Zum Abschluss des Sezierstunde-Kurses dann noch der Titelverteidiger. Die Green Bay Packers, die mit 10-6 und als #6 der NFC den Titel in der abgelaufenen Saison geholt haben.
Waren die Packers 2010/11 unschlagbar? Nope.
Wird man sich in fünf Jahren schwelgend an die Packers 2010/11 erinnern? Probably not.
Trotzdem beeindruckend, wie nach all den Verletzungsausfällen, seien sie permanent oder temporär gewesen, in der Saisonschlussphase noch einmal der Schalter umgelegt werden konnte und am Ende trotz weiterer Ausfälle in der Superbowl der Titel geholt werden konnte.
Die Huldigung
Die Haupt-Gratulation von meiner Seite geht neben Head Coach Mike McCarthy vor allem an General Manager Ted Thompson, der vor drei Jahren die Eier hatte, die Legende Favre abzusägen und trotz größter Widerstände auf den jungen Aaron Rodgers gesetzt hat. Es ist aus der Ferne schwer nachvollziehbar, wie mutig der Schritt war, aber wenn erst jetzt die letzten Rufe nach Favre am Verstummen sind, kann man die Tragweite der Entscheidung erahnen.
Aaron Rodgers
Rodgers hat nicht die Persönlichkeit, um Leute mitzureißen wie einst ein Brett Favre, und deshalb ist Rodgers wohl lange etwas unterschätzt worden. So richtig in die Top 3 der NFL QBs hätte ich Rodgers ab ziemlich genau Mitte November gewählt. Green Bay war eine eindimensionale Mannschaft und es war fassungslos, wie sich Rodgers hinter einer un-überzeugenden Offensive Line bewegte, wie ruhig er seine Receiver ausguckte. Ab diesen Tagen glaubte ich an die Möglichkeit, dass Rodgers eine Mannschaft zum Titel quarterbacken (ja, tatsächlich handelt es sich hierbei um ein Verb) könnte.
Offensiv den Hebel ansetzen
Trotz Superbowl-Sieg haben die Packers genügend Schwachstellen im Kader, als dass man schon jetzt von einer Dominanz für die kommenden Jahre ausgehen könnte. Eine dieser Schwachstellen ist die Offensive Line, die immer noch ein wunder Punkt ist. Sie war in der abgelaufenen Saison besser als 2009/10. Von Dominanz zu sprechen wäre glatte Übertreibung. Ein Problem ist auch der Alterungsprozess, vor allem bei LT Chad Clifton.
Die Passempfänger dürften durch die Rückkehr von TE Jermichael Finley eine enorme Verbesserung erfahren. Ich halte Finley für die dominanteste Offensiv-Waffen in Green Bay. Mit Finley ist die Offensivmaschine noch einmal eine Einheit geschmierter als sie phasenweise in den Playoffs eh schon lief.
Allerdings könnte mit WR Donald Driver die Beständigkeit in Person zurücktreten. Driver ist 36 geworden und hat 2010/11 erstmals seit Äonen wieder weniger als 1000yds erzielt. Mit WR James Jones ist zudem ein Mann Free Agent. Ich halte Jones für wertvoller als es seine produzierten Stats vermuten ließen (50 Catches, 679yds, 5 TD).
Das Laufspiel lief in den Playoffs unter Rookie James Starks besser als in der Regular Season. RB Ryan Grant wird von einer schweren Oberschenkelverletzung zurückkehren, aber Running Backs tendieren nach schweren Verletzungen schnell verbrannt zu sein. Für Grant ist dies bitter. Er ist nach 2011/12 Free Agent – nun wartet entweder eine verkürzte Saison oder ein Platz als Backup. So kann man Millionen verlieren. RB Brandon Jackson, der in den Playoffs hauptsächlich fangender Back war, ist Free Agent und wird wohl gehen.
Der Publikumsliebling FB John Kuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuhn ist ebenso Free Agent, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Green Bay den Mann ziehen lässt. Alles in allem gilt: Das Laufspiel hat in Green Bay mehr die Funktion eines Ablenkungsmanövers, denn die Funktion, das Offensivspiel im Alleingang zu tragen.
Defensiv den Hebel ansetzen
Die Defense ist trotz allem die bessere Hälfte in dieser Mannschaft. #2 nach DVOA, #1 nach Passspiel, #16 nach Lauf. Die Passverteidigung zeichnet sich vor allem durch sensationelle Deckungsarbeit und variable Blitz-Formationen aus.
Die Defensive Line ist um den jungen NT B.J. Raji gebaut. Der DE Cullen Jenkins wird mit hoher Wahrscheinlichkeit gehen (müssen), weil Green Bay in der ersten Runde an #32 wohl einen frischen Defensive Liner holen wird. Sind schließlich genügend Talente durch die Gegend laufend.
Die Linebacker dürfen den Chef, Nick Barnett, zurück heißen. Barnett ist ILB, doch das Problem liegt eher bei den OLBs. Nicht bei Clay Matthews. Sondern seinem Gegenpart, und in der Tiefe der LB-Gruppe.
Die Secondary ist IMHO das Prunkstück bei den Packers. Es gibt mit CB Charles Woodson einen absolut herausstechend überragenden Mann. Woodson ist ein Alleskönner, deckt zu, was zuzudecken ist und ist ein effizienter Blitzer. Allerdings wird Woodson mit bald 35 nicht jünger. Auf lange Sicht wird Green Bay einen Nachfolger brauchen, obwohl mit den intelligent spielenden CBs Shields und Williams schon gute Leute da sind. Die Safetys sind trotz des Touchdowns in der Superbowl nicht vom Kaliber „Polamalu“, sondern gehobene NFL-Klasse.
Ausblick
Offensive und Defensive Lines müssen verbessert und einige junge Alternativen für die Altstars herangeführt werden. Ansonsten schaut der Kader nicht schlecht besetzt aus. Die Defense ist zu Teilen noch recht jung und sollte unter dem großartigen DefCoord Dom Capers noch nicht alle Leistungsgrenzen ausgelotet haben.
Jetzt kommt der Draft, wo das GM-Genie Thompson auf die Talente dieser Welt losgelassen wird. Green Bay hat in den letzten Jahren außergewöhnlich viele Eigenbauspieler via Draft in die Mannschaft eingebaut. Hält sich der Trend, wird Green Bay langfristig auch in der schweren NFC North vorne dabei bleiben.