NFL-Klassiker im Rückblick: New Orleans Saints – St. Louis Rams 2000/01

Heute mal ein Schmankerl aus der Youtube-Rubrik „NFL Classics“: Der vergessene Wildcard-Kracher 2000/01 New Orleans Saints vs. St. Louis Rams. Weiterlesen

NFL-Franchises im Kurzporträt, #18: Arizona Cardinals

Was kaum einer weiß: Die Cardinals sind die älteste Franchise der NFL. Bis sie aber überhaupt in der Wüste gelandet sind, musste sie Ortswechsel, Dürreperioden und viel, viel Spott über sich ergehen lassen.

That’s not maroon!

In einem Viertel von Chicago formierte sich 1898 der Morgan Atletic Club, ein Amateur-Ballsportverein. Seit 1901 heißt man „Cardinals“. Grund: Die Amateure bekamen einen Trikotsatz spendiert. Der war jedoch nicht braun (maroon), sondern kardinalrot. Deswegen „Cardinals.“

Man war bald ein Profiteam, das in den Anfangsjahren arge Probleme hatte, adäquate Gegner zu finden, weswegen die „Profis“, auch aufgrund von Krankheitsserien und Weltkriegen, eigentlich nur Teilzeitprofis waren. Bis in die 20er, als man in die blutjunge NFL eintrat. Profi-Football, zur damaligen Zeit in etwa so bedeutend wie die ostfriesische Frauenboßelmeisterschaft. Immerhin: 1925 gewann man per Liga-Dekret den Titel, den ersten von zweien in der Vereinsgeschichte.

Die Cardinals waren danach ein verspottetes Verliererteam, das nur Ende der 40er Erfolge einheimsen konnte: Je einmal Titelgewinn und Finalniederlage gegen die Eagles, doch in den 50ern war man so schlecht, dass die Zeitungen nicht mal mehr über die Mannschaft berichteten und entsprechend schlechte Zuschauerquoten eingefahren wurden. Die Ownerfamilie Bidwell sah sich genötigt, gen Westen auszuwandern.

Cardiac Cardinals

„Gen Westen“ heißt: Sie blieben am Tor zum Westen hängen. In St Louis. Dort gab es dummerweise bereits eine Baseball-Mannschaft namens St Louis Cardinals (soll es by the way heute noch geben) und trotzdem gab es keine Umbenennung. Verwunderlich, dass es gerade in Amerika keine Klage von Seiten der einen oder anderen Mannschaft gab, die das alleinige Namensrecht für sich beanspruchte.

Anyhow, die Cardinals waren zwar eine bessere Mannschaft und deutlich lieber gesehen als in Chicago, aber viele Playoffs gab es nicht. In den 70ern machte man sich aber einen Namen als Cardiac Cardinals – als Team, das für spektakulär knappe und spannende Spiele stand – mit einem Ausgang mal pro, mal contra. Das Contra kam aber stets vor der Superbowl.

Wenn du nicht gewinnst, schaut dir im Land der Amerikaner über kurz oder lang keiner zu. So auch in St. Louis. 1988 setzte Bidwell nach dem 28jährigen Zwischenstopp in St Louis seine Reise gen Westen fort und zog weiter nach Phoenix, Arizona.

In der Wüste

Ob als Phoenix Cardinals oder ein paar Jahre später als Arizona Cardinals: Man stand für die Niederungen der NFL. Ob der Verbleib in der NFC East und der dadurch hohe Reiseaufwand mitschuldig war? Da waren zwar attraktive Gegner (Dallas, Washington, Philadelphia), aber die Reisekosten, baby. Verheerend auch: Der eigene Markt und der zweite Zielmarkt New Mexico waren als Cowboys-Terrain verschrien. Das eigene Stadion war meistens dreiviertel leer, Folge: Keine Übertragungen im Heimatmarkt Phoenix, was natürlich auch bedeutet: Keine Sau weiß, dass es dich überhaupt gibt.

