Die Grippe scheint überstanden, und auch wenn die Serie “Saisonvorschau” leider nach 25/32 Teams, 24476 Wörtern und mit noch 242 Minuten auf der Uhr abgebrochen werden muss – sorry, PuNISHA, aber es gibt noch ein wenn auch unwichtiges Lebens außerhalb der Footballwelt – so wird es weiterhin die Vorschau auf die im TV empfangbaren Spiele geben.
Dabei bleiben beim TV-Programm diesmal einige interessante Spiele außen vor. Ärgerlich ist u.a. dabei, dass PULS4 und Sport1+ leider keinen Versuch zur Differenzierung von ESPN America unternehmen und allesamt ESPN-Spiele senden. Mal wieder. Und mal wieder dominiert Black’n’blue-Football aus der NFC.
Buffalo – New England. Die Bills haben am Sonntag eine phänomenale Aufholjagd bestritten, inklusive fünf Touchdowns in der zweiten Halbzeit, und eines Sieg-Drives am Rande des Wahnsinns, mit 4th down conversions in engste Doppeldeckungen hinein, und Emotionen auf den Rängen, da stand die Gänsehaut nicht nur wegen eklatanter Erkältung raus. Es wird gemunkelt, dass QB Ryan Fitzpatrick schnell ein neuer Vertrag untergejuxt werden soll, bevor er unbezahlbar wird. Nun wartet die erste „richtige“ Standortbestimmung.
Denn New England wird als nicht einzubremsende Offensivmaschine hochgejubelt – wir hatten Annäherndes ja erwartet – allerdings scheint mir speziell beim Chargers-Spiel der Fakt völlig unterzugehen, dass die Patriots durchaus zu knacken gewesen wären: San Diego verzockte sich dreimal punktelos in der RedZone und hätte Tolbert nicht den Fumble gemacht und New England direkt im Anschluss das Pendel gedreht…
Dazu erleben die Patriots derzeit das Oregon-Ducks-Phänomen: Aufgrund der sagenhaft schnellen No-Huddle-Offense werden in der gegnerischen Defense haufenweise Verletzungen vorgetäuscht. Eine Unsitte, die kaum nachzuweisen und daher auch nicht strafbar ist.
Minnesota – Detroit wäre ein weiteres durchaus vorzeigbares Spiel gewesen. Zusätzlich zur Unfähigkeit, klare Führungen nach Hause zu bringen, waren die Vikings auch zweimal sehr unrhythmisch in der Pass-Offense. Detroit hatte zu Beginn gegen die Chiefs durchaus Probleme, das Laufspiel zu stoppen und seine eigene Luft-Armada in Schwung zu bekommen. Für Minnesota dürfte die Angriffsstrategie klar „Laufspiel“ lauten, da die Lions sich hierbei deutlicher verwundbar zeigten und McNabb gegen Pass Rush (Lions-Stärke) generell große Probleme hat.
Jacksonville – Carolina ist das direkte Aufeinandertreffen der beiden hochbezahlten Rookies: Blaine Gabbert für Jacksonville, wo man erwartet schnell die Idee mit Luke McCown aufgab, Cameron Newton für Carolina, dessen tiefe Würfe erstaunlich sind. Muss ich meine Meinung bezüglich Newton 180° ändern? Ich habe Newton geschätzte sieben, acht Mal in Auburn gesehen. Der Mann wirft deutlich besser als damals, das können die vielen INTs, die paar horrend ungetimten Würfe und die ungestüme Vorstellung in der RedZone gegen Green Bay nicht verdecken. Sieht bis dato weder nach West Coast Offense noch nach allzu großen Konfusionen für Newton aus – und das ohne Unterstützung durch das erstaunlich pomadige Laufspiel. Carolina hat neben diesem noch eine andere, eklatante Schwachstelle: Sie sind nicht in der Lage, Laufspiel über die Mitte zu verteidigen. Nun kommt RB Jones-Drew des Weges…
Schließlich noch Tennessee – Denver, wo beide Teams ihre ersten Siege eingefahren haben. Tennessee mit einer wurfgewaltigen Offense ohne viele Carries für RB Chris Johnson (den wichtigsten Spielzug durfte Backup Ringer bestreiten). Die Broncos dagegen können sich zum Patentamt begeben in Sachen „coolste Lösung einer QB-Kontroverse“: QB Kyle Orton als Starter behalten, QB Tim Tebow als Wide Receiver aufgestellt. Nun kehren dutzende hochkarätige Verletzte zurück.
