Green Bay Packers in der Sezierstunde

Zum Abschluss des Sezierstunde-Kurses dann noch der Titelverteidiger. Die Green Bay Packers, die mit 10-6 und als #6 der NFC den Titel in der abgelaufenen Saison geholt haben.

Waren die Packers 2010/11 unschlagbar? Nope.

Wird man sich in fünf Jahren schwelgend an die Packers 2010/11 erinnern? Probably not.

Trotzdem beeindruckend, wie nach all den Verletzungsausfällen, seien sie permanent oder temporär gewesen, in der Saisonschlussphase noch einmal der Schalter umgelegt werden konnte und am Ende trotz weiterer Ausfälle in der Superbowl der Titel geholt werden konnte.

Die Huldigung

Die Haupt-Gratulation von meiner Seite geht neben Head Coach Mike McCarthy vor allem an General Manager Ted Thompson, der vor drei Jahren die Eier hatte, die Legende Favre abzusägen und trotz größter Widerstände auf den jungen Aaron Rodgers gesetzt hat. Es ist aus der Ferne schwer nachvollziehbar, wie mutig der Schritt war, aber wenn erst jetzt die letzten Rufe nach Favre am Verstummen sind, kann man die Tragweite der Entscheidung erahnen.

Aaron Rodgers

Rodgers hat nicht die Persönlichkeit, um Leute mitzureißen wie einst ein Brett Favre, und deshalb ist Rodgers wohl lange etwas unterschätzt worden. So richtig in die Top 3 der NFL QBs hätte ich Rodgers ab ziemlich genau Mitte November gewählt. Green Bay war eine eindimensionale Mannschaft und es war fassungslos, wie sich Rodgers hinter einer un-überzeugenden Offensive Line bewegte, wie ruhig er seine Receiver ausguckte. Ab diesen Tagen glaubte ich an die Möglichkeit, dass Rodgers eine Mannschaft zum Titel quarterbacken (ja, tatsächlich handelt es sich hierbei um ein Verb) könnte.

Offensiv den Hebel ansetzen

Trotz Superbowl-Sieg haben die Packers genügend Schwachstellen im Kader, als dass man schon jetzt von einer Dominanz für die kommenden Jahre ausgehen könnte. Eine dieser Schwachstellen ist die Offensive Line, die immer noch ein wunder Punkt ist. Sie war in der abgelaufenen Saison besser als 2009/10. Von Dominanz zu sprechen wäre glatte Übertreibung. Ein Problem ist auch der Alterungsprozess, vor allem bei LT Chad Clifton.

Die Passempfänger dürften durch die Rückkehr von TE Jermichael Finley eine enorme Verbesserung erfahren. Ich halte Finley für die dominanteste Offensiv-Waffen in Green Bay. Mit Finley ist die Offensivmaschine noch einmal eine Einheit geschmierter als sie phasenweise in den Playoffs eh schon lief.

Allerdings könnte mit WR Donald Driver die Beständigkeit in Person zurücktreten. Driver ist 36 geworden und hat 2010/11 erstmals seit Äonen wieder weniger als 1000yds erzielt. Mit WR James Jones ist zudem ein Mann Free Agent. Ich halte Jones für wertvoller als es seine produzierten Stats vermuten ließen (50 Catches, 679yds, 5 TD).

Das Laufspiel lief in den Playoffs unter Rookie James Starks besser als in der Regular Season. RB Ryan Grant wird von einer schweren Oberschenkelverletzung zurückkehren, aber Running Backs tendieren nach schweren Verletzungen schnell verbrannt zu sein. Für Grant ist dies bitter. Er ist nach 2011/12 Free Agent – nun wartet entweder eine verkürzte Saison oder ein Platz als Backup. So kann man Millionen verlieren. RB Brandon Jackson, der in den Playoffs hauptsächlich fangender Back war, ist Free Agent und wird wohl gehen.

Der Publikumsliebling FB John Kuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuhn ist ebenso Free Agent, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Green Bay den Mann ziehen lässt. Alles in allem gilt: Das Laufspiel hat in Green Bay mehr die Funktion eines Ablenkungsmanövers, denn die Funktion, das Offensivspiel im Alleingang zu tragen.

Defensiv den Hebel ansetzen

Die Defense ist trotz allem die bessere Hälfte in dieser Mannschaft. #2 nach DVOA, #1 nach Passspiel, #16 nach Lauf. Die Passverteidigung zeichnet sich vor allem durch sensationelle Deckungsarbeit und variable Blitz-Formationen aus.

Die Defensive Line ist um den jungen NT B.J. Raji gebaut. Der DE Cullen Jenkins wird mit hoher Wahrscheinlichkeit gehen (müssen), weil Green Bay in der ersten Runde an #32 wohl einen frischen Defensive Liner holen wird. Sind schließlich genügend Talente durch die Gegend laufend.

Die Linebacker dürfen den Chef, Nick Barnett, zurück heißen. Barnett ist ILB, doch das Problem liegt eher bei den OLBs. Nicht bei Clay Matthews. Sondern seinem Gegenpart, und in der Tiefe der LB-Gruppe.

Die Secondary ist IMHO das Prunkstück bei den Packers. Es gibt mit CB Charles Woodson einen absolut herausstechend überragenden Mann. Woodson ist ein Alleskönner, deckt zu, was zuzudecken ist und ist ein effizienter Blitzer. Allerdings wird Woodson mit bald 35 nicht jünger. Auf lange Sicht wird Green Bay einen Nachfolger brauchen, obwohl mit den intelligent spielenden CBs Shields und Williams schon gute Leute da sind. Die Safetys sind trotz des Touchdowns in der Superbowl nicht vom Kaliber „Polamalu“, sondern gehobene NFL-Klasse.

Ausblick

Offensive und Defensive Lines müssen verbessert und einige junge Alternativen für die Altstars herangeführt werden. Ansonsten schaut der Kader nicht schlecht besetzt aus. Die Defense ist zu Teilen noch recht jung und sollte unter dem großartigen DefCoord Dom Capers noch nicht alle Leistungsgrenzen ausgelotet haben.

Jetzt kommt der Draft, wo das GM-Genie Thompson auf die Talente dieser Welt losgelassen wird. Green Bay hat in den letzten Jahren außergewöhnlich viele Eigenbauspieler via Draft in die Mannschaft eingebaut. Hält sich der Trend, wird Green Bay langfristig auch in der schweren NFC North vorne dabei bleiben.

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Oakland Raiders in der Sezierstunde

Der Komödiantenstadel der NFL. Die Oakland Raiders. Aus unterhaltungstechnischer Sicht fast schon schade, dass die Raiders in diesem Jahr keinen Draftpick in der ersten Runde haben (haben sie vor eineinhalb Jahren im Tausch für DE Richard Seymour hergegeben). Das Theater um die Fehlentscheidungen im Management wäre mal wieder köstlich gewesen.

Kollisionskurs

Nun haben die Raiders in der abgelaufenen Saison phasenweise sogar sehr akzeptabel gespielt. Da sind zwar keine Ästheten am Werk, aber passend zum rauen Head Coach Tom Cable wurde knallharter Football gezeigt, mit viel Laufspiel über den endlich aufgeblühten ex-Hog Darren McFadden und mit einer abschnittweise richtig überzeugenden und emotionalisiert aufspielenden Defense.

Resultat: Cable musste gehen. Über die Gründe der Entlassung kann ich nur spekulieren. Cable durfte bleiben, nachdem er Assistenten geprügelt hatte und nach einer schwachen 2009er-Saison. Ob der Grund im Finanziellen liegt? Cable hätte bei Verbleib auf der Stelle das Gehalt der nächsten beiden Saisons bekommen. Andererseits: Wenn du Jamarcus Russell 39 Millionen in den Arsch steckst…

Nun ist mit Hue Jackson der nächste offensiv denkende Head Coach am Werk, und einer, dem ich schon qua Hautfarbe Erfolg wünsche.

Oaklands Offense

Die Offensive Line fand ich in den drei getapten Spielen von ESPN America nur mäßig. Mit Guard Robert Gallery hat nun ein ehemaliger hoher Draftpick verkündet, nicht zu verlängern. Gallery war einst als Tackle gefloppt und danach oft verletzt, galt aber als solider Guard. Gallery galt auch als „Cable Guy“. Ein, zwei Verstärkungen täten gut.

Die Running Backs sind eine Stärke. McFadden hat gespielt wie seit Arkansas-Zeiten nicht mehr. Allerdings ist RB Michael Bush RFA. Sollte verlängert werden, wenn es nach mir geht.