Keine Zuschauer, keine Erfolge. Man stand für Tristesse. Einzig der Lokalheld QB Jake Plummer sorgte für etwas Erheiterung und führte Arizona 1998/99 mit seinem spektakulären Spielstil mal in die Playoffs, wo – bitte festhalten – die Cowboys (!) auswärts (!!) in Grund und Boden (!!!) gespielt wurden. Man kann sich vorstellen, wie fürchterlich es um eine Franchise steht, wenn man sich an so einem einzigen wunderbaren Tag jahrelang aufrichten muss.

Rising up

Auch die 2000er begannen fad, bis 2004 um WR Larry Fitzgerald ein echter Kern gedraftet wurde, auf dem sich aufbauen ließ. Ein Jahr später kam der schon als verbraucht geltende QB Kurt Warner, der einst sensationell die Rams zum Titel ge-quarterbackt (oder so) hatte und nur noch zwei Gehirnerschütterungen vom Karriereende entfernt war, ein weiteres Jahr später der Heiland: QB Matt Leinart.

2008, und der uralte Warner zeigte dem Jungspund Leinart, wo der Hammer hing, führte die Mannschaft erstmals seit Äonen wieder in die Playoffs. Und dort spielte sich Unglaubliches ab: Arizona siegte (Atlanta) und siegte (Carolina) und siegte (Philadelphia) und stand in der Super Bowl. Arizona! Die Cardinals!

Super Bowl XLIII wird als eines der besten NFL-Spiele aller Zeiten angesehen. Arizona verlor, 23-27. Aber das war nicht der Punkt, denn wenn du so spielst, dann kannst du mit erhobenem Haupte gehen. Irgendjemand, der noch weiß, wer 1982 die Meisterschaft gewann? Nein? Aber jeder weiß, wer sie 2008 verlor. Und niemand wird es je vergessen.

Im Jänner 2010 sorgte man mit einem spektakulären, quasi ohne Verteidigungen gespielten 51-45 gegen Green Bay für einen Playoff-Punkterekord. Eine Woche später trat Warner nach einem Bodycheck, der ihm alle Extremitäten vom Körper riss, zurück. Seither ist Arizona auf der Suche nach einem neuen Quarterback.

Das Stadion

University of Phoenix Stadium

University of Phoenix Stadium – Bild: Wikipedia.

Arizona mag als eher langweilige Franchise daherkommen, aber das Stadion ist großartig – das University of Phoenix Stadium (63.000 Plätze), seit 2006 in Betrieb und eine futuristische Arena mit verschließbarem Dach und ausfahrbarem Rasen. Kurios: Die Uni von Phoenix ist weder Besitzer der Arena, noch hat sie eine Footballmannschaft. Sie ist einzig Namenssponsor. Obwohl noch so jung, dass man immer noch den Lack aufm eigenen Sessel riechen kann, hat das Stadion schon die ganz großen Spiele erlebt, an die man sich noch in 150 Jahren erinnern wird: Super Bowl XLII (Manning to Tyree) und Fiesta Bowl 2007 (das unvergessene Boise-State-vs-Oklahoma-Spiel).

Rivalitäten

So richtige Rivalitäten haben die Cardinals trotz einer extrem langen Historie nicht entwickeln können. Gründe könnten das sportliche Siechtum sein und in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten der hohe Lebensstandard in Phoenix: Den Leuten geht es dort einfach zu gut, um sich mit so unwichtigen Dingen wie Footballrivalitäten auseinanderzusetzen. Am ehesten haben sich die Duelle mit den San Francisco 49ers in den letzten Jahren zu heißen Auseinandersetzungen entwickelt.

Gesichter der Franchise

  • Larry Fitzgerald – WR, und was für einer. Dürfte schon jetzt als bester Spieler der ansonsten wenig ruhmreichen Clubgeschichte gelten.
  • Pat Tillman – patriotischer Safety. Meldete sich, obwohl Pro Bowler und kurz vor einem schweren Millionenvertrag, freiwillig zum Kriegsdienst in Afghanistan, wo er durch friendly fire ums Leben kam.
  • Kurt Warner – QB und Gutmensch. Ich werde Warner so schnell nicht vergessen. Vor allem die Playoffs 2008/09 waren absolut fantastisch. Kein Spieler, der so cool gegen den Pass Rush spielt, obwohl er schon fuffzich Mal mit Brummschädel im Bett liegen musste. Eine ausführlichere Warner-Story habe ich schonmal früher geschrieben.

korsakoffs Highlight

Super Bowl XLIII – Ein Spiel mit fantastischen individuellen Leistungen und einem richtig tollen Schlussviertel. Ich habe es glaube ich schon ein halbes Dutzend Mal gespostet, aber es ist so grandios, dass ich es immer wieder bringen muss: Der Mitschnitt der ORF-Kommentierung von Christopher D. Ryan und Michael Eschlböck beim Touchdown Larry Fitzgeralds zur zwischenzeitlichen Führung von Underdog Arizona im letzten Viertel: Touchdown Arizona.

