College Football in den Siebzigern: Ära der Dynastien

In den letzten History-Beiträgen zur Entwicklung des College Football haben wir gesehen, wie sich der Sport nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelte. Wir haben gelernt, wie die Brutalität des Football erst für die Zwecke des Kalten Krieges instrumentalisiert wurde, ehe er in die Bredouille des Machtkampfs zwischen Arbeitern und Intellektuellen geriet. Wir haben auch gelernt, wie der Kampf um Gleichberechtigung von Schwarzen den College Football der Sechziger Jahre dominierte und schließlich zur vollständigen Integration führte. Weiterlesen

Werbung

Penn State Nittany Lions | Bestandsaufnahme 2014/15

Zweieinhalb Jahre sind ein viel zu kurzer Zeitraum, um beim Schreiben über die Pennsylvania State University sofort auf den sportlichen Teil zu kommen. Das Innenleben der Community bleibt als Außenstehender weiterhin nicht greifbar, und ich habe manchmal das Gefühl, die Community weiß selbst nicht, wie sie mit Sandusky und Paterno und überhaupt mit sich selbst umgehen soll. Dieses Gefühl bestärkte sich bei einem längeren Gespräch mit einem jungen PhD aus State College, den ich heuer im Frühjahr auf einem Besuch an der TU Delft kennen lernte. Die beste Quelle bleibt weiterhin ein Mann, der auf diesem Blog nicht zum ersten Mal verlinkt wird, und dessen Weltanschauung man ganz gut teilen kann – Michael Weinreb:

The Paterno mythos is a complex and perhaps entirely illusory concept at this point; even so, it still feels relevant at Penn State. It still hearkens back to the „Grand Experiment,“ to the melding of athletics and academics under the guise of a football program, which feels less and less like a feasible equation in the modern world. Paterno, of course, wanted to win as terribly as James Franklin does — he could be ruthless and exacting when he wished, and anyone who believes otherwise is hopelessly naïve — but Paterno managed to couch that competitiveness in an anachronistic professorial outlook that made his tenure at Penn State, for a very long time, feel like something different.

That is not the case with James Franklin, because James Franklin feels very much like a modern football coach. He is a walking TED talk. His is the language of a pitchman rather than a professor. He readily admits to being a perfectionist, and he says things like this about coaches, according to Blue-White Illustrated’s Nate Bauer: „They’re control freaks, they’re maniacs, and I’m one of them.“

And that’s the issue: I have no idea if, given the contours of this system, it is possible to be all these things and still maintain one’s ethical framework. I have no idea if a college football coach can be both a control freak and a model citizen, and I don’t think anyone else knows, either. This is, after all, the subtext of the debate Penn State people been waging amongst themselves for the past three years: Was the Paterno mythos inherently flawed? (Hell, you might say that this is the central question inherent to the existence of college football itself.) And this is the same question that lingers now, as the James Franklin era takes hold.

Aus: Michael Weinreb | In the Spotlight – Can James Franklin keep Penn State out of Trouble?

Der komplizierte Umgang mit dem legendären Joe Paterno lässt sich an kleinen Gesten wie der Spende diverser Booster für eine neue Paterno-Statue ablesen: Sie darf nicht auf dem Campus aufgestellt werden. Sie muss zwei Kilometer außerhalb vor einer Bar platziert werden. Paterno ist zweieinhalb Jahre nach seinem Tod ein Zombie geworden, von denen einen verehrt als Ehrenmann und Opfer, von den anderen verabscheut als schizophrener Verräter an einem von ihm selbst geschaffenen (Schein?)-Weltbild. Weiterlesen

Als der College Football durch die Hölle ging

Vorwort: Ich habe letztes Jahr ganz sachte anhand von US-Autoren wie Michael Weinreb (Sports on Earth) eine kleine Miniserie über die Geschichte des College-Footballs angestoßen, die auf mehr Anklang in der Leserschaft gestoßen ist als gedacht. Schreiben über Schlüsselmomente in der Vergangenheit des Sports, den wir lieben, macht zugegebenermaßen Spaß. Viel ist bloße Auseinandersetzung mit dem Fabrizierten von Michael Weinreb, aber das ist uns ja wurscht. Heute: Die Nacht, in der College Football die Hölle erlebte.


Michael Weinreb, das muss man wissen, kommt aus dem US-Nordosten. Sein Vater war Professor an der Penn State University, und so verbrachte Weinreb einen Großteil seiner Kindheit und Jugend in State College, dem Dörfchen mitten in der Prärie von Pennsylvania, das nur dank der Uni existiert. Weinreb schrieb oft über seine Verbindung zur Uni, und man bekommt in den vielen Artikeln ein gutes Gefühl für die Beziehung eines Amerikaners zu „seiner“ Alma-Mater. Seit dem Sandusky-Skandal arbeitete Weinreb in einigen exzellenten Artikeln, die ich hier oft verlinkte, seine Gefühlswelt auf – seine Einstellung zu Ort, Zeit und Paterno. Dieser Artikel The Night College Football Went Through Hell ist aus dem Jahre 2007, also vor dem Auffliegen von Sandusky, also nicht wundern, wenn Leute wie Paterno oder Sandusky da in einem Licht erscheinen, das heute ein Spur anders ist.

Wir schreiben den 2. Jänner 1987, ein Montag. Tag des inoffiziellen National Championship Games, das es damals noch nicht gab. Den Part hatte an diesem Tag die Fiesta Bowl in Tempe/Arizona über, eine bis dahin als zweitklassig angesehene Veranstaltung im Schatten der großen Giganten wie Rose Bowl, Sugar, Cotton oder Orange Bowl. Die Fiesta Bowl hatte aber gegenüber diesen arrivierten, alles überstrahlenden Neujahrs-Bowls den Vorteil, nicht vertraglich an eine oder mehrere Conferences gebunden zu sein. Während die Rose Bowl verpflichtet war, die Sieger von Big Ten und Pac-10 zu holen, die Sugar Bowl den SEC-Champ nehmen musste und die Cotton Bowl den Meister der SWC, war das Gremium der Fiesta Bowl unabhängig. Weiterlesen

The Countdown, T-minus 37: Penn State Nittany Lions

Die Penn State Nittany Lions und ihr Umfeld bieten zu viele Storylines, als dass man darüber kurz und knackig eine Mini-Vorschau schreiben könnte. Um kurz die Rahmenbedingungen abzustecken: Die Mannschaft spielt noch für zumindest drei Jahre außer Konkurrenz im College Football mit, da sie nach dem ekelerregenden Sexskandal um den pädophilen ehemaligen Assistenztrainer Jerry Sandusky und die einhergehende Omertá von Trainerlegende Joe Paterno von der NCAA gesperrt wurde. Viele meinen, die Sperre sie ein Unrecht gegenüber den aktuellen Spielern, weil diese am wenigsten dafür könnten für ein Unrecht, dessen Wurzeln schon in den 90ern liegen.

Falsch. Wenn so gravierende Verstöße gegen allgemein anerkannte menschliche Werte getätigt werden, und das von oben herab, von der Universitätsleitung, muss eine harte Strafe her. Wenn wir nicht mehr drauf vertrauen können, dass unsere angebliche Elite in der Lage ist, Menschlichkeit über Kohle zu stellen, muss der Hammer her. Die NCAA ist ein Kartell, das zu sprengen es sich lohnt, und die Strafe kam auf rechtlich wackeligen Beinen daher, aber sie fühlt sich ausnahmsweise mal „richtig“ an, und wenn, dann höchstens zu lasch.

In diese Stimmung mischen sich im Fall Penn State eine riesige Studentenschar und Alumni-Clubs, die viele Jahrzehnte lang mit Stolz bei Penn State studierten und diesen Stolz in die Welt hinaus trugen, weil es eine Uni war, die zumindest nach außen auf ehrenwerte ethische Grundsätze fundierte und diese auch strikt einzuhalten schien. Das wichtigste, einflussreichste Gesicht, Football-Headcoach Joe Paterno, sein Mantra vom Grand-Experiment („Erfolg ist wichtig; Ethik ist wichtiger“) galt als sowas wie eine Institution, eine graue Eminenz, die letzte Bastion des sauberen College-Sports.

Paterno wird in vielen Studentenkreisen noch immer verehrt. Viele glauben noch immer, dass sein Rauswurf drei Spiele vor seinem eh fast sicheren Karriereende unwürdig war. Viele glauben, dass Paterno nach seinem schnellen Tod wenige Wochen danach nicht genügend gewürdigt worden war.

Ein streitbarer Punkt, zu dem es viele Meinungen gibt.

Die massiven Sanktionen gegen Penn State (u.a. 60 Millionen Dollar Geldstrafe über fünf Jahre, Ausschluss von der Bowl-Season, Aberkennung von Sportstipendien in empfindlichem Ausmaß) schwächen auch die Footballmannschaft und führten vor der letzten Saison zu einem Massenexodus etlicher arrivierter Leistungsträger. Umso höher einzuschätzen ist das, was der neue Head Coach Bill O’Brien aus dem Team letztlich machte: Eine 8-4 Bilanz mit Pauken und Trompeten, und ohne Ficken und einen unnötigen Kollaps hätte es locker auch ein 10-2 sein können. Wohlgemerkt mit einer extrem ersatzgeschwächten Mannschaft.

O’Brien blieb entgegen der Unkenrufe auch über seine schwere Debütsaison hinaus an der Uni, und er muss jetzt langsam den Umbruch hinkriegen. Der von ihm aufgebaute Starting-QB Matt McGloin ist mittlerweile ausgeschult, und O’Brien muss sich einen neuen talentlosen Quarterback suchen und ihn zu was Respektablem heranziehen.

Großer Anwärter ist dabei QB Christian Hackenberg, ein Freshman, dem man unendliches Talent nachsagt (u.a. ein „5 Star Recruit“), der aber noch zu viele mentale Fehler begeht. Die einzige andere Alternative ist Tyler Ferguson, der auch keine Erfahrung hat. Ansonsten gibt es nix. Nada. Aber zweifelt jemand ernsthaft dran, dass O’Brien einen der Jungs hinbiegen kann?

Die Offensive Line ist eine absolute Stärke, aber bei den Skill-Players sieht es nach dem Abgangsschwall letztes Jahr zappenduster aus. Aber zweifelt jemand an O’Brien?

Die Defense gilt als extrem stark gegen den Lauf (nie schlecht in der Big Ten), hat aber trotz stabiler Secondary oft Probleme mit dem gegnerischen Passspiel, weil der Passrush vorne nicht wie gewünscht zündet. Ob O’Brien das hinkriegt, steht in den Sternen: Er gilt nicht als Mensch, der sich bisher allzu viel um die Defense geschissen hat.

