Atlanta Falcons (10-6) @ New York Giants (9-7)
[Sonntag 19.00Uhr, kommentiert auf FOX von Joe Buck und Troy Aikman]
Die New York Giants haben es mal wieder geschafft, nach achterbahnmäßigen Auf und Ab dann doch wieder in die Playoffs zu kommen. Es gab ein paar tolle Siege (vs New England, Philadelphia), einige Einbrüche (z.B. gegen New Orleans), großartige Comebacks (vs Dallas), völlig unerklärliche Niederlagen (vs Seattle) und abgerundet wurde die ganze Saison durch fünf aufeinanderfolgende Niederlagen im November und Dezember. Mit drei Siegen in den letzten vier Spielen kommt man jetzt aber heiß und mit momentum in die Playoffs. Bei den Giants ist das Auf und Ab und andere Aufregung mittlerweile schon zur Tradition unter Head Coach Tom Coughlin geworden. Mal schießt sich der Nr. 1 WR in den Fuß, dann will der RB einen Fan verprügeln oder er beleidigt Rex Ryan mitten im Stadion; Eli wird mal auf eine Stufe mit Peyton gehoben nur um dann zwei Wochen später nicht mal der beste QB in New York zu sein und Coughlin wird jede Seaison mehr als einmal von Fans und Medien symbolisch gefeuert. Um es kurz zu machen: dieser Zirkus ist das genaue Gegenteil der Atlanta Falcons, die weder auf noch ab oder sonst etwas Extremes sind, sondern einfach – naja, so mittel.
Atlanta ist ein durch und durch gutes Team. Das ist einerseits ein Kompliment, andererseits beschreibt es auch ihre Grenzen. Gut heißt einerseits, daß sie zum dritten Mal in den vier Jahren unter HC Mike Smith ( OC Mike Mularkey & DC Brian Van Gorder) mit Quarterback Matt Ryan verdient in die Playoffs gekommen sind. Die Falcons haben sich in diesen vier Jahren auch nicht verändert. Sie haben ein ziemlich gutes Laufspiel, ein solides Paßspiel und eine ganz anständige Defense.
Aber “gut” heißt eben auch “nicht sehr gut”. Ryan ist kein Rodgers, die WRs Roddy White und Julio Jones sind keine Playmaker vom Format Larry Fitzgerald oder Calvin Johnson, RB Michael Turner ist kein Adrian Peterson und DE John Abraham ist kein Terrell Suggs.
Falcons Offense / Giants Defense
So wird das Spiel dann wohl auch taktisch recht “normal” ablaufen: Turner wird seine 20 Carries bekommen, Ryan wird einige gute Würfe machen und Jones/White einige gute fangen (aber auch droppen) und TE Gony Gonzalez wird die Linebackers der Giants öfter Mal alt aussehen lassen. Aber: das Entscheidende wird der Kampf an der Line of Scrimmage sein und hier ist Atlanta klar im Nachteil.
Die Offensive Line der Falcons ist Durchschnitt. Fünf große dicke Jungs, die ihre Stärken vor allem im Running Game haben. Und in den letzten fünf Wochen (vor dem Spiel gegen die Reste der Tampa Bay Buccaneers) hat selbst das nicht mehr besonders gut funktioniert: 89, 70, 86, 97 und 35 Laufyards gegen Minnesota, Houston, Carolina, Jacksonville, New Orleans. Über die gesamte Saison gesehen waren es am Ende nur 4,0 Yards per Carry, schlechter als zum Beispiel Indy.
Im Paßspiel kann sich QB Ryan schon mal auf einige blaue Flecken gefaßt machen. In guter alter Giants-Tradition hat die Verteidigung um Defensive Coordinator Perry Fewell eine tief besetzte Defensive Line mit drei hervorragenden Pass Rushern in Jason Pierre-Paul, Justin Tuck und Osi Umenyiora (auch wenn Umenyiora und manchmal auch Tuck zeitweise in einer Mischung aus leicht verletzt und lustlos aufgelaufen sind). Auch die anderen D-Liner Chris Canty, Linval Joseph und Dave Tollefson sollten in diesem Spiel ihre Plays machen. Das müssen sie auch, um das mittelmäßige, von Verletzungen geplagte LBs-Corps rauszuhauen.
