saisonhälfte ein unerwartetes Spiel, weswegen sie überhaupt nie in die BCS-Diskussion eintraten; Wisconsin wurde bei einer Auswärtspleite bei den starken Arizona State Sun Devils sogar richtig gehend von den Refs verpfiffen.
Laut SRS ist das das sechstbeste Matchup der Bowl-Season; das offensiv laufstarke Wisconsin ist dabei mit 1.5 Punkten favorisiert. Aber die Augen werden in diesem Spiel vor allem auf einem „Gamecock“ („Kampfhahn“) liegen: DE #7 Jadeveon Clowney, dem besten Passrusher des Jahrgangs.
Clowney gilt als once in a generation-Talent, ein Passrusher, so dominant, dass am College jede Offense von seiner Seite weg designt wird. Clowney hatte letztes Jahr sein Coming-Out und ging mit massivem Hype in die aktuelle Saison, aber dort enttäuschte er die Erwartungen dann ein wenig. Zum einen sind die offiziellen Stats mit nur 3 Sacks deutlich unter den Erwartungen, aber dann mischten sich noch Verletzungs- und Motivationsfragezeichen bei Clowney mit rein. Schon können die einschlägigen Draftseiten Artikel über Artikel inhaltlich mit der Frage „Ist Clowney den top-Pick überhaupt wert?“ füllen.
Die Frage beantwortet sich mit Anschauen von maximal einem South Carolina-Spiel von selbst: Ja. Clowney ist der beste, dominanteste Abwehrspieler, den ich am College bisher gesehen habe. Besser als Suh, der 2009/10 alles platt walzte, was sich ihm in den Weg stellte. Clowney kann mit einer exzellenten Performance heute gegen die Offense Line von WISCONSIN! WISCONSIN HAT NUR GRANDIOSE OFFENSIVE LINES! noch einmal ein Ausrufezeichen setzen. Aber im Ernst: Zweifelt irgend jemand dran, dass Clowney in den Top-3 vom Tablett gehen wird, sollte nicht noch eine mysteriöse angewachsene Knochenschaden gefunden werden.
Clowney-Watch. Zwei BCS-würdige Teams. Ein Badgers-Laufspiel mit RB Gordon (1466yds, 12 TD) und RB James White (1377yds, 13 TD). Das ist eines der besten Matchups der Bowl-Season, und beide Teams dürften motiviert sein, es allen noch einmal zu zeigen. Da würde ich zuschauen.
Die offiziellen und nominellen BCS-Bowls von heute, Rose (ab 23h) und Fiesta (ab 2h30), gibt es hoffentlich nachher noch in separaten Einträgen.
College Football 2013/14, Week 2 Preview
Heute geht es weiter mit dem zweiten Football-Großkampftag an Amerikas Universitäten. Vor dem Einstieg noch eine kurze Recap zur Woche 1:
- Alabama mit einem auf dem Papier souveränen 35-10 über Virginia Tech, aber in Wahrheit war das eher mau, mit viel Special Teams. Alabama bleibt die #1.
- Clemson–Georgia war ein insgesamt exzellentes Spiel zwischen zwei Mannschaften. QB Tajh Boyd spielte sich in den Kreis möglicher 1st-rd Draftpicks, auch wenn die Vorstellung nicht komplett einwandfrei war. Aber Pässe wie dieser famose lange Wurf rechts runter downfield in die Arme des in die Endzone fallenden Backup-RBs sind allerallerallererste Sahne und werden Scouts aufhorchen lassen. WR Sammy Watkins scheint dieses Jahr auch wieder besser aufgelegt zu sein: Der 77yds-TD zeigte alles, was Scouts sehen möchten: Super Catch, exzellente Physis (ließ 1-2 Linebacker einfach abprallen), Willen, downfield zu starten, sensationelle Beschleunigung und das, was man in den USA „closing speed“ nennt. Großartig. Sofern die Drops bei Watkins nur Unkonzentriertheiten wg. Saisonbeginn waren, sprechen wir da über einen Top-10 Pick.
- Bei South Carolina fusseln viele über die null-Sack Performance von Superstar-DE Jadeveon Clowney. Ich bin überrascht, dass so viele geschätzte Schreiber in den USA Clowney überhaupt „verteidigen“ müssen; das Spiel zeigte IMHO eindeutig und zu 100%, weshalb Clowney der nächste Top-Pick ist. Er dominierte das Spiel nicht nur. Nein, der Gegner richtete seinen Game-Plan allein nach Clowney. Ein größeres Kompliment kannste nicht kriegen. Die Konditionsprobleme ließen sich übrigens mit Virusinfektion erklären. Angesichts der Umstände einer ständig bedrohten Pocket fand ich übrigens UNC-QB Renners Leistung mehr als akzeptabel.
