Die Big 12 Conference war seit der Fusion der Giganten der Midlands, Big 8 und SWC, in den 90ern die große Redneck-Conference in den Vereinigten Staaten gewesen. Das Erdbeben (Stichwort: Conference-Realignment) sorgte zuletzt dafür, dass sich verdiente Universitäten wie Nebraska, Colorado, Mizzou oder Texas A&M verabschiedeten, und dass heuer zwei neue Mitglieder zu begrüßen sind: West Virginia aus der Big East und TCU aus der kleinen MWC – richtig gezählt: Die Big 12 Conference zählt aktuell bloß zehn Mannschaften.
Sportlich hat die Big 12 spektakuläre Passfeuerwerke zu bieten, und zumindest in der abgelaufenen Saison war man qualitativ in der Spitze die vermutlich bestbesetzte Conference, besser als die SEC mit ihren beiden BCS-Finalisten.
Die Preseason-Rankings spiegeln das wider. Sicherlich sind die Ranking-Positionen der Big 12 Conference durch die vielen inzestuösen Passfeuerwerke den Mississippi entlang etwas inflationär, aber zumindest die ersten vier kann man schon mal vertreten.
Mannschaft Coaches AP
Oklahoma #4 #4
West Virginia #11 #11
Texas #15 #15
TCU #17 #20
Oklahoma State #19 #19
Kansas State #21 #22
Sechs von zehn Teams in den Top-22, das ist ein massiver, massiver Wert. Meine Excel-Sheets rankten aber in der abgelaufenen Saison sogar sieben Big12-Unis in den Top-19 (Mizzou und Texas A&M reingerechnet, TCU und West Virginia waren außerhalb der Top-20).
Oklahoma Sooners
Die University of Oklahoma ist die unbestrittene Dominatorin der Conference, und trotzdem ist latente Unzufriedenheit zu spüren: Das liegt daran, dass die Mannschaft von Head Coach Bob Stoops zwar immer ganz oben mitspielt, aber es seit über einem Jahrzehnt nicht mehr zum BCS-Titel gereicht hat, weil immer ein oder zwei Spiele scheinbar grundlos verschenkt werden.
Letztes Jahr war es mal wieder die Defense, die in drei Spielen völlig kollabierte; DefCoord Brent Venables wurde danach gegangen, und durch den Bruder von Bob Stoops, Mike Stoops, ersetzt – Mike war bei Arizona nach ein paar wechselhaften Jahren als Head Coach entlassen worden. Warum? Weil die Defense zusammengebrochen war. Nicht irgendwie, sondern in die Top-10 von 120 Mannschaften von hinten.
In der Offense plagen die Sooners etliche Wechsel auf der WR-Position, bis tief in den August herein ändert sich das Bild im Kader fast wöchentlich. Keine leichte Aufgabe für QB Landry Jones, der trotz fabulöser Stats nicht das herausragende Standing seines Vorgängers Bradford (jetzt St Louis Rams) genießt – Jones‘ Spielanlage ist dafür einfach zu blass. Der Mann kann aber auch machen, was er will, er wird immer an Bradfords rekordverdächtigen Zahlen zu knabbern haben.
Gepaart mit dem unspektakulären RB Dominique Whaley können die Sooners aber mit einer runden, auf hohem Niveau ausgeglichen besetzten Truppe aufwarten, die wieder in den Top-10, vielleicht noch weiter vorne, mitmischen wird.
Texas Longhorns
Eine Diskussion der Big 12 kann am großen Erzrivalen Oklahomas, den Texas Longhorns, niemals vorbeigehen. Nicht nur, weil die University of Texas 2010 und 2011 mit ihren Egozicken fast den Kollaps der kompletten Conference heraufbeschwört hätte, nein: Texas ist die Uni im College Football schlechthin, und das liegt nicht nur am dutzende Millionen schweren Longhorns Network.