Sonntag, 25. September 2011
Philadelphia Eagles – New York Giants
19h LIVE bei ESPN America und Sport1+ (Tape ESPNA: 28.9./11h30)
Ein Spiel, da werden Erinnerungen an das zweite Miracle of the Meadowlands wach, wenn auch diesmal der Austragungsort ein anderer ist. Hauptdarsteller von damals: QB Michael Vick, der nach einer Gehirnerschütterung fraglich ist (aktuell als „questionable“ gelistet, wie auch Backup Vince Young) und nach menschlichem Ermessen schon von Anstands wegen nicht eingesetzt werden sollte. Eventuell wird Third Stringer Mike Kafka zu seinem Einsatz kommen, Kafka sah nicht so übel aus.
Für die Giants wird es vor allem darauf ankommen, die Blaupause der Atlanta Falcons weiterzuspinnen, die da lautet: Furztrockenes Laufspiel, mit der Combo Jacobs/Bradshaw. Es könnte sich rächen, dass man TE Kevin Boss hat ziehen lassen, da sich die Eagles mit ihrer schwachen Linebacker/Safety-Verbindung als sehr anfällig gegen Tight Ends gezeigt haben – Tony Gonzalez zuletzt mit sieben Catches und zwei Touchdowns. Auf alle Fälle dürften die Giants daran interessiert sein, Passspiel so lange wie möglich nur dosiert einzusetzen – die Eagles haben gefährlichen Pass Rush und gute Coverage gegen die #1 und #2-Anspielstationen.
Chicago Bears – Green Bay Packers
22h LIVE bei ESPN America, Sport 1+ und Puls 4 (Tape ESPNA: 29.9./11h30)
Die gute Nachricht voraus: Nick Collins scheint ohne bleibende Schäden davongekommen zu sein, seine Saison ist allerdings vorüber. Collins war am Sonntag beim Versuch, RB Jonathan Stewart zu tackeln, von Stewart mit dem Knie am Helm getroffen worden und der Nacken würde übel zusammengebogen. Da läuft dir die Eiseskälte über den Rücken, so ungeschützt das Genick in solchen Momenten einer Wucht ausgesetzt ist.
Zum Spiel selbst: Da war doch mal was? NFC-Finale 2010/11, anyone? Es ist die Begegnung, in der im Winter QB Jay Cutler enteiert wurde, von Fans, Medien und Profikollegen. Während Cutler davon eher unbeeindruckt zu sein schien, gehört OffCoord Mike Martz dieser Tage splitterfasernackt durch das Internet getrieben, so unsinnig seine Spielzugauswahl am Sonntag in New Orleans war. 52 Pässe, 11 Läufe, ein Cutler, der hinter einer wackeligen Line ein ums andere Mal abgeschossen wurde und nach dem Spiel wieder seinen traurigen, resignierten Blick ins Leere drauf hatte.
Entsprechend schlecht ist die Stimmung dieser Tage in Chicago: Martz steht vor dem Abschuss, im Hintergrund lauert bereits ein anderer Schlampian – der ebenso nicht detailversessene Mike „Bleistift“ Tice. Sollte Martz Cutler weiterhin mit 5WR-Sets und tiefen Passrouten hinter dieser Line zum Abschuss freigeben, erwartet man für spätestens Saisonmitte den Coordinator-Wechsel.
Gegen Green Bay dürfte selbst Martz schlau genug sein, sein Ego unten anzustellen und von allzu krassem Passspiel abgehen, auch wenn Green Bays Secondary aktuell etwas geschwächt aussieht: CB Tramon Williams ist nicht wirklich fit, CB Charles Woodson ließ sich am Sonntag trotz zweier INTs ein ums andere Mal von Steve Smith verarschen und zeigte, dass er als Freelancer mittlerweile deutlich besser aufgehoben ist.
Die Story abseits des Feldes ist die langjährige Rivalität zwischen beiden – mit Geschichten darüber kann man Bücher füllen, einen Anriss davon gab es bereits im Jänner zu lesen: Hier entlang.
Indianapolis Colts – Pittsburgh Steelers
02h LIVE bei ESPN America (Tape ESPNA: 26.9./18h30 und 29.9./13h30)
NBC dürfte kotzen, dreimal diese Colts in Sunday Night Football senden zu müssen (einmal können sie via Flex Scheduling rausoptieren). Ohne QB Peyton Manning ist diese Mannschaft in der Offense so verloren wie wir es angenommen hatten, der als Notnagel aus dem Ruhestand geholte Kerry Collins fiel bisher nur als Butterfinger (vier Fumbles in zwei Spielen) auf und die Offense liegt irgendwo zweieinhalb Meter unter der halbgefrorenen Erde begraben.