Eckdaten

Gegründet: 1898 als Morgan Athletic Club
Besitzer: Bill Bidwell (Hauptberuf Erbe)
Division: NFC West
Erfolge: Superbowl-Verlierer 2008, NFL-Champ 1925, 1947, 8x Playoffs (5-6)

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Kurt Warner – Das Erbe eines Aschenputtels

Sonntag, 3. Februar 2002, beim Zeitunglesen nach einem langen Skitag. Und was sehe ich? In der Nacht steht Superbowl XXXVI an! Nach dem Überfliegen des Artikels bleibt Klein-korsakoff ein Name im Kopf. Kurt Warner. Und der Name verschwindet so schnell nicht. Vielmehr ist er der Grund, warum ich mir das Spiel aufzeichne. Mein erstes Football-Spiel. Kurt Warner wird es verlieren. Trotzdem ist dieser Mann der Grund, warum ich zum Football gekommen bin.

Zartes Pflänzchen

Warner, Jahrgang 1971, spielte im College für die unbedeutenden Northern Iowa Panthers (Division I-AA) und hinterließ dort offenbar wenig bleibenden Eindruck. Warner wurde nicht gedraftet und im Sommer 1994 von den Packers im Vorbereitungscamp gefeuert. Warner gab daher den Footballcoach an seiner Uni und füllte irgendwo im Nirgendwo von Iowa Supermarkt-Regale auf, ehe er ab 1995 Warner dann für drei Jahre in der Arena Football League spielte, für die Iowa Barnstormers.

Die Wanderbühnenkünstler machte Warner zum zweifachen Arena-Bowl-Verlierer. Immerhin gut genug, um dem Leben als Regaljunge aus dem Weg zu gehen und von den St Louis Rams ein Probetraining zu bekommen. Warner versaute es. Dachte er. Doch der greise Head Coach Dick Vermeil, der vor Urzeiten mal die Eagles in die Superbowl gecoacht hatte, sah etwas in Warner, was alle anderen nicht sahen. Er schickte Warner erstmal im Frühjahr 98 in die NFL Europe nach Amsterdam.

Hey, der Mann ist ein Prophet!

28. August 1999. Dramatische Sekunden in St. Louis: Der QB der Looser-Truppe, Trent Green, windet sich am Boden. Die Worte des Radiokommentators dazu sind mir über die Jahre im Ohr geblieben. Selten hat jemand etwas so falsch gemeint und so richtig gesagt:

Kurt Warner, a capable backup, but certainly not what Trent Green is.

Warner war nun der Starter für die Widder. Und er machte seine Sache gut. Verdammt gut. Erste drei Spiele, jeweils drei TD-Pässe und diese unglaublichen tiefen Bälle. In Woche 5 zerlegte Warner die damals noch glorreichen 49ers mit 5 TDs. Der Aufstieg des Aschenputtels veranlasste Sports Illustrated zur berühmten Schlagzeile: „Who Is This Guy?“ Bald sollte es ganz Amerika wissen. Warner bombte die Rams zu einer sensationellen 13-3-Saison. Kreiert von OffCoord Mike Martz, stellte er mit RB Faulk, WR Bruce, WR Holt und Co. das, was man heute The Greatest Show On Turf nennt – einen so potenten und spektakulären Passangriff, dass die kleinen Rams plötzlich amerikaweite Beachtung fanden. Das Bild der gelben Widder-Hörner auf dem Spielfeld und der weißhaarigen Männer an der Seitenlinie ist prägend. Der Run endete schließlich in der Superbowl, nach einem weiteren sensationellen TD-Pass Warners zu WR Proehl im NFC Finale, dem einzigen grottigen Spiel der Offense (11-6 gewonnen). Die Superbowl XXXIV in Atlanta nutzte Warner, um mit 414yds einen bis heute gültigen Superbowl-Rekord aufzustellen. Das Spiel wurde aber durch die Defense entschieden: Letzter Spielzug, und LB Mike Jones wrestelte Titans-Receiver Kevin Dyson an der 1yd-Linie um. Rams 23, Titans 16.