Atlanta hat nur eine Chance auf mehr als 20 Punkte, wenn sie es schaffen, mit White und Jones mehrere Big Plays zu kreieren. Weil das aus der normalen Offense gegen diesen Pass Rush nur schwer möglich sein wird, werden wir wahrscheinlich viel No-Huddle-Offense von Matt Ryan sehen, was er in den letzten Wochen auch schon ausgiebig ausprobiert hat. Das macht den Pass Rush müde, verhindert das Auswechseln von Spielern, Wechsel zwischen Base-, Nickel- und Dime-Defense und hält den Druck auf die Verteidiger hoch.
Giants Offense / Falcons Defense
Der Gameplan der Giants-Offense ist ziemlich simpel: Eli Manning muß das Spiel irgendwie gewinnen. Das Laufspiel ist statistisch das schlechteste der NFL gewesen mit nur 89,2 Yards pro Spiel und 3,5 Yards pro Carry. Nichtsdestotrotz können sie mit einem fitten Ahmad Bradshaw und einem motivierten Brandon Jacobs mehr als 100 Yards machen und ihren Teil beitragen. In den letzten fünf Spielen waren sie, bis auf die Partie gegen Washington, auch immer dreistellig.
Trotzdem muß das Paßspiel die Hauptarbeit leisten. Mit einem teilweise überragend spielenden Eli Manning und einem der besten Receiving Corps der NFL mit Hakeem Nicks, Mario Manningham und Victor Cruz haben die Giants den klaren Vorteil gegen die mäßige Paßverteidigung Atlantas.
Fazit
Am Ende muß irgendwer der Falcons über sich hinauswachsen, um das Spiel zu gewinnen. Die Giants haben mit Eli, Victor Cruz und JPP/Tuck Spieler, die das regelmäßig machen. Bei Atlanta fehlt der ganz große Spieler, der MVP, der game changer, der auch mal das ganze Team auf seinem Rücken zum Sieg trägt. Matt Ryan hat dieses Jahr nicht gezeigt, daß er gegen eine ganz starke Defense ganz stark spielen kann; WR Roddy White hat immer wieder Killer-Drops; WR Julio Jones ist ein Rookie und wartet noch auf seine breakout performance; RB Michael Turner ist immer noch grundsolide, aber nicht der Homerun-Hitter und auch in der Defense gibt es viele überdurchschnittliche Spieler wie CB Brent Grimes, die LBs Lofton und Weatherspoon oder DE John Abraham. Die genannten haben alle durchaus das Talent, ein Spiel zu entscheiden, aber bis jetzt haben sie es noch nicht gezeigt. (In ihren letzten beiden Playoff-Spielen übrigens auch nicht: 2008 L 24-30 @Arizona und 2010 L 21-48 vs Green Bay.) Hinzu kommt noch, daß Dome-Teams in den letzten 40 Jahren nur 9 von 41 Playoffspielen in kalten Stadien gewonnen haben. Die Giants gehen als klarer Favorit in das Spiel.
Pittsburgh Steelers (12-4) @ Denver Broncos (8-8)
[Sonntag 22.30Uhr, kommentiert auf CBS von Jim Nantz und Phil Simms]
Im Mile High Stadium treffen zum Abschluß der Wild-Card-Playoffs zwei der nur drei Playoff-Teams aufeinander, die ein negatives Turnover-Rating haben (Denver -12, Pittsburgh -13). Über Tim Tebow und seine Broncos ist eigentlich alles gesagt, daß muß hier nicht nochmal wiederholt werden. Pittsburgh läuft komischerweise etwas “under the radar”. Die Defense hat unter vielen Verletzungen gelitten und hat die Regular Season völlig unbemerkt als Nr.1 nach Punkten als auch Yards abgeschlossen. In der Offense redet man meistens über die miese O-Line, den verletzten Big Ben und das miese Laufspiel. Aber an guten Tagen ist Pittsburghs Angriff einer der explosivsten der NFL und immer für mehrere Big Plays gut.
Broncos Offense / Steelers Defense
Das wird ein ganz langer Tag für Tim Tebow und seine Offense. Denver hat zwar das beste Laufspiel der Liga, aber Pittsburgh immer noch eine der besten Verteidigungsreihen ligaweit – sowohl gegen den Lauf als auch den Paß. Die Statistiken lassen Pittsburgh nicht ganz so gut aussehen, was aber vor allem daher rührt, daß die LBs alle längere Zeit verletzt oder gesperrt gefehlt haben. Jetzt sind alle wieder fit.
