Heutiges Donnerstagsspiel: Pittsburgh Steelers (5-2-1) vs. Carolina Panthers (6-2) – ein Duell zweier spannender Mannschaften mit starkem Record. Beiden hätte man das vor einigen Wochen noch nicht so recht zugetraut. Weiterlesen
Norv Turner
Update Trainerkarussell 2018 – Wo ist der Buzz?
Update zum Coaching-Eintrag zum Black Monday. Sagen wir so: Das Trainerkarussell hat sich schon mal aufregender präsentiert. Weiterlesen
Date am Donnerstag, Week 14: Einen Teddy zum Nachtisch
Thursday Night Game mit den Arizona Cardinals (10-2) und den Minnesota Vikings (8-4) heute ab 2h30 als nominelles Spitzenspiel aus Glendale. Wobei: Bei „Spitzenspiel“ bin ich mir nicht ganz so sicher. Weiterlesen
Minnesota Vikings in der Sezierstunde
Die Minnesota Vikings mausern sich klammheimlich, still und leise zu einem dark horse, bei dem es nicht mehr lange dauern wird, bis die Hype-Maschine angeworfen wird. Die Mannschaft wurde von GM Rick Spielman in den letzten Jahren konsequent via Draft aufgebaut, und seit der Einstellung von Headcoach Mike Zimmer nebst Star-Coordinators passt auch das Coaching. Weiterlesen
NFL-Vorschau 2014: Minnesota Vikings
Die Minnesota Vikings haben das Arizona-Cardinals-Problem: sie sind ganz anständig aufgestellt, aber in ihren jeweiligen Divisions sind sie nur die netten Jungs zwischen vielen bullies. Die Cardinals müssen mir ihrer mäßigen Offense sechsmal gegen Willis/Bowman, Quinn/Long und die Legion of Boom ran. Die Vikings nun müssen sechsmal gegen Stafford/Megatron, Cutler/Jeffery/Marshall und Aaron Rodgers ran.
Die neuen Chefs unter Head Coach Mike Zimmer und Offensive Coordinator Norv Turner finden recht gute Voraussetzungen vor, aber richtige Kracher, die den Norden zum Erzittern bringen, fehlen. Die beste Idee wär es wahrscheinlich gewesen, letztes Jahr Adrian Peterson zu traden für ein paar zusätzliche hohe Draftpicks, da war aber die Angst vor einer Fanrevolte wohl größer. Weiterlesen
Glaskugel 2013: San Diego Chargers
Nach sechs Jahren Norv Turner ging in San Diego eine Was-wäre-nur-gewesen-wenn-Ära zu Ende wie es nur wenige Was-wäre-nur-gewesen-wenn-Ären gegeben hat. In ehernem Gedenken daher mit einer etwas größeren Ausholbewegung der Griff zur Glaskugel 2013.
Die San Diego Chargers unter Norv Turner haben sich ausgezeichnet durch eine einzigartige Unbeständigkeit. Höhen und Tiefen sind bei jedem NFL-Team normal; hohe Kantersiege und überraschend hohe Schlappen gehören bei jedem Team dazu, einfach weil manchmal sehr wenige (big) plays wie Interceptions oder Special-Teams-Touchdowns schnell aus einem engen Spiel einen scheinbaren blowout machen.
Allein: bei den Chargers umschlich in den letzten Jahren selbst wohlgesonnen Beobachtern manchmal das Gefühl, sie litten unter gefährlichem Konzentrationsmangel infolge zuviel Sonne und einem Überangebot an hübschen Mädchen am Pazifikstrand.
2007 – 2009
Stats 2012
record: 7-9
no playoffs
Pythagorean: 8.0 (16)
DVOA O -10,1% (24)
DVOA D: 2,0% (18)
Sezierstunde korsakoff
Es fing 2007 unter Turner noch richtig stark an: nur die Patriots waren im AFC Championship Game besser. Eine Saison später rieb man sich das erste Mal verwundert die Augen, als Ende November 8 Niederlagen nur 4 Siege gegenüberstehen. Machte aber nix: kurz mal am Riemen gerissen und 160 Punkten in den letzten vier Spielen später war man selbst in den Playoffs und nebenbei Tampas Jon Gruden und Denvers Mike Shanahan in die Arbeitslosigkeit befördert. Mit högschter Konzentration wurden dann sogar Peyton Mannings Colts bezwungen, bevor nur der spätere Super-Bowl-Champion aus Pittsburgh die Sunnyboys in den Schatten stellte.
2009: wieder lausiger Start (2-3), dann aber 11 Siege in Folge mit phantastischer Offense. In den Playoffs folgte aber direkt eine Niederlage gegen die damals noch gefürchtete Rex-Ryan-/Mark-Sanchez-Combo. Es sollte ihr letztes Playoffspiel unter Turner sein
2010 – 2012
Im Jahr darauf stellen Turners Chargers Rekorde für die Ewigkeit auf: Offense und Defense sind nach Yards die besten der Liga – und man verpaßt die Playoffs; die Chargers setzten 74 verschieden Spieler ein; vier Punts werden geblockt und drei Kickoffs läßt man zu Touchdowns zurücktragen.
SD unter Turner
– 2007-2012
– nach erzielten Punkten
immer in den Top5 –
außer 2012 (20.)
– nur einmal negative
Saisonbilanz: 2012
In der Spielzeit 2011 startet San Diego überraschend konzentriert mit vier Siegen in den ersten fünf Spielen – dafür kommt der nächste Sieg dann erst wieder im Dezember, als mit einer 4-7-Bilanz kaum noch Chancen auf die Playoffs bestehen.
Die signature games der letzten Saison waren schließlich das erste Aufeinandertreffen mit den Broncos und das Spiel gegen den späteren Champion aus Baltimore. Gegen Mannings Broncos führt San Diego zur Halbzeit 24-0 – und verliert in der zweiten Hälfte bei sechs Drives fünf Mal den Ball und die Partie 24-35. Baltimore verwandelt kurz vor Schluß einen 4th&29 (in Worten vierter Versuch und neunundzwanwzig Yards zu gehen), rettet sich so in die Verlängerung und gewinnt letztendlich.