Auf der Tight-End-Position ist Handlungsbedarf, sollte man mit TE Zach Miller nicht verlängern. Miller ist Oaklands wichtigste Anspielstation. Bei den Wide Receivers hat man mit WR Jacoby Ford und WR Louis Murphy zwei aufstrebende Talente, die zusammen über 1000yds machten. Eine #1 fehlt, weil der pfeilschnelle WR Heyward-Bey wie allgemein prognostiziert schwer nach Flop riecht. Heyward-Bey war vor zwei Jahren ein hoher Draftpick und alle hatten Al Davis und seine Raiders dafür böse verspottet.

Die Quarterbacks? Oakland spielt mit QB Jason Campbell. Kein Mann für feuchte Unterhöschen, aber auch keiner, der dir das Spiel vergeigen wird. Campbell gilt als gesetzt, vor allem, weil der beliebte QB Gradkowski gehen wird. Und in diesem Jahr wird Oakland kein Upgrade bei den QBs holen, höchstens einen jungen Mann zum Entwickeln. Jackson ist ein ehemaliger QB-Coach, also warum nicht?

Oaklands Defense

Zuerst der Vergleich zwischen absoluten Zahlen und DVOA:

Absolut: #2 Pass, #29 Lauf
DVOA: #16 Pass, #12 Lauf

Sehr krasse Diskrepanz, die wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass man mit Kansas City, Jacksonville, Miami, Arizona und Tennessee Gegner hatte, die sich fast ausschließlich über Laufspiel definieren und somit entsprechend wenig via Luftweg gegen die Raiders unternommen haben. Das schlägt sich im DVOA wieder, wo die Defense in Relation zur Stärke der gegnerischen Offense gesetzt wird.

Die Defensive Line gilt als Schwachpunkt, trotz großer Namen wie Richard Seymour, Tommy Kelly oder John Henderson.

Die Linebackers gelten um den ehemaligen Browns-Spieler Wimbley als sehr solide, aber etwas dünn besetzt. Der junge Rolando McClain (von Alabama) hat noch Luft nach oben und muss sich steigern, nachdem er sich’s schon mit Teilen des Publikums verscherzt hat.

Größte Baustelle ist die Secondary. Grund: CB Nnamdi Asomugha ist Free Agent und wird mit größter Wahrscheinlichkeit woanders hingehen. Asomugha galt auch als „Cable Guy“ und war seit Jahren dafür verantwortlich, dass gegen Oakland sämtliche #1-Wide Receivers abgemeldet waren. Ich glaube auch nicht, dass Oakland Asomugha behalten wird. Vor ein paar Jahren ließ man auch Charles Woodson ohne mit der Wimper zu zucken ziehen. Ein Fehler.

Wie die Faust aufs Auge würde CB Antonio Cromartie passen. Cromartie ist zwar kein überragender CB, aber einer, der viele INTs macht und ein etwas zweifelhafter Charakter. Noch produktiver im Bett als auf dem Feld. Mindestens sieben Kinder, verstreut auf 5-6 Bundesstaaten. Free Agent. Und ein fehlender Baustein in Oakland. Noch Fragen?

Ausblick

Oakland hat zuletzt alle sechs Divisionsspiele gewonnen. Nur aufgrund einiger unglaublicher Niederlagen (Arizona, San Francisco, nur 2-2 gegen die NFC West!!) wurden die Playoffs verpasst. Trotzdem nun mitten im Aufschwung der Trainerwechsel – und dann eine interne Lösung. Manchmal wunderst dich dann doch noch. Selbst bei den Raiders.

Solide Mannschaft mit guter Basis. Wenn’s jetzt noch einen Top-Quarterback hätten…

Für weitere „Sezierstunden“ bitte hier entlang.

Seattle Seahawks in der Sezierstunde

Freak-Saison für die Seattle Seahawks: Mit neuem Coach als Team im Umbruch gestartet, am Ende trotz schwacher Statistiken Divisionssieger und am Ende als erste Mannschaft mit negativer Playoffbilanz den Titelverteidiger New Orleans aus dem Wettbewerb gekegelt. Das Heimspiel gegen die Saints war elektrisierend, dank des Feuers in der Mannschaft und auf den Rängen.

Trotzdem: Seattle war 7-9 und hat an der Playoffteilnahme womöglich langfristig zu knabbern. Denn anstatt an #8 picken die Hawks nun an #25 in jeder Runde. Ein nicht zu unterschätzender Nachteil in einer Mannschaft mit extrem vielen Löchern.

Handlungsbedarf in der Verteidigung

Ich habe nur 3x Seahawks gesehen. Das genügte aber, um die Schwachstellen ausfindig zu machen. Das Laufspiel ist nicht mehr als grundsolide, der Quarterback alt und unkonstant. Das ist alles nichts gegen die fürchterliche Secondary.

Die Cornerbacks haben allergrößte Problem im Duell Mann gegen Mann und brauchen dringend jeden neuen Impuls von außen. Keinen Deut besser schaut es in der Mitte bei den Safeties aus. Ich wusste gar nicht, dass Lawyer Milloy noch spielt. Jetzt weiß ich, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, wenn Milloy nicht mehr spielen würde. Handlungsbedarf: extrem hoch.

Die Linebackers sollten vom Spielermaterial her passen. OLB Aaron Curry galt als großes Versprechen. Eingelöst hat er davon nicht lange nicht alles. ILB Lofa Tatupu ist verletzungsanfällig, gilt aber als Typ, der eine Defense führen kann. Die Defensive Line spielt phasenweise groß auf, aber nicht konstant genug.

Handlungsbedarf im Angriff

Bruchstückhaft ist auch die Offense, angefangen beim alternden QB Matt Hasselbeck. Hasselbeck wird nicht mehr lange spielen, aber an guten Tagen ist Hasselbeck immer noch recht effizient. Ich glaube, Seattle wird an #25 im Draft aktiv, sollte mit QB Jake Locker der Lokalheld (spielte an der nahen University of Washington) noch frei sein. Wobei mir in Seattle nicht klar ist, weshalb man Lokalhelden braucht. Das wunderschöne Stadion ist sowieso immer huckevoll. Nicht ausgeschlossen auch: QB Matt Leinart. Der spielte einst unter Carroll an der University of Southern California. Handlungsbedarf: gegeben, auch nicht Top-Priorität.

Dringender ist aber die Baustelle „Offensive Line“. Jahrelang Seattles größte Stärke und verantwortlich für viele tausend Yards von RB Shaun Alexander, aber mittlerweile ist davon nicht mehr viel zu sehen. Handlungsbedarf: Dringend.

Das Laufspiel ist ebenso mau. RB Marshawn Lynch hat bis auf den Sensationslauf gegen die Saints nicht allzu viel gezeigt. Das Passspiel krankt daran, dass es keine eindeutigen #1-Receiver gibt. Handlungsbedarf: Gegeben, aber Secondary und Offensive Line sind eindeutig wichtiger.

Ausblick

So viele Baustellen und doch Hoffnung. Hoffnung, dass Seattle öfters mit dem Feuer wie gegen die Saints spielt. Allerdings wird der Spielplan 2011/12 wesentlich ungemütlicher als noch in diesem Jahr.

Carroll muss neben den personellen Veränderungen auch einen Mentalitätsumschwung einleiten. Seattle hat sich phasenweise reaktionslos in sein Schicksal ergeben und hat mehrere Spiele wehrlos abgeschenkt. Das Punkteverhältnis von 310:408 spricht Bände.

Ich gebe Seattle selbst in der schwachen NFC West nur geringe Chancen auf eine Playoffteilnahme im kommenden Winter. Es ist eine Offseason, in der Carroll die Rahmenbedingungen schaffen muss, damit im kommenden Jahr der Einkauf von Playmakern Sinn machen kann.

Zu weiteren Sezierstunde-Ausgabern geht es an dieser Stelle, oder unter dem Tag Sezierstunde.

Tennessee Titans in der Sezierstunde

Die Titans, der jüngste Neuzugang im exklusiven NFL Chaos Club. Gestartet als Team mit Anspruch auf die Playoffs, geendet mit Auflösungserscheinungen, zerfetzt von internen Streitigkeiten, Talentvergeudung und einem greisen Owner auf Al Davis’ Spuren.

Saison rekaputuliert

Begonnen hat alles eigentlich nicht schlecht. Die Titans siegten, egal ob mit QB Vince Young oder QB Kerry Collins, trotz eines nicht überragenden Laufspiels. Aber irgendwann Mitte der Saison verletzte sich WR Kenny Britt, zerkrachten sich Head Coach Jeff Fisher und QB Young endgültig und unwiderruflich, enteierte Owner Bud Adams öffentlich Coach Fisher und brach die Titans-Offense komplett auseinander. Die Verzweiflung ging sogar soweit, dass der ultimative Egoshooter Randy Moss nach turbulenten Wochen spät im November eingekauft wurde.