So sind die Nittany Lions dieses Jahr folgendes: Spielen außer Konkurrenz mit. Haben möglicherweise, wenn sie nicht von Verletzungen arg gebeutelt werden, Potenzial, jeden Gegner zu schlagen. Werden aber nicht jeden schlagen, weil sie dafür nicht breit genug aufgestellt sind und zu wenig Erfahrung auf QB haben. Und müssen nebenbei einen einsamen Kampf um wenigstens eine Linderung der harten NCAA-Strafen führen. Langweilig wird es in State College nicht.


Ja, der Countdown-Artikel zu Penn State bei USA Today ist noch nicht raus, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die Antwort auf Myerbergs RätselCurt Warner“ lautet (zweitmeiste Rushing-Yards in der Unigeschichte seit 1977, viermal über 1025yds bei den Seahawks in den 80ern). „Curt Warner“ ist übrigens nicht „Kurt Warner“.

Um noch einmal drüber nachgedacht zu haben.

Ich fühle mich scheiße.

Der Freeh-Report zeichnet an einigen Stellen horrende Bilder vom Wesen an der Pennsylvania State University. Einfaches Putzpersonal traute sich nicht, das abscheulichste denkbare Verbrechen, sexuellen Missbrauch von Kindern, zu melden, weil Football die Universität regierte. Weil Paterno ein Gott war. Weil Football Penn State war.

Dieses Blütenweiß, dieses wunderschöne, einzigartige, riesige Stadion in College Station, irgendwo im Nirgendwo im Bundesstaate Pennsylvania, dem man heute ansieht, wie hier in runden fuffzich Jahren etwas gewachsen ist, dieser alte Mann Mitte 80 und seit drei Generationen am Ruder – für mich war das jahrelang bewundernswert. Nun fühle ich mich naiv. Dass Paterno sportlich dem Programm nicht mehr zu helfen vermochte, konnte jeder sehen. Dass eine Galionsfigur wie Paterno für den College Football aber etwas Gutes stellte, war für mich auch stets klar. Weil es das sonst nirgendwo gibt.

Stellte sich aber heraus, dass dieser Schein trügte. Ein Schein, dem auch ich unkritisch verfallen war.

In mir hatte sich über die Jahre der Eindruck verfestigt, dass Paterno über den anderen stehe. Es gibt Gestalten (anders: Head Coaches) an den Seitenlinien, denen ich in ihrem Streben nach Allmacht und ihrer Selbstzentrik einiges zugetraut hätte. Nicht so Paterno. Das Grand Experiment hatte für mich irgendwo separat – und über den anderen – gestanden, trotz einiger Indizien, die man nun – mit dem Wissen um Sandusky und die Führungskultur bei Penn State – in der Retrospektive anders interpretieren würde. Das Kartenhaus ist erst jetzt zusammengefallen. Die Augen wurden mir erst jetzt geöffnet.

Das tut mir leid. Sehr, sehr leid sogar.

Penn State und der Fall Sandusky: Die Strafen der NCAA sind verkündet

Die NCAA-Strafen gegen das Footballprogramm der Pennsylvania State Nittany Lions im Falle „Sandusky“ sind raus und können bei NCAA.com nachgelesen werden. In aller Kürze:

  • 60 Millionen Dollar Geldstrafe in einen gemeinnützigen Fond für den Kampf gegen Pädophilie. Entspricht in etwa einem Jahresumsatz des Footballprogramms (ca. 70M) und ist über fünf Jahre verteilt zu zahlen. (Dazu gesellen sich noch NCAA-unabhängig 13 Millionen von der Big Ten Conference einbehaltene Dollars, die aus Fernsehverträgen für die Bowl Season nicht ausbezahlt werden)
  • Vier Jahre lang Reduzierung der Stipendien für Footballspieler ab 2013 von 25 auf 15 und gleichzeitige Reduzierung auf die Gesamtanzahl an Footballstipendien von 85 auf 65 – das dürfte die massivste Strafe sein, nachdem die Stipendien doch immer noch die beste Waffe im Recruiting sind und Penn State damit auf Jahre hinaus sportlich gehandicappt sein wird. Können die Fans dann mal zeigen, wie ernst das mit dem proklamierten „more than just winning“ genommen wird (Penn State hat einen Zuschauerschnitt von ca. 102.000 Fans/Heimspiel).
  • Bowl-Sperre für vier Jahre – angesichts der Recruiting-Limitierung wären es eh kaum mehr als drittklassige Bowls geworden.
  • Streichung aller Siege von Penn State seit 1998. 1998. Ein Zeichen der NCAA, nachdem der Freeh-Report nahe gelegt hatte, dass Paternos wirkliches Vergehen des Stillhaltens erst ab 2001 eklatant war (1998 waren die Ermittlungen noch zum Schluss gekommen, dass Sandusky möglicherweise unschuldig sei). Paterno verliert damit über 110 Siege und rutscht in der ewigen Bestenliste vom ersten Platz runter und raus aus den Top-10. Gestrichene Siege sind eines der Strafmittel der NCAA, und ich weiß nicht so recht einzuschätzen, welchen symbolischen Wert sie in den Staaten genießen. Ich halte sie für eine eher schmerzlose Strafe.
  • Penn State spielt fünf Jahre auf Bewährung, muss während dessen erkennbare Strukturen zur Selbstbereinigung aufbauen.

Zusätzlich dazu dürfen alle Spieler – neu rekrutierte Freshmen, Recruits für 2013/13 und die gestandenen alten Spieler – wohl alle ohne NCAA-Strafen wechseln. Die genauen Modalitäten sind noch abzuklären (möglicherweise werden die Wechsel nur innerhalb der Big Ten Conference erlaubt sein). Wenn ich den obigen Link richtig interpretiere, dürfen auch aktuelle Spieler ihr Stipendium behalten, sollten sie 2012/13 nicht am Football teilnehmen.

Obwohl die Strafen nur auf das Footballprogramm beschränkt zu sein scheinen – dabei war die Verrohung der Sitten allem Anschein nach bis hinauf in die höchsten Gremien der Universität gegangeen – ist es ein recht massives Zeichen der NCAA, das allem Anschein nach bei weiten Teilen der von mir geschätzten Experten (wie Wetzel, Forde, Mandel oder Doyle) positiven Anklang findet. Man sieht darin die längst überfällige harte Hand der NCAA in einem der vielen, vielen Skandale (genau gesagt: dem größten bisher) der letzten Jahre.

Die Death Penalty wurde also wie gestern erwartet abgewandt, die Show in State College wird weitergehen, wenn auch ohne Paterno-Statue und ohne Student-Section. Penn State dürfte ein paar Jahre um die 7-5 oder 4-8 Saisons spielen und der Ruf der Universität dürfte erstmal auf Jahre hinaus verbrannt sein. Manch einer regt sich darüber auf, dass mit den aktuellen Spielern eines der schwächsten Glieder in der Kette bestraft wurde, aber wo sonst sollte man ansetzen? Verlieren gehört im Sport nun mal zu den größten Strafen und Penn State dürfte  sich über Jahre damit anfreunden müssen.

Die NCAA behält sich vor, noch individuelle Strafen gegen Beteiligte am Sandusky-Skandal auszusprechen.

Sandusky selbst wird vor einem ordentlichen Gericht verhandelt und dürfte sein Leben nicht mehr aus dem Knast kommen.

Protokoll des Schreckens

Joe Paterno Statue am Beaver Stadium

Paterno – Bild: Flattr

Der Untersuchungsbericht eines ehemaligen FBI-Agenten im Falle „Jerry Sandusky“ ist raus (Download hier), und er malt ein horrendes Bild von der Pennsylvania State University, deren Footballprogramm, aber auch und vor allem der Universitäts-Führungsriege.

Der Bericht legt offen, dass bereits Ende der 90er die Pädophilie-Vorwürfe gegen Sandusky bekannt waren und Ermittlungsarbeiten dagegen von Paterno höchstpersönlich geblockt wurden. Die „Big Four“ – Paterno, Uni-Präsident Graham Spanier, Finanzchef Gary Schultz und Sportchef („Athletic Director“) Tim Curley, die mächtigsten Männer der Penn State University nach innen und nach außen zu jener Zeit – kaschierten trotz eindeutiger Indizien die Vorfälle und schützten Sandusky. Der Bericht suggeriert auch internen Druck gegen einfaches Hilfspersonal, die Vorfälle in den Duschen der Umkleidekabinen nicht öffentlich werden zu lassen.


Der Fall wirft zu all den Korruptionsvorwürfen, den verarschten Student-Athletes und der Augenauswischerei namens „NCAA“ eine weitere ungute Komponente in das Gebilde „College Football“. Der Sport als Millionenbusiness ist für Universitäten wichtig genug geworden, um sämtliche ethische Grundsätze über Bord zu werfen und selbst das Abgründigste im Menschen – sexuellen Missbrauch von Kindern – um des Scheins (oder Erfolgs) willen zu tolerieren. Der ehemalige Student an der Penn State University, der Autor Michael Weinreb, wütet in einem flammenden Appell gegen das System: The Failed Experiment.


Verwiesen sei an dieser Stelle auch noch einmal an den besten Artikel, den ich im kompletten Jahr 2011 gelesen habe: Growing Up Penn State (auch von Michael Weinreb).

Möglicherweise sind Bild und Ruf einer der in den letzten vier Jahrzehnten zur einer der wichtigsten Bildungsanstalt gewachsenen Universität mit dieser bodenlosen Affäre auf Jahre hinaus verbrannt.

College Football/Week 11 Preview: Aufmucken in Eugene, Aufräumen in Penn State

Woche 11 im College Football, und der nächste Schlager in den Top-10, diesmal ein Conference-Duell in der Pac-12. Die Kontrahenten: : #4 Stanford Cardinal (9-0) und #7 Oregon Ducks (8-1). Das Duell zweier unterschiedlicher Spielphilosophien: Power/Stanford gegen Finesse/Oregon. Termin: Heute Nacht, 02h MEZ LIVE bei ESPN America (morgen, 12h als Tape). Ausgespielt wird wohl der Sieger in der Pac-12 North und so ganz nebenbei gibt es nicht unwesentliche BCS-Auswirkungen.

Wenn Stanford den Ball bewegt

Head Coach David Shaw hat das Markenzeichen Jim Harbaughs übernommen, dessen Markenzeichen da wäre: Brachiales Laufspiel über ein Dutzend kräftiger Running Backs und immer eingestreut eine Serie an Playaction-Pässen. Trotz Quarterback Andrew Luck gründet Stanfords Angriff zu allererst auf einer mächtigen Offensive Line und blockstarken Tight Ends.

Laufspiel sozusagen als Wegbereiter, Luck (mit 1,93m und 107kg NFL-Gardemaß) der Vollstrecker, der heuer bis dato nur in einem Spiel das Heft wirklich das Heft des Handelns in die Hand nehmen musste: Vor zwei Wochen gegen USC, als das Laufspiel mächtig stotterte, Luck sich dann aber trotz INT-Returntouchdown kurz vor Schluss nicht abschütteln ließ und die Mannschaft im Spiel hielt. Die Message war jedoch klar: Man nehme RB Stepfan Taylor (kein Tippfehler) und Konsorten aus dem Spiel und bekomme die Partie auf dem Silvertableau serviert.