What a ride.
Der neue Head Coach Mike McCoy findet nun einen Kader vor, dem es auf wichtigen Positionen in der Offense an Tiefe fehlt; und auf wichtigen Positionen in der Defense an impact players.
Offense
Es ist nur schwer vorstellbar, daß der Angriff besser sein könnte, als letztes Jahr. So madig man auch Quarterback Philip Rivers ob seiner 35 Interceptions in den letzten beiden Jahren machen mag – er kannte Turners Offense aus dem Effeff, fühlte sich in ihr wohl und hatte einige ganz starke Jahre. Jetzt muß er sich in einem neuen System zurechtfinden.
McCoys QBs
2007 Vinny Testaverde
2008 Jake Delhomme
2009 Kyle Orton
2010 Kyle Orton
2011 Tim Tebow
2012 Peyton Manning
Wie das aussehen wird, ist schwer zu prognostizieren. Head Coach McCoy hat lange Jahre unter der Run-First-Old-School-Combo John Fox und Jeff Davidson in Carolina gelernt; dann mit Josh McDaniels aus Kyle Orton einen Quarterback gemacht, der jetzt $5 Millionen als backup verdient; nur kurze Zeit später einen Steinzeitangriff mit Tim Tebow auf die Beine gestellt; bevor Tebow von Peyton Manning ersetzt wurde und McCoy nur noch dessen Assistent war.
Als Offensive Coordinator hat sich McCoy Arizonas Ex-Head-Coach Ken Whisenhunt nach Kalifornien geholt. Die offensive Philosophie wird wohl, vage gesprochen, eher Richtung paßlastig gehen. Zumal das Laufspiel 2012 auch katastrophal war.
Laufspiel und Offensive Line
Der ehemalige 1st-rd pick Ryan Matthews kämpft konstant mit Verletzungs- und Fumblesorgen. Sein backup ist Ronnie “ich-bin-31-Jahre-alt-und-immer-noch-NFL-Running-Back” Brown. Immerhin haben die Chargers jetzt, Jahre zu spät, endlich einen Ersatz für Darren Sproles gefunden. Mit Danny Woodhead kommt aus New England einen quicker space player, der, vielseitig einsetzbar, ein hervorragender 3rd-down-back ist.
Das größte Problem für das Laufspiel war aber die Offensive Line. Hier hat vor allem die Tiefe gefehlt. Die vielen Verletzungen sind natürlich einfach nur großes Pech, aber die backups waren dermaßen unterirdisch, daß Rivers und Matthews wohl keine Krankenversicherung gefunden hätten, die sich dieses Risiko antäte. Aber wenn ein völligst überforderter ungedrafteter Rookie wie Mike Harris der Ersatz des Lazaret-Dauergastes Jared Gaither ist, hat der GM etwas falsch gemacht.
Wie sehr der gesamten Offensive Line Tiefe fehlt, erkennt man daran, daß der nach der Saison 2012 gefeuerte GM A.J. Smith seit 2007 keinen 1st- oder 2nd-rd pick in einen Linienspieler investiert hat und nur einen 3-rd- und einen 4th-rd pick. Diese beiden sind jetzt auch noch weg. Bei Ty Green ist das nicht weiter tragisch, aber Louis Vasquez ist ein Verlust. Auf den Guard-Positionen tummeln sich nur no-Names.
Der diesjährige 1st-rounder wurde in Alabamas Offensive Tackle D.J. Fluker investiert. Er sollte sofort starten, sind doch seine Konkurrenten die unauffälig Handelsreisenden Max Starks (ehemals Pittsburgh) und der riesige, aber recht hüftsteife King Dunlap. Wenn fit, sollten man aus diesen Dreien ein halbwegs taugliches Tackle-Duo machen können. Allerdings sind Dunlap und Starks arbeitslos geworden, weil sie eher selten voll fit waren.
Wide Receivers und Rivers
Einige wahre Juwelen hingegen könnten bei den WRs zu finden sein. Nach vielen Verletzungen hat Danario Alexander ab November auf sich aufmerksam gemacht. Er ist groß und kräftig und hat seine Stärken after the catch. Daneben sorgt Vincent Brown für allerhand vorzeitige Aufregung. Ihm wird enormes Talent nachgesagt; die letzte Saison hat er wegen eines gebrochenen Knöchels gefehlt. Da wird sich Veteran Malcolm Floyd strecken müssen, seinen Stammplatz zu behalten.
Mit dem neuen System von McCoy und Whisenhunt sollte auch Eddie Royal seine Stärken im Slot ausspielen können. Es soll wohl mehr auf kurze, schnelle Pässen gesetzt werden. Richtig groß raus kommen könnte Royal, wenn Tight End Antonio Gates noch eine starke Saison im Tank hätte. Mit zunehmendem Alter (33) und immer mehr Wehwechen ist er nurmehr ein Schatten seiner selbst. 2-Meter-Mann Ladarius Green als Paßfänger und Neuzugang John Philipps als Blocker sollen sich daneben gegenseitig und auch Gates die Snaps streitig machen.
Bleibt noch Quarterback Philip Rivers. Rivers, der den Football wirft wie ein betrunkener Kugelstoßer, war bis mindestens Anfang Saison 2011 unbestritten ein Top-10 Quarterback. Nach 20 INTs 2011 und nichtmal 4000 Yards 2012 ist angeblich nicht einmal ausgeschlossen, daß die Chargers in der nächsten Draft einen neuen QB suchen. Das Talent hat Rivers zweifellos, aber am jetzigen Scheideweg seiner Karriere muß er richtig abbiegen.
Defense
Was Smith bei der Offensive Line falsch gemacht hat, hat er auf der anderen Seite goldrichtig gemacht. Mit Kendall Ryes, Core Liuget (34-DEs) und Cam Thomas (NT) versammelt sich hier eine ganz starke und junge Linie. Wenn Melvin Ingram sich nicht im Frühling das Kreuzband gerissen hätte, wär sogar noch ein passabler pass rusher mit an Board.