- Texas A&M mit lange Zeit Besorgnis erregender Abwehrleistung.
- Das LSU-Spiel habe ich schon im Liveblog ausführlicher zusammengefasst; beide Teams mit guten Vorstellungen. LSU ist absolut ein BCS-Contender, trotz hammerhartem Schedule.
- Bei FSU erfüllte Freshman-QB Jameis Winston nicht bloß die hohen Erwartungen, er übertraf sie. Gigantisches Debüt für Winston (25/27 für 356yds, 4 TD; 6 Carries, 34yds, TD/eine nicht gegebene Completion + okay, eine Fast-INT). Pitts Defense ist nicht überragend, aber auch nicht unterirdisch – insofern: Gigantisches Debüt, hatte ich so nicht erwartet. Winston hat übrigens eine etwas bizarre Wurfbewegung, aber die Bälle kommen trotzdem wie Raketen mit Top-Speed raus.
- Höchste Niederlage für Boise State (6-38 in Washington) in der Ära Chris Petersen. Erstaunlich leblose Offense (u.a. 3.8yds/Passversuch). Hab Youtube-Ausschnitte gesehen: Washington-QB Price sah wie verwechselt aus. Wenn das der neue Price ist, sehen wir den irgendwann in der NFL wieder, zumindest als Backup.
Die ersten AP-Rankings kann man unter diesem Link nachlesen. Damit zum heutigen Spieltag, einem Tag mit nur wenigen Ansetzungen (wenn ich das richtig aufgeschnappt habe, spielen z.B. 35 Mannschaften (!) gegen Gegner aus der FCS/Football Championship Subdivision, der zweiten Ebene im College Football):
Übertragungen
SPORT1 US
18h Miami - #12 Florida 21h30 Virginia - #2 Oregon 02h #17 Michigan - #14 Notre Dame
EUROSPORT 2
21h30 Penn State - Eastern Michigan (Tape)
ESPN-Player
18h Miami/FL-Florida18h Michigan State-South Florida 18h Kentucky-Miami/OH 18h Tennessee-Western Kentucky 18h Temple-Houston 18h Kent State-Bowling Green 18h Louisville-Eastern Kentucky18h Illinois-Cincinnati18h30 Clemson-South Carolina State 18h30 UNC-Middle Tennessee State 19h Ball State-Army 19h30 Virginia Tech-Western Carolina 20h UMass-Maine 21h Boise State-Tennessee Martin 21h Central Michigan-New Hampshire 21h30 Mississippi State-Alcorn State 21h30 Oklahoma State-San Diego State21h30 Virginia-Oregon21h30 Missouri-Toledo 22h Maryland-Old Dominion 22h30 Memphis-Duke22h30 Georgia-South Carolina00h NC State-Richmond 00h Akron-James Madison 01h Brigham Young-Texas01h Louisiana State-UAB01h Troy-Savannah State 01h Texas A&M-Sam Houston State 01h30 Auburn-Arkansas State 01h30 Vanderbilt-Austin Peay02h Michigan-Notre Dame02h SMU-Montana State 04h Fresno State-Cal Poly
Miami Hurricanes – #12 Florida Gators
Canes-Gators ist die unspektakulärste der großen Rivalitäten im College-Football Floridas, und es ist ein Duell, dessen Zukunft mal wieder in den Sternen steht. Was an der Ansetzung erstmal überrascht, ist die Zeitansetzung: 12h mittags in Miami! Wie liest man über die mörderische Hitze in South Beach, und das Sunlife Stadium ist keine 20km entfernt! Normalerweise würde man erwarten, dass The U gegen einen Gegner wie Florida ausnahmsweise mal einige tausend Zuschauer ins Stadion bringt, aber bei den Temperaturen…
Zum Sportlichen: Florida ist mir weiterhin ein Rätsel: Die Mannschaft hat keine Offense. Gegen Toledo wurde mit aller Gewalt ein Laufspiel über RB Brown durchgedrückt, aber QB Driskel war bestenfalls unbeständig. Es reichte, weil die Defense einen unterklassigen Gegner komplett abwürgte. Obwohl: So unterklassig ist Toledos Offense eigentlich nicht, und sie machte keinen Stich! Das, obwohl einige der besten Verteidiger fehlten. Miamis Angriff ist noch etwas besser als Toledo, in QB Morris und vor allem RB Duke Johnson gibt es ernst zu nehmende Optionen. Können die Gators erneut so eine Abwehrschlacht liefern? Und wenn ja: Was ist Muschamps Plan, um Johnson zu stoppen?
