Werfen wir noch einen schalen Blick auf meine acht größten Titelkandidaten aus dem Sommer zurück: Die CU in February Fraktion. Sechs der acht Kandidaten erreichten die Playoffs. Vier aus meinen Top-5 Kandidaten erreichten das Halbfinale.
Cincinnati Bengals
Division AFC North 2012 10-6 Ergebnis 11-5 (Wildcard-Runde)
Ich schrieb:
Auch die Offseason kann als gelungen betrachtet werden; Cincinnati geht als noch besser aufgestelltes Team in diesen Herbst. Man kann argumentieren, dass man die Nummer 3 der AFC ist, was die Kaderqualität, und vielleicht noch besser, was den Coaching-Staff angeht.
[…]
Die Bengals sind richtig gut aufgestellt. Echte Schwachpunkte sind höchstens noch am zweiten WR-Posten und bei den Linebackers zu finden, und natürlich der „halbe“ Schwachpunkt auf Quarterback. Dalton ist gut, aber mit heutigem Wissen eben nicht mehr. Dalton ist die Personifizierung des Wesens der Cincinnati Bengals in einer Position. Das ist ein Quarterback zwar oft, aber bei Dalton ist es dieses „stuck in the middle“-Phänomen, das der kompletten Mannschaft das Gesamtbild der sehr guten, aber nicht herausragenden Truppe gibt.
Oder? Die AFC ist machbar, man spielt Colts/Chargers, während Baltimore Texans/Broncos als Positionsspiele vorgeworfen bekommt. Man hat ausreichend Waffen, um Pittsburgh zu schlagen. Cincy ist Divisionsfavorit. Divisionssieg hieße Playoff-Heimspiel, hieße höhere Wahrscheinlichkeit für einen längeren Playoff-Lauf.
Richtig starke Saison für die Cincinnati Bengals, die nicht nur 11-5 Siege holten, sondern im Power-Ranking auch als viertstärkste Mannschaft des Jahres ausgespuckt werden. Alle Welt wird aber darüber lachen, denn man schied mal wieder im ersten Playoffspiel aus. Offen gelegt wurden dabei vor allem die Limitierungen in der Offense. Danach verlor man beide Coordinators und geht nun mit einigen Fragezeichen in die Offseason. Stuck in the Middle droht, das Team zu killen.
Was aus der Vorschau traf ein? Zumindest nach Power-Ranking war man in den Top-3 der AFC. Dalton ist weiterhin als Schwachpunkt der Mannschaft anzusehen. Defense war sensationell trotz vieler Verletzungsausfälle.
Was traf nicht ein? Die Lauf-Defense war mit 60% Erfolgsquote nur Mittelmaß. Linebacker war dank des Volltreffers Burfict kein wirklicher Schwachpunkt.
Houston Texans
Division AFC South Tipp 2013 Erster Ergebnis Vierter (2-14)
Ich schrieb:
Houston vermittelt ein bissl das Bild von good but not great. (Hey, remember the Bengals!) Das meiste dieses Eindrucks mag an der Blässlichkeit des Quarterbacks hängen. (Hey, remember the Bengals!) Aber IMHO auch ein bissl am fehlenden Passrush über die OLBs. Die Defense ist zwar optisch ansprechend, aber es fehlt das bissl WOW!
Die Playoffs sind trotzdem Pflicht. Die AFC South gewinnste fast im Vorbeigehen, auch wenn aufgrund des 5-0 in engen Spielen von 2012, einer Pythagoreischen Erwartung von zuletzt 10.2 Siegen und eines SRS von „nur“ 4.5 Punkten über Durchschnitt eine erneute 12-4 Bilanz eher schwierig erscheint. Die Texans haben aber einen einfachen Schedule. Sie hatten diesen auch letztes Jahr und nutzten ihn zu mehr Siegen als es ein Team ihrer Leistungsgüte normalerweise erreicht. Ich tippe auf einen erneuten dritten Seed in der AFC. Nicht ausgeschlossen, dass es am Ende ein Durchmarsch in den Superbowl wird. Ich würde es Head Coach Gary Kubiak mal gönnen.