Oregons Defense weiß dies, da kommt das jüngste Aufbäumen der als mittelmäßig verschrieenen Unit gerade Recht. Zu einer Front Seven mit vielen verschiedenen Formationen gesellt sich für den Fall der Fälle auch eine Secondary, die zwar Yards zulässt, aber mit ihrer Allzweckwaffe CB Cliff Harris, der auch ein fantastischer Punt Returner ist, stets für die eine oder andere INT gut ist. Gefühlt ist Oregons Defense – ich widerspreche hier dem Common Sense – durchaus in der Lage, auch über vier Viertel einen Grabenkampf mitgehen zu können.

Wenn Oregon den Ball bewegt

Meistens ist dies nicht notwendig, da die Oregon Ducks immer noch eine faszinierende Offense spielen, selbst wenn dieser orgiastische Wow-Effekt des vergangenen Herbstes fehlt. Auch wenn es niemand merkt: Oregon scort immer noch 46Pkte/Spiel, aber der wahre Wert ist ein ästhetischer, der Kreator und Head Coach Chip Kelly bei mir ganz hoch oben in der Ansehensskala hat rutschen lassen. Ein Angriff, immer griffbereit, wenn es eine Stunde zur Aufheiterung braucht: Option-Laufoffense par excellence. Blitzschnell und ohne Huddle zwischen den Spielzügen agierend.

Und mitten drin dieser Irrwisch, RB LaMichael James, so klein und zerbrechlich ausschauend, aber ein Karnickel von einem Running Back, flink und hasenfüßig. James ist nicht mal richtig fit, schleppt schon seit Monaten Wehwehchen herum, die im Gegensatz zu früheren Zeiten nicht mehr auf Schlägereien mit seiner Freundin zurückzuführen sind, macht aber 8yds/Carry und häufig über 200yds/Spiel.

Steht James an der Seitenlinie, wuseln sich der etwas kräftiger gebaute RB Kenyon Barner oder der filigrane Freshman De’Anthony Thomas zu 6-7yds/Carry durch die Defenses. Und zwischendurch streut QB Darron Thomas trotz fehlender Spritzigkeit seine Scrambles und tiefen Bomben auf 30m offene Receiver ein. Allenfalls der Slot-Mann á la Jeff Maehl ist dem Team abhanden gekommen.

Oregons Angriff hat ein Problem: Er gilt als zu leichtgewichtig gegen physische Defenses. Stanford besitzt so eine physische Defense, kommt jedoch im 3-5 daher, wodurch der eine oder andere 30yds-Lauf für James unausweichlich scheint, Stichwort: Blocking-Matchups. Umso wichtiger werden die „Option-Reads“ für den Quarterback und Thomas fiel in der Vergangenheit durch den einen oder anderen Fehler dabei auf.

Ausblick

Dennoch halte ich Oregon für favorisiert. Stanford braucht – so bizarr das angesichts eines Quarterbacks wie Luck klingt – Laufspiel, riskiert ansonsten wie bei USC bedrohlich zu wackeln. Auf der anderen Seite ist auch Oregon recht stark auf seine quicken Running Backs angewiesen, allerdings ist diese Offense explosiver und auf lange Sicht schwerer zu verteidigen: Die Ducks drehen die Schlagzahl meist erst ab dem dritten Viertel richtig hoch.

18h: Penn States Sexskandal

ESPN America hat recht kurzfristig für 18h/LIVE die Partie #12 Penn State Nittany Lions#19 Nebraska Cornhuskers ins Programm aufgenommen. Es ist das erste Spiel der Nittany Lions seit der 1949 (!) ohne Joe Paterno im Trainerstab, der nicht mehr zu halten vorgestern dann doch per sofort gefeuert wurde. Paternos Abgang scheidet die Geister und spaltet nicht nur die US-Medienlandschaft, die sich uneinig ist, ob man die Legende JoePa ob des unwürdigen Abgangs bemitleiden oder ob der jahrelangen stillen Mitwisserschaft verachten sollte.

Die Mehrheit der Studenten in College Town/Pennsylvania hat ihr Statement abgegeben und per Demonstration für den legendären Coach plädiert. Für morgen wurden die Sicherheitsvorkehrungen drastisch erhöht, da der Eskalatometer gröbere Ausschreitungen befürchtet. Auch die Reaktion von Publikum und Studentensektor („S“) im Beaver Stadium dürfte gespannt zu beobachten sein.

Spiel selbst für die Interessierten: Nebraska ist ein bissl Wundertüte, zaubert mal eine große Defensivleistung wie gegen Michigan State raus, wird mal überlaufen wie von Wisconsin. Penn State ist klar einzuordnen: Unterirdische Offense, knackige Defense. Heute dürfte Nebraska hoch favorisiert sein und die Nittany Lions die Ränge runterschießen.

Ein anderes 18h-Spiel ist Texas Tech – #2 Oklahoma State, das live im ESPN-Player kommt und morgen/Sonntag um 9h30 als Tape bei ESPN America kommt. Die Red Raiders haben bereits die Oklahoma Sooners auswärts von den Reihen der Ungeschlagenen geschossen, gelten aber unter Head Coach Tommy Tuberville als instabil. Ein Sieg hier wäre eine große Überraschung, aber wer weiß… Mit Wundertüten kennt sich Oklahoma State bestens aus – man ist selbst eine.

18h-Spiel im ESPN-Player außerdem (Auswahl): #9 Clemson – Wake Forest um den Divisionssieg und Finaleinzug in der ACC-Atlantic, Iowa – Michigan State in der wilden Big Ten Conference oder Louisville – Pitt aus der noch unübersichtlicheren Big East Conference.

21h30: Buntes Programm

#15 Georgia Bulldogs gegen #20 Auburn Tigers (21h30 LIVE/ESPN America) aus der SEC. Georgia braucht noch zwei Siege, um aus eigener Kraft das SEC-Finale zu erreichen, das Head Coach Mark Richt als Jobgarantie benötigen könnte. Man hat jedoch hausgemachte Probleme (z.B. RB Crowell), während Auburn befreit von jedem Druck aufspielen kann. Die Tigers schauen diese Saison besser aus als erwartet. Nicht ausgeschlossen, dass Head Coach Gene Chizik heuer mehr Anerkennung bekommt als letztes Jahr, als er mit QB Cameron Newton den National Title holte – auf dem Weg dorthin unter anderem mit einem Sieg über Georgia. Ein Spiel, das damals in wüsten Schlägereien nach jedem Spielzug in den letzten Minuten endete. Ob noch Rechnungen zu begleichen sind?

Im Parallelspiel matchen sich #13 South Carolina und Florida. Abgesehen von South Carolinas Hoffnungen auf das SEC-Titelspiel ist natürlich das alljährliche Aufeinandertreffen von Steve Spurrier mit „seinen“ Florida Gators Erzählstoff. Spurrier machte das Footballprogramm der University of Florida erst zu dem, was es heute ist und spricht auch neun Jahre nach seinem freiwilligen Abgang von „We“, wenn er im Interview über die Gators redet.

Außerdem um 21h30 im ESPN-Player: #14 Kansas State gegen Texas A&M, beide nach empfindlichen Niederlagen gegen die Granden aus Oklahoma State und Oklahoma, und der ewige Klassiker Florida State – Miami, der immer noch Emotionen weckt und für zwei der erfolgreichsten Colleges der letzten 25 Jahre das Spiel des Jahres auf der Intensitätsskala ist.

Eurosport 2 bringt um 21h30 LIVE Minnesota – #18 Wisconsin. Am Sonntag, 19h gibt es zudem eine Wiederholung von Notre DameMaryland (Partie wird Sa/1h30 im FedEx Field in Landover angepfiffen). Bei Maryland fordert die Erfolglosigkeit unter dem neuem Head Coach Randy Edsall schon für kreative Sprachchöre auf den Rängen: Edsall ist unten durch und steht schon vor dem Abschuss.

Das kleine Spiel von nebenan

Um 21h30 MEZ treffen in Boise/Idaho die beiden besten „Mid-Majors“ der letzten Jahre aufeinander: #5 Boise State BroncosTCU Horned Frogs. Es ist das einzige Conference-Duell zwischen den beiden, da die Texas Christian University nächsten Sommer in die Big 12 Conference wechselt. Heuer hat man eine erstaunlich löchrige Abwehr und einen Mannschaftskader, der als instabil angesehen werden muss. Vielleicht instabiler, als es Boise lieb ist, Stichwort strength of schedule für die Broncos, die als hoher Favorit in ein Spiel gehen, das auf dem kleinen Sender Versus in den Staaten übertragen wird und ergo in der Anonymität ablaufen wird. Bei uns gibt es keine Möglichkeit, außerhalb der Grauzone Livebilder zu bekommen.

Beschmutztes Weiß

Nach geschenkten Sportwagen, bezahlten Tattoos, bezahlten Nutten und verwischten Abtreibungen erreicht den College Football nun ein Skandal, der die nächste Eskalationsstufe zündet: Jahrelanger sexueller Missbrauch an Minderjährigen eines Assistenztrainers, über Jahre duldend von Trainerstab und Sportdirektorium hingenommen. An der Universität, die sich rühmte, jahrzehntelang ehrenhaft ohne NCAA-Regelverletzungen ausgekommen zu sein. Deren weiße Trikots so blütenrein wie das Image von Happy Valley daher kamen.

Jetzt steht Joe Paterno vor dem Abschuss (danke an NotreDame).

Paterno ist nicht irgendwer. Paterno ist in Pennsylvania eine Legende, machte in 62 Jahren im Trainerstab, 46 davon als Head Coach, die kleinen Nittany Lions zu einer Großmacht, nachdem er jahrzehntelang auf Anerkennung warten und viermal ungeschlagen bleiben musste, um genügend respektiert zu werden und zwei National Titles zu kassieren. Stark mitverantwortlich dabei: Jerry Sandusky, der Defensive Coordinator an der „Linebacker U.“ Penn State.

Jerry Sandusky hat mindestens 15 Jahre lang kleine Buben sexuell missbraucht. Paterno hat weggeschaut. Das Sportdirektorium geschwiegen. Es schweigt noch immer.

Zwei Lesetipps dazu:

College Football 2011/12 Preview: Big Ten Conference

Wir sind auf die Zielgerade eingebogen, heute im neunten Teil dran: Die Big Ten Conference um die Großen Seen, die älteste und nach eigenem Verständnis „klassischste“ Conference, die schon seit über 100 Jahren in Betrieb ist und nach der Addition der zwölften Mannschaft – Nebraska – ihren Altersschnitt noch einmal um zirka 150 Jahre erhöht haben dürfte. Das Ego der Conference spiegelt sich in den beiden Namen der neu geschaffenen Divisions wider: Gestatten, Leaders Division und Legends Division. Zwei nicht unkontrovers diskutierte Namen für zwei willkürlich verteilte Divisionen, da man sich gegen eine geographische Verteilung entschieden hat, um ein Endspiel Michigan – Ohio State nicht a priori zu verhindern und trotzdem gleichzeitig halbwegs gleichstarke Divisionen zu erhalten.