Dahinter spielen zwei ebenso junge und talentierte ILB: Donald Butler und Manti Te´o. Bei den OLB finden man dann die ersten Vertreter der Generation Ü25. Dwight Freeney und Jarret Johnson haben als einzige ernsthafte Konkurrenz Denvers ehemaligen 1st-rd bust Larry English im Nacken. Hier ist die Besetzung deutlich zu dünn. Reyes und Liuget sind zwar auch gute pass rusher; aber einen richtigen edge rusher braucht es schon. Das war aber Johnson noch nie und Freeney nicht mehr.
Die Secondary
Schedule
WK1 vs HOU (MNF)
Wk2 @ PHI
Wk3 @ TEN
Wk4 vs DAL
Wk5 @ OAK
Wk6 vs IND (MNF)
Wk7 @ JAX
Wk8 BYE
Wk9 @ WAS
Wk10 vs DEN
Wk11 @ MIA
Wk12 @ KC
Wk13 vs CIN
Wk14 vs NYG
Wk15 @ DEN (TNF)
Wk16 vs OAK
Wk17 vs KC
Eric Weddle, der auch erst 28 ist, führt die Secondary an und wird gemeinhin als bester Free Safety der Liga gepriesen. Neben ihm wird es dann richtig jung. Sophmore Brandon Taylor (3rd-rd pick 2012) wird wahrscheinlich den anderen Safety geben.
Marcus Gilchrist (2nd-rd pick 2011), der im Slot ganz anständig aussah, wird nach den Abgängen der beiden langjährigen Starter an den Seitenlinien Quentin Jammer und Antoine Cason der Nr.1 corner sein. Auf der anderen Seite wird wahrscheinlich der lange Derek Cox spielen, der immerhin vier Jahre Stammspieler war – wenn auch nur in Jacksonville. Um den Platz im Slot streiten sich Shareece Wright (3rd-rd pick 2011) und Johnny Patrick, der ebenfalls 2011 in der dritten Runde gedraftet wurde, aber schon nach zwei Jahren in New Orleans´ secondary keine Zukunft mehr hatte.
San Diegos Defense hat also vor allem viel junges Blut. Wenn ILB Donald Butler, der sehr gute Ansätze gezeigt hat, einen weiteren Schritt nach vorne machen kann und/oder Te´o einschlägt, sind in allen drei levels difference makers am Start. Da John Pagano als Defensive Coordinator gehalten wurde, muß kein neues System einstudiert werden, was der Verteidigung zu Gute kommen sollte.
Ausblick
Den personellen Umbruch, der in den letzten Jahren so mustergültig auf der defensive Seite eingeleitet wurde, hat man auf der anderen Seite leider verschlafen. Sollten die WRs Brown und Alexander richtig steil aus der Kurve kommen, Rivers sich gut zurecht finden in dem neuen System und die Offensive-Tackle-Position nach der katastrophalen letzten Saison stabilisiert werden können, kann der Angriff ganz gut werden.
Und wenn die neuen Cornerbacks nicht baden gehen und Pagano irgendwie auch noch einen vernünftigen Pass Rush herzaubert, sieht auch die Defense gut aus. Einige Wenns sind also dabei. Laufen zwei, drei dieser Wenns falsch, ist das ein 5-11-Team. Andernfalls können die Chargers bis zum Schluß um die Playoffs mitspielen, zumal in einer Division mit Kansas City und Oakland.
Cleveland Browns in der Sezierstunde
Stat Line 2012
Record 5-11 -- Enge Spiele 3-5 Pythagorean 6.1 (24) Power Ranking .425 (25) Pass-Offense 5.7 (23) Pass-Defense 6.1 (14) Turnover +3
Management
Salary Cap. Free Agents.
Es gibt Franchises, die dümpeln immer irgendwo am unteren Ende der National Football League vor sich hin und dann kommt da plötzlich ein kometenhafter Aufstieg aus dem Nichts. Bestens aufgestellt als nächste Sternchen sollten die Cleveland Browns (die Browns!) sein. Wenn man sich anschaut, wie die meisten erfolgreichen NFL-Teams aufgestellt sind und welche der wichtigen Effizienz-Stats schon heute für Cleveland sprechen, sehen wir:
- Offensive Line? Check.
- Defensive Line? Check.
- Defensive Back? Check.
Wo es fehlt, sind Quarterback und mit Abstrichen Wide Receiver. Und dafür hat der neue Owner Phil Haslam, dessen erste Monate „Amtszeit“ durchaus vielversprechend waren, schließlich zwei der besten Offensivgeister landesweit verpflichtet: Head Coach Rob Chudzinski aus Carolina und OffCoord Norv Turner aus San Diego. Vor allem letzterer macht Hoffnung, denn so fragwürdig Turners Ägiden als Cheftrainer waren, so hoch ist die Meinung vieler – inklusive meiner – von Turner als Kreator von phantastischen Offenses.
Als allererstes gilt Turner als Quarterback-Zuflüsterer, als Magier, der selbst aus einem jungen Alex Smith einen Spielmacher mit NFL-Potenzial machen konnte. Turners Offenses sind – wie jene Chudzinskis – vertikal angelegt. Keine sieben Wide Receivers an der Anspiellinie, sondern 2/2/1-Formationen mit tiefen Routen. Wichtig dabei: Ein Receiver mit big play-Fähigkeiten, ein fangstarker Tight End, ein fangstarker Running Back. Und ein Quarterback mit Kanone von Wurfarm.
Der Running Back dürfte der sicherste Kandidat sein: Trent Richardson gilt als eines der größten Talente seit Jahren und zeigte dies als Rookie bereits andeutungsweise. Bei den Wide Receivers gibt es den ebenso jungen Josh Gordon (31.6% tiefe Anspiele), einen Partylöwen mit Notwendigkeit nach einer harten Hand. Komplizierter wird es bei den Tight Ends: Ben Watson, aus New England bekannt, gilt als zu wankelmütig. Aber mit Jordan Cameron steht ein junger, ehemaliger Basketballer bereit. Tight End? Ex-Basketballer? Es würde mich wundern, wenn Turner da nicht wenigstens kurz an einen gewissen Antonio Gates zurückgedacht hat…
Bleibt die wichtigste Frage: Quarterback. Dort wurde letztes Jahr in einem ebenso spektakulären wie umstrittenen Move der mittlerweile bald 30jährige Brandon Weeden gedraftet, dessen Rookie-Saison nicht jeden begeisterte (geringe Completion-Rate, 17 INT, nur 5.7 NY/A). Der risikofreudige Weeden hat immer den Hang zur Interception, kann aber mit einem Wurfarm auch die 50yds-Bomben auspacken, wenn nötig.