Resultat: Zuerst gewann Fisher den internen Machtkampf gegen Young. Dann wurde Fisher spät, aber doch noch, nach 16 Jahren gefeuert und mit Mike Munchak den OffLine Coach befördert. Tennessee riecht nach Neuausrichtung, ist auf dringender QB-Suche und muss eine Reihe anderer Löcher stopfen.

Die QB-Frage

Young hat sich letztendlich als zu labil für die NFL erwiesen. Ich hatte trotzdem stets einiges auf Young gegeben und Young hatte auch Ansätze von Genialität gezeigt. Zugegeben: Zu selten. Leider, leider kein schwarzer Nachfolger für meinen NFL-Lieblingsspieler Steve McNair. Tennessee braucht einen QB. Treppenwitz: Mit Cam Newton wäre der nächste mobile, schwarze QB via Draft erhältlich.

Munchaks Beförderung zum Head Coach könnte aber ein Zeichen sein, dass Adams 2011/12 rumbringen wollte, um im nächsten Winter den Coach der Zukunft zu installieren. Von daher glaube ich nicht an einen QB via Draft.

Tennessee könnte einen erfahrenen Mann gut gebrauchen. Kyle Orton scheint nun doch in Denver erwünscht zu sein. Kevin Kolb könnte zu teuer sein. McNabb ist eine Option, Leinart (?) oder Alex Smith? Quarterbacks aus der zweiten Reihe gibt es als Übergangslösung zur Genüge.

Die restliche Offense

Über Jahre die absolute Stärke in Nashville. Aber immer, wenn RB Chris Johnson über die Mitte geschickt wurde, lief NICHTS. Johnson ist ein fantastischer Running Back, aber wenn Johnson überfordert ist, muss an der Offense Line gearbeitet werden. Die Football Outsiders ranken Tennessees Line #31 im Lauf-Blocking. Einunddreißig. Für die kürzlich noch beste Line der Liga. Für mich ist Offense Line #2-Priorität nach QB. Der Rest der Offense ist personell stark besetzt. Was mit Randy Moss (Free Agent) passieren wird, bleibt offen.

Die Defense

Weil ausgerechnet QB und Offensive Line im Draft an #8 als nicht ausreichend stark besetzt gelten, wird Tennessee mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem hohen Pick die Defense Line verstärken. Gäbe Sinn: Nach Haynesworths unschönem Abgang fehlt der große, fette Mann in der Mitte der Line. Vielleicht wird’s auch ein End, weil drei eigene Ends Free Agents werden.

Ansonsten finde ich die Defense nicht schwach besetzt. Ein paar OLBs und ILB Steve Tulloch haben auslaufende Verträge. Tulloch gilt als sicherer Abgang, weswegen man auf der Suche nach einem neuen ILB sein könnte. Die Secondary ist mit dem Kotzbrocken-CB Cortland Finnegan an erster Stelle hochkarätig besetzt.

Die Coach-Frage(zeichen)

Mike Munchak ist neuer Head Coach. Munchak, dessen Teilbereich Offense Line zuletzt so böse abgeschmiert war. Neuer OffCoord ist Chris Palmer, der bei mir dank des Umgangs mit Tim Couch (Cleveland) und David Carr (Houston) einen verheerenden Ruf „genießt“. Andererseits hat Palmer Romo und Eli Manning verbessert.

Die Wide Receivers werden von einem ehemaligen QB (Dave Ragone) gecoacht. Ragone war ein Top- QB im College, aber ganz schwach in der NFL. Die Offense Line wird vom Titans-Urgestein Bruce Matthews gecoacht. Matthews hat zuletzt ein zweijähriges „Praktikum“ in Houston absolviert.

Der neue DefCoord ist nach wochenlangem Hickhack Jerry Gray, der schon seinen dritten Job in diesem Jahr hat (erst Seattle, dann ein paar Tage University of Texas, jetzt Titans). Gray zehrt bei mir noch von seiner bärenstarken Bills-Defense vor ein paar Jahren.

Eine Reihe von bekannten Namen. Aber auch eine Reihe von unerfahrenen Coaches.

Ausblick

Tennessee kann mit entsprechenden Verstärkungen (QB, OL) schnell wieder konkurrenzfähig sein. Die Defense könnte sich mit ein, zwei Verstärkungen wieder das Attribut „dominant“ verdienen. Die Unbekannte liegt neben den Fragezeichen in der Offense vor allem im Coaching Staff.

Die AFC South ist eine Division, in der viele Teams seit Jahren Talentverschwendung betreiben. Nicht ausgeschlossen, dass die Titans schnell wieder ganz vorne mitmischen.

Es gibt noch weitere „Sezierstunden“. Und zwar hier.

New York Jets in der Sezierstunde

Mark Sanchez

Wohl und Wehe der Jets hängen an Mark Sanchez - ©Wikipedia

Zum zweiten Mal en suite sind die Jets im AFC-Finale gescheitert. Diesmal nicht aufgrund fehlender Variabilität in der Offense, sondern aufgrund ihrer Schnarchnasigkeit. Gegen eine lockere schlagbare Steelers-Truppe wurde mal eben so lange gepennt, bis es 0-24 stand. Am Ende hätte es trotzdem fast noch gereicht.

Ich selbst lag durchaus lange daneben in der Einschätzung der Jets. Erst hielt ich sie für überschätzt (Resultat: sie starteten 5-1), dann für sehr mächtig, weil sie massiv enge Spiele entschieden (schwache drittes Saisonviertel), dann wegen eben dieser Pleiten wieder für überschätzt (sie wurden wieder dominanter). In den Playoffs habe ich dreimal gegen die Jets gesetzt. Erst beim dritten Mal zurecht, und rückwirkend betrachtet hätten sie selbst dieses Spiel gewinnen müssen.

Der Quarterback ist das Problem

Jo, ich weiß. QB Mark Sanchez gilt als heiße Ware und als Komet am NFL-Firmament. Sanchez hat auch erkennbare Fortschritte gemacht. Aber die Jets sind dafür gebaut, JETZT zu gewinnen und nicht erst in 2-3 Jahren. Wie anders sollte die massive Shopping-Tour der letzten Jahre interpretiert werden?

Nun ist Sanchez zwar ein sehr effizienter Spieler, wenn er Play-Action spielen kann. ABER: In dem Moment, in dem das Laufspiel aus dem Spiel genommen wird, sind die Jets auf verlorenem Posten, weil die Mannschaft zwar eine herausragende Basis besitzt, aber ausgerechnet auf der wichtigsten Position, dem Quarterback, nicht optimal besetzt ist. Ein ähnliches Problem wie beim Stadtrivalen Giants. Weil Sanchez aber einen teuren Vertrag hat und noch jung ist, wird man ihn nicht absägen (können).

Die Offense

Ich will Sanchez nicht schlechter machen, als er ist. Bei gegebenen Umständen gefällt der Mann mir sogar ausgesprochen gut (eben Play-Action). Die Jets werden also die Rahmenbedingungen verbessern müssen. Heißt: Die Offensive Line nach dem Abgang Damien Woodys verbessern. Bessere Offense Line à besseres Laufspiel à deutlich besserer Mark Sanchez.

Zweite Baustelle: Die Wide Receivers. Mit WR Holmes und WR Edwards haben gleich zwei keinen Vertrag. Es gilt als sicher, dass nur einer von beiden bleiben wird. Für die Offense (und Sanchez) wäre das eine erhebliche Schwächung. Dazu ist auch der X-Faktor Brad Smith vertragslos. Smith kann so ziemlich alles ein bisschen: Kick returnen (28.6yds/Return, 2 Touchdowns), End Arounds (7,9yds/Lauf, 1 TD), Bälle fangen (1 TD) und Bälle werfen (1 TD).

Die Defense

Wir haben es bei den Jets mit einer herausragenden Defense zu tun. Das geballte Wissen, das seit Jahren aus Baltimore auf die Liga verteilt wird, hat mit Rex Ryan und Mike Pettine nun auch in New York Einzug gehalten. Die Defense gehört zu den besten, nur ist sie nicht die allerkonstanteste. Aber sie kommt in vielen Variationen daher: Zu Saisonbeginn wurde viel und erfolgreich geblitzt, später wurde mehr auf Coverage gesetzt.

Mit NT Kris Jenkins wurde nun der Anker entlassen. Jenkins war allerdings eh die meiste Zeit verletzt. DE Shaun Ellis wird nicht jünger und daher gilt es als ausgemacht, dass die Defensive Line verbessert werden muss.

Die Expertenriege fordert für die Jets dazu ganz vehement einen Pass-Rush-Linebacker. Für mich sind die Jets aber durchaus in der Lage, mit vorhandenem Potenzial und ohne allzu reichhaltige Blitz-Packungen großen Druck zu entfachen. Der Ruf nach einem OLB wird vermutlich auch daher laut, weil sich der gehypte Vernon Gholston als komplette Grütze erwiesen hat. Die Jets werden einen Pass Rusher in Runde eins draften. Darin sind sich alle überraschend einig.