Denn kein Trainerstab hat es beim Recruiting einfacher als jener von Head Coach Mack Brown: Jeder Nachwuchssportler möchte im Highschool-Talentschuppen Texas für die Longhorns spielen. Sportlich kommt oft zu wenig raus. Die Offense wird vom jungen RB Malcolm Brown getragen werden, und bei den Quarterback wird man wohl auf den jungen David Ash setzen, der letztes Jahr einen Tick besser aussah als Case McCoy (Colts Bruder) – sich ist aber nix, und spätestens nach dem zweiten schlechten Spiel werden die 100.000 in Austin schon wieder nach einem neuen Quarterback rufen.
In der Defense ist der DefCoord der Star: Manny Diaz, ein Pragmatiker vor dem Herrn, der eine ungemein aggressive Spielweise predigt und dessen Unit schon 2011/12 mächtige Fortschritte machte.
TCU Horned Frogs
Der erste von zwei Neulingen – und was für einer. TCU war jahrelang neben Boise State der Mid-Major im College Football schlechthin, bekommt nun die Chance, in einer der großen Conferences zu spielen. Das „Übergangsjahr“ 201/12 wurde mit 10-2 trotz zweier Pleiten zu Beginn halbwegs schadlos überstanden, und man konnte im November sogar knapp die Boise State Broncos schlagen. Dass man am Ende nicht in eine BCS-Bowl eingeladen wurde, grenzte schon wieder an Schiebung.
TCU wird eine 1A-Offense rund um einen Grasliebhaber, QB Casey Pachall, aufbieten können. Pachall ist möglicherweise der beste, gefährlichste Quarterback in der kompletten Conference – und er besitzt eine Menge Waffen um sich herum. Die größte Waffe ist allerdings weg: OffCoord Justin Fuente, ein furchtloser, mutiger PlayCaller, ist in Memphis Head Coach geworden. Was bleibt, ist eine starke Offensive Line und ein grundsolides Laufspiel, das Pachall größtenteils entlasten wird.
Der seit Jahren rastlos am Experiment „BCS-Buster“ werkelnde Head Coach Gary Patterson wird in dieser Saison seine Mannschaft fast nicht wiedererkennen: Seit ein paar Generationen hatte Patterson stets grandiose Defenses gebaut. Just dort, in der Secondary, sind diesmal aber ernsthafte Fragezeichen ob der Tiefe (auch wegen so was wie interner „Dopingsperren“) – nicht gut in einer passlastigen Conference wie der Big 12.
Aber: Die Defense ist jung (nur ein Starter ist Senior). Pachall ist jung. Wenn nicht jetzt, wann dann gilt hier nicht. Gibt noch immer 2013. Aber auch auf das Risiko hin, mich lächerlich zu machen: Ich traue TCU ohne weiteres den Gewinn der Big 12 und eine Platzierung unter den fünf, sechs besten Teams der FBS zu.
West Virginia Mountaineers
Geographisch ist Neuling WVU in der Big 12 Conference ein Ausreißer, aber kulturell passen die Ears wie die Faust aufs Auge in die Big 12: „Air-Raid“-Passfeuerwerke und der markante Head Coach Dana Holgorsen hat sein Handwerk bis vor kurzem hauptsächlich in der Big 12 erlernt. QB Geno Smith macht seine Sache – quicke, kurze Pässe und die Running Backs und Wide Receivers arbeiten lassen – exzellent genug, um famose Yards-Statistiken und kaum Turnovers zu produzieren, aber die Defense ist nach erneuter Systemumstellung ein Fragezeichen.
Bei den Mountaineers sind meistens die Heimspiele vor ausverkauftem Stadion in Morgantown ein echtes Highlight, weil mit viel Pathos und knisternder Atmosphäre aufgeladen. Diese Saison riecht allerdings nach einer leichten Enttäuschung für WVU, die nach einem Orange-Bowl-Kantersieg und nach Jahren in der schwachen Big East Conference nun vermutlich mehr erwarten als die acht oder neun Siege, die sie heuer einfahren werden.