Seuchensaison für die Texans, die erst in der Offense um QB Schaub als zu banal entblößt wurden und sich mit einer unheimlichen Serie an INT-Returns zu TD killten. Danach trat man mit UDFA auf Quarterback an, verlor neun von elf Spielen innerhalb eines Scores und feuerte noch vor Saisonende den erfolgreichsten Headcoach der Teamgeschichte, Gary Kubiak. Dafür hatte man danach genug Zeit um sich dessen Nachfolger Bill O’Brien zu greifen und bekommt nun die Chance, mit dem #1-Pick mal wieder auf QB-Jagd zu gehen.
Was aus der Vorschau traf ein? Die Bengals waren besser als die Texans (Hey! Großartig!). Die AFC South wäre fassungslos einfach gewesen.
OK. Aber was betraf die Texans? Matt Schaub packte es nicht. Laufspiel wurde immer ineffizienter. Nose Tackle, oder besser der fehlende Nose Tackle, riss die Defense weit runter. Hochwertiger Passrush über die Flanken war wie prognostiziert inexistent. Cushings Rückkehr brachte positiven Impact – aber leider nur drei Spiele, bis sich Cushing mit Kreuzbandriss mal wieder auf die IR verabschiedete.
Was traf nicht ein? Schaub war nicht nur blass, er war leichenblass mit einer ungesehenen Orgie an INT-Returns zu Touchdowns. Sowas ist dann auch irgendwann einfach nur noch Seuche. Watt war tatsächlich auch 2013 nach vielen Metriken ähnlich dominant wie 2012. Secondary war ein Schwachpunkt.
Tampa Bay Buccaneers
Division NFC South Tipp 2013 Erster Ergebnis Dritter (4-12)
Ich schrieb:
Tampa Bays Front-Office machte genau die Moves, die man in einer solchen Situation machen muss: Man kaufte sich für einen relativ spottbilligen Preis in CB Darrelle Revis den besten Manndecker der letzten 15 Jahre ein, einen Spieler in seiner Hochblütezeit (Revis ist 27), der im Optimalfall den besten WR des Gegners neutralisieren kann, und konnte ihm auch noch einen relativ günstigen Vertrag unterjubeln (16 Mio/Jahr, aber kein dead money)! Man holte S Goldson, einen überschätzten Hitter, aber einen, der immer noch ein massives Upgrade stellt. Und man draftete in CB Banks einen weiteren Defensive Back. So macht man aus der größtmöglichen Schwäche eine potenzielle Stärke. Und weiter: Man hilft damit wohl auch dem Passrush.
[…]
Tampa Bay hat durchaus Katastrophenpotenzial, vor allem, weil es die instabilste QB-Situation in der NFC South hat. Aber alles andere an den Buccs spricht extremst für den Durchbruch. Und selbst ein paar joshige Performances reichen nicht, um die Buccs in meinem Ansehen vor dieser Saison 2013 vom NFC-South-Thron zu stürzen. Der miserable Record in engen Spielen von 2012 (3-7 Bilanz), die vermutlich gesündere Offensive (G Nicks/Joseph) und Defensive Lines (2012: 21 verpasste Starts auf vier Leute verteilt) und die komplett gelungene Einkaufspolitik spricht für die Buccaneers.
Mein berühmtester Fehlschlag, und ich analysierte schon im Oktober die Gründe des Buccs-Kollapses. Es gab Positives bei den Buccs 2013: Sie gaben sich nie auf. Sie sind in der Lösung der QB-Problematik einen Schritt weiter. Sie stürzten immerhin soweit ab, dass Coach Schiano nicht mehr zu halten war und durch Lovie Smith ersetzt wurde. Lovie wird die Buccs nach vorne bringen, daran gibt es wenige Zweifel. Die Frage ist: Wie weit? Wird Lovie, der in Chicago jahrelang ein QB-Problem durchschleifte, diese seine größte Verfehlung als Headcoach in Tampa korrigieren?