Oft geschrieben, aber immer noch fehlt mir der Glaube: Ist Florida gut genug? Kann man mit so einer Spielweise wirklich heil durch eine Saison in der SEC kommen? Dieses Spiel wird uns Aufschlüsse gegen, da Miami ein erster Prüfstein von Format ist – zumal zuhause.
#11 Georgia Bulldogs – #6 South Carolina Gamecocks
Das Spiel kommt um 22h30, leider nur im ESPN-Player (edit: scheint leider nicht mehr auf), und es ist in der SEC-East vielleicht schon von vorentscheidender Bedeutung: Eine Niederlage ist kein ganzer Beinbruch hinsichtlich Conference-Ambitionen, aber ein halber. Für Georgia wäre es nach der Auftaktniederlage letzte Woche in Clemson ferner das frühzeitige Ende sämtlicher BCS-Ambitionen.
Das Geile bei jedem Georgia-Heimspiel ist schonmal das riesige Sanford-Stadium in Athens, 92.000 Rabauken und neben den EndZonen wachsen die Hecken (daher auch der oft gehörte Terminus „between the hedges“). Das gibt den Bulldogs ein ganz eigenes Flair.
Sportlich wird sich vieles im Duell von South Carolinas oben beschriebenem superbem DE #7 Clowney gegen die Offense Line entscheiden. Werden die Bulldogs ähnlich wie letzte Woche UNC ihren kompletten Offensiv-Gameplan von Clowney weg konzipieren? Schwierig vorstellbar. OffCoord Mike Bobo ist mir nicht dafür bekannt, sich zu passiv in seiner Ansage zu verhalten. Bobo sucht vielmehr selbst danach, dem Gegner sein Spiel aufzudrücken. Und ganz ehrlich: Georgia hat ganz andere Ressourcen als UNC, um eine Offense gegen einen Superspieler wie Clowney aufzustellen.
Auf der anderen Seite bin ich bei Gamecocks-QB Connor Shaw nicht vollends überzeugt: Erster Mann ist zugedeckt, und Shaw wird nervös, improvisiert sich in einen Strudel schlechter Entscheidungen und muss die Bälle gleich in Serie auf die Tribüne werfen. Andererseits: Physisch war das von South Carolinas O-Line und RB Mike Davis letzte Woche schon sehr beeindruckend.
Ich habe in diesem Spiel keinen Favoriten. Ich weigere mich, Georgia wegen einer knappen Niederlage gegen Clemsons Power-Offense abzuschreiben. Kurzum: Es ist das Spiel an diesem College-Weekend, auf das ich mich am meisten freue.
#17 Michigan Wolverines – #14 Notre Dame Fighting Irish
Michigan und Notre Dame verbindet eine große Rivalität, auch wenn beide Universitäten in ihrer langen Historie vergleichweise erstaunlich selten gegeneinander gespielt haben. Trotzdem kann man sich die Partie schonmal geben, was schon allein am Heimstadion der Wolverines liegt, dem „Big-House“ mit seinen 110.000 Zuschauern – bei Nacht. Nachtspiele in Michigan sind in etwa so zahlreich wie Puffs im Vatikan. Das erste gab es vor zwei Jahren. Gegner damals: Notre Dame. Das Spiel damals: Ein Spektakel allererster Güte, mit einem 35-31 Sieg für Michigan und drei Touchdowns und ebenso vielen Führungswechseln in den letzten 72 Spielsekunden.
Daran wird heute Nacht eher wenig erinnern, denn beide Offenses versuchen verzweifelt, solider, langweiliger zu spielen. Michigans OffCoord arbeitet fieberhaft, die alte I-Formation mit zwei Runningbacks wieder einzuführen. Letzte Woche holten zwar beide Teams Siege, aber die Art und Weise beunruhigte: Beide waren nicht konstant in der Lage, ihre Drives auszuspielen, sondern mussten sich auf Big-Plays verlassen. Beide Defenses waren eher soft.