Die Mittelklasse
Nach einer famosen 2011er Saison erwartet man auch Großes von den kleinen Kansas State Wildcats (USA Today #21) von Trainerlegende Bill Snyder – vermutlich auch hier Größeres, als die Mannschaft zu leisten imstande ist. Snyder ist so ein Mann, der am liebsten im Angriff nur laufen lassen würde – und er hat den richtigen QB dazu: Collin Klein ist wurftechnisch eher der Grobmotoriker, berechenbar wie der Sonnenuntergang, aber er scrambelt fantastisch und macht bei den gefühlt eintausend 3rd und 3 Situationen neunhundertfünfundneunzig Mal das 1st down. Problem: Das 10-3 aus dem letzten Jahr liest sich fantastisch, aber man gewann acht Spiele nur haarscharf in richtigen Krimis (8-1 in engen Spielen). Auf solches Glück kann man kein zweites Mal bauen, auch wenn die Wildcats durchaus auch in der Lage waren, mit einem Kaliber wie Oklahoma State mitzuhalten.
Diese Oklahoma State Cowboys sind heuer in den Rankings erstmal an #19 gereiht, aber nach dem Abgang des kompletten Offensivkerns um QB Weeden und WR Blackmon dürfte das heuer für Mike Gandys Jungs eine zähe Geschichte werden. Quarterback wird mit Wes Lunt wohl ein Freshman sein, und in der Defense wird sich das außerordentliche Turnover-Glück aus der letzten Saison kaum wiederholen lassen.
Die Baylor Bears müssen den Abgang von Heisman-Trophy-Sieger Robert Griffin III verkraften und werden mit Sicherheit keine zehn Siege mehr einfahren. Ganz abschreiben sollte man die Bears aber nicht: Die Uni ist viel besser aufgestellt als noch vor 5-10 Jahren, und HC Art Briles hat schon an anderen Orten gezeigt, dass er durchaus aus limitiertem spielerischen Talent mehr rauszuholen vermag als ein durchschnittlicher Coach.
Bodensatz-Gefahr
Die Texas Tech Red Raiders versauten im letzten Herbst Sooners die Saison, dürften aber diesmal wieder nur in der unteren Hälfte mitspielen. Unter dem unglücklichen HC Tommy Tuberville kann man sich einfach für kein Defensivsystem entscheiden, aber im Angriff ist man markant: Zillionen an aneinander gereihten Kurzpässen, nix Explosives, aber immer 4-5yds Raumgewinn.
Die Iowa State Cyclones versauten dagegen den Oklahoma State Cowboys die Chance auf den BCS-Titel. HC Paul Rhoads genießt als Lokalhero einen großartigen Ruf, ein ansteckend positiver, energiegeladener Mann, und in Furzweite zum Stadion aufgewachsen. Rhoads baut auf eine laufintensive Offense mit viel smash’n’dash und zwischendurch dem einen oder anderen tiefen Ball vom Gunslinger-QB Steel Jantz.
Schließlich die Kansas Jayhawks mit ihrem neuen, prominenten Head Coach Charlie Weis (ex-Pats, Chiefs, Notre Dame). Weis macht mit markanten Sprüchen auf sich aufmerksam, aber solange die horrende Defense (43.8pts/Spiel) nicht verbessert wird, kann das ganz schnell nach hinten losgehen, vor allem, wenn Weis seine Dampfplauderei nicht mit entsprechender Siegbilanz untermauern kann. Bei den Quarterbacks scheint sich ein mögliches Problem von allein gelöst zu haben: Weil der von BYU transferierte Jake Heaps ein Jahr aussetzen wird, sollte Dayne Crist den Starter geben und nach turbulenter Zeit in Notre Dame (u.a. auch unter jenem Charlie Weis) noch ein letztes Halali im College Football blasen können.