Die Secondary wird aller Voraussicht CB Cromartie verlieren. CB Darrelle Revis war in dieser Saison verletzungsbedingt nicht voll auf der Höhe und CB Kyle Wilson (Boise State!) hatte noch Anpassungsschwierigkeiten. Sollte Cromartie gehen, bräuchten die Jets auch einen Cornerback. Man stelle sich nun vor, Asomugha käme aus Oakland… Aber die Jets werden kaum einen weiteren zweistelligen Millionenbetrag in die Secondary spucken.

Die Special Teams

Viele Fragezeichen. KR Brad Smith wie gesagt ohne Vertrag. Dazu könnte auch der PR Holmes gehen. Das größte Problem stellt aber Kicker Nick Folk dar, zu dem Rex Ryan ganz offen keinen Funken Vertrauen hegt. Unter diesen Umständen ist an einen Verbleib Folks nur schwer zu denken.

Ausblick

Jets Head Coach Rex Ryan

Rex Ryan - Foto: Flickr

Die Jets haben das Personal für ganz oben. Rex Ryan hat mich vom Coaching mittlerweile auch überzeugen können, auch wenn seine sonstige Art so gar nicht meinen Geschmack trifft. Hätten die Jets einen überzeugenderen Quarterback, ich würde schon mal einen leisen Superbowl-Tipp abgeben.

So reicht es erstmal „nur“ zum Zweikampf mit den Patriots um die Divisionskrone.

Weitere „Sezierstunden“ gibt es hier oder unter dem Tag Sezierstunde.

San Francisco 49ers in der Sezierstunde, die Schlussrunde

Auch der Sonntag gehört zur Abrundung den San Francisco 49ers. Bisher hatten wir drei Teile:

#1 Coaching
#2 GM/Offense 
#3 Defense

Diesmal beantworten Reiner, Chris und Martin von 49ers Fanzone noch die letzten beiden Fragen zu zwei allgemeinen Themen – viel Spaß.  Ich hatte ihn. Und will ihn den Lesern nicht vorenthalten.

#8 Die Seahawks flogen in die Playoffs – und dürfen als Lohn 18 Picks später draften. Ist das Verpassen der Post Season rückwirkend sogar ein Glücksfall für die 49ers?

* Martin:

Es kann nur ein Ziel für jedes Team geben und das heisst Super Bowl. Dafür muss man zunächst in die Play-Offs, die somit ein Minimalziel in jeder Saison darstellen. Ich will mein Team siegen sehen und für mich persönlich sind die Play-Offs wichtiger als ein hoher Pick. Darüber hinaus glaube ich, dass es für jeden einzelnen Spieler eine gute Erfahrung ist, in den Play-Offs zu spielen. Das bringt Erfahrung und steigert die Motivation. Außerdem wäre man in einem „guten Jahr“ kein Neuling in den Play-Offs, was dann auf jeden Fall hilft. Kurzum, ich würde jeder Zeit den Pick #7 für einen Play-Off Platz eintauschen.

* Chris:

Wenn es gehen würde, würde auch ich den aktuellen Pick 7 gegen einen späteren Pick nächstes Jahr mit Playoffgarantie eintauschen. Die Playoffs müssen immer das Ziel sein. Den Seahawks hätte das kaum jemand zugetraut, sie haben es geschafft und sogar ein Spiel gewonnen. In den Playoffs kann alles passieren und Erfahrung schadet nicht. Nun gilt es Pick 7 zu nutzen um sich für die nächste Saison noch optimaler in Position zu bringen für die Playoffs. Das ultimative Ziel ist die Super Bowl. Dafür wird es Zeit, dass die 49ers endlich mal wieder in die Playoffs kommen. Hohe Picks hatten wir genug und wirklich gute Front Offices finden auch in den Picks der Playoffteams gute Spieler (siehe Patriots, usw.)

* Reiner:

Definitiv nein! Die Playoffs zu erreichen ist das große Ziel, denn danach kann (fast) alles passieren. Die Spieler, aber auch die Coaches profitieren von den Playofferfahrungen. Nichts kann diese Erfahrungen ersetzen. Wenn ich vor der Frage stehen würde „Playoffteilnahme oder Pick #7“ gäbe es nichts zu überlegen:

Playoffteilnahme.

#9 Candlestick Park ist eine der letzten ungeliebten Multifunktionalarenen in der NFL. Die 49ers schreien seit Jahren nach einem neuen Stadion. Nun ist eines in Santa Clara im Gespräch – auf die Gefahr hin, dass sich der Teamname ändern könnte. Wie viele Kübel kotzt der gemeine 49er mit „Santa Clara 49ers“ im Hinterkopf voll?

* Martin:

Candlestick Park

Candlestick - Foto: TSRT

Formal gesehen, sind es ja heute schon die Santa Clara 49ers. Der Bau des Stadions in direkter Nähe des Hauptquartiers würde dieses nur noch ein wenig deutlicher machen – aber der Name würde trotzdem bleiben, das hat das Management ja schon sehr deutlich gemacht. Wichtig ist eigentlich, dass es überhaupt eine Stadion-Lösung gibt, sonst ist eine Umbenennung (weil Umzug) nur noch eine Frage der Zeit. Generell wäre mir aber ein Stadion näher an der Stadt lieber und irgendwie hoffe ich, dass Santa Clara das Geld nicht zusammen bekommt und das Team gemeinsam mit der Stadt San Francisco eine Lösung am Hunters Point findet. Plan C wäre dann ein gemeinsames Stadion mit den Raiders, was aber dann durchaus auch auf der „falschen Seite der Bay“ stehen könnte…. Die vom neuen Governor vorgeschlagenen Stadion in Berkeley oder Palo Alto sind keine Option, dann droht wirklich der Umzug – und das würde wohl die oben beschriebene Reaktion hervorrufen!

* Chris:

Eine Namensänderung kann sich die Familie York nicht erlauben, solange das Team in der Bay Area spielt. Extrem lange auf ein neues Stadion warten kann man aber auch nicht. Santa Clara als Standort hat für das Team sicherlich Vorteile, doch ein Stadion im näheren Grossraum San Francisco würde mir auch besser gefallen. Ein eigenes Stadion wäre echt toll, doch realistisch gesehen wird die Arena einen Rot/Gold-Schwarz/Silber Anstrich kriegen. Oakland ist dann als Standort vermutlich die bessere Wahl. Santa Clara soll ja auch wegen der Verkehrsanbindung ausgewählt worden sein. Nach Alameda kommt man von SF mit der BART oder über die Bay Bridge, die ja ausgebaut wird, auch recht gut. Daneben ist das Kolosseum von Highways umzingelt und eine Amtrakstation ist auch da. Spiele in Berkeley oder Palo Alto schliesse ich nicht so kategorisch aus, zumindest als Übergangslösung. Langfristig sollte aber ein eigenes/geteiltes NFL Stadion als Lösung angestrebt werden. 

* Reiner:

Die Santa Clara 49ers wird es nicht geben, das wurde ja bereits eindeutig gesagt. Und das das Hauptquartier der 49ers sowieso schon in Santa Clara liegt wäre ein neues Stadion in der Nähe des Hauptquartiers nicht verkehrt. Es ist jedenfalls besser als Berkeley oder Palo Alto. Sollte es darauf hinauslaufen werden die 49ers über kurz oder lang umziehen, und das wäre nun wahrlich kein Grund zur Freude. Ideal wäre ein neues Stadion in San Francisco; wenn das nicht möglich ist wäre Santa Clara absolut in Ordnung. Und als letzte Lösung bliebe ja noch die Option, gemeinsam mit den Raiders ein neues Stadion zu bauen. Es ist auf jeden Fall alles besser als ein Umzug, der mit einer Umbenennung verbunden wäre. Und deshalb muss es sehr bald eine Entscheidung in der Stadionfrage geben, sonst ist ein Umzug wohl unausweichlich.

So, das war’s dann mit Lesestoff aus der Tastatur von 49ers-Experten. Es gibt noch weitere „Sezierstunde“-Ausgaben. Hier.

San Francisco 49ers in der Sezierstunde, die dritte

49ers in der etwas anderen Sezierstunde zum Dritten. Diesmal wieder ein Zweierpack. Heute wird nicht die Offense auseinander genommen, sondern die Defense, wieder von Martin, Reiner und Chris von der 49ers Fanzone.

#6 Trotz 36 Sacks – San Franciscos Front Seven wirkte phasenweise weniger dominant als das Spielermaterial vermuten ließe. Jetzt kräht die halbe NFL nach einem Top-Pass Rusher – auch die 49ers?