Nun bleibt abzuwarten, was Chudzinski und Turner von der Option Weeden halten; als gesichert gilt, dass der neue GM Michael Lombardi, nicht der unumstrittenste GM unter der Sonne, von Weeden in etwa so viel hält wie Beyoncé von Achselnässenfehlfunktion. Lombardi lechzt nach gigantischen Wurfarmen und soll angeblich bereits in New England ob der Verfügbarkeit des ehemaligen Arkansas-Bombers Ryan Mallett angefragt haben.
Mallett wie Weeden eint freilich eines: Beide haben die Beweglichkeit einer einbetonierten Straßenlampe und sind auf Jahre auf exzellente Pass-Protection angewiesen. Da kommt es gelegen, dass die Browns bereits eine anerkannt gute Line ohne viel Nachbesserungsbedarf vorzeigen können.
Nachdem kaum davon auszugehen ist, dass Cleveland sich mit seinem sechsten Draftpick einen Offensivspieler draften wird, bleiben drei mögliche Optionen: Secondary, Pass Rush, oder Trade nach unten. Eine aufregende Idee könnte eine Einberufung von Alabamas CB Dee Milliner sein, wenn man die Passverteidigung, eine der wichtigsten Elemente einer Footballmannschaft, stärken möchte. Milliner und der All-Pro würdige Joe Haden – im Erfolgsfall wären die Abwehrsorgen der Browns auf Jahre erledigt.
So oder so wird es zumindest für die Tiefe einen oder zwei solide Manndecker brauchen. Den Rest wird DefCoord Ray Horton per scheming erledigen. Horton ist auch so eine Geschichte mit Würze: Jahrelang als Unbekannte durch die NFL getingelt, und schließlich in den letzten drei Jahren in Arizona eine schlichtweg begeisternd gute Defense zusammengebastelt. Jetzt Cleveland. Wieder so eine schnelle Secondary.
Wieder viele nette Bausteine für Hortons 3-4 Defense. Die Defensive Line könnte mit wuchtigen Körpern wie Taylor, Winn oder dem extrem breiten Rubin durchaus bereits stehen, und für die Linebacker-Crew stehen in D’Qwell Jackson und J.M. Johnson guter NFL-Durchschnitt bereit. An den OLBs wird es haken. Jabaal Sheard als ehemaliger Defense End dürfte eine Konstante sein, aber die zweite wird gesucht. Vielleicht im Draft. Vielleicht in Person des schwer gehypten OLBs Jarvis Jones aus Georgia. Ein Move dieser Güteklasse würde Sinn machen.
Für einen Trade nach unten sprechen der fehlende Zweitrundendraftpick (ging für Gordon letztes Jahr drauf) und die wenigen eklatanten Lücken im Kader.
Ausblick
Die Situation bei den Browns ist aufregend. Die Mannschaft hat ein sehr viel besseres Gerüst als man angesichts von jahrelangem Siechtum erwarten würde, und obwohl die heikelste Position (Quarterback) die unsicherste ist, spricht vieles für einen baldigen Aufschwung. Die Coordinators Turner und Horton kreierten in jüngster Vergangenheit jeweils Units vom obersten Regal, und zumindest Turner dürfte als Head Coach soweit verbrannt sein, dass er so schnell keine Abwerbungsangebote bekommen dürfte.
Was Chudzinski so auf dem Kasten hat, bleibt abzuwarten, aber der Mann sollte sich bei solchen Coordinators nicht allzu weit ins Tagesgeschäft einmischen müssen. Aber: Turner war in alten Chargers-Zeiten einer von Chudzinskis Lehr-„Meistern“. Ein X-Faktor könnte GM Lombardi sein, dessen Ego das Browns-Stadion sprengt und der durchaus nicht allen koscher ist. Es spricht einiges danach, als dass sich das Machtgefüge abseits der Trainingsplätze noch einrenken muss. Darin liegt natürlich Sprengstoff.
Abzuwarten bleibt die Qualität des in game-Coachings. Positiv ist, dass Shurmurs „Künste“ nun ein paar hundert Meilen weiter östlich zu bestaunen sind. Aber weder ist Turners Ruf diesbezüglich der beste, noch kommt Chudzinski (Carolina/Rivera, San Diego/Turner) von Stationen, in der gutes PlayCalling an der Tagesordnung stand bzw. erlernt hätte werden können.
MNF #6 Preview: Chargers – Broncos
Chargers – Broncos ist das Divisionsduell der beiden vermeintlichen Favoriten in der AFC West, und es ist auch gleichzeitig ein Duell um die temporäre Führung in der schwächsten aller NFL-Staffeln 2012/13.
Denver ist dabei auf meinem Stats-Sheet haushoch favorisiert, trotz der negativen Bilanz von 2-3 Siegen. Der Grund dafür: Die Broncos haben ihre leichten statistischen Vorteile (in fast allen relevanten Kategorien ein paar Prozente besser als San Diego) gegen einen verhältnismäßig massiven Schedule erzielt, während die Chargers bis auf Atlanta noch kein richtiges Kaliber zu Augen bekommen haben.
Ins Auge sticht dabei, wie unrund die Bolts-Offense von Guru Norv Turner in dieser Saison wirkt: QB Philip Rivers („you’ve gotta punt this ball! NORV!“) ist aufgrund des schieren Misstrauens, das dem Laufspiel entgegengebracht wird, mal wieder der alleinige Fokus, und Rivers muss mit einem wenig eingespielten Receiving-Corp aufmarschieren. Zuletzt in New Orleans musste man häufig auf den zirka 45jährigen RB Ronnie Brown im Kurzpassspiel zurückgreifen – nicht gerade Turner-Football at his best.