Was aus der Vorschau traf ein? Das angesprochene Katastrophenpotenzial.
Was traf nicht ein? QB Freeman wurde schneller als eine heiße Kartoffel fallen gelassen. Die Secondary kam nie mit dem Zonenschema zurecht; Safety Goldson entpuppte sich zumindest in seiner ersten Saison als Bust. Defensive Ends stehen kurz davor, als solche abgeschrieben zu werden. Trotz aller Fehler der Coaches verbesserte sich die Buccs-Passdefense von 7.3 NY/A auf achtbare 6.5 NY/A. In der Offense ist aufgrund zu vieler Verletzungen und QB-Entlassungen nicht viel von der Preview übrig geblieben.
New England Patriots
Division AFC East Tipp 2013 Erster Ergebnis Erster (12-4, Conference Finale)
Ich schrieb:
Die New England Patriots sind zum aktuellen Zeitpunkt kaum das fünfbeste Team in der National Football League. Aber sie haben nicht nur den Vorteil einer einfachen Conference (AFC), sondern gegenüber Teams wie Houston, Cincinnati oder Pittsburgh auch jenen einer einfacheren Division. Die Patriots sind ein gut aufgestelltes Team mit einer schwer zu schlagenden QB/Coach-Kombination in den scheinbar ewigen Tom Brady und Bill Belichick, und sie gehörten auch letztes Jahr zu den Mannschaften mit exzellenten Advanced-Metrics. Um mal einen Kontext zu geben: Die Patriots wurden zwar in den Playoffs von Baltimore abgeschossen, aber zuvor war die letzte Pleite mit mehr als einem Score im November 2010 gewesen!
Die Zweifel an den Patriots gründen in erster Linie auf ihrer turbulenten Offseason, die das eigentlich gesattelte Personal im Corp der Pass-Offense in die Scheiße ritten. TE Hernandez mit Mordverdacht erst aus dem Kader, dann in den Knast, WR Welker nach Denver, WR Lloyd auf die Straße, TE Rob Gronkowski mit nicht enden wollenden Komplikationen in Arm und – viel schlimmer – Rücken. Wären es nicht die Patriots, man wäre geneigt, den Laden erstmal abzuschreiben.
[…]
New Englands Saisonstart ist mit @Buffalo und Jets zum Einspielen recht günstig, ehe es dann in einen heftigen Vierspiele-Slot geht mit Tampa Bay, @Atlanta, @Cincinnati und New Orleans. Immerhin: Die beiden stärksten Gegner kriegens dabei daheim. Und spätestens ab Mitte Oktober sollte der Gronkowski wieder fit sein. Die Gefahr ist sowieso weniger, dass die Pats die Kontrolle über ihre Division verlieren (Spoiler: Sie werden nicht), sondern mehr, dass sie im Laufe der Regular Season nicht ausreichend Siege einfahren können, um sich den Top-Seed in der AFC zu sichern.
Die Gefahr ist, dass QB Bradys Interception-Statistik etwas gen Mitte einbricht (1.5% ist bei dem Spielstil kaum zu halten; es ist bei keinem Spielstil einfach zu halten) und dass die Defense weniger Turnovers forcieren wird. Das könnte das eine oder andere Spiel kosten, das es am Ende bräuchte, um den #1-Seed in der AFC zu holen. Das Heimspiel gegen Denver zu Thanksgiving ist mir eine Spur zu wenig.
Kurz gesagt war es wie erwartet: Die Patriots sahen niemals aus wie ein Halbfinalteam, aber sie standen im Halbfinale. Warum genau, wusste niemand. Aber überrascht war auch niemand. QB Brady hatte seine schlechteste Saison seit langem und das nicht nur wegen eines inexistenten WR-Corp, die Defense brach nach einer Verletzungsorgie bis Saisonmitte mal wieder ein, aber die Patriots würgten sich trotz allem zu einer beachtlichen 12-4 Saison. Am Ende musste man froh sein, nicht von Denver im AFC-Finale komplett abgeschossen zu werden. Der Abgang war so ein okayer: Du scheidest mit normalem Ergebnis aus und ersparst dir somit eine fällige Superbowl-Blamage.