* Reiner:

Definitiv! Zwar kann bereits eine insgesamt aggressiver auftretende Defense – die letzten Spielzeiten wirkte die Defense oft, als dürfte sie nur mit angezogener Handbremse spielen – helfen und Druck vom Defensive Backfield nehmen. Dennoch fehlt den 49ers seit Jahren ein Spieler, der konstant Druck auf den gegnerischen QB ausübt und auch seine Sacks erzielt. Diesen Druck zu erzeugen soll und muss eine der ersten Aufgaben der Defense unter dem neuen DC Vic Fangio sein, und ein Top Pass Rusher via Draft (Miller? Quinn?) sollte Ende April eine der interessantesten Optionen für die 49ers sein, denn über die Free Agency einen Pass Rusher zu bekommen könnte extrem teuer, wenn nicht sogar unmöglich sein.

* Martin:

36 Sacks? Echt? Es sind gefühlte 10… Jedes Team sucht gute Pass-Rusher, egal wie viele es schon auf dem Roster hat. Davon kann man kaum genug haben. Die 49ers suchen seit Jahren, allerdings suchen sie auch seit Jahren ein vernünftiges System in der Defense. Manusky hat die Defense ein wenig gradliniger gemacht, was schon mal ein guter Schritt nach vorne war. Aber genau wie in der Offense hatte man den Eindruck, dass Mike Singletary hier auf veraltetete Konzepte gesetzt hat und mehr drin gewesen wäre. Die Defense hat deutlich mehr Lücken als die Offense und da es vermutlich keinen QB in Runde 1 gibt, wäre Pass-Rusher eine gute Wahl – genau wie CB – oder NT – oder…

* Chris:

Die 49ers haben das Spielermaterial um einen guten Pass Rush zu haben. Man darf nicht vergessen, dass die praktisch gleiche Crew im Vorjahr in den Top 5 war, was Sacks angeht. Doch war man vermutlich nicht innovativ genug und so stellten sich die Gegner auf die 49ers besser ein. Vic Fangio muss hier eine aggressivere Truppe aufs Feld schicken; die Front 7 gemeint, nicht die übermotivierten CBs. Ich denke den 49ers fehlt es nicht an einem OLB als Pass Rush Spezialist. Es wären Leute da, die das in Personalunion machen können (Lawson, Haralson, LaBoy), doch wurde diese Gruppe halt nicht entsprechend eingesetzt. Hilfe ist immer willkommen, doch hat die Defense ja auch noch andere Löcher. Wie Martin richtig sagt, muss man sich auch um CB, NT, FS und den zweiten ILB neben Willis kümmern. Ich erwarte, dass die 49ers neben zwei QBs auch zwei OLBs und mindestens zwei DBs während der Draft zu ihrem Team hinzufügen.

#7 In der wackeligen Secondary wirkt der teure Nate Clements immer mehr wie ein überbezahlter Destabilisator. Wie dringend braucht es Verstärkung, oder traut man dem Duo Fangio/Donatell Verbesserung durch Coaching zu – vor allem mit Donatells fürchterlichen Secondarys in Denver im Hinterkopf?

* Martin:

Genau meine Frage :). Wenn man böse sein will – und in Bezug auf Clements bin ich das – hat er alleine dafür gesorgt, dass die 49ers die Play-Offs nicht erreicht haben. Sein Fehler führte dazu, dass die Seahawks im ersten Spiel die Kurve bekommen haben und sein Fehler war einer der Hauptgründe für die Niederlage gegen die Falcons. Auch sonst hat er – wie in den letzen Jahren auch – nicht viel für seine Millionen gezeigt. Die ganze Secondary ist eine Baustelle, aber die Position des #1 CB ist die größte Schwäche und daher ist Cornerback eine echte Need-Position (Bring on Peterson!!). Eine der Hauptaufgaben von Donatell wird aber auch sein, das Potential der jungen Defensive Backs voll auszuschöpfen. Ich habe die Broncos nicht so verfolgt, daher kann ich nicht abschätzen, was vom neuen Defensive Backs Coach zu erwarten ist. Seine Erfahrung – auch als Coordinator – sollte aber helfen und im Vergleich zum vorherigen Positions-Coach erwarte ich, dass er ein Upgrade darstellt.

* Chris:

Clements zeigte, wie die ganze Mannschaft, immer wieder was er kann, um danach einen Fehler zu machen. Die schwache Secondary an ihm festzumachen ist aber etwas zu vereinfacht. Die ganze Secondary litt auch unter dem plötzlichen Abgang von Michael Lewis, einem schwächelnden Pass Rush, usw. Den Pass Rush kann man durch Innovation aus den vorhandenen Spielern sicherlich rausholen. Im Defensive Backfield sind verschiedene junge Spieler mit viel Potential vorhanden. Fangio und Donatell sollten zusammen sicherlich etwas entwickeln können. Ein Spieler wie Peterson würde aber sicherlich viel helfen, zumal die Tiefe in der Secondary nicht wirklich gut ist. Aus der Draft kann ich mir vorstellen, dass man mit 2-3 DBs (die Position des Free Safeties ist ja auch noch offen und Mays muss sich auch noch beweisen) hervorkommt. Bei Denver habe ich keine so fürchterliche Secondary im Kopf, sondern, dass mit beschränktem Material durchaus solide gearbeitet wurde.

* Reiner:

Da ich die Broncos nicht so intensiv beobachte kann ich nicht wirklich was dazu sagen, ob die Secondary in Denver so furchtbar war. Ich erhoffe mir jedenfalls ein Upgrade gegenüber den bisherigen Secondary-Coaches der 49ers, die ja nun wahrlich nicht allzu viel bewirken konnten. Auf Cornerback muss aber dringend etwas passieren! Die 49ers brauchen einen klaren #1 CB, und Clements war das leider viel zu selten. Shawntae Spencer enttäuscht seit seiner Vertragsverlängerung ein ums andere Mal, und dahinter ist auch nicht so viel, wie es scheint. Hier muss über die Draft (Peterson, Amukamara) und/oder über die Free Agency unbedingt eine Verbesserung erreicht werden. Auf Safety hat Dashon Goldson richtig enttäuscht, und Taylor Mays war scheinbar noch nicht so weit, wie man sich das erhofft hatte. Insbesondere auf den Safety-Positionen, aber natürlich auch auf Cornerback hoffe ich, dass Donatell die jungen Spieler weiterentwickeln kann.

Morgen, Sonntag geht es weiter mit zwei Abschlussfragen.

San Francisco 49ers in der Sezierstunde, die zwoate

Es geht weiter mit den 49ers in der etwas anderen Sezierstunde. Diesmal ein Triplepack, wieder beantwortet von Martin, Reiner und Chris von der 49ers Fanzone.

#3 Die Suche nach dem neuen General Manager hat sich aus’m Hinterzimmer betrachtet nicht wirklich als „Suche“ erwiesen. Hat man von Anfang an auf Trent „Hey, ich bin der Praktikant ausm eigenen Hause!“ Baalke gesetzt und wenn ja, aus welchen mir nicht ersichtlichen Gründen?

* Chris:

Es hätte eine ausgedehntere Suche geben können. Dieser Punkt wurde im Rahmen des Webradios zu jener Zeit auch heiss diskutiert. Die Suche begann jedoch zu einer Zeit, als die meisten interessanten Kandidaten noch mit ihren Teams noch mitten in der Saison und daher nicht verfügbar waren. Man hatte also die Wahl zwischen einem der verfügbaren, den man für kompetent hält, oder auf einen anderen warten, in der Ungewissheit, ob er dann besser ist. Das Risiko hätte sein können, dass der bessere Kandidat dann nicht mehr da ist. Irgendwann musste eine Entscheidung getroffen werden. Baalke kannte man. Man weiss was man an ihm hat und offenbar gefiel Jed York, was er da kennenlernte. Es gibt kein kopierbares Erfolgsrezept. Die 49ers in den glorreichen Zeiten waren aber auch deshalb erfolgreich, weil Owner, General Manager und Head Coach harmonierten. Genau dies muss nun auch wieder funktionieren und Baalke kann beweisen, ob er der richtige Mann ist.

* Reiner:

Gute Frage. Es wirkt zumindest so. Ich war in der Zeit skeptisch, weil mir die Gespräche mit interessanten Leuten aus der NFL gefehlt haben. Nicht zuletzt, um auch mehr Input zu bekommen, was eine mögliche Restrukturierung der 49ers angeht. Allerdings muss man zugeben, dass es schwer geworden wäre, Jim Harbaugh als HC zu bekommen, wenn man sich mit der Suche nach einem GM länger Zeit gelassen hätte. Ich bin nach wie vor nicht begeistert von einigen Äußerungen der 49ers in der Zeit, aber zumindest scheint es, als hätte man von Anfang an einen Plan gehabt und diesen strikt durchgezogen. Ob es die richtige Entscheidung war, oder ob Baalke nicht doch ein Teil der bisherigen Probleme war/ist, wird sich trotzdem erst noch zeigen müssen.