Von Interesse wird heute Nacht auch sein, wie Turner auf die Front-Seven der Broncos reagiert. Ich meine, jedem ist klar, dass MLB Mays der ausgemachte Schwachpunkt und ein optimales Ziel für Tight Ends wie Gates ist, aber wie stellt man sich mit einer derart unsouveränen Offense Line gegen einen Mann wie OLB Von Miller auf? Miller gefällt mir in dieser Saison fast noch besser als DE Watt, MLB Cushing oder ILB Bowman im Rennen um den Titel „Abwehrspieler des Jahres“.
Die Broncos in der Offense sind in Kürze so beschrieben wie immer wenn Peyton Manning dabei ist: Man gucke das Defensive Backfield (v.a. Safety-Positionierung) aus, dann entscheidet sich Manning entweder für einen der einstudierten Routinepässe oder eine Ballübergabe für einen Running Back. Ist kein Zauber, aber bei entsprechender, bei Manning zu erwartender, Ausführungsqualität effektiv.
Eigentlich ist Denver Favorit. Ich tue mir aber noch schwer, San Diegos Saison bereits zu einem so frühen Zeitpunkt abzuschreiben und gebe den Chargers aus bloßem Bauchgefühl die Favoritenrolle.
LIVE ab 02h bei ESPN America und 02h35 bei SPORT1+. ESPNA bringt morgen, 15h30 eine Aufzeichnung.
San Diego Chargers in der Sezierstunde
Nächste verwurstelte Saison für die San Diego Chargers, die erneut die Playoffs verpassten und in der schwachen AFC West mit enttäuschenden 8-8 Siegen abschlossen. Reaktion aus Südkalifornien: GM AJ Smith und HeadCoach Norv Turner dürfen wenigstens ein weiteres Jahr bleiben. Was Charger-Fans das blanke Entsetzen ins Gesicht treibt, ist eigentlich ein logischer Move: San Diego ist mindestens 1-2 Jahre von einem kompletten Umbruch entfernt.
Richtig in Grund und Boden gespielt wurde man nur in Woche 16 von den Detroit Lions. In allen anderen Spielen war man „dran“. So verloren am Ende wie vor einem Jahr vereinzelte Schlampigkeiten die Saison. Als schnellstes Beispiel sei Kansas City aus dem Armgelenk geschüttelt. Aber auch die Revis in den Arm gefallene INT gegen die Jets, das verschossene Field Goal in der Overtime gegen Denver oder die Interception in der Schlussminute gegen Green Bay seien genannt.
Alle Welt prügelt auf QB Philip Rivers und die vielen Turnovers ein. Rivers’ INT-Quote war mit 3.4% leicht über dem NFL-Durchschnitt, dafür brachte der Mann mal wieder 7.2yds/Passversuch (#5) an den Mann und gehört trotz des einen oder anderen Fehlwurfs mehr erneut zu den allerbesten – kein Grund also für Abgesänge. Die Offense war insgesamt wieder eine der potentesten, scorte trotz fünftmeisten Turnovers mit 2.32pts/Drive die viertmeisten Punkte und brauchte den Punter so selten wie sonst nur noch die Saints.
Was die ästhetische Komponente angeht, betone ich es gerne und immer wieder: Diese vertikale Offense aus den sehr „engen“ Aufstellungen gehört mit zum schönsten, was man an Spielsystemen in der NFL zu sehen bekommt. Und heuer gehörte dank Mathews/Tolbert endlich auch wieder eine annehmbare Laufspielkomponente dazu. Tolbert ist nun allerdings gegangen (nach Carolina). Dafür wurde FB McClain aus Kansas City eingekauft.
Bei den restlichen Skill Players scheint Turner darauf zu vertrauen, dass das System die Komponente „Einzelspieler“ schlägt. Der Topmann Jackson wurde durch die billigeren WR Meachem aus New Orleans und WR Royal aus Denver ersetzt und solange TE Gates zwar an Kilos zunimmt, aber weiterhin seine 60+ Catches macht, wird der Angriff funktionieren.
Problematischer ist die Defense, die im Jahr eins nach Ron Rivera einen heftigen Einbruch erlebte und mit 7.0yds/Passversuch einen radikalen Absturz erlebte. Als Reaktion wurde DefCoord Manusky durch John Pagano (Bruder vom Colts-Chefcoach) ersetzt. Die Probleme sind damit aber nicht gelöst: Neben dem mauen Pass Rush fehlt es vor allem in der Secondary an ausreichend Klasse und Tiefe, um dauerhaft die Passfeuerwerke der Güteklasse Oakland, New Orleans oder Manning abzuwehren.
Die Einkäufe von OLB Jarret Johnson und S Atari Bigbe sollen der erste Schritt zur Revitalisierung einer einst mehltauartigen Defense sein. Allerdings erinnert vor allem Johnsons Stellenbeschreibung nicht im Entferntesten an den händeringend von San Diego gesuchten „neuen Merriman“. Der Pass Rush soll ergo noch die eine oder andere neue Komponenten sehen.
San Diego mag seit Jahren eine alljährliche Enttäuschung sein, was die Saisonbilanzen angeht, aber die Mannschaft ist keine Lichtjahre von einem Titel-Run entfernt. QB Rivers schultert die Offense seit Jahren notfalls im Alleingang und kommt im Gegensatz zu einem Brees sogar mit einer unterdurchschnittlichen Unit an Ballfängern und Running Backs aus, während in der Defense die Problemzonen leicht auszumachen sind: Pass Rush und in Ansätzen die Deckung, die nicht immer stabil ist. Ich erwarte San Diego 2012/13 wieder ganz vorne dabei, selbst in einer plötzlich passgewaltigen Division mit Palmer und Manning.
Mit den San Diego Chargers in den Sonnenaufgang
Die Chargers sind eine der konstantesten Franchises der letzten Jahre, gewinnen fast immer die AFC West und blamieren sich irgendwann in der ersten oder zweiten Playoffrunde. Im vergangenen Herbst war dem nicht so. Da blamierten sie sich mit ihren katastrophalen Special Teams schon in der Regular Season und brachten es zustande, mit der besten Offense und der besten Defense (nach Yards) nur eine 9-7 Bilanz hinzuknallen und die Playoffs zu verpassen.