Ein Knackpunkt heute könnte das Duell der NFL-reifen Defensive Line von Notre Dame gegen eine rundumerneuerte „Interior Offensive Line“ (Center, Guards) bei Michigan sein: Wird Michigan da überpowert, stirbt die I-Formation Offense im Ansatz. Auf der anderen Seite: Notre Dame reist mit QB Tommy Rees als Starter an, was schon qua Rees‘ Standing die Favoritenrolle zu Michigan verschiebt…
Sonstige Spiele im ESPN-Player
Der ESPN-Player hat von den Mittagsspielen nicht unbedingt viele Alternativen zu Canes-Gators zu bieten. Bei #8 Louisville – Eastern Kentucky kann man QB Bridgewater beobachten, aber wie viel lässt sich aus einem Spiel eines Top-Prospects gegen einen bestenfalls drittklassigen Gegner herauslesen? Michigan State – South Florida ist insofern interessant, weil der neue USF-Coach Willie Taggert letzte Woche nach einer schwachen Debütvorstellung dermaßen medial auf die Fresse bekam, dass man keinen anderen Eindruck bekommen kann als der Mann coacht ab sofort um seine Zukunft.
Illinois–Cincinnati? Cincinnati soll einer der Mitfavoriten in der American Athletic Conference sein, aber interessanter finde ich den Gegner, Illinois. Über zwei Ecken hab ich Verbindungen zu dieser Uni, und ich hege gewisse Sympathien für die Fighting Illini, wie das Team dort heißt. Sportlich waren die letzten eineinhalb Jahre (seit dem 6-0 Start 2011 gab es eine 1-17 Bilanz) katastrophal, und der Anfang 2012 mit viel Tamtam angeheuerte Head Coach Tim Beckman ging schon als lame duck in den Herbst.
Zum Time-Slot der Nachmittagsspiele (ab 21h): Ab 21h Boise State auf dem blue turf gegen das unterklassige Tennessee-Martin. Die Broncos müssen sich nach der verheerenden, weil so ungewohnten hohen Pleite gegen Washington rehabilitieren. Für Abgesänge ist es noch zu früh, aber das Debakel war so krass, dass jedermann die Bronco-Saison bereits als verloren deklariert.
SPORT1 US (plus ESPN-Player) überträgt um 21h30 Virginia – #2 Oregon, das eigentlich nicht nach einem Upset riecht. Virginia in Woche 2 zuhause… da hatten wir schonmal was. Kann man mal nen Blick drauf werfen, inwiefern die Oregon-Offense des neuen Headcoaches Mark Helfrich sich von jener des alten Coache Chip Kelly unterscheidet.
Um den Link zwischen Virginia und einem Team des nächsten Spiels, BYU, herzustellen: Die beiden spielten letzte Woche gegeneinander. Virginia und BYU brachten es zustande, eine Partie mit 24 (!) Punts zu generieren. Sensationellerweise gewannen übrigens die Cavs, weswegen BYU heute schon unter Druck steht…
…und zwar um 1h zuhause gegen #15 Texas. BYUs Heimspiele sind schon wegen des Stadionpanoramas stets ein Schmankerl, aber diesmal gibt es durchaus auch Upset-Potenzial. BYU mag letzte Woche katastrophal aufgetreten sein, aber es hat eine hervorragende Front-Seven mit vielen möglichen hohen NFL-Picks, und das schmeckt den nervösen Texas-QBs im Normalfall nicht.
Ab 1h30 Auburn–Arkansas St. Letzteres Spiel ist das Wiedersehen von Auburn-HC Malzahn mit seiner ehemaligen Uni (Malzahn coachte die Red Wolves 2012). Arkansas St ist keine unterirdische Mannschaft. Auburn wird einen ersten ansatzweisen Test vorgesetzt bekommen. Wie funktioniert die Spread-Offense, bei der man monatelang nicht wusste, wessen Quarterback sie führen soll?
The Countdown, T-minus 5: South Carolina Gamecocks
The Countdown
#5 South Carolina Gamecocks.
SEC, Eastern Division.
2012: 11-2.
Historisch gesehen sind die South Carolina Gamecocks aus Columbus/Süd-Carolina keines der ganz großen Programme im College-Football, was aber nicht heißt, dass Universität und Mannschaft nicht „ziehen“: Die Fanbasis gilt als extrem loyal und füllte die Hütte selbst in Zeiten, in denen man sieglos durch die Saison stolperte. Und seit mit Steve Spurrier ein ebenso kultiger wie klingender Name auf Head Coach übernommen hat, geht es auch sportlich nach oben.
Steve Spurrier wurde bekannt als einstiger Heisman-Trophy Sieger und späterer Coach-Revoluzzer, der der bodenständigen SEC das Passspiel beibrachte („Fun’n’Gun“-Offense). In South Carolina erinnert nicht viel an diese alten Zeiten, in denen Spurriers Mannschaften Wurfrekorde diverser Art sprengten und Titel abstaubten: Die Gamecocks brillieren vielmehr durch grundsolide exekutiertes Laufspiel, Fehlerminimierung und knackige Defense. In den letzten Jahren war man mehrmals nahe am Durchbruch, scheiterte aber immer wieder knapp, mal, weil man auf Übermannschaften im Conference-Finale traf, mal, weil man ungünstige Schedules spielen musste.