* Martin:

Es ist relativ schwierig zu sagen, ob es eine Suche war und wie lange diese gedauert hat. Ich vermute, dass die Suche spätestens nach der Bye-Week begonnen hat und halt nicht so öffentlich durchgeführt wurde, wie die anschließende Coach-Suche. Fakt ist aber, dass – wenn Harbaugh von Anfang an der Wunschkandidat war – ein GM bis zum letzten Spieltag der NFL oder in diesem Fall bis zum Orange Bowl installiert sein musste. Und „der Praktikant“ aus dem eigenen Hause, war hier ja durchaus erfolgreich. Die Frage ist nun aber, was die Alternativen zu Baalke waren? Es gibt nur zwei: einen arbeitslosen Ex-GM (der sicher nicht ohne Grund arbeitslos ist) oder einen Praktikant aus fremden Haus (und da könnte der aus dem eigenen das kleinere Risiko sein).

#4 Auf dem Ex-Quarterback Jim Harbaugh lasten zirka drei Tonnen Druck, eine kreativere Offense zu installieren. Spricht Harbaughs Besetzung des OffCoords dafür, dass Harbaugh den Angriff selbst zimmern will und dafür die ganze Defense wie in Stanford seinem Kumpel Vic Fangio überlässt?

* Reiner:

Harbaugh wird sicher starken Einfluss auf die Offense haben. Die Grundzüge wird er als Head Coach selbst bestimmen. Außerdem kann ich mir schon vorstellen, dass Harbaugh auch beim Playcalling in bestimmten Situationen eingreifen wird. Welche das dann sind muss sich erst noch erweisen. Dass Greg Roman aber nur eine Art „Strohmann“ ist würde mich überraschen. Harbaughs Einfluss auf die Defense wird sicher deutlich geringer ausfallen als das bei der Offense der Fall sein wird. Aber als Head Coach sollte er auch hier Grundzüge vorgeben, also z.B. ob er die Defense aggressiver haben will. Das Playcalling wird hier jedoch ausschließlich bei Fangio liegen.

* Martin:

Eins ist sicher, es wird Jim Harbauhgs Offense sein! Jede neue Offense wäre kreativer als die vorherige, aber er hat seinen Staff mit einem klaren Plan für die Offense zusammengestellt. Er wird sie primär entwickeln aber sicher Rat von seinem Koordinator und seinen Position Coaches einholen. Er wird vermutlich auch sehr nah an der Entwicklung der jeweiligen Game-Plans sein. Ich hoffe auch darauf, dass man wieder dahin kommt, die ersten Plays bereits vorher festzulegen und auch hier dürfte er maßgeblichen Einfluss haben. Ich kann es momentan schwer einschätzen, wie er das Play-Calling gestalten wird, aber ganz wird er sich nicht raushalten. Darüber hinaus dürfte mehr als nur ein Auge auf die Quarterbacks werfen und ich erwarte hier intensives In-Game Coaching. Daher wird er wohl in der Defense nur dann eingreifen, wenn etwas komplett gegen seine Vorstellungen läuft. Ansonsten dürfte Fangio mit Head-Coach ähnlichen Kompetenzen ausgestattet sein.

* Chris:

Harbaugh hat erkannt, wo seine Stärken liegen. Dies ist die Offense. In Entwicklung und Planung wird Harbaugh sicherlich viel Einfluss auf die Offense haben. Roman als OC ist wie das Rainer richtig sagt kaum „nur“ ein Strohmann. Er hat ja auch schon einiges an Erfahrung als Coach. Im Spiel muss sich Harbaugh auch ganz allgemein um seine Head Coach Aufgaben konzentrieren können. Die Defense „gehört“ Fangio. Er wird sie entwickeln, planen und callen. Harbaugh hat mit Fangio den DC gewählt, den er kennt. Harbaugh wird auf Fangio den Einfluss haben, dass er mehr oder weniger Aggressivität fordern wird. Die Offense wird durch den Einfluss von Harbaugh mit ganz grosser Wahrscheinlichkeit attraktiver sein, was ja nicht so schwierig ist, als die letzte. In wichtigen Situationen wird Harbaugh sicherlich auch Plays callen. Am Ende muss sich Harbaugh um mehr als nur die Offense kümmern und somit wird sich zeigen, ob Harbaugh einen NFL-fähigen Staff zusammengestellt hat.

#5 Weder die Quarterbacks im Roster, noch die Quarterbacks im Draft treiben dem gemeinen Fan den Speichel aus dem Mund. Die 49ers picken an der #7: Wie groß ist die Chance, dass der Starting-QB 2011 nicht Smith heißt oder anders gefragt – Findet Harbaugh sein Glück (=neuer Luck) im Draft?

* Reiner:

Es ist davon auszugehen, dass die 49ers im Draft einen QB holen. Auch ein Veteran QB wird wohl per Trade (Kolb, Palmer, …) oder via Free Agency bei den 49ers landen. Und Alex Smith wird die Free Agency testen, denn in den letzten sechs Jahren ist einfach zu viel passiert. Vieles hängt aber von der CBA-Situation ab, sodass letztlich gar nichts auszuschließen ist. Dennoch: Alex Smith als Starting QB der 49ers in der kommenden Saison wäre eine faustdicke Überraschung. Dass ein Rookie-QB (Gabbert? Kaepernick? Ponder?) gleich starten wird ist eher unwahrscheinlich, was aber nicht heißt, dass derjenige längerfristig nicht doch der Franchise-QB sein kann. Die naheliegendste und wahrscheinlichste Lösung dürfte sein, dass ein Veteran QB als Starter aufläuft.

* Martin:

Die Wahrscheinlichkeit, dass Harbaugh sein QB-Glück in der Draft findet ist recht hoch – die Frage ist jedoch, in welchem Jahr! Sollten die 49ers ihren Pick in der ersten Runde behalten, wird dieser ziemlich sicher nicht in einen QB investiert. Die einzige QB-Alternative an dieser Stelle wäre Gabbert, aber ich kann es mir derzeit kaum vorstellen. Eine Rückkehr von Alex Smith ist nur dann denkbar, wenn sich die CBA Verhandlungen bis kurz vor der Saison hinziehen und sich für Smith keine vernünftigen Alternativen auftun. Er wird sicher den Anspruch haben, als Starter zu einem Team zu gehen. Diese Chance würde er bei einem langen CBA Streit aber wohl nur bei den 49ers haben. Wenn man sich in Kürze einigt, wird der Starter der 49ers zumindest nicht Smith, Alex oder Troy, heißen. Da es bei den Free Agents und Rookies keinen QB mit dem Namen Smith gibt, wird der Starter 2011 also vermutlich anders heißen. Hier vermute ich, dass er eher Kolb als Palmer bzw. Ponder als Newton heisst.

* Chris:

Alex Smiths Zeit in San Francisco ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorbei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Alex Smith irgendetwas in der Bay Area hält. Die 49ers brauchen zwei bis drei neue QBs. Ponder oder Locker wären in der Draft die besten Kandidaten. In Runde eins ist kein QB Pick #7 wert. In den späten Runden könnte dann ein zweiter Rookie geholt werden. Sobald die Free Agency dann vielleicht losgeht wird ein Veteran hinzukommen. Die besten Namen an dieser Stelle sind wohl Hasselbeck und Palmer. Für Harbaugh gilt es dann den QB zu entwickeln. Ansonsten wird es in der nächsten Draft wiederum einen QB zu picken geben. Dann sieht die Klasse deutlich interessanter aus: Andrew Luck, Landry Jones, Matt Barkley oder Terrelle Pryor tönen aus aktueller Sicht allesamt besser als die diesjährige Klasse.

Weitere Sezierstunden hier. Der dritte Teil (Defense) folgt dann an dieser Stelle.

San Francisco 49ers in der Sezierstunde, die erschte

Was tun, wenn du stundenlang im Auto sitzen musst, wenn es in deiner Region keine annehmbare Hitradiostation (oder überhaupt einen auf deine Geschmacksnerven treffenden Radiosender) gibt, wenn deine AC/DC-Kollektion dir bereits zum Hals heraushängt?

Existenzielle Fragen im vergangenen Herbst. Und glücklicherweise eine brauchbare Antwort. Sie nannte sich „49ers Fanzone Webradio“. Drei Jungs, alle 49ers-Fans, und ihr zirka (Standardabweichung eher hoch) eineinhalb Stunden langer, wöchentlicher Podcast zur 49ers-Saison.