Trotzdem blieb es ruhig, wie eigentlich immer, wenn die Chargers zu früh scheitern. GM A.J. Smith hält seinen Konsorten die Nibelungentreue. An Head Coach Norv Turner gab es auch nach der wiederholten Enttäuschung kein Rütteln. Erstaunlich, wenn man bedenkt, wie es in anderen Städten zugeht, wenn der hochbezahlte Titelanwärter die Playoffs verpasst.
Die Luftwaffe
Zeit, Philip Rivers zu würdigen. Der Quarterback mit dem ungewöhnlichen Wurfstil – es wirkt fast wie ein Abstoßen des Balles – ist schlicht und ergreifend ein Faszinosum, stellt sich Woche für Woche hinter eine als durch und durch mittelmäßig geltende Offensive Line und feuert Woche für Woche, Spielzug für Spielzug, mit zusammenklappender Pocket tiefe Bomben auf Receiver, deren Namen selbst die großen Experten kaum kennen (außer Mike Mayock).
Rivers schenkte 2010/11 mal eben 4710yds und 30 Touchdowns ein, und der leading receiver machte ganze 782yds: TE Antonio Gates, unbestritten ein herausragender Mann, der von kaum einem Linebacker oder Safety über ein komplettes Spiel in Schach gehalten werden kann. Gates stellt sich IMHO des Öfteren als Wide Receiver auf und mischt von dort die Spielfeldmitte mächtig auf.
Abseits von Gates kann vielleicht noch ein WR Vincent Jackson Star-Status beantragen, der Rest der Ballfänger-Armada bleibt recht anonym. Und trotzdem machten acht verschiedene Angreifer mindestens einen Catch mit mehr als 48yds Raumgewinn. Die häufigen Big Plays werden zum Großteil auch Turners Fähigkeit, Mismatches zu kreieren, zugesprochen.
Die Bodenwaffe
Nimmt man die Urteile von Pro Football Focus als Grundlage – und es dürfte bekannt sein, dass ich darauf sehr viel gebe – gründet San Diegos Offense auf einer Line, die hauptsächlich für Laufspiel zusammengesetzt ist. C Nick Hardwick gilt als Anker der Line, während die beiden Tackles Marcus McNeill und Jerome Clary Jahr für Jahr schlechter in der Pass Protection werden. Das ist insofern verwunderlich, weil Laufspiel im Gameplan von Norv Turner eigentlich nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Dabei wurde im Vorjahr mit RB Ryan Mathews ein Back mit vielen Vorschusslorbeeren als Tomlinson-Nachfolger gedraftet. Mathews gilt als sehr explosiv, hat aber im Vorjahr mit argen Verletzungssorgen zu kämpfen gehabt und bereitet auch mit nicht vorhandenem Pass-Blocking Kopfzerbrechen. Persönlich bin ich ein Fan von FB Mike Tolbert, ein recht geschmeidiger, fangstarker Mann, der nach dem Abgang von Allzweckwaffe Darren Sproles oft bei 3rd downs angespielt werden dürfte. Tolbert ist allerdings auch so einer derjenigen Backs, die nicht lange die Gegend auskundschaften und straight über die Mitte laufen und dementsprechend viele Hits einstecken – wie lange er wohl halten wird?
Eine Defense wie Mehltau
Ich gebe zu, dass ich sehr überrascht darüber bin, dass San Diego im Vorjahr die #1-Defense aufweisen konnte. Es handelt sich hier IMHO um eine eigenartige Unit, die nach Abgängen ihrer großen Einzelkönner plötzlich nicht Rabatz mit harten Hits und haufenweise Turnovers macht, sondern sich ganz mehltauartig über den Gegner legt.
Die Defensive Line hat keinen dominanten Nose Tackle, dafür die variabel einsetzbaren Antonio Garay, Jacques Cesaire und Luis Castillo, und die neuen Travis LaBoy/Rookie Corey Liuget. Die Linebackers erhalten mit ILB Takeo Spikes einen uralten, bärenstarken Tackler dazu, der den Abgang von Kevin Burnett abfedern soll. Die OLBs werden von Antwan Barnes, Shaun Phillips und Larry English gegeben, wobei Phillips seit Jahren eine bekannte Konstante ist, English nach einer enttäuschenden Rookie-Saison einen leichten Aufwärtstrend erkennen ließ und Barnes ein verkanntes Genie sein soll.
Prunkstück war trotz allem die Secondary, wo man zwischen den Zeilen vieler Analysten eine tiefe Bewunderung für die CBs Quentin Jammer und Antoine Cason sowie Safety Eric Weddle herauslesen durfte. Weddle wurde nun mit einem teuren Fünfjahresvertrag über 40 Millionen Dollar gebunden und erhält in dieser Saison einen potenziellen Superstar als Partner: SS Bob Sanders, bei dem man aber ernsthaft über dessen physischen Zustand reden sollte. Sanders hat bisher in nur zwei Saisons mehr als die Hälfte der Spiele bestritten, dabei allerdings brilliert.
Ein Punkt, der spannend sein wird: Wie verkraftet diese Defense den Abgang von DefCoord Ron Rivera, der neuer Head Coach in Carolina wird?
Wo es hakte
Die Special Teams. Field Goals über 50yds Entfernung gingen fast alle daneben, aber die wirkliche Schwäche waren die Coverages. Wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Punt Return gegen San Diego sagenhafte 18.9yds einbrachte und via Kick/Punt-Returns vier Touchdowns und 2309yds erzielt wurden, braucht man nicht viel Fantasie, um den Schwachpunkt einer Mannschaft abzuleiten. Fassungslos ist allemal, dass diese eine unbedeutend scheinende Schwachstelle eine Mannschaft so derart auseinandernehmen kann, dass sie mit der besten Offense UND der besten Defense nichtmal die Playoffs erreichte.