Was aus der Vorschau traf ein? Divisionssieg, aber knapp kein Top-Seed. Die Patriots durfte man nicht abschreiben, aber besonders gut waren sie dann auch nicht. Halbfinale ja, aber es fühlte sich nicht wie „Halbfinal-Qualität“ an. Und trotzdem: Die einzige Pleite mit mehr als 7 Punkten kam im Halbfinale gegen Denver (mit 10 Punkten). Alle Zweifel an der Offense stellten sich als berechtigt heraus. Patriots-Defense war in den Play-by-Play Stats besser als in den letzten Jahren (u.a. nur noch 6.3 NY/A Pass-Defense). Das Mega-Loch in der Defense Line wurde nach Wilforks Verletzung offensichtlicher denn je.
Was traf nicht ein? TE Sudfeld war ein schnell gegangener Nullfaktor. Bradys INT-Statistik bleib einmal mehr extrem niedrig (1.6%), trotz aller Unkenrufe nach Regression, trotz aller Schlechtigkeit Bradys in manchen Spielen 2013.
San Francisco 49ers
Division NFC West Tipp 2013 Zweiter Ergebnis Zweiter (12-4, Conference Finale)
Ich schrieb:
Das ist überhaupt ein Punkt, den man bei aller Dominanz der 49er oft vergisst: Sie waren in den letzten beiden Jahren ein extrem gesundes Team. 2011 die #8 der AGL-Liste, 2012 die Nummer 1 mit ganzen 16.2 Adjusted-Games Lost (Vgl. Green Bay mit 108 verpassten Starts!). Insbesondere die Defense blieb irre verschont mit verpassten 4.5 AGL. Das ist ein einziger Spieler und das auch nur für ein Viertel der Saison! Schon jetzt ist das nicht zu halten: Die 49ers müssen bereits den homophoben CB Culliver und den Kaepernick-Liebling WR Michael Crabtree für viele, viele Monate vorgeben. San Francisco wird sich einstellen müssen, mehr Verletzungen zu kassieren. Sprich auch: Qualitätseinbußen. Abnutzung. Weniger Tiefe im Schlussviertel.
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Die 49ers von 2012 waren im Gegensatz zur Vorgängerversion 2011 for real. Jo, es war ein außerordentlich gesundes Team, aber es war auch ein richtig gutes. Es war die Nummer 1 in meinem Power-Ranking (.702). 11.5 Saisonsiege und Pythagoreische Erwartung von 11.4 (#4 ligaweit) gegen einen Hammerschedule. Zweitbeste Scoring-Defense. SRS von 9.4 Punkten über Durchschnitt, auch #4 ligaweit.
San Francisco kriegt gleich zu Beginn die Green Bay Packers zuhause, was ein Vorteil ist. Aber der Schedule ist recht hinterhältig mit der heftigen eigenen Division und der gnadenlos schweren NFC South. Das ist schwerer als Green Bay. Und ich bin nicht überzeugt, dass der 49ers-Roster die lange Saison besser durchhält als der eines anderen Teams aus der eigenen Division…
Eine einmal mehr extrem gute Saison für die 49ers, die sich aber nicht so anfühlte, da es in der eigenen Division eine bessere Mannschaft Seattle gab, und da die eigene Offense durch ein gewaltiges WR-Problem phasenweise den Charme von feuchtem Toastbrot versprühte. So bleibt ein großes NFC-Finale, das um ein Haar gewonnen worden wäre. Es bleibt die Frage, was wäre wenn? Es bleibt die Hoffnung, dank eines tief besetzten Kaders auch künftig oben mitzuspielen.