In der Big Ten sind die alteingesessenen Traditionalisten am Werk und die Uni-Präsidenten noch Ü70 – und hier sind die größten Gegner eines Playoff-Systems zuhause. Man positioniert sich als Terrain für Liebhaber der alten Zeit – um das eigens neu kreierte Endspiel in einer Halle (Indianapolis) auszutragen.

Leaders Division

Favorisiert in der Leaders Division werden die Wisconsin Badgers sein, die zu Neujahr die Rose Bowl knapp, aber verdient gegen TCU verloren. Wisconsin, das bedeutet in allererster Linie: Physis. Keine Übertragung, während der nicht mindestens fünfmal die korpulente Offensive Line erwähnt wird, kein Spiel, in dem nicht primär auf eine Handvoll starker Running Backs vertraut wird – dabei zeigte sich RB Montee Ball als agiler und wendiger, als er mir aus der vergangenen Saison in Erinnerung ist. Der meistdiskutierte Spieler ist der (neue) Quarterback: Russell Wilson, ein solider, beweglicher und wurfstarker Neuankömmling von NC State, wo Wilson ohne ersichtliche Gründe weggemobbt wurde. Dank Wilson sollte die Offense auch in dieser Saison unterdurchschnittlich spektakulär, aber überdurchschnittlich effizient sein.

Die Defense bleibt bis auf den Abgang von DE J.J. Watt (Houston Texans) relativ intakt, muss aber mit einem neuen Coordinator zurecht kommen. Es ist eine Defense, die gerne Druck auf den Quarterback ausübt und sich auch nicht scheut, Defensive Backs auf Blitzes zu schicken – allerdings hat sich bei mir der Eindruck verfestigt, dass Wisconsins Secondary dabei unverhältnismäßig oft entblößt wird. Könnte in dieser Saison allerdings nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, da man fast ausschließlich gegen lauforientierte Mannschaften spielt.

Dank aufgeflogener Korruption und NCAA-Ermittlung eine wüste, sehr wüste Zeit hat die Ohio State University hinter sich, und das führte letzten Endes sogar zum Rausschmiss von Pollunder-Chefcoach Jim Tressel und QB Terrelle Pryor, zu selbst auferlegten Sanktionen, um einer harten Bestrafung durch die beliebig dehnbaren NCAA-Regularien zu entgehen. Die Aufregung und der Hass auf Pryor/Tressel waren groß, nun steht die Mannschaft vor einem kleineren Umbruch, mit dem Interims-Coach Luke Fickell, der einen Herbst Zeit hat das Unmögliche (mindestens Rose Bowl) zu schaffen, bevor er von einem ganz großen Namen abgelöst werden soll.

Die Zeit nach Medienstar Pryor wird nun von der Suche nach dem neuen Quarterback geprägt sein. Währenddessen werden die Stars der Offense LT Mike Adams und RB Dan Herron sein – beides Spieler, die im ersten Monat im Zuge der Pryor-Affäre noch gesperrt sind. Noch problematischer ist die Defense, wo nur vier Starter zurückkehren.

Klingt alles erstmal etwas happig, aber Ohio State gehört zu den wenigen Programmen, die prinzipiell nur bei den absoluten Top-Recruits mit irgendwelchen Zuwendungen abseits der Stipendien nachhelfen müssen – der Kader ist sehr breit und sehr tief, da sämtliche größeren Talente aus Ohios Schulen zu den Buckeyes wollen.

Nie mit Korruption in Verbindung gebracht werden die Penn State Nittany Lions, das Programm mit dem Coach schlechthin, Joe Paterno. Der Mann ist ziemlich fassungslos – seit er 1966 Head Coach wurde, hat es in der FBS 880 Trainerwechsel gegeben. Paterno steht immer noch an Penn States Seitenlinie, dieses Mal im 62. Jahr hintereinander, im 46. Jahr als Chef. Paterno ist 84, aber ein Erfolgsrun von 2006-2009 hat die aufkommende Angst der Vergreisung erstmal etwas eingedämpft und Paterno kommuniziert sogar gar zeitgemäß via Skype und Facebook mit seinen Spielern. Trotzdem erzähle man mir nicht, dass man mit 84 noch die Arbeit eines Vierzigjährigen machen kann. Und trotzdem: Joe Paterno ist einfach gut. Gut für Penn State, gut für den College Football. Die große Eminenz, die schlicht abgehen würde.

[Anm. 28. Juli 2012 – Der Sandusky-Skandal rückt die Aussagen über Paterno nachträglich in ein anderes Licht – korsakoff]

Die Nittany Lions gelten nach dem erwartet zähen Herbst 2010/11 wieder als BigTen-Titelkandidat. Es gibt zwar größere Fragezeichen auf der Quarterback-Position, aber die Offense wird allgemein als richtig schön durchgemischt erwartet. In der Defense liegt das Hauptaugenmerk auf dem Pass Rush (von 37 Sacks 2009 auf 17 im letzten Herbst), der allerdings allein qua Rückkehr der Verletzten als deutlich verbessert angenommen wird.

Bleibt der Schedule: Zum Einrollen ein paar mittelmäßige BigTen-Gegner und der Kracher gegen Alabama, ehe es im November nacheinander gegen Nebraska, @Ohio State und @Wisconsin geht.

Dem Rest-Trio werden allenfalls Chancen zum Spoilern für Zwischendurch eingeräumt. Für die Illinois Fighting Illini ein Traumszenario, denn immer wenn Illinois unter dem Head Coach Ron Zook unterschätzt wird, war Illinois zuletzt gefährlich. So 2010/11, als man mit Freshman-QB und nach einer ganz schwachen Vorsaison plötzlich mit der Grundlage eines Top-Laufspiels zur Bowl Season durchstartete. Nun ist RB Leshoure ein paar Meilen weiter nördlich (Detroit Lions) auf der Verletztenliste, aber QB Nathan Scheelhaase ein Jahr erfahrener. Scheelhaase brauchte im letzten Herbst ein paar Spiele Anlaufzeit (4 TD, 7 INT), ehe er in den letzten Wochen sensationell aufgeigte (13 TD, 1 INT) – allein, genau dann kollabierte die Defense. In der Bowl Season fiel Scheelhaase als unpräziser Werfer auf, aber immerhin als einer, der auch bei zusammenbrechender Pocket cool bleibt und lieber ein blaues Auge denn einen sicheren incomplete pass mitnimmt.

Unterschiedlich ist die Stimmung bei den beiden Unis aus dem Bundesstaat Indiana. Die private Purdue University muss nach einer fürchterlichen Schlussphase im vergangenen Herbst (0-6) einen halb abgesägten Coach Danny Hoke mitschleppen, und in der Offense auf den #1-QB Robin Marve nach dessen zweitem Kreuzbandriss verzichten. Weil auch der Einser-RB Ralph Bolden, ein Riesentalent, alle Bänder im Knie kaputt hat, steht und fällt die Offense mit dem von allen anerkannten „Typen“ QB Rob Henry, der flinke Füße besitzt, aber ganz fürchterliche Pässe wirft – dazu gesellen sich eine Handvoll unerfahrener Wide Receivers und eine Defense, die auf den besten Mann DE Ryan Kerrigan verzichten muss. Das Positive zum Schluss: Die Boilermakers („Kesselflicker“) dürften dank einfachem Schedule gut in die Saison kommen – und am Saisonende wartet dann das Lokalderby gegen die größte staatliche Uni…

…die Indiana University aus Bloomington, wo 2010/11 dank einbrechender Defense eine einzige Enttäuschung war – nun ist ein neuer Head Coach da, ein OFFENSIVgenie, Kevin Wilson, der Stratege hinter der spektakulären Offense der Oklahoma Sooners von 2008/09, die sämtliche Rekorde brach. Als DefCoord hat man sich den populären Mike Ekeler aus Nebraska angelacht. Die Grundstimmung in Bloomington soll nach Erzählungen aus erster Hand auch so schlecht nicht sein und man ist auf alle Fälle stolz, zwei so prominente Gesichter wie Wilson/Ekeler angelockt zu haben…

…und dann kam im Juli die Meldung schlechthin: Der an #1 gerankte Quarterback aus den High Schools quer durch die Lande, QB Gunner Kiel, scheint sich für Indiana/Bloomington entschieden zu haben. Man erzähle mir nicht, hinter dieser Entscheidung stünde NICHT Kevin Wilson.

Der harte Teil kommt allerdings noch: Beide Top-WRs müssen ersetzt werden, dazu gibt es keinen überzeugenden Quarterback (Kiel kommt schließlich erst NACH der Saison) und eine Defense, die zuletzt 6,6yds/Play über eine komplette Saison hinweg zuließ.

Legends Division

In der Spitze um einiges breiter aufgestellt wird die Parallel-Division „Legends“ sein, wo der Neuankömmling Nebraska Cornhuskers schon in Jahr eins als Topfavorit gehandelt wird. Nebraska, das Team, das wie die Faust aufs Auge auf die Big 12 Conference gepasst hatte, und das rechtzeitig vor dem nahenden Implosion dieser Conference abgesprungen ist und dafür Jahrtausende alte Traditionen aufgab, namentlich Spiele gegen Colorado, Iowa State oder Kansas.

Die Mannschaft ist eine offensiv wenig spektakuläre. Nachdem der wurforientierte Bill Callahan (der Bill Callahan!) mit Schimpf und Schande verjagt worden war, übernahm mit LSUs Defensive Coordinator Bo Pelini zur Saison 2008/09 wieder ein traditionellerer Coach des Cheftrainersessel. Pelini ist ein Mann, der sofort ins Auge sticht, einer, der fünfmal pro Spiel die Schiris zusammenscheißt und schon mal an der Seitenlinie ausrastet. Das passt im Prinzip nicht zu seiner Offense, die mitunter trotz einiger Sprinter etwas untertemperiert spielt.

Hier wird gelaufen, was das Zeug hält, und der Quarterback passt genau in dieses Schema: QB Tyler Martinez ist ein extrem flinker Mann, kein guter Werfer, aber vor allem einer, der zuletzt mit wachsendem Druck so seine Problemchen hatte. Man gibt Martinez noch einmal eine Chance, aber womöglich scheut man sich in Nebraska nicht, bei stagnierenden Leistungen den Mann zu ersetzen. Was aber eh wurscht ist.