Ausblick
In gewisser Hinsicht bin ich Fan von dem, was die Chargers unter permanentem Verlust (und Verschwendung) von Star-Potenzial dort drunten jahrein, jahraus veranstalten. Da ich undiszipliniertes Spiel (Fumbles, Strafen) für durchaus ausmerzbar halte und San Diego fast alle Ingredienzien beisammen hat, ist San Diego für mich klarer Favorit in der AFC West. Der Schedule ist recht schwierig, aber ich kann mir sogar vorstellen, dass die Chargers den #1 oder #2-Seed der AFC holen.
Wk #1 vs Vikings
Wk #2 @Patriots
Wk #3 vs Chiefs
Wk #4 vs Dolphins
Wk #5 @Broncos
Wk #6 BYE
Wk #7 @Jets
Wk #8 @Chiefs (MNF)
Wk #9 vs Packers
Wk #10 vs Raiders (Donnerstagspiel)
Wk #11 @Bears
Wk #12 vs Broncos
Wk #13 @Jaguars (MNF)
Wk #14 vs Bills
Wk #15 vs Ravens (SNF)
Wk #16 @Lions
Wk #17 @Raiders
Solange nur Rivers fit bleibt, wird die Offense punkten und dass die Defense nicht um eine oder zwei herausragende Figuren gebaut ist, sondern tatsächlich als Unit aufgeigen kann, kann nur ein gutes Zeichen sein. San Diego = heißer Superbowl-Favorit.
Das Zeiteisen verrät: 903 Minuten verbleiben. WordCount nach vier Teams: 3815.
San Diego Chargers in der Sezierstunde
Es ist mittlerweile 15 Wochen her, aber wie schrieb ich damals in der Blütezeit des Törggelens, mitten in der „Blütezeit“ des Herbstes?
Die San Diego Chargers 2010 sind kein schlechtes Football-Team. Sie sind „nur“ ein außergewöhnlich schlampiges. So schlampig, dass man fassungslos zurückbleibt.
San Diego hatte gerade ein Heimspiel gegen die New England Patriots auf unsägliche Weise verloren. Die Chronik der Schande gibt liest sich immer noch fassungslos. So fassungslos, dass ich bei „San Diego 2010“ daran zuerst denke, und nicht an diese Statistiken:
Offense: #1 overall, #2 Passspiel, #15 Laufspiel
Defense: #1 overall, #1 Passspiel, #4 Laufspiel
#1 in Offense UND Defense, Baby. Saisonbilanz der Chargers: 9-7, Zweiter in der AFC West, nach Jahren der Dominanz. Was ist also passiert?
Bei den Atlanta Falcons mag der optische Eindruck noch getäuscht haben. Spätestens bei den Chargers aber bestätigen die DVOA-Statistikwälzer das Gesehene: Die Chargers sind #32 der NFL, wenn es um Special Teams geht. Zweiunddreißig. Spiele gegen Patriots, Rams und Raiders sind alleinig von den Special Teams verloren worden. Drei Spiele? San Diego fehlte ein Sieg zu den Playoffs. Da nutzt dir auch kein QB Philip Rivers mehr, der sensationelle 4710yds und 30 Touchdowns (13 INTs) via Luftweg fabrizierte und gefühlsmäßig im kritischen Moment stets ohne Laufspiel auskommen musste.
2010/11 im Schnelldurchlauf
Das Patriots-Spiel drückte San Diegos Bilanz damals auf 2-5. Grund, nervös zu werden? Im Prinzip nicht, denn erstens spielen die Chargers in der mauen AFC West und zweitens ist ihre Tendenz zum Saison-Fehlstart seit Jahren berüchtigt. Es sah auch diesmal danach aus, als einen Monat lang jeder Gegner (u.a. Indianapolis) in Grund und Boden gespielt wurde. Nur, um dann im eigenen Stadion von den Raiders überlaufen zu werden wie einst nur die Bucs von den Panthers. Eigenes Laufspiel in dieser Partie? Nope. Nada. 21yds, 5 davon via Rivers himself.
Endgültig für die Grütze war das Jahr für San Diego nach einer Auswärtsniederlage in Cincinnati (!) in einem Spiel, das gewonnen werden musste. Diese Spiele hat San Diego heuer nicht eingesackt.
Abgangsgelüster
Während die massivste Änderung für 2011/12 von der Seitenlinie und den Köpfen der Spieler ausgehen gehen muss (Stichwort: Die Laxheit muss verschwinden. Wir sind zwar im sonnigen Kalifornien, aber auf dem Feld darf ruhig nur an Football gedacht werden.), sind einige Stützen des Vereins auf dem Absprung.
WR Vince Jackson z.B., dessen Zicken heuer um ein Haar dazu geführt hätten, dass der Mann die gesamte Saison verpasst hätte. Jackson kam rechtzeitig zu den nahenden Playoffs zurück – und dann vergeigten es die Chargers sich noch. Jackson wird kaum noch mal in San Diego unterschreiben. San Diego wird versuchen, ihm das Preisschildchen „Franchise Tag“ aufzuhängen. Aber ob das mit Jackson und den Chargers noch was wird? Mit WR Kelley Washington und WR Malcolm Floyd (mit 717yds und 6 TDs teaminterne #2) sind zwei weitere Receiver vertragslos.
Ein Vierter im Bunde: WR Legedu Naanee. Über einen ehemaligen Boise State Bronco nichts Schlechtes, aber diese Aktion hat sich verdammt tief in mein Hirn eingebrannt. Drittes Viertel, du scorst bei 7-21 den Anschluss-Touchdown und trottest so arrogant in die Endzone, dass ein jeder Coach, ein jeder Coach außer Norv Turner, dir in den Arsch treten würde? Obwohl du noch NICHTS erreicht hast und ein Jungspund im vierten Jahr bist? Dass Turner das damals in Woche #1 duldete, kann man getrost als Zeichen werten – dafür, dass die Chargers ein so undisziplinierter Haufen auf dem Feld waren.