Für Pittsburgh dürfte es ein Spiel im Schongang werden, auch wenn Indys Defense immerhin Spuren von Leben gezeigt haben soll: Ein großartiges Duo an Pass Rushers aus DE Dwight Freeney/DE Rob Mathis und eine Defensive Line, die eine solide Basis für eine gute Lauf-Abwehr bilden soll. Könnte gegen die Offensive Line der Steelers interessant werden…
Auf der anderen Seite riecht das Spiel schon ganz leicht nach einem Shutout für Pittsburgh, auf alle Fälle kaum vorstellbar, dass die Colts – eine völlig unvorhergesehene Entwicklung innerhalb einer Woche mal als Unmöglichkeit dahingestellt – großartig viele Punkte aufs Tablett legen werden, zumal ich im hoffnungslosen Mismatch Colts-Offenseline vs. Steelers-Passrush ca. sieben Sacks, drei Fumbles und fuffzehn Hits erwarte.
Montag, 26. September 2011
Beide Aufzeichnungen klingen nach Leckerbissen, während das Nachtspiel immerhin eine weitere interessante Standortbestimmung in einer gepflegt auf den Keks gehenden NFC East darstellt.
New Orleans Saints – Houston Texans
14h30 als Tape bei ESPN America (auch 30.9./10h)
Freunde der gepflegten Passfestivalwochen haben in Erwartung dieses Matchups bereits jetzt feuchte Augen in Erwartung zweier 450yds-Performances der Quarterbacks Drew Brees (Saints) und Matt Schaub (Texans). Beide Offenses haben noch dezente Probleme, ihre Laufspiele durchgedrückt zu bekommen, wobei man bei den Texans zum jetztigen Zeitpunkt auch nicht allzu optimistisch auf den Sonntag blicken dürfte: RB Arian Foster plagt sich noch mit Leistenproblemen.
Tampa Bay Buccaneers – Atlanta Falcons
16h30 als Tape bei ESPN America (auch 30.9./12h)
Das Aufeinandertreffen der beiden Comeback-Quarterbacks vom Wochenende. QB Josh Freeman, ein persönlicher Favorit, gegen QB Matt Ryan, auch so ein persönlicher Favorit. Vergangene Saison erlebten wir zwei Spiele, die die Falcons optisch dominierten, nur um beide Male durch einige Big Plays der Buccs gegen Spielende arg ins Schwimmen zu kommen und fast noch die Partien abzuschenken.
Für Tampa könnte diese Saison gefühlt eine lange werden, da das Laufspiel über RB Legarrette Blount nicht wirklich effizient in die Gänge kommt und WR Mike Williams eine Aversion gegen physische Cornerbacks entwickelt hat. Ob man sich Woche für Woche auf den brillanten Freeman verlassen wird können?
Dallas Cowboys – Washington Redskins
02h LIVE bei ESPN America und Sport 1+ (Tape ESPNA: 27.9. um 18h30)
Zwei Teams, die gut in die Saison gestartet sind, die letzten Zweifel jedoch noch ausräumen müssen. QB Tony Romo zeigte sich eine Woche nach dem Kollaps gegen die Jets von seiner toughen Seite, legte mit Rippenprellungen über 400yds hin (fast 200yds in den letzten Minuten) und drehte das Spiel gegen die 49ers – allerdings steht hinter Romos Einsatz am Montag eben wegen jener Verletzung noch ein dickes Fragezeichen. Bei Washington ist QB Rex Grossman im Fokus, der mir zu viel über den grünen Klee gelobt wird: Grossman und „konstant lange Drives hinlegen“ wird wohl nicht mehr zusammenkommen.
Nun kommt mit der Cowboys-Defense ein bärenstarker Test und eine Urgewalt im Pass Rush. Man sollte es eigentlich nicht mehr extra erwähnen müssen, aber was OLB #94 DeMarcus Ware da Woche für Woche aufs Spielfeld zaubert, ist beachtenswert und verdient Anerkennung. LT Trent Williams wird seine Reifeprüfung ablegen müssen, um Washington in diesem Spiel eine Chance zu geben.
Nachtrag: Herrmann/vierviertel.wordpress.com hat wieder den Notizblock gezückt, beginnend mit Beobachtungen zu Buccs-Vikes und Bears-Saints.