Denn der „Star“ in Nebraska ist die Defense, die trotz vieler Abgänger in den letzten Jahren (Suh, Amukamara, anyone?) jahrein, jahraus ganz weit oben gerankt ist. Wir haben eine dominante Defensive Line und eine Pass-Abwehr, die nur etwas mehr als 150yds/Spiel zulässt und doppelt so viele Interceptions macht wie Touchdowns zulässt. Der herausstechende Mann ist DT Jared Crick, ein Name, den man sich für die NFL vormerken kann.

Auf alle Fälle vormerken: Heimspiele der Cornhuskers. Das Heimstadion ist seit über 50 Jahren dauerausverkauft – und fasst immerhin 85000 Leute (diverse Quellen sprechen davon, dass bei wichtigen Heimspiele zusätzliche 70000 vor dem Stadion Party machen).

Ein Zuschauermagnet wie Nebraska sind auch die Michigan Wolverines, Stichwort The Big House, 111.000 Zuschauer und fast immer sechsstellig besetzt. Die Stimmung in Ann Arbor ist euphorisch wie lange nicht, was hauptsächlich am Trainerwechsel liegt. Der v-e-r-h-a-s-s-t-e Rich Rodriguez, ein Windhund und Offensivgeist, wurde gegen Brady Hoke ausgetauscht. Hokes Haupt-Empfehlung?

„I’m a Michigan man.“

Das wäre LSUs Les Miles auch gewesen, aber Michigans #1-Kandidat wollte nicht.

Der neue Trainerstab wird just in dem Moment installiert, wo die Offense zu klicken begann und der schwarze Flitzer QB Denard Robinson regelmäßig Anzeichen von Brillanz zeigte. Aber Rodriguez‘ Probleme waren hausgemacht: Sich mit überhöhtem Trainingspensum Besuche der NCAA-Moralapostel angelacht und eine spektakuläre Option-Offense unter völliger Missachtung der Defense spielen lassen. Und wer weiß, wie viele Tonnen Tradition Michigans Programm mit sich schleppt, weiß, wie unflexibel man an solcher Stelle auf wenig physische Defenses reagiert – das soll unter Hoke schnellstmöglich abgestellt werden.

Im Stimmungshoch ist man auch bei den Michigan State Spartans in East Lansing, wo man zuletzt trotz grauer statistischer Mittelmäßigkeit eine 11-2 Bilanz hinknallte, allerdings in der Capital One Bowl von Alabama sagenhaft niedergemacht wurde (u.a. minus 49yds rushing, wobei Sacks als Laufspiel gewertet werden). Story der vergangenen Saison war die Wiedergenesung von Head Coach Mark Dantonio, der nach einem Herzinfarkt mitten in der Saison gegen Saisonende zurückkehrte, aber man darf ohne schiefe Blicke daran zweifeln, ob die Spartans noch einmal eine solche Saison hinlegen können.

QB Kirk Cousins ist ein blässlicher Mann ohne Allüren und passt damit wie die Faust aufs Auge auf diese Mannschaft. Die Offense baut auf ein triple headed monster im Laufspiel: Edwin Baker, Le’Veon Bell und Larry Caper, unbekannte Namen, aber an guten Tagen schwer aufzuhalten. Allerdings sorge ich mich um die Defense, die zwar über eine ordentliche Line verfügt, aber mit LB Greg Jones Herz, Seele und Kopf verloren hat und gegen Alabama bloßgestellt wurde.

Ein dark horse ist die akademisch berühmte Northwestern University, dort wo der durch die Lande heiß begehrte Pat Fitzgerald coacht und sich von diversen hochkarätigen Angeboten nicht den Kopf verdrehen lässt. Fitzgerald ist auch nach fünf Jahren Head-Coaching ein blutjunger Mann und eine Legende in Evanston – in den 90ern waren die Northwestern Wildcats zweimal BigTen-Champ mit dem absoluten Leadertypen Fitzgerald als Linebacker.

Einen Star hat die Mannschaft auch 2011/12: QB Dan Persa, der in diversen Heisman-Trophy-Vorauswahlen auftaucht. Persa war in der vergangenen Saison stark, verletzte sich und Northwesterns Saison ging den Bach runter. Persa soll nun wieder fit sein und man darf sich wieder auf Dutzende rattenscharfe Pässe und Scrambles freuen. Persas Scrambling war auch der Grund, weshalb Northwesterns Lauf-Angriff wenigstens halbwegs Zahlen (3.6yds/Carry) vorweisen kann. Anders gesagt: Ohne den Quarterback geht hier nichts. In der Defense wird man sich darauf konzentrieren müssen, den Lauf besser zu stoppen – vergangene Saison machte Illinoir fassungslose 519yds Laufspiel (!!!) in EINEM Spiel gegen die Wildcats.

Die Iowa Hawkeyes waren zuletzt lange Zeit in den Polls ganz vorne dabei, verloren aber seit Mitte November sämtliche Spiele, ihren Star-QB Rick Stanzi und die besten Abwehrspieler DE Clayborn/S Sash an die NFL, Star-RB Adam Robinson ans Polizeirevier und zwischendurch die halbe Mannschaft mit mysteriösem Muskelschwund an die Intensivstation.

Nun ist man nicht gerankt – ein gutes Omen? Unter Head Coach Kirk Ferentz haben die Hawkeyes die Angewohnheit, immer dann in die Rankings zu klettern, wenn sie im Sommer davon ausgeschlossen sind – und analog immer rauszufallen, wenn sie im Sommer als Top-25 Team gelten.

QB James Valkenburg ist der neue Stanzi und mit RB Marcus Coker hat man einen massiven Mann im Kader: In der Insight Bowl pflügte sich Coker in 33 Versuchen (!) über 219yds durch die nicht zu unterschätzende Defense von Mizzou. In der Defense kehrt der geliebte Coordinator Norm Parker nach akutem Diabetes-Problem zurück, muss aber auf seiner Mission nach mehr Speed (also: Geschwindigkeit) in der Defense auf sämtliche in die NFL abgewanderten Top-Leute verzichten. Dank einfachem Schedule bis Mitte November darf man Iowa mit ihrem fantastischen Publikum aber durchaus acht, neun Siege zutrauen.

Keine Chance in diesem Jahr räumt man den Minnesota Golden Gophers ein, wo 2011/12 in den Ordner „Grundlagenarbeit“ gelegt werden kann. Der neue Coach Jerry Kill ist ein Langweiler von einem Typ, ein Mann ohne größere Referenzen, der aber überall Erfolge vorweisen konnte. Anders gesagt: Kein Starcoach, sondern ein Football-Coach. Dazu passt auch die Philosophie des Mannes:

Run the ball, don’t turn it over in the passing game, get to the quarterback and stop the run.

Ein diametraler Gegensatz zum Vorgänger Tim Brewster. Erste Aktion Kills: WR MarQueis Gray wird zum Quarterback umgeschult und soll hinter einer wackeligen Offensive Line auch auf eigene Faust Plays machen. In der Defense wird unter dem Kill-Buddy Tracy Clarey härtestes Hitten erwartet. Allein, heuer darf man nicht mit vielen Siegen rechnen. Die Conference rüstet anderweitig gerade massiv auf und Minnesotas Schedule ist für dieses Mal kaum machbar.

Teil 10 heute Nachmittag, und es wird also doch die offensivgewaltige Conference sein, nach der hier schon mehrmals gekräht wurde – ich habe mich dazu entschieden, doch alles bis morgen Nachmittag abgearbeitet zu haben. Gehört sich einfach so. Also schnell wieder die Fingerchen lockern…

Faszination College Football IV: Von Rosen zu Bibern – die Bühnen des College Football und ihre Mythen

Einen Tag nach der Meisterschaft und ihren Flauseln die Orte, an denen der Weg dorthin ausgespielt wird: Die Stadien des College Football. Im Gegensatz zur NFL gilt am College eine Arena aus den 90ern noch nicht als veraltet, denn hier wird noch ganz bodenständig in Spielstätten aus der Urzeit gespielt, Arenen, die eher an die römischen Kolosseen erinnern denn an die überdachten Futurismen von heute.

Rose Bowl

Mythisches Stadion: Die Rose Bowl in Pasadena

Ich persönlich liebe diese alten Schüsseln, und am allermeisten die Rose Bowl in Pasadena bei Los Angeles. Für mich ist die Rose Bowl nicht nur Synonym für College Football, sondern auch eines der weltweit schönsten Stadien überhaupt, wunderbar hineingebaut in die hügelige Waldlandschaft von Pasadena. Eröffnet in den 20ern, gehen heute noch knapp über 90.000 rein, aber weil sie dank fehlender Luxus-Suiten nicht mehr allzu rentabel ist, wird die NFL nie mehr hierhin zurückkehren. Also spielen nur mehr die UCLA Bruins dort – allein: Die Rose Bowl steht nicht auf deren Campus, sondern befindet sich in öffentlichem Besitz.

Los Angeles hat downtown auch noch ein „eigenes“ Stadion, das dank zweier Olympischer Spiele auch hierzulande bekannt ist: Das Coliseum, nicht nur Austragungsort der ersten Superbowl, sondern auch aktuell Heimstätte der USC Trojans. Auch das Coliseum ist so eine weite Schale und dank der Fassade so sehr denkmalgeschützt, dass jeder Umbau zur NFL-Tauglichkeit unmöglich gemacht wird.

Das California Memorial Stadium zu Berkeley ist auch so eine runde Schüssel in den Hügeln und Wäldern. Das Coole an ihr: Auf den Hängen unmittelbar hinter den Tribünen sitzen während des Spiels oft ein paar hundert Leute, die gratis und ohne viel Qualitätsverlust das Spiel mitverfolgen können! In dieser Saison wird die Schüssel allerdings renoviert, weswegen Cal/Berkley erstmals seit 1923 nicht im Memorial Stadium spielen wird.

Die berüchtigsten Stadien der Westküste stehen aber etwas weiter nördlich, im Bundesstaat Oregon. Zum einen hätten wir das schnuckelige Reser Stadion der Oregon State University in Corvallis (45.000 Plätze), zum anderen das sagenhaft laute Autzen Stadium der University of Oregon in Eugene. Autzen fasst „nur“ 60.000, ist aber so eng und beheimatet so rabiate Fans, dass der Lärmpegel schon mal Discolautstärke erreichen kann.

Westlich der Rocky Mountains hätte ich noch das LaVell Edwards Stadium der Brigham Young University zu bieten (Bundesstaat Utah), das von sagenhaftem Bergpanorama umgeben ist und vor allem deshalb ein richtiger Hingucker ist, und das abgrundtief hässliche, klitzekleine Bronco Stadium zu Boise, einzigartig aufgrund des stechend königsblauen Spielfelds.