Pittsburgh wird das Spiel sehr aggressiv angehen und Tebow sehr früh Bekanntschaft machen mit Safety Troy Polamalu, der wohl meistens “in the box” spielen wird, um das Laufspiel von Anfang an zu unterbinden. Es sollte auch nicht allzu riskant sein, immer acht Mann in der Nähe der Line of Scrimmage zu haben, denn passen ist nicht gerade die Stärke Tebows.
In den letzten drei Spielen, die allesamt verlorengingen, wurde Tebow entzaubert. Vor allem die Bills und Chiefs haben in der Defense eine sehr aggressive Man-Coverage gegen die WR gespielt und Tebow damit die einfachen “Reads” genommen. Zusätzlich haben die DEs beziehungsweise OLBs sehr diszipliniert gespielt und Tebow nicht Richtung Seitenlinien ausbrechen lassen. Aggressiv und diszipliniert sind dummerweise die Hauptcharakteristika der Steelers-D.
Die Zahlen für Denvers Quarterbacks waren ernüchternd in den Wochen 15, 16, und 17: 30/73, 439 Yards, 1TD, 4 Interceptions, 3 Fumbles. Die Broncos haben nur eine Chance, wenn sie sich von ihren überkonservativen Gameplans verabschieden und ihr Heil in einigen tiefen Bällen suchen. Die Chance dafür sollte zumindest da sein, denn Polamalu wird sich hauptsächlich an der Line of Scrimmage rumtreiben, der zweite etatmäßige Safety Ryan Clark ist verletzt und mit Ike Taylor haben sie auch nur einen starken CB.
Steelers Offense / Broncos Defense
Auf dieser Seite des Balles wird alles von Roethlisbergers linkem Knöchel abhängen. Erstmals hat er ihn sich Anfang Dezember verletzt, humpelte dann in San Francisco nur rum bevor er sich in Woche 16 schonen durfte. Letzte Woche mußte er wieder ran und ist im dritten Viertel gegen Cleveland erneut mit dem Fuß umgeknickt. Nun humpelt er schlimmer als zuvor und ist damit seiner wohl größten Stärke beraubt: der Fähigkeit, immer wieder sicher geglaubten Sacks zu entkommen.
Hinter seiner dezimierten Offensive Line, die schlecht wie eh und je spielt, sollte er am Sonntag immer wieder große böse Jungs auf sich zukommen sehen. Elvis Dumervil und Rookie Von Miller sind das wohl beste Pass-Rushing-Duo der AFC. Miller hat zwar in den letzten Wochen, in denen er angeschlagen war, leicht nachgelassen, aber ein wenig fitter und mit der Motivation eines Playoffspiels vor eigenem Publikum sollte er zur Höchstform auflaufen. Pittsburgh hat in dieser Saison auswärts 25 Sacks zugelassen.
Noch schwieriger wird es für Pittsburghs Offense, weil sich Running Back Rashard Mendenhall mit Kreuzbandriß ins Krankenhaus verabschiedet hat. Nun muß Isaac “Redzone” Redman das Workhorse geben. Ob er dazu fähig ist, muß er erst noch beweisen. Helfen sollte den Steelers die bestenfalls durchschnittliche Secondary der Broncos. CB Champ Bailey ist immer noch gut, aber nicht großartig. Der andere Starting-CB Andre Goodman hat seine besten Tage auch hinter sich und nach der Verletzung von Safety-Legende Brian Dawkins bewachen mit Rookie Quinton Carter und dem 24-jährigen David Bruton zwei Grünschnäbel den tiefen Teil des Feldes.
Das sollte den beiden Deep Threats Mike Wallace und Antonio Brown viel Freude bereiten. Beide haben in dieser Saison mehr als 1000 Yards erfangen und machen pro Catch fast 17 Yards. Wenn Big Ben mal Zeit in der Pocket bekommt, sollten Wallace und Brown die wichtigen Catches und Punkte machen, auch wenn es wohl nicht allzu viele werden dürften. Letztendlich sollten die Steelers aber auch gar nicht so viele Punkte brauchen um eine Woche später zu ihren guten Freunden aus Baltimore oder New England fahren zu dürfen.