Zeitsprung: Frühjahr 2011. Auf der Suche nach Gastbeiträgen für meine „Sezierstunden“ kehrte die Erinnerung an das 49ers-Webradio zurück. Und siehe da: Die Webradio-Macher Martin, Reiner und Chris von der 49ers Fanzone haben sich dankenswerterweise bereit erklärt, eine etwas andere Art Sezierstunden über die San Francisco 49ers zu gestalten und sich meinem Fragen-Nonett (?)  gestellt.

Das Ergebnis in Salamiform, beginnend mit dem ersten Doppelpack:

#1 Zwischen all den furchtbaren Vorstellungen haben die 49ers 2010/11 immer wieder Anzeichen von Brillanz durchschimmern lassen. Wie kann es sein, dass eine Mannschaft so wechselhaft auftritt? Oder anders gefragt: Hat Schleifer Mike Singletary dem Spielsystem der 49ers die Fesseln so eng angelegt, dass jeglicher Spielwitz analog zum FC Bayern verloren gehen musste?

* Chris:

Mike Singletary wollte ein System spielen lassen, das funktionieren kann. Mit dem Kader der 49ers war es nicht einmal eine so abwegige Idee, dass der Lauf die Stärke der Offense sein würde. Ein guter Running Back, eine grosse und kräftige Linie, Tight Ends, die blocken können und eine unsichere Situation auf der „nicht so wichtigsten“ Position im Football. Der Plan war also nicht so abwegig. Das Problem war, wie in den Jahren zuvor, die Umsetzung. Die klappte sicherlich immer wieder mal ganz gut, was zu den „Flashes of Brillance“ führte, doch fehlte über weite Strecken die Innovation und Anpassungen im Spiel, was darin endete, dass man eben keine Konstanz ins Spiel brachte. Neben dem teilweise sehr schwachen Gameplanning kamen des Öfteren auch noch individuelle Fehler hinzu.

Die Defense profitierte in der vorletzten Saison klar von Singletary. Die Umstellung auf ein klares 3-4 Schema verhalf dem Team zu einer ansprechenden Defensivleistung. Doch zeigt sich in den Sackzahlen wiederum das Fehlen von Innovation. Mit dem praktisch gleichen Personal verschlechterte sich der Pass Rush um ganze 10 Positionen im Ligavergleich.

Das Problem ist vielschichtiger, als dass man es auf ein zu eng angelegtes Korsett der Systeme zurückführen könnte. Doch die „Flashes of Brilliance“ – die es ja auch in der Karriere von Alex Smith immer wieder gab – zeigen, dass es eigentlich gehen könnte, wenn man denn flexibler, innovativer und professioneller im Gameplanning gearbeitet hätte.

* Reiner:

Keine Ahnung, was der FC Bayern so treibt, aber bei den 49ers war Singletary und seine altbackene Ansicht von Offense sicher ein Hemmschuh. Wer auch immer letztlich der Grund war für mangelndes Game Planning und für die nur selten zu spürenden Anpassungen im Spiel: es ist Mike Singletary, der als HC letztlich die Verantwortung trägt. Wenn die Niners, besonders nach dem Wechsel auf der Position des Offensive Coordinators, mal das Playbook geöffnet haben konnte man immer mal wieder sehen, dass durchaus Potenzial vorhanden war. Doch mir scheint, dass Singletary darüber immer wieder erschrocken ist und wohl gedacht hat, dass das unmöglich weiterhin so funktionieren kann. Daher hat er dann weiteren Bemühungen, die Offense „moderner“ auszurichten, wohl einen Riegel vorgeschoben. In der Defense hat er es wenigstens hinbekommen, dass die zweifelhafte „Hybrid-Defense“ unter Mike Nolan abgeschafft und konsequent auf eine 3-4-Defense gesetzt wurde. Das war der richtige Schritt, aber die Defense wirkte oft, als wären ihnen Fesseln angelegt worden. Viel zu wenig wurden die Möglichkeiten der 3-4 genutzt, was Blitzes angeht. Auch ein Grund, warum die Defense bei weitem nicht das gezeigt hat, was man sich von ihr erhofft hatte.

* Martin:

Ich verstehe nicht viel von Fußball, daher fällt es mir schwer, hier eine Analogie herzustellen. Allerdings kann ich eins sagen, der FC Bayern weiß, was er für Spieler hat, wie er mit diesen umgehen und vor allem diese einsetzen muss.

Er wollte Gewinner, hat sie aber nicht in die Lage versetzt, zu gewinnen. Mit Football aus den 80ers gewinnt man heute nicht mehr viel. Auch das ständige Wechseln des QBs war sicher nicht hilfreich. Man hat hier gesehen, dass er keine Ahnung davon hat, wie man mit bestimmten Positionen / Spielern umgehen muss. Man gewinnt das Spiel nicht mit 2/3 vorhersehbaren Runs, sondern ist auf den QB angewiesen. Um es einem nun gefällt oder nicht, aber langfristiger Erfolg hängt im Football zu einem großen Maße von dieser Position ab. Motivationsfähigkeit und das Erreichen physischer Stärke ist notwendig, können aber massive taktische Defizite nicht ausgleichen. Der Spielwitz ist den Spielern sicher nicht verloren gegangen – er fehlte den Coaches. Auf beiden Seiten des Balles. Auch in der Defense war man oft zu konservativ / durchsichtig. Auch hier ist Wille und ein Teil des Erfolgs.

Ich muss hier Chris widersprechen, das System konnte nicht funktionieren, weil es für Football im 21. Jahrhundert nicht mehr geeignet ist. Es war zu einseitig und damit viel zu durchsichtig. Besonders gut war dies im Spiel gegen die Chiefs zu sehen. Ich habe noch nie ein Spiel der 49ers gesehen, in dem man dermaßen „out-coached“ wurde.

#2 Mit Strahlemann Jim Harbaugh ist nicht nur der optisch krasse Gegensatz zu Mike Singletary verpflichtet worden, sondern auch so etwas wie der Wunschcoach. Wird sich Harbaugh im Haifischbecken NFL durchsetzen können, wenn er es 30 Meilen weiter südlich kuschelig & schnuckelig gehabt hätte?

* Chris:

Jim Harbaugh

Jim Harbaugh - Foto: Wikipedia

Wenn ich jetzt sagen könnte, ob sich Jim Harbaugh durchsetzen kann,  wäre ich vermutlich sehr reich, denn Jed York müsste diese  Information Millionen wert sein. Spass beiseite. Es war der richtige  Schritt, nach der Nolan-Singletary-Ära einen Schlussstrich zu ziehen und über die Bücher zu gehen. Die San Francisco 49ers hatten einmal  eine Identität. Spricht man von den guten alten Zeiten, so spricht  man über attraktiven Offensivfootball. In den letzten neun Jahren  ging diese Identität leider verloren. Mit Jim Harbaugh soll nun diese Identität zurückkehren. Die NFL ist sehr kompetitiv, doch das  ist Jim Harbaugh auch. Die 49ers haben es leider miterleben müssen,  wie zwei Rookie Head Coaches gescheitert sind. Die Vorzeichen bei  Harbaugh sehen aber anders aus. Harbaugh hat schon als Head Coach  gearbeitet. Dabei konnte er sich im College aber nicht auf ein  Überteam – à la Alabama, usw. – verlassen, sondern war mit  beschränktem Spielerpotential und gutem Coaching  erfolgreich. Harbaugh ist sehr ehrgeizig, wie man hört. An  Herausforderungen wächst man und nur die Zeit wird zeigen, wie  erfolgreich Harbaugh diese Herausforderung meistert.

* Reiner:

Harbaugh ist zwar kein Hall of Famer, aber er ist ehemaliger Quarterback. Und als solcher weiß er viel eher, wie die Offense tickt als Singletary. Außerdem ist er in seiner Spielauffassung wesentlich moderner als Singletary, auch wenn bei Harbaugh der Run sicher ebenfalls eine wichtige Rolle spielen wird. Ich denke, dass Harbaugh sich nicht zuletzt wegen der moderneren Spielauffassung und wegen des besseren Verständnisses der Offense durchsetzen wird. Ganz nebenbei hoffe ich es natürlich auch, sonst stehen den 49ers noch sehr viele schwere Jahre bevor. Ob sich Harbaugh durchsetzen kann hängt meines Erachtens auch nicht davon ab, ob er es anderswo kuschelig gehabt hätte, sondern von seinen Entscheidungen als HC in der NFL. So, wie er sich bisher in Interviews gezeigt hat, macht Harbaugh auf mich nicht den Eindruck, als ob er sich nach Geborgenheit in Stanford sehnt. Er nimmt die Herausforderung NFL an und geht mit allem Elan daran, das Optimale zu erreichen, und er bringt aus seiner Karriere hinreichend Erfahrungen mit, um in der NFL zu bestehen, auch wenn er hier bisher noch nicht als OC oder HC gearbeitet hat.

* Martin:

Also ich halte den Begriff „Strahlemann“ für völlig verfehlt! Er hat Spaß an dem was er tut – und das sieht man. Man sieht aber auch, wie ernst er seinen Job nimmt.

Die NFL ist für ihn sicher kein Haifischbecken. Viel mehr NFL-Erfahrung kann man von einem Headcoach kaum erwarten. Und er wollte zu einem Top-Team, bevorzugt in der NFL. Standford war nur ein Sprungbrett und realistisch gesehen hat er dort schon den größt-möglichen Erfolg gehabt.

Jim Harbaugh war aus verschiedenen Gründen der Wunsch-Coach des Teams: Offense-minded, Erfahrung in der Entwicklung von QBs, modern, organisiert und strukturiert und wenn man den Gerüchten glauben darf sehr gut in der Bewertung von College QBs. Er wird – hoffentlich – die West Coast Offense wieder zurück in ihre Heimat bringen. Dies bedeutet mehr Balance in der Offense. Aufgrund der CBA Situation aber vor allem der QB Situation in San Francisco kann man im Jahr 2011 keine Wunder erwarten, zumal auch die Defense, trotz Beibehaltung der 3-4, ein neues System bekommen wird. Er wird viel arbeiten und das Maximum aus dem Team holen – etwas was weder Erickson noch Nolan noch Singletary vermochten. Im Prinzip korrigiert man den Fehler, Mooch entlassen zu haben – nur halt mit Harbaugh, der an einem ähnlichen Punkt steht, wie Mariucci vor seinem Wechsel von Cal zu den 49ers.

Morgen geht es an dieser Stelle weiter.

Weitere Sezierstunden: Hier entlang.

Cleveland Browns in der Sezierstunde

Teil 2 der Gastautoren-Woche. Diesmal dran: Der uns schon von den Miami Dolphins bekannte Herrmann von Vier Viertel plus Nachspielzeit, der das daß vehement gegen das dass verteidigt. Viel Vergnügen.

mike holmgren browns

Dauergriesgram Mike Holmgren - ©HDEX

Und am Ende stand für die Browns dann doch ein großer Umbruch. Mal wieder. Nach nur zwei Jahren hat das Regime Eric Mangini sein Ende gefunden.  Das „Mangenius“  ergeht sich nun erstmal in einem Sabbatical während für seinen Defensive Coordinator Rob Ryan (in gleicher Position bei den Dallas Cowboys) und seinen Offensive Coordinator Brian Daboll (in gleicher Position bei den Miami Dolphins; warum auch immer) neue Aufgaben warten. Es ist nicht so, daß Mangini mit seinem Staff furchtbar schlechte Arbeit abgeliefert hätte, aber unterm Strich waren es in zwei Spielzeiten nur 10 Siege und jetzt will anscheinend der 2010 angeheuerte Team President Mike Holmgren, der Manginis Gruppe übernommen hatte, alle wichtige Position mit seinen Leuten besetzen.

Umbau

Aus St. Louis hat Holmgren sich den Offensive Coordinator Pat Shurmur geangelt und ihm den Cheftrainerposten übertragen. Der Plan hinter dieser Verpflichtung scheint klar zu sein: Holmgren will das System,  in dem er seine ganze Karriere verbracht hat, auch in Cleveland installieren – die West Coast Offense.  Shurmur scheint dafür die Idealbesetzung zu sein. Von 1999 bis 2008 war er Quarterbacks Coach bei den Philadelphia Eagles, wo er die West Coast Offense unter Head Coach Andy Reid von der Pike auf lernte. Nicht ganz zufällig hat Reid selber das System bei den Green Bay Packers aufgesogen – unter dem HC Mike Holmgren. Der Fokus liegt also auf der Offense.

Secondary

Die Defense war auch nicht das Riesenproblem. Prunkstück war die Secondary mit den beiden soliden Cornerbacks Sheldon Brown und Eric Wright. Letzterer hat im November seinen Platz in der Startelf an 1st-round pick Joe Haden verloren – der eine Offenbarung war.  Den junge Mann von der University von Florida hat sich mit Wide Receivern wie Mike Sims-Walker, Brandon Marshall, Steve Smith (Carolina) , T.O.cho und Mike Wallace auf Augenhöhe gemessen. 

Was in der Pass-D schmerzlich vermißt wurde, war ein aggressiver Pass Rusher. In Teilen konnte das durch die komplexen Systeme und Blitzes von Rob „ich bin auch ein Verteidigungsgenie wie Rex“ Ryan wettgemacht werden. Im Laufe der Saison gaben die Browns nur drei Mal mehr als 300 Yards durch die Luft ab: bei den beiden Siegen gegen die Bengals (Woche 4) und gegen die Saints (Woche 7) sowie im letzten, völlig lustlosen Auftritt im Dawg Pound gegen die Steelers.  Vor allem dieser Part der Defense hat Ryan seinen neuen lukrativen Posten bei den Cowboys beschert.

Lauf-D

Sehr mäßig dagegen war die Arbeit gegen den Lauf.  Anstelle einer Festung hatte man dort nur eine Sandburg.  Lediglich dreimal hielt man den Gegner unter 100 Yards, darunter waren auch die beiden Siege gegen Cincinnati und New England. Ansonsten konnten die Gegner die gute Secondary getrost ignorieren, weil man problemlos ein 1st Down nach dem andern erlief.  Der riesige – und mittlerweile alte – Shaun Rogers schickte an seiner statt immer nur eine schwächliche Kopie des alten Rogers aufs Feld, der talentierte DT Ahtyba Rubin muß unbedingt DT in einer 4-3-D spielen und nicht Nose Tackle in einer 34 und auch die beiden DEs Schaefering und Coleman sind in einer 3-man-front Fehlbesetzungen. Die LBs Eric Barton, Chris Gocong und Matt Roth sind gut, aber in einer Division mit Pittsburgh und Baltimore reichen nur „gute“ LBs nicht aus.

In der Front Seven herrscht dringender Verbesserungsbedarf. Immerhin wird unter dem neuen DC Dick Jauron, der schon seit gefühlt 1000 Jahren in der NFL coacht, wieder auf die 4-Mann-Linie umgestellt, in welche die meisten Spieler wahrscheinlich besser passen werden.

Offense

Wenn man aber Spiele verliert, in denen die Defense sechs Ballverluste verursacht ( in Jacksonville), die gegnerische Mannschaft nur 17 Punkte macht (in Tampa Bay), 16 (gegen Kansas City),  19 (in Cincinnati) oder gar nur 13 (in Buffalo), dann merkt man sehr schnell, daß die Offense die große Problemzone ist.  Gelitten hat der Angriff unter chronischer Eindimensionalität, Kreativlosigkeit, Ballverlusten, den vielen Wechseln auf der Quarterback-Position und Verletzungspech.

Quarterbacks

Weil der Fisch ja bekanntlich immer vom Kopfe her stinkt, zuerst zur Spielmacherposition. Aus nicht erfindlichen Gründen haben die Browns vor der Saison Jake „Turnover“ Delhomme für $7 Millionen verpflichtet; zusammen mit den $12,7 Millionen, welche die Panthers ihm noch schuldeten, aber gerne berappten, um ihn loszuwerden, summierte sich Delhommes Einkommen für die Saison 2010 auf fast $20 Millionen.  Am Ende hat er nur die Erwartungen in Sachen Interceptions erfüllt – sieben in fünf Spielen .

Colt McCoy

Noch etwas grün, aber mutig: Ex-Longhorn Colt McCoy - ©Wikipedia

Weil er sich aber gleich im ersten Spiel verletzt hatte,  durfte sich zwischendurch  Seneca Wallace, vor der Saison von Holmgrens ehemaligem Brötchengeber Seattle Seahawks gekommen, für vier Spiele als Starting-QB  versuchen.  Ab Woche 6, nach Verletzung von Wallace, durfte dann auch mal Rookie Colt McCoy als Starter ran. McCoys ersten vier NFL-Starts waren gegen die Kaliber Pittsburgh, New Orleans, New England und die NY Jets. Nach vier Niederlagen in den ersten fünf Spielen war es dann doch überraschend, daß Cleveland von diesen vier Spielen zwei, gegen die Saints und Patriots, gewinnen konnten und es gegen die Jets dann immerhin in die Overtime schafften.

Anschließend hat sich dann aber auch McCoy am Knöchel verletzt, wie vorher schon die anderen beiden QBs. So hat Delhomme nochmal für sein Geld gearbeitet, bevor McCoy in den letzten drei