Der mittlere Westen

In den unendlichen Weiten von Nebraska, Texas und Oklahoma gibt es dutzende Kleinststädte, die riesige Football-Tempel beheimaten. Die größte Stadt ist noch die texanische Hauptstadt Austin, wo in Dutzenden Nachtclubs gegroovt wird bis der neue Tag beginnt und die University of Texas daheim ist. Texas spielt im Memorial Stadium, das 100.000 fasst, obwohl eine Endzone sogar offen ist! Ebenso offen ist eine Endzone im Stadion der Texas A&M Aggies, dem Kyle Field. Die restlichen drei Tribünenteile sind unfassbar riesig, und 82.500 gehen rein.

Oklahomas Gaylord Family Stadium hat nicht nur einen lustigen Namen, sondern auch viel, viel Tradition. Und beim Stichwort „Tradition“ ist natürlich auch Nebraskas Memorial Stadium in Lincoln nicht allzu weit weg, wo 81.000 fanatische Fans auch 2min vor Schluss mit drei Touchdowns Rückstand noch wie eine rote Wand hinter den Huskers stehen. Nebraska hatte sein letztes nicht ausverkauftes Stadion im Jahr 1962 und zu manchen Spieltag finden sich 90.000 Leute auf dem Gelände – außerhalb des Stadions…

Keine Heimmannschaft hat aktuell die Cotton Bowl in Dallas. Über 90.000 gehen rein, und die Arena steht bis auf ein paar Konzerte und ein Bowl-Spiel das gesamte Jahr leer!

Der Bible Belt

Die SEC ist aktuell die sportlich dominierende Conference. Und sie hat auch Stadien zu bieten, da bleibt dir die Spucke weg. Wir reisen vom Westen in den Osten, quer durch den Bible Belt, wo f-a-n-a-t-i-s-c-h-e Fans über riesige Tribünen stolzieren. Eines dieser Giganten ist das Tiger Stadium in Baton Rouge, wo die Lousiana State Tigers spielen. Auch hier: 93.000 gehen rein und das Stadion ist immer voll. Die Stimmung ist immer brodelnd und auch wer LSU nicht mag, wird immer wieder erstaunt sein, wie leidenschaftlich es bei Tigers-Heimspielen zugeht.

Ganz speziell wird es bei der University of Mississippi (Ole Miss), die in Oxford irgendwo zwischen den Sümpfen liegt. Oxford hat knapp 16.000 Einwohner. Selbst wenn man die Studenten mitrechnet: Mehr als 35.000 Menschen bringt man nicht zusammen. Das Heimstadion, das Vaught-Hemingway Stadium, fasst aber 60.000 und ist trotzdem immer voll.

bryant denny stadium

Gigant des Südens: Das Bryant-Denny Stadium von Alabama - ©Flickr

Der Staat Alabama hat zwei Monsterstadien zu bieten. Das Jordan Hare Stadium von Auburn (87.000 Plätze) und das riesige Bryant Denny Stadium in Tuscaloosa. Dort spielt die University of Alabama seit kurzem vor regelmäßig sechsstelliger Kulisse. Sowohl Auburn, als auch Tuscaloosa haben deutlich (!) weniger Einwohner, als ihre Stadien Kapazität. Trotzdem sind immer alle Spiele ausverkauft, und wenn die beiden gegeneinander spielen, knistert die Atmosphäre bis in die heimische Stube hinein.

Ein weiterer 100.000er steht in Knoxville/Tennessee: Das Neyland Stadium mit seinen karierten Endzonen, Heimat der Volunteers und ihrer rabiaten Fans, die in den letzten Jahren leider aufgrund sportlicher Misere ruhiger als gewohnt blieben. Was aber zum Stadion gehört wie Süßsenf zur Weißwurst: Der legendäre, inoffizielle Schlachtruf Rocky Top.

South Carolina spielt im Williams-Brice Stadium, eines von zwei Stadien der FBS, das nach einer Frau benannt ist. Hier sind nicht nur rabiate, sondern vor allem treue Fans daheim: Die Gamecocks verloren vor Jahren mal zwei Jahre lang jedes einzelne Spiel. Das Stadion mit seinen mehr als 80.000 war trotzdem ausverkauft. Und zwar immer. Williams-Brice ist auch speziell für Tailgater: Die komplette Szenerie spielt sich in unmittelbarer Nähe zur Arena ab.

Über 90.000 fasst das Sanford Stadium der University of Georgia in Athens, eine Autostunde von Atlanta. Während die Falcons trotz sportlicher Erfolge Probleme haben, ihre Halle zu füllen, bringt Georgia regelmäßig die Hütte voll: Wenn nicht gewonnen wird, ist man eben stolz darauf, dass man die traditionellen SEC-Werte verkörpert: Hartes, bodenständiges Laufspiel und knackige Defense.

Das rabiateste Stadion der SEC steht wohl in Gainesville, Florida: Das Ben Hill Griffin Stadium. Dort spielen die Florida Gators in einer Arena, die vor Jahren der Coach, Steve Spurrier, „The Swamp“ getauft hat. The Swamp – der Sumpf. Alligatoren sind im Sumpf zu Hause. Vor zwei Jahren lagen sich hier weinende Mädchen im Arm, als Tim Tebow zum Sonnenuntergang seine letzten Downs am College spielte. Wenn sich nicht gerade Ikonen verabschieden, geht es auf den Tribünen aber rund und Andersdenkende werden beschimpft wie Maden im Speck.

Einmal Party und zweimal Mythos

„Nur“ 83.000 passen in die Heimstätte der Florida State Seminoles, das Bobby Bowden Field at Doak Campbell Stadium. Das Footballprogramm der Seminoles könnte altersmäßig noch ein paar Dutzend Kilo Tradition vertragen, aber dank ihrer sportlichen Dominanz in den 90ern unter Bobby Bowden haben sich die Seminoles zum Vorzeigeobjekt Floridas entwickelt, und entsprechend ist das Stadion fast jährlich größer geworden, um die Massen tragen zu können. An der FSU hat sich eine ganz eigene Fankultur entwickelt, die für eine sehr spezielle Atmosphäre im Stadion sorgt – vor allem bei Nachtspielen. The Doak gehört zu den berühmtesten Stadien der Staaten, dank unzähliger Schlachten z.B. gegen Florida, Miami und Notre Dame.

Ein paar hundert Meilen nördlich steht in der Kleinstadt Clemson (South Carolina) ein Memorial Stadion mit unglaublich steilen Rängen, das den Beinamen Death Valley bekommen hat. 85.000 passen rein in das Stadion, das in einem Tal liegt und von dessen Rängen man direkt auf einen Friedhof am gegenüberliegenden Hang sehen kann. Furchterregend sind in Clemsons Stadion auch die massiven Haupttribünen und vor jedem Spiel stürmen die Spieler einen Hang hinunter auf das Spielfeld.

Das legendäre Notre Dame Stadium samt "Touchdown Jesus"

Mitten im geographischen Herzen der Big Ten Conference, in South Bend/Indiana, steht das Notre Dame Stadion, das zwar mit schlappen 80.000 Plätzen keines der allergrößten Stadien ist, dafür mythenumrankt wie kein zweites: Das Lambeau Field des College Football, sozusagen. Hinter einer der beiden Endzones ragt ein riesiges Mosaik hervor: Jesus, der die Hände hebt. Touchdown Jesus, einer der überhöhten Mythen des College Football. In Sichtweite des Stadions befindet sich die Basilika der Katholiken-Hochburg Notre Dame.

Die Giganten im Norden

Der Kreis schließt sich mit den drei gewaltigen Stadionbauten in der Big Ten Conference. Dreimal mehr als 100.000, dreimal super-traditionelle Universitäten. Die Ohio State University im Herzen von Ohio, nämlich in der Hauptstadt Columbus, spielt im Ohio Stadium, dessen Form für den Spitznamen The Horseshoe (Pferdhufen) gesorgt hat. Ohio hat mit Browns und Bengals zwei Profimannschaften – aber in Columbus gibt es nur die Buckeyes. 102.000 passen rein – und das Stadion ist praktisch ausnahmslos voll.

Noch größer ist die Heimspielstätte von OSUs größtem Rivalen Michigan. Auch hier: Langweiliger Name (Michigan Stadium), cooler Spitzname (The Big House). Mit einer Kapazität von bis zu 112.000 ist es das größte Stadion der USA und die Luftaufnahme ist einfach köstlich, wenn sich oben in die (zugegeben: langweilige) Schüssel mehr Menschen reinpressen als offiziell erlaubt sind, während ein Stockwerk tiefer immer noch die Massen in die längst überfüllte Schüssel drängen (ich liebe dieses Bild, so war es vor dem jüngsten Umbau). Das Große Haus gilt aber aufgrund seiner sehr flachen Ränge als erstaunlich ruhiges Stadion – der Sound schwebt in den unendlichen Weiten dieser Tribünen einfach hinaus nach Ann Arbor, die Heimatstadt der Uni.

beaver stadium_nacht

Schönstes Stadion der Welt: Beaver Stadium in Pennsylvania/Foto:Ballparks.com

 Das Beste zum Schluss: Beaver Stadium in University Park, Pennsylvania. Beaver ist Heimat der Penn State Nittany Lions und mit seinen 107.000 Zuschauern das zweitgrößte Stadion im College Football. Für mich ist dieses Stadion das schönste der Welt und es ist ganz einfach ergreifend, wenn sich dort Hunderttausend bei Nacht reinstellen, alle in Weiß, und an der Seitenlinie die ultimative Trainerlegende, die sich auch nach über 60 Jahren und mit mittlerweile 84 noch den allwöchentlichen Stress antut, vor diesen Massen zu coachen: Joe Paterno.

Alle Einträge über die Themenwoche Faszination College Football finden sich unter den Tags oder im Portal über College Football beim Sideline Reporter. Fragen? Nur zu – was beantwortet werden kann, wird beantwortet.

Faszination College Football

Joe Paterno_Pettigano

Joe Paterno – ©Mike Pettigano/Linebacker-U

[EDIT 28. Juli 2012: Der nachfolgende Text bleibt unverändert. Besagte Welt war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch heil. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass sich seither grausige Dinge innerhalb der Mauern der Penn State Nittany Lions, dem Reich des Joe Paerno, herausgestellt haben, die dem College Football eine weitere ungute Note, diesmal eine sogar abscheuliche, verleihen – korsakoff.]

Man stelle sich einen schmächtigen Mann mit südländischem Äußeren vor, der im zarten Alter von 84 Woche für Woche vor meist sechsstelliger Kulisse am Spielfeldrand Teenager beim Footballspielen coacht, vor den Augen derer Eltern und Großeltern, die einst selbst unter seinen Fittichen waren.

Was für Uneingeweihte bizarr klingt, ist nur eine Episode in der ebenso spannenden, wie undurchsichtigen, wie stets aufs Neue faszinierenden Welt des College Football. College Football wie „Football an amerikanischen Universitäten“. Sehr frei übertragen: Die Unterstufe zur National Football League (NFL). Auf alle Fälle die mit weitem Abstand dominierende Talentschmiede. Ein Amateursport, wie man ihn in europäischen Landen schlicht nicht kennt. Wo sich Studenten für nicht mehr als ein Stipendium um Ruhm und Ehre prügeln – vor bis zu 110.000 Zuschauern.