Was aus der Vorschau traf ein? Kaepernick musste sein Spiel umstellen, und entsprechend verlor die Offense ein paar Prozentpunkte an Effizienz. Das musste man aber befürchten. Die Offense Line war nicht mehr so dominant. Lag es an Wehwehchen? Den Wehwehchen, die man in Frisco nun jahrelang nicht mehr kannte? Die 49ers hatten mit Verletzungen zu kämpfen, ganz allgemein in mehreren Phasen des Kaders. Da zeigt sich dann auch bei einem Kader wie diesem, dass du einen Willis nicht 1:1 ersetzen kannst. Ich hatte darüber geschrieben, dass das unglaubliche Verletzungsglück der 49ers in den letzten Jahren vielleicht nicht zu halten sein würde. Es war dann auch nicht. Der WR-Corp war nach Crabtrees Ausfall erwartet unterirdisch, trotz eines famosen Boldin.
Was traf nicht ein? Vielleicht ist das Laufspiel der 49ers weiterhin eines der vielseitigsten, aber die Effizienz ist nicht mehr da (nur noch unterdurchschnittliche Success-Rate).
Seattle Seahawks
Division NFC West Tipp 2013 Erster Ergebnis Erster (13-3, Champion)
Ich schrieb:
GM Schneider und Coach Carroll haben da einen Titelanwärter unter ihren Fittichen – zweifellos. Nochmal: Der Kader steht. Der Quarterback ging letztes Jahr fast über vor lauter Selbstbewusstsein. Möglicherweise sind die Restzweifel an Wilson unbegründet und seine Rookiesaison war erst der Anfang. Auf der anderen Seite hege ich den Verdacht, dass eine derart sensationelle Saison nicht so ohne weiteres wiederholbar ist (siehe Phänomen „Sophomore-Slump“*).
Es mag Paranoia sein, die Angst vor einem Jinx, oder schlicht das Misstrauen gegen den offensichtlichen – zu offensichtlichen? – Geheimfavoriten. Oder aber es mag der Schedule-Nachteil gegenüber dem noch höher gerankten nachfolgenden Team sein, aber: So hoch ich die Seahawks einschätze, so hoch ich sie überhaupt schätze, meine ersten Superbowl-Anwärter sind zwei andere Mannschaften.
*Sophomore-Slump wäre bei Wilson auch 25 TD und 10 INT. Der Slump ist eher eine Spezialausprägung von Regression towards the mean. Die muss bei Wilson nach dieser fantastischen Rookiesaison fast zwangsläufig einsetzen.
Monster-Saison für die Seahawks. Man hatte es nach dem überragenden Finish der Vorsaison kommen sehen können, aber nicht so ganz glauben wollen. Russell Wilson war vielleicht eine Spur weniger Aufsehen erregend, dafür aber fast gleich effizient. Der Defense aber überragte wirklich, nachdem sie in der Saison 2012/13 sehr gut, aber nicht episch gewesen war. Am Ende stand ein triumphaler Superbowl-Gewinn.
Was aus der Vorschau traf ein? Seattle gewann die Division, und man landete vor den 49ers. Die Schwächen der Seahawks-OL waren ein Thema, das sich die ganze Saison über hielt. Harvin erwies sich spät, aber doch noch mit seiner Rückkehr als die erwartet wichtige Offensiv-Ergänzung. Die Legion-of-Boom war die tragende Säule und hielt alle Versprechungen.
Was traf nicht ein? Die Lauf-Defense der Seahawks war besser als erwartet.
Was kann man lernen? Die Vorschau traf eigentlich ziemlich genau den Nagel auf dem Kopf, mit einem Sternchen: Sie hatte kleine Vorbehalte gegenüber dem jungen Quarterback: Würde er noch einmal solch fantastische Ergebnisse liefern können wie als Rookie? Ich meine, man durfte zurecht skeptisch sein, und daher kann ich in der Retrospektive auch sehen, weshalb ich die Seahawks nicht als meinen absolut größten Titelkandidaten gesehen hatte.
Green Bay Packers
Division NFC North Tipp 2013 Erster Ergebnis Erster (8-7-1, Wildcard)
Ich schrieb:
Die Green Bay Packers feierte ich vor zwei Jahren aufgrund ihrer guten Zahlen und ihres jungen Kaders als Sleeper für die nächsten Jahre ab. Heute sieht es manchmal überraschenderweise ein wenig nach Endzeit in Wisconsin aus, aber Achtung: Der Mannschaftskern ist potent. Extrem sogar.