Heuer sieht man einen relativ einfachen Schedule: Man muss zwar in Woche 2 auswärts zum Divisions-Mitfavoriten Georiga, aber die beiden einzigen weiteren Kaliber, Florida und Clemson, bekommt man zuhause serviert. Mit Abstrichen UNC, Vanderbilt und Mississippi State (alle ebenso zuhause) sind die drei einzigen weiteren Teams, von denen man diese Saison Gutes erwarten würde.
Aber wie der Teufel es will, muss man haargenau diesmal mit einem personellen Aderlass fertig werden, der sich gewaschen hat. Der herausragende RB Marcus Lattimore ging in die NFL, aber er wäre wohl sowieso nicht fit gewesen und fehlte auch in den letzten Jahren immer wieder im Krankenstand. Vier der fünf besten Wide Receiver sind gegangen, die fünf besten Linebackers, der zweitbeste Defensive End (Devin Taylor) und der beste Safety (D.J. Swearinger) – das ist Material, das auch eine mittlerweile solide SEC-Uni nicht im Handumdrehen ersetzen kann.
Jadeveon Clowney
Der Mann, der trotzdem Hoffnungen auf eine große Saison macht, ist Superstar-DE Jadeveon Clowney, der als Top-Draftpick 2014 gilt und wirklich eine einzigartige Naturgewalt ist. Es gab in der Vergangenheit immer wieder freakige Athleten in der Defense, die alles in Grund und Boden spielten (vor einem Jahrzehnt Peppers, zuletzt Ndamukong Suh), aber Clowney ist selbst für solch epische Standards ein herausragendes Einzeltalent, bei dem man dankbar ist, wenn man es mal hat spielen sehen. Clowney machte in der Bowl Season einen highlight-trächtigen Tackle gegen einen Michigan-RB, der im Laufe der kommenden Scouting-Periode in der Murmeltierschleife durch den Äther gejagt werden dürfte:
Es ist nicht nur dieser Hit; es ist vor allem die Beständigkeit, mit der Clowney Terror veranstaltet. Clowney ist trotz 115kg schlaksig und fassungslos antrittsschnell und wuchtig. Allein, der Hype um diesen Spieler ist so groß, dass er die Erwartungen fast nicht erfüllen kann.
Und es bleiben viele Fragezeichen: Selbst wenn die Defensive Line dominiert – wer macht dahinter die Tackles? Wie viel Freelancing ist ohne Swearinger überhaupt noch möglich für die Defensive Backs? Was passiert, wenn Clowneys Leistung abfällt?
Gamecocks-Offense
Die Offense hatte zuletzt ein bissl was von Chamäleon, was auch an den vielen Verletzungen lag. Die erste QB-Option ist Connor Shaw, ein mobiler Glatzkopf, der die Tendenz hat, entweder den tiefen Ball zu suchen oder den Checkdown zum nahe stehenden Running Back. Fällt Shaw aus, ist mit Dylan Thompson Kontrastprogramm angesagt: Thompson ist keine Statue, aber er scrambelt vergleichsweise selten und zieht bevorzugt ein Mitteldistanzgewichse auf, das stilistisch völlig von Shaw abweicht. Beiden ist gemein, dass sie trotz ihrer Beweglichkeit viel zu viele Sacks einstecken. Wohin sie dieses Jahr werfen sollen, steht noch aus: Kaum Wide Receiver haben Spielerfahrung vorzuweisen.
Dafür sollte das Laufspiel auch in der Zeit nach dem Genie Lattimore halbwegs passen: Die Offense Line bleibt komplett zusammen und mit Mike Davis gibt es einen relativ guten Back, der irgendwann mal auch in der NFL Fuß fassen sollte.
Nochmal: South Carolina ist diesmal deutlich schwächer aufgestellt als in den letzten Jahren, aber sie haben Glück mit dem Schedule (oder anders: Diesmal hat Georgia den schweren Weg). Wenn der Kader im Gegensatz zu den letzten Saisons diesmal gesünder durch den Herbst kommt, dürfte das Conference-Finale drin sein. Man ist allerdings ziemlich abhängig von der QB-Situation im Angriff und Clowney in der Defense. Ich bin nicht allzu zuversichtlich, was die BCS-Chancen der Gamecocks angeht, aber einen Einbruch erwarte ich auch nicht.