Der auf den ersten Blick schwer durchschaubare Dschungel „College Football“ liest sich in Eckdaten so:

639 Unis spielen verteilt auf vier Haupt-Ebenen (Divisions) um vier Meisterschaften.

Die vier Divisions sind in insgesamt 64 Conferences eingeteilt, und nebenbei tummeln sich noch 15 Freigeister („Independents“), die keiner Conference angehören.

Die oberste Ebene nennt sich FootballBowlSubdivision und lässt sich die Besetzung des Meisterschaftsendspiels von einem Computer-Algorithmus ausspucken.

2010/11 besuchten 49,7 Millionen Zuschauer die 3547 Spiele verteilt über die vier Divisions.

Die meisten Zuschauer lockt die University of Michigan ins Stadion: 111.825. Im Schnitt. Pro Spiel.

College Football ist auch die Welt, in der vor Dekaden ein Field Goal von der EIGENEN 31yds-Linie verwandelt wurde, deren Rekordmeister 1927 zum letzten Mal den Titel geholt hat, wo in der Endzone auch andere Sträucher als Gras wachsen und an der Seitenlinie lebendige Krokodile als Maskottchen herumlaufen durften, wo eine Mannschaft mal 80 (!) Spiele in Serie verlor und in der es einst zu einem 222-0 Endstand kam, in einem Spiel, das nach drei Vierteln frühzeitig abgebrochen wurde.

Und es ist die Welt, in der die Hauptprotagonisten – Spieler und Trainer – in einem Maße verehrt werden, wie man es aus der Profiliga NFL mit Draft und Free Agency nicht kennt.

Das bringt uns wieder zurück zu unserem eingangs erwähnten 84-jährigen Mann. Die Rede ist von Joe Paterno, dem Head Coach der Pennsylvania State Nittany Lions. Penn State spielt seit 1887 Football. Und über die Hälfte der Spiele in ihrer Geschichte wurde von einem Mann gecoacht: Paterno. Eine Ode an die prägende Gestalt des Sports habe ich bereits im November geschrieben.

Weniger eine Ode, dafür ein Versuch eines umfassenden Blickes – in Salamitaktik mit nicht immer logischer Folge – auf diesen Sport und seine Eigenheiten: Upcoming, in dieser Themenwoche zum College Football. Ab morgen.

Bowl Season 2010/11, Tag 12: Die Schüsseln werden größer – Das Vorabendprogramm zu Neujahr

Neujahrstag ist Großkampftag im College Football. Nicht weniger als sechs Bowls werden veranstaltet. Vorab ein kleiner Überblick über das Geschehen:

TicketCity Bowl: Texas Tech – Northwestern, 18h
Outback Bowl: Penn State – Florida, 19h
Capital One Bowl: #9 Michigan State – #16 Alabama, 19h
Gator Bowl: #21 Mississippi State – Michigan, 19h30
Rose Bowl: #3 TCU – #5 Wisconsin, 23h live bei ESPN America
Fiesta Bowl: #7 Oklahoma – Connecticut, 02h30 live bei ESPN America

Sechs Bowls, und nur zwei sind live bei ESPN America?

Nun, ich habe dafür ausnahmsweise Verständnis: In der NHL findet um 19h die „Winter Classic“ statt. Das allein ist Grund genug für eine Live-Übertragung von Eishockey. Was es einen no brainer macht: Es ist Pittsburgh Penguins – Washington Capitals angesagt. Crosby vs. Ovechkin. Ich erinnere an das fantastische Spiel vom letztjährigen Superbowl-Aufwärmprogramm und an das ebenso sehenswerte Spiel vom vergangenen Donnerstag.

Die beiden Live-Bowls sind auch gleich die ersten BCS Bowls. Dazu in einem eigenen Blogeintrag mehr. Vorab der erste Viererpack an Bowls in der Vorstellung, beginnend wieder mit Seminole, die über die Outback-Bowl schreibt – mit Florida States großem Rivalen Florida.

Outback Bowl

Sa., 1.1.2011 um 19h. Als Tape bei ESPN America am Sonntag, 2.1. um 10h30

Florida Gators – Penn State Nittany Lions

Gestern gings um gefüllte Hühner. Heute wechseln wir von der Hühnerfabrik ins Steakhaus. Welcome to the Outback Bowl! Outback ist eine Imbiss-Kette, serviert in gekünstelt urig gehaltenen Restaurants auf. Und Outback kommt aus Tampa. Dort wird der Outback Bowl auch ausgespielt. Heuer garniert mit ganz großen Namen. Auf der einen Seite die Pennsylvania State University mit Coach Joe Paterno. Auf der anderen Seite die University of Florida, wo ein anderer ganz großer Trainer seinen letzten Weg geht: Urban Meyer.

Florida ist nicht gleich Florida State. Die Übersetzer der Simpsons sind nicht imstande, Florida State und Florida zu unterscheiden. Dabei handelt es sich um zwei sehr rivalisierte Unis. Die Florida Gators sind auf dem FSU-Campus *hust* nicht die beliebteste Footballmannschaft, wenn ich das so sagen darf.

Tschüss, Urban! In den letzten Jahren waren sie uns deutlich überlegen, eben auch dank Urban Meyer, dem jungen Mann im Bild. Und dank Tim Tebow. Ich erinnere mich mit Grauen an das Heimdebakel vor zwei Jahren gegen die Gators. Tebow ist weg, und schon sind die Gators nur noch die Hälfte wert. Jetzt ist auch noch Meyer zurückgetreten, aus einem Mix aus gesundheitlichen Problemen und Burnout. Meyer coacht die Outback Bowl, sagt dann aber Tschüss und auf Nimmerwiedersehen. Es ist nur Meyer und seiner Bescheidenheit zu verdanken, dass ich einen Funzen Zuneigung für Florida empfinde. Der Neue wird dann Will Muschamp sein, Defensivcoach in Texas. Muschamp ist einer der besten Kumpels vom Seminoles-Coach Jimbo Fisher. Die Welt ist klein.

Keep on, Joe! Auf der anderen Seite läuft der steinalte Joe Paterno an der Seitenlinie entlang. Als Paterno jung war, hat Fred Feuerstein noch seine Wilma durch die Gegend gekarrt, haben Spechte einen auf Disc Jockey gemacht und statt Hausfrauen Mammuts die Wohnung gesaugt. Paterno ist seit Dienstag 84. Dieses Spiel ist sein 37. Bowl. 24 hat er bisher gewonnen, mehr als jeder andere Coach. Wer mehr wissen will: korsakoff hat ihn vor Zeiten mal durchleuchtet.

JoePa und seine Frau mit dem klingenden Nick SuePa sind sowas wie die grauen Eminenzen, die lebendem Beweise, dass auch in der Urzeit bereits Football gespielt wurde und es auch mal ohne Totalvermarktung Sport gegeben hat. Ein ganz, ganz großer Trainer, den man für seine Energie einfach nur bewundern kann. Und ein Trainer, der im Gegensatz zu Meyer viel, sehr viel Wert darauf legt, dass seine Jungs sich gebildet verhalten und dass seine Jungs sich schulisch bilden.

Für die kulturell Interessierten. Während meines Highschool-Auslandssemesters hat mich der Host Daddy mal auf den Campus der Penn State mitgenommen. Ein schönes, weitläufiges Gelände. Florida State und Florida können da nicht mithalten. Wer mal in die Nähe von University Park kommt und wem was an amerikanische Uni-Campi (?) liegt, der darf sich das schon mal anschauen.

Prognose: Am 1. Jänner – Penn State Nittany Lions gegen Florida Gators. Berglöwen gegen Krokodile. Es dürfte klar sein, wo meine Präferenzen liegen. Aber auch ohne Daumendrücken sollte Penn State das Spiel eigentlich gewinnen.

Ich lasse das mal so stehen. Zu den anderen drei Bowls, die alle auf die Tage nach Neujahr verteilt bei ESPN America aufgezeichnet werden.

TicketCity Bowl

4.1. um 10h30 als Tape bei ESPN America

Texas Tech Red Raiders – Northwestern Wildcats

Eine neu geschaffene Bowl und das aus einem Grund: Die Cotton Bowl Classic ist aus Dallas nach Arlington in das monströse Cowboys-Stadium abgewandert. Die altehrwürdge Cotton Bowl (WM-Stadion 94, u.a. Deutschland-Südkorea) hat sich nach Ersatz umgesehen und die TicketCity Bowl eingeführt. Sie findet um 11h Ortszeit statt.

Die Texas Tech Red Raiders (Big 12) treffen auf die Northwestern Wildcats (Big Ten). Die Northwestern ist eine der akademisch am höchsten angesehenen Unis. Das Footballprogramm dümpelt seit Jahrzehnten vor sich hin. Seit dem Rose-Bowl-Sieg von 1949 hat man nur mehr selten Bowls gespielt und keine einzige davon gewonnen. Heuer war es eigentlich eine ganz ansprechende Saison, bis sich QB Dan Persa verletzte. Die Ersatzmänner sind sehr unerfahren und die Offense Line nicht prall. Das Laufspiel wird komplett dezimiert sein: Verletzungen und Spielerabgänge führen dazu, dass 1227 von 1798 rushing yards nicht einsatzfähig sein werden.

Texas Tech hat andere Sorgen. Nach dem elegant gelösten Theater um Mike Leach vor einem Jahr stand Nachfolge-Coach Tom Tuberville lange Zeit vor dem Absprung Richtung Miami. Tuberville bleibt, aber die Defense ist extrem löchrig und fängt sich extrem viele Yards und Punkte ein. Zum Glück ist die Wildcats- Offense sehr ausgedünnt. Offensiv sind die Red Raiders passgewaltig (QB Taylor Potts 3357yds, 31 TDs, 9 INTs). Ich tippe auf einen klaren Sieg von Texas Tech im „Heim-Bowl“ (der Campus ist 6 Autostunden vom Stadion entfernt).

Capital One Bowl

2.1. um 8h als Tape bei ESPN America

#9 Michigan State Spartans – #16 Alabama Crimson Tide

Die Nachfolgerin der Citrus Bowl – und ausgespielt in der Citrus Bowl in Orlando (remember: Champ Sports Bowl vor einer Woche). Sportlich ist es ein hochwertiges Duell. Alabama hat „nur“ eine 9-3 Saison in der SEC gespielt und über weite Strecken nicht sooooo überzeugend. Niederlagen gegen South Carolina und Lousiana State machten die BCS-Hoffnungen zunichts. Aber nichts war bitterer als die fassungslose 27-28 Schlappe gegen Auburn in der gehypten „Iron Bowl“ – eine unglaubliche Niederlage vor allem wegen der 24pt-Führung und der erdrückenden Dominanz.