QB Aaron Rodgers und seine Pass-Offense waren letztes Jahr so „schlecht“ wie lange nicht (6.6. NY/A war nur #12 der Liga, ein enttäuschender Wert). Die Packers hatten eine Weile lang Probleme, in die Saison zu kommen, weil Rodgers ohne Anflüge von Laufspiel verloren war. Trotzdem reichte es zu einer 11-5 Bilanz, mit knappen Niederlagen gegen San Francisco (-8), @Seattle (-2, „Hail-Mary“), @Indianapolis (-3) und @Minnesota (-3). Einzig von den Giants wurde man abgeschossen.
Ein Team, das vor drei Jahren den Superbowl holte, vor zwei Jahren fast die Perfect-Season schaffte, letztes Jahr als #32 der AGL-Liste (sprich: am schlimmsten von Verletzungen betroffenes Team mit 108 „verpassten“ Adjusted Games) mit eindimensionaler Offense ein 11-5 mit vier knappen Niederlagen in einer schweren Conference gegen die beiden heftigsten NFC-Divisionen (North/West) einfuhr? Wie gemacht, um bei mir als größter Superbowl-Kandidat der NFC 2013/14 zu gelten.
[…]
Auch wenn McCarthy kein überzeugender in-Game Coach ist: Ich erwarte einen effizienteren Angriff der Packers 2013/14: 6.6 NY/A wird einem Rodgers nimmer passieren. Rodgers wird vermutlich mehr als 1.4% INT-Quote produzieren, aber das sollte ein Anstieg der NY/A-Effizienz kaschieren. Und so richtig hohe, fatale INT-Quoten hatte Rodgers noch nie in seiner Karriere.
Green Bay muss zum Saisonauftakt am Sonntag nach San Francisco. Das ist ein Hammerlos zum Einstand. Das möchtest du eigentlich um jeden Preis vermeiden. Danach beruhigt sich die Lage aber. Die eigene Division ist etwas niedriger einzustufen als jene der Hawks/49ers. Und deshalb glaube ich, dass die Packers die beste Superbowl-Chance in der NFC haben.
Eigenartige Saison für die Green Bay Packers: Man lieferte sich wochenlang einen Zweikampf mit den Detroit Lions, obwohl jeder sehen konnte, wie eindimensional diese Mannschaft mal wieder auf seine Offense vertrauen musste. Die Packers-Defense sah über weite Strecken des Jahres kein Land. Als dann auch noch QB Rodgers für mehrere Wochen mit Schlüsselbeinbruch ausfiel, wurstelte man sich durch und kam am Ende, weil die Lions schwächelten, zu einem Endspiel gegen die Bears, das dank einem Hailmary-artigen Pass gewonnen wurde. In den Playoffs war man gegen die 49ers vielleicht nicht die bessere Mannschaft, aber es wirkte doch mit zunehmendem Spielverlauf ebenbürtig. Am Ende scheiterte man einmal mehr knapp.
Was aus der Vorschau traf ein? Protection-Probleme galore. Trotzdem war man wie erwartet viel effizienter in der Pass-Offense: Über die Saison hatte man 6.9 NY/A, was jetzt nicht sooo der Anstieg ist. Aber ich sprach ja von Rodgers‘ Verbesserung: Rodgers landete bei bockstarken 7.6 NY/A in den Wochen, in denen er spielte. Rodgers hatte auch wie prognostiziert eine leicht höhere INT-Quote als 2012 (nämlich 1.8%).
Was traf nicht ein? Die endgültigen Reports stehen noch aus, aber rein gefühlt waren die Packers mal wieder arg verletzungsgebeutelt, mit längeren Ausfällen von Quarterback, Matthews, Left Tackle usw. Vielleicht war man nicht mehr die #32 der AGL, aber narrisch weit weg war man wohl nicht. Verletzungspech auch bei Slot-CB Hayward, der zu den besten seines Fachs gehörte. Datone Jones erwies sich (noch?) nicht als ganz große DL-Verstärkung.