Ein Jahr später war der Angriff wieder potent, die Rams scheiterten aber mit miserabler Defense schon in der Playoff-Runde eins. Herbst 2001 und Warner wurde zum zweiten Mal nach 1999 NFL MVP. Die Rams spielten so gut wie nie zuvor und nie mehr danach. 14-2, in den Playoffs sämtliche Gegner dominiert. Superbowl XXXVI, und die Rams spielten Mist. Trotz Fast-Comeback der Rams: 20-17 für die Patriots in jenem fantastischen, meinem ersten, Spiel.

In den folgenden Jahren geriet die Rams-Offense allerdings aus den Fugen. Warner wurde hinter der löchrigen Offense Line öfters abgeschossen als ihm lieb sein konnte. Im Frühherbst 2003 war der Mann nur eine oder zwei Gehirnerschütterungen vom Karriereende entfernt und wurde durch QB Marc Bulger ersetzt. Die Rams ließen ihren Sensations-QB fast so schnell fallen, wie er aus dem Nichts gekommen war. So durfte Warner im Herbst 2004 den Wegbereiter für den blassen Eli Manning geben, obwohl er für die Giants nicht mal schlecht spielte.

Und ab in die Provinz

Winter 2005: Ab nach Arizona. Wieder so ein Underdog-Team. Warner spielte unkonstant, bekam im zweiten Jahr mit dem glamourösen QB Matt Leinart wieder so einen Jungspund mit Ambitionen vorgesetzt. Doch Warner hatte auch mit 35 noch Biss und verwies Leinart schließlich im Sommer 2008 auf die Lehrbank. Der Herbst 2008 war Warners x-ter Frühling. Gemeinsam mit den WRs Fitzgerald & Boldin boten die Cards die „Greatest Show In The Desert“. Nicht so spektakulär wie die Rams-Ausgabe, aber die Cards wurstelten sich praktisch ohne Defense in die Playoffs. Und dort glänzte Warner mal wieder so hell wie zu Rams-Zeiten. Ich saß am TV und, obwohl durchaus mit Sympathien für Panthers, Eagles und Steelers ausgestattet: Ich drückte jeden verfügbaren Daumen für Warner. Nicht für die Cards. Sondern für Warner.

Als im Schlussviertel der Superbowl XLIII Fitzgerald mitten übers Feld zum Touchdown durchlief und die Cindarella-Cards in Führung gingen und Warner fast mit OffCoord Todd Haley am Spielfeldrand schmuste, tickte nicht nur Christopher D. Ryan am Kommentatorenpult fast aus. Ähnlich laut dürfte es in meiner Stube gewesen sein. Am Ende reichte es nicht zum Sieg. Trotzdem: Grandioses Spiel und grandioses Kapitel Sport. Auch dank Warner.

Im Jänner 2010 war Schluss. Nach einem phänomenalen Spiel von seiner Seite gegen die Packers wurde Warner von den Saints eine Woche später so abgeschossen, dass ihm fast sämtliche Extremitäten vom Körper gerissen wurden.

Warner Legends

Kurt Warner ist tief gottesfürchtig, was er auch bei jeder Gelegenheit zu bestätigen weiß. Das First-Things-First-Interview ist legendär. Warner hat eine geschiedene ex-US-Marine geheiratet (Brenda), einen behinderten Sohn adoptiert und insgesamt nicht den kleinsten Haushalt mit sieben Kindern und ein paar Hunden. Das alles ist nicht der Punkt.

Was mich an der American-Dream-Story „Kurt Warner“ so fasziniert: Wie viele Talente werden da draußen eigentlich verbrannt? Wenn ein völlig Unbekannter innerhalb einer Woche zum absoluten Superstar aufsteigen kann? Wie wichtig ist das Glück, dass der richtige Mann in der richtigen Situation am richtigen Platz mit dem richtigen Spielsystem ausgestattet wird? Vielleicht ist der beste Footballspieler aller Zeiten gerade irgendwo Fourth-Stringer.

Warner hat zwei ewige Underdogs in die Superbowl gebracht. Er hält die nach Passing Yards drei besten Superbowl-Performances ever. Alle drei absolute Kracher-Spiele.

Danke, Kurtl! Du gehörst in die Hall of Fame. First Ballot.

NFL-Franchises im Kurzporträt, #6: St Louis Rams

Vom Norden in den Südwesten in die goldene Mitte – die Rams haben schon viel gesehen. Auch viele große Spieler. Der Beste von allen sorgte vor rund einem Jahrzehnt für die ultimative Aschenputtel-Geschichte und wird auch in meinem Haus dafür immer noch verehrt.

Cleveland

1936 gegründet, seit 1937 NFL-Mitglied – die Rams wurden in Cleveland aus der Taufe gehoben. 1945 wurde der erste NFL-Titel geholt. Trotzdem wanderte man direkt im Anschluss aus, gen Los Angeles, da man die heimische Konkurrenz der Browns fürchtete.

Los Angeles

Als Exot an der Westküste waren die Rams schnell sehr erfolgreich, vor allem dank einer bärenstarken Offense rund um den WR mit dem geilen Namen, Elroy Hirsch. Die Rams waren so attraktiv, dass man sie als erste Profimannschaft im Fernsehen zeigte. 1951 wurde man wieder NFL-Champ.

Trotz sportlichem Abstiegs bliebt man ein Publikumsrenner und schleuste häufig über 100.000 Zuschauer ins L.A. Coliseum (Olympiastadion), auch dank einer fassungslos dominanten Defensive Line, genannt Fearsome Foursome (Die Gefürchteten Vier) rund um den alle überstrahlenden Deacon Jones. Es dauerte aber bis 1979, bis man zum ersten Mal in die Superbowl kam – und da waren die Fearsome Foursome schon längst Geschichte – Superbowl XIV wurde nach hartem Kampf 19-31 gegen Pittsburgh verloren.

O.C., California

Okay, man schimpfte sich weiterhin „Los Angeles Rams“, aber ab 1980 spielte man in Anaheim. Erstens, aufgrund der Blackout Regel (man bekam das Coliseum nicht mehr regelmäßig voll), zweitens, aufgrund des Bevölkerungswachstums in Orange County. Weil aber zugleich auch die Raiders nach Los Angeles kamen und Lakers und Dodgers grad Titel um Titel abstaubten, schrumpfte die Anhängerschaft der Rams innerhalb weniger Jahre rapide.

Und das, obwohl RB-Sensation Eric Dickerson alle Laufrekorde sprengte und die Mannschaft bis zu einer verheerenden Schlappe Ende der 80er gegen die 49ers sogar recht erfolgreich blieb.

Danach wurde es hässlich. Sportlicher Niedergang und Streitereien um einen Stadionneubau sorgten dafür, dass die Besitzerin Georgia Frontiere, eine ehemalige Bachtänzerin, 1995 eiskalt nach St Louis auszog.

St. Louis

Auch in der neuen Heimat dümpelten die Rams am Bodensatz der NFL. Der neu geholte Coach Dick Vermeil hatte vor Urzeiten mal die Eagles in die Super Bowl gecoacht, stand aber nach zwei verheerenden Spielzeiten und extremem Trainingspensum kurz vor einer Meuterei im eigenen Team. Bis in der Preseason 1999 der Hoffnungsträger, QB Trent Green, mit Verletzung für die Saison ausfiel.

The Greatest Show On Turf

kurt warner qb rams

Kurt Warner - ©Wikipedia

Das war der Moment, als Kurt Warner das Spielfeld betrat. Warner, ein ehemaliger Regaljunge in einem Supermarkt irgendwo im Nirgendwo von Iowa, schon 27 und mit nur einer Handvoll geworfenen Pässen in der NFL.

Und Warner spielte, dass es ein Genuss war. Gemeinsam mit RB Marshall Faulk und den WRs Isaac Bruce und Torry Holt zerlegte die Rams-Offense die gegnerischen Abwehrreihen, dass quer durch die Lande die Leute Rückenschmerzen bekamen, so oft mussten sie sich bücken, um die Augäpfel am Boden aufzuklauben. Offensiv-Football vom Allerfeinsten – The Greatest Show On Turf. Endresultat: Superbowl-Sieg für die Rams, NFL und Superbowl MVP für Warner. Damit hatten die Rams in allen drei Standorten (Cleveland, L.A., St Louis) einen Titel abgestaubt.

Zwei Jahre später stand man als noch dominanteres Team erneut im Endspiel, und verlor sensationell gegen New England. Anstatt Dynastie in St Louis folgte eine Dynastie in New England.

Die Rams zerfleischten sich in den kommenden Jahren, Warner wurde vorschnell vom Hof gejagt und in den letzten Jahren dümpelte man mit 1-15 und 2-14 Saisons am unteren Ende der Skala. Seit einem Jahr spielt mit QB Sam Bradford ein neuer Hoffnungsträger in St Louis – mal schauen.

Die Halle

Edward Jones Dome St Louis Rams

Edward Jones Dome - ©Wikipedia

Der Edward Jones Dome (65.000 Plätze) ist ein Kuriosum: Gebaut 1995 – und schon als völlig veraltet geltend. In dieser Halle auf Kunstrasen haben Warner und Co. Ihre spektakuläre Offense gespielt. Heute gilt sie als viel zu eng auf den Tribünen und überhaupt als völlig seelenlos und nicht zu St Louis passend. Tolle Planung.

Rivalitäten

Heutige Haupt-Rivalität sind die San Francisco 49ers, weil es ein Divisionsduell ist. Geschichtlich könnte man noch die Raiders nennen, weil Rams und Raiders eine zeitlang gemeinsam um die Gunst des Publikums im Großraum Los Angeles kämpften. Ansonsten sind die Rams wohl auch aufgrund mehrerer Umzüge eher keimfrei.

Gesichter der Franchise

Deacon Jones – DE. Gilt noch heute als einer der besten Pass Rusher aller Zeiten, und vor allem: als einer der bösartigsten. Kein Tackle war brutal genug und erst wenn der Quarterback mit 150mph und Kopf voraus in den Boden gerammt war, spürte Deacon Jones Befriedigung. Da weiß man dann auch, warum die Front Four „Fearsome Foursome“ hieß.

Eric Dickerson – RB. Dickerson war einige wenige Jahre ein sensationeller Back, der noch heute den Rekord für die meisten Laufyards in einer einzigen Saison hält: 2105yds. Ging dann im Streit zu den Colts.

Kurt Warner – QB. Warner stieg aus dem blanken Nichts auf und wurde 1999/2000 zum unumstrittenen NFL-Superstar und holte gleich im ersten Jahr die Superbowl. Leider danach zu früh abgeschossen, denn wie gut Warner war, zeigen seine späten Jahre in Arizona. War zweimal NFL MVP und Superbowl MVP als Rams-QB.

Marshall Faulk – RB, für eine Bagatelle nach St Louis gekommen und dort integraler Bestandteil einer phänomenalen Offense, inklusive Superbowl-Titel 1999/2000. Faulk war dreimal in Folge Offensivspieler des Jahres und 2000 NFL MVP und war in der Blütezeit gleichermaßen Läufer und Ballempfänger.

korsakoffs Highlight

Super Bowl XXXVI – Die Rams wurden (tape-bedingt?) outcoacht von den kleinen Patriots. Trotzdem: Wie diese Offense in den Schlussminuten plötzlich „klick“ machte, war schon sehr eindrucksvoll. Obwohl underdog-affin, taten mir die Rams nach dem Spiel richtiggehend leid.

Eckdaten

Gegründet: 1936 als Cleveland Rams, 1946-1994 Los Angeles Rams
Besitzer: Stan Kroenke (Immobilien)
Division: NFC West
Erfolge: Superbowl-Champ 1999, Superbowl-Verlierer 1979, 2001, NFL-Champ 1945, 1951, 27x Playoffs (19-24)

(NFL-Teamserie gibt es auch hier.)