Alabama ist für mich besser als #16. Das Laufspiel um die RBs Mark Ingram (Heisman Trophy 2009) und Trent Richardson ist durchaus stark, das Passspiel ist dazu nur die Ergänzung. QB Greg McElroy ist einer, von dem ich nicht weiß, was ich davon halten soll. Mal spielt er sehr blass, mal wieder recht souverän, aber insgesamt halte ich nicht allzu große Stücke auf McElroy. Auf jeden Fall ist er einer, der lieber den riskanten Pass scheut als eine INT zu werfen. Top-WR ist Superstar Julio Jones (75 Catches, 1084yds, 7 TDs), den wir unter Garantie ganz weit vorne im NFL Draft sehen werden, vielleicht in den Top 10. Eine große Stärke der Offense: Sie gibt den Ball nur selten her. Es sei denn, sie spielt gegen Auburn. Die Defense der Crimson Tide ist knackig, angeführt vom DT Marcel Dareus, auch so ein zukünftiger hoher Draftpick. Stärke der Defense: Sie macht viele INTs und ist eine einzige Mauer gegen den Lauf. Es sei denn, sie spielt gegen Auburn.

Michigan State hat die Big Ten punktegleich mit Ohio State und Wisconsin gewonnen, spielt aber als einzige Uni des Trios nicht in einer BCS Bowl. Grund: BCS #9 war zu wenig! Die Spartans werden angeführt von QB Kirk Cousins, eigentlich ein solider Mann, aber gegen Saisonende doch eher fehleranfällig. Gegen die hungrige Bama-Defense sollte der Mann aufpassen, zumal der Top-Receiver ausfällt. Für Michigan gilt Ähnliches wie für Alabama: Gutes Laufspiel, gute Defense, angeführt vom MLB Greg Jones.

Viele Gregs und Jones’ laufen da by the way herum…

Interessante Komponente: Alabamas Coach Nick Saban war vor 15 Jahren Head Coach an der Michigan State University. Sabans Assistent damals: Mark Dantonio. Heutiger Head Coach der Spartans: Mark Dantonio. Dantonio hatte anfangs der Saison einen Herzinfarkt. Die Spartans haben sich davon nicht abschrecken lassen und danach Vollgas gegeben, u.a. mit Siegen über Wisconsin, Michigan und Penn State. Einzig die ärgerliche Niederlage gegen Iowa machte alle Rosebowl-Hoffnungen zunichte.

#9 gegen #16. Ich sehe Alabama trotzdem als Sieger aus dem Spiel hervorgehen, und zwar nicht mal besonders knapp.

Gator Bowl

3.1. um 11h als Tape bei ESPN America

#21 Mississippi State Bulldogs – Michigan Wolverines

Nach Michigan State auch noch Michigan. Die Wolverines sind ein traditionelles und sehr populäres Team. In den letzten Jahren aber auch zu erfolglos und verstrickt in interne Zwistigkeiten und Affären rund um Head Coach Rich Rodriguez (Stichwort: knallharte Trainings und Überschreitungen der maximalen Trainingszeit). Auf mich wirkt es, als ob Michigan Rodriguez lieber heute als morgen los wäre. Rodriguez ist bei den Spielern allem Anschein nach auch nicht der Beliebteste und es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Spiel Einfluss auf die Jobaussichten von Rich Rodriguez hat…

Auf der anderen Seiten haben die Bulldogs einen Coach, der überall begehrt ist: Dan Mullen, der jüngst auch bei den Florida Gators als HC im Gespräch war.

Die Bulldogs werden in dem Spiel Acht geben müssen auf den explosiven QB der Wolverines, Denard Robinson. Robinson spielte zu Saisonbeginn gewaltig auf, ist ein Sprinter mit Wurfarm, aber insgesamt ist Robinson (noch) zu unkonstant und lauf-fokussiert. Robinson ist vor allem unglaublich wendig und stolpert nur selten, obwohl der Mann stets mit offenen Schuhlitzen spielt.

Mississippi State hat schon gegen Cam Newton gespielt – und Newton damals im September halbwegs ordentlich unter Kontrolle gehalten. Aber Robinson ist athletisch noch einmal eine Kategorie höher anzusiedeln, wenn auch nicht ganz so souverän im Einsetzen seiner Lauf-Fähigkeiten.

Ich bin mir ob des Spielausgangs nicht sicher. Michigan ist offensiv nur Denard Robinson und hat in der Defense arge Probleme offenbart. Die Bulldogs kenne ich viel zu wenig. Ich würde eher auf einen Bulldogs-Sieg tippen.

Amerikas Guy Roux: Joe Paterno

Moin! Diesmal werden zwei der legendärsten Trainer des College Football kurz portraitiert. Ich beginne mit Joe Paterno. Im zweiten Teil stellt Gast-Autorin Seminole einen zweiten Coach vor! Vorerst ist das als Zweiteiler geplant. Vielleicht gibt es in Zukunft weitere Teile.

Joe Paterno a.k.a. The Legend

Joe „JoePa“ Paterno, a.k.a. The Legend

Wer kennt noch Guy Roux, den legendären Trainer von AJ Auxerre? Roux war 44 Jahre lang Übungsleiter beim französischen Erstligisten. Astonishing, würden die Amerikaner dazu sagen…

…gäbe es da nicht einen gewissen Joe Paterno. Denn Paterno stellt selbst Roux in den Schatten. Schlanke 61 Jahre steht der Mann nun schon in Diensten der Pennsylvania State University, mittlerweile das 45. Jahr als Head Coach der Nittany Lions, nach 16 Jahren Einlernphase als Assitenzcoach. Der Mann sprengt alle Rekorde. Man muss sich das vorstellen: 56% der Spiele der Nittany Lions wurden von Paterno gecoacht. Penn State spielt seit 1887 Football!

Vergangenes Wochenende schaffte Paterno Historisches – mal wieder: Als erster Coach der College-Sportgeschichte holte sich Paterno den 400. Sieg in der Division I. Paterno musste dafür zittern: Seine Berglöwen lagen mit drei Touchdowns zurück, ehe das Spiel gegen die Northwestern noch auf 35-21 umgebogen werden konnte. Schon beeindruckend, wie die Jungspunde danach den fast 84 Jahre alten Coach aus dem Stadion getragen haben.

Paterno, der Trophäenhamster

Paterno ist New Yorker, geboren 1926 in Brooklyn. Nach seinem Uni-Abschluss entsetzte der junge Mann seine Eltern durch seine Karrierewahl: Er lief seinem Football-Coach nach, um 1950 an der Penn State University dessen Assistent zu werden. Seit 1966 nun steht der Mann selbst am Kommandostand und hat bemerkenswerte Erfolge eingefahren.

Fünfmal coachte er seine Mannschaften zu einer Perfect Season (blieb ungeschlagen). Dummerweise wurde nur eine einzige davon auch zum National Champion gewählt (1986). Aber so ist College Fooball, und auch wenn Paterno verständlicherweise ein Befürworter von Playoffs ist, wird sich daran vorerst nichts ändern. Paterno hatte schon vorher eine erste Meisterschaft nach Pennsylvania geholt: 1982.

Die Liste der Errungenschaften liest sich auch abseits der allerhöchsten Ehren beeindruckend: 36 Bowls in 44 Jahren mit 24 Siegen, drei Big-Ten-Titel seit 1993, Siege in allen wichtigen Bowls, die wir während der Blogpokal-Woche vorgestellt hatten. 29 Mal beendeten seine Nittany Lions die Saison in den Top 10 der Rankings. Paterno gewinnt im Schnitt drei Viertel der Spiele.

Joe Paterno Statue am Beaver Stadium

Die Statue am Penn-State-Stadion, dem „Beaver Stadium“ – ©Flattr/ColeCamp

[EDIT: Die Statue wurde im Zuge des Pädophilie-Skandals um den Assistenztrainer Sandusky mittlerweile entfernt – korsakoff]

Paterno in Indiana

JoePa hat seit Frühjahr 2006 seine Statue in der College Football Hall of Fame in South Bend, Indiana, hineingewählt gerade ein paar Jahre, nachdem ihn erste Stimmen aufgrund angeblicker Verkalktheit hatten absägen wollen. Des Coaches Antwort: Eine 11-1 Saison im Herbst 2005 und eine Einladung in die Orange Bowl im Jänner 2006.

Ein legendäres Spiel, nicht, weil Penn State die Florida State Seminoles 26-23 putzte. Viel beeindruckender das Bild der beiden junggebliebenen Coaches: Auf der einen Spielfeldseite Paterno, auf der anderen Paternos Kumpel und die zweite große Trainer-Legende im Division-I-A-College Football: Bobby Bowden, damals 77 und heute mit 377 Siegen hinter Paterno die #2 in der höchsten Kategorie.

Paterno, der Ambivalente

Der Mann ist bekannt dafür, von seinen Spielern nicht nur harte Hits, sondern vor allem auch gute Noten zu erwarten: Seine Alumnis sind in dieser Hinsicht die Zweitbesten in der BigTen. Gegen die Northwestern auf diesem Gebiet zu verlieren, ist wahrlich keine Schande. Auch privat gilt der Mann als intellektuell, sammelte u.a. Spenden für Bibliotheken.

JoePa ist auch bekannt als Spezl von Mr. President, Gerald Ford, und Mr. President, George Bush Sr., und gilt als eingefleischter Republikaner. Paterno unterhält einen diesbezüglich verschieden gelagerten Haushalt: Während ein Sohn republikanischer Gouverneur-Kandidat war, unterstützte ein anderer öffentlich Barack Obama. Nicht dass das ein Problem für den Mann wäre: Paterno kann darüber nur schmunzeln.

Paterno ist bei weitem nicht einer der bestverdienenden Coaches, trotz seines Legenden-Status. Trotzdem hat man nie ein böses Wort von seiner Seite zu diesem Thema vernommen.

Paterno zum Frühstück

So. Wer Lust bekommen hat auf den schmächtigen Mann, der möge am Samstag seine Feieraktivitäten im Rahmen halten, um am Sonntagmorgen ab 5h30 (das Spiel gibt es nur als Aufzeichnung auf ESPN America) der heißen Auseinandersetzung von Paternos Nittany Lions mit den Ohio State Buckeyes beiwohnen zu können. Oder seinen Samstagabend verlängern, wie auch immer.

Zwischen Penn State und Ohio State gibt es eine lange Tradition – begründet schon zu Zeiten, als Penn State noch Independent war – und beide Unis besitzen Stadien mit über 100.000 Plätzen. Ohio State ist an #9 gerankt und hat noch eine kleine Chance auf den BigTen-Titel und die damit verbundene automatische Einladung in die Rose Bowl, und Paternos Jungs würden das natürlich liebend gerne verhindern.

Paterno selbst wird wie immer an der Seitenlinie stehen. Und mit etwas Glück kommen wir sogar in den Genuss und erleben, wie sich JoePa mal wieder mit den Refs fetzt…