Jetzt fallen aber nicht nur haufenweise Receivers weg. Auch Backup-QB Billy Volek, ein guter Mann, und zwei Backup-RBs mit Darren Sproles und Mike Tolbert, sind Free Agents. Sproles ist kein Back für 30 Carries/Spiel, aber ein fangsicherer Mann mit Allround-Qualitäten. Trotzdem gilt er als quasi entlassen. Tolbert war mit 735yds der beste Rusher in dieser Saison und eine gute Ergänzung zum jungen Ryan Mathews.
Die Offense (1 Starter, RT Clary) und Defense Line bleiben von allzu schweren Verlusten wohl verschont. Aber bei den Linebackers ist nach Shawne Merrimans Nieder- und Abgang Not am Mann (3 Free Agents), wie bei den Safetys (SS Oliver, FS Weddle). Mit Ron Rivera ist zudem das Mastermind hinter der Defense weg (HC in Carolina).
Watt nun?
Das Fenster für den Erfolg schließt sich langsam in San Diego. Parallel mit der Angst vor dem Abgang der Chargers in Richtung Los Angeles werden gar einige Spieler die Franchise verlassen. Und nicht alle werden gleichwertig ersetzt werden können. Es schaut danach aus, als ob auch weiterhin alles um Rivers gebaut sein wird. Rivers hat bewiesen, dass er einiges aushält. Aber die Mannschaft um ihn herum wird nicht jünger.
Ich glaube zwar, San Diego wird 2011/12 wieder haushoher Favorit auf den Divisionssieg sein. Aber: Es braucht Verstärkungen. Der beste Passempfänger ist mit Antonio Gates ein Tight End, ein sehr guter, aber auch verletzungsanfälliger Mann. RB Mathews ist noch jung, aber für mich nicht einer der beeindruckenderen RBs.
Im Prinzip müffelt schon die Endzeitstimmung aus San Diego herüber. Norv Turner dürfte schon auf dem Schleudersitz Platz genommen haben. Ich denke, Turner wird seinen Fokus auf die Positionen Wide Receiver und Linebacker legen müssen. Beides keine schwachen Positionen im heurigen Draft. Für teure Free-Agents-Einkäufe sind A.J. Smith und die Chargers nicht bekannt.
Solange ein gesunder Rivers am Werk ist und die AFC West weiterhin vor sich hin vegetiert, wird San Diego aber noch ein paar Jahre Playoffchancen haben.
Nicht nur die Chargers werden auseinandergenommen. In der „Sezierstunde“ sind auch andere Mannschaften – hier.
NFL Date am Donnerstag, Week #15: Der Quarterback und sein einzig brauchbarer Coach
Das Woche-15-Donnerstagsspiel führt uns in den Westen der USA. Kalifornisches Duell San Diego Chargers – San Francisco 49ers (Do./Fr. 02h30 ESPN America). War da mal was?
Rüschtisch, die beiden haben in den 90ern mal eine Superbowl ausgespielt. Die kleinen Chargers wurden damals von Steve Young und seinen Niners ganz heftig verhauen. Mittlerweile sind die Vorzeichen etwas andere.
San Diego ist seit einigen Jahren eines der Topteams der Liga, das allerdings Jahr für Jahr in den Playoffs seine letzten paar Zerquetschten an Leistungspotenzial nicht abrufen kann und daher gerne immer mal wieder gefühlt zu früh rausfliegen.
San Francisco ist auch so ein Team, dem man nachsagen kann, die Möglichkeiten nicht gänzlich abzurufen. Allerdings auf einem deutlich niedrigeren Niveau: Die Niners waren zuletzt vor acht Jahren in den Playoffs.
Die Vorzeichen sind für beide ähnlich, trotz einer 3-Spiele-Differenz in der Bilanz. Grund dafür ist die absurde Schwäche der NFC West, wo San Francisco doch tatsächlich mit 5-8 noch in der Verlosung um den Divisionstitel ist – und nur ein Spiel Rückstand auf Seattle und St Louis hat.
Ein Spiel Rückstand haben auch die heuer enttäuschenden Chargers. Allerdings stehen sie bei 7-6. Für einen der beiden wird nach dieser Woche vielleicht Schluss sein, denn beide werden keine Wild Cards erhalten.
Für San Francisco wird dieses Mal QB Alex Smith starten. Es ist der Smith, der 2005 aus Utah in die NFL gekommen ist, an #1 von den 49ers gepickt wurde und seitdem konstant unterdurchschnittlich gut gespielt hat. Smiths Probleme sind nicht nur an ihm selbst festzumachen: So viele Coach-Wechsel wie San Francisco hat es selten gegeben. Smith musste jedes Jahr unter neuen OffCoordinators antreten – so was ruiniert auch bessere Leute.
Den größten Erfolg hatte Smith in seinem zweiten Jahr in der NFL. Nach einem derart miserablen Rookie-Jahr, dass sogar Jimmy Clausen wie ein ROY-Kandidat aussieht, stabilisierte sich Smith schnell in der Saison 2006. Offensive Coordinator an der Bucht damals: Norv Turner.
Smith wird Turner nun erstmals wiedersehen. Turner, der Smith zu einem akzeptablen NFL-Quarterback gemacht hatte, übernahm 2007 die San Diego Chargers und coachte diese Jahr für Jahr nach schwachem Saisonstart in die Playoffs – nur, um dort jedes Mal rauszufliegen. Mal überraschend, mal weniger.
Das Spiel
San Diego hat seine Saison mit einem 31-0 gegen Kansas City am Leben gehalten. Die Chiefs spielten allerdings ohne QB Matt Cassel, wodurch die Offense schon vor jedem Ansatz erstickt war. Ganz böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass auch San Francisco ohne Quarterback daherkommt. Alex Smith möchte man die Last nicht auf die Schultern laden, sofern man mit Gewinnabsichten nach Südkalifornien fährt. Dumm, dass RB Frank Gore heuer nicht mehr spielen wird. Aber RB Brian Westbrook zeigte zuletzt ein paar Ansätze aus alten Iggles-Tagen.
Trotzdem: Ich glaube, dass San Diego nicht mal ein perfektes Spiel brauchen wird, um das zu gewinnen. Ich sehe einen klaren Sieg mit 2-3 Touchdowns kommen. Und Mike Singletarys Entlassung zu Jahreswechsel.