Denver Broncos
Division AFC West Tipp 2013 Erster Ergebnis Erster (13-3, Superbowl-Verlierer)
Ich schrieb:
Die Denver Broncos 2013/14 gehen als gesatteltes Rösser in die Saison. In der Offense müsste schon QB Peyton Manning einen völlig überproportionierten Alterseinbruch erfahren, um nicht erneut einen Angriff mit um die 7.0 NY/A hinzulegen: Die WR-Crew um die jungen Thomas und Decker wurde ergänzt um Slot-WR Wes Welker, der zu aller Freude auch noch vom größten direkten AFC-Konkurrenten New England losgeeist werden konnte. Die Tight Ends Dreessen und Tamme waren schon letztes Jahr gute Ergänzungsspieler.
[…]
Ein Problem für die Broncos in diesem Jahr: Die schwersten Gegner kommen zu Saisonbeginn. Allein in der Phase ohne Miller gibt es einmal das Wiedersehen mit Baltimore (in der Nacht auf Freitag, 02h30) und den NY Giants. Der Vorteil danach: Es kommen fast nur mehr Graupentrupps. Es dürfte schwieriger sein einem Kind einen Lutscher zu klauen, als die AFC West zu gewinnen, und danach hat die Glücksgöttin mit der AFC South und der NFC East die beiden nächst-einfachen Divisionen geschenkt. In New England muss man zwar den härtesten Brocken des Jahres auswärts bespielen, aber die Scheduling-Vorteile gegenüber den Pats dürften auch bei einer Niederlage dort reichen, um den Top-Seed in der American Football Conference zu sichern.
Viele einfache Spieler bedeuten viele Siege. Das bedeutet einen kürzeren und einfacheren Weg über die Heimat in die Superbowl. Und genau das ist der Grund, wieso die Denver Broncos mein größter Titelfavorit in dieser Saison sind. Vierter und eins, und mehr als eine halbe Minute zu spielen: John Fox kann nicht abknien. Er muss nur ausspielen lassen.
Eine extrem gute Saison der Broncos-Offense, die sich in Rekord-Sphären bewegte. Peyton Manning brach mehrere Allzeit-Rekorde, die Mannschaft durchbrach als erste die 600-Punkte-Schallmauer, aber es gab immer leichte Zweifel an dem Team; die kannst du mit der Defensivleistung begründen, die nur mittelmäßig war. Trotzdem marschierte man gegen einen zugegeben einfachen Schedule locker durch in die Superbowl, wo dann allerdings alle Dämme brachen und man abgeschossen wurde. Ein derartiges Debakel liegt natürlich schwer im Magen, und man wird sehen müssen, was die Franchise für Schlüsse daraus zieht.
Was aus der Vorschau traf ein? Ich erwartete keine Allzeit-Rekorde für die Offense der Denver Broncos, aber in der Tat waren sie wie erwartet über 7 NY/A, und das sogar sehr deutlich. Die Offense Line überzeugte nicht übermäßig, aber sie erwies sich auch nicht als Sollbruchstelle im Angriff (wie sie allerdings PFFs #1 werden konnte, bleibt mir schleierhaft). Die Defense hatte ich besser erwartet, aber ich hatte richtigerweise auf die vielen Fragestellungen in der Front-Seven hingewiesen – Fragestellungen, die nie ganz überzeugend gelöst werden konnten.
Was traf nicht ein? Greg Knapp war nicht der OffCoord, sondern Adam Gase. Das hatte ich wohl falsch auf dem Schirm gehabt – und es konnte für Denver auch nur Gutes bedeuten. Die Defense hatte kein solches Glück: Okay, kein Greg Knapp als Coordinator auch hier, aber dafür waren die Effizienz-Stats trotzdem ernüchternd: 6.3 NY/A sind nicht unterirdisch, aber man beachte, dass Denver gegen einen extrem simplen Schedule spielen durfte. Den Passrush hatte ich richtig identifiziert, aber die Coverage in der Secondary war doch etwas schwächer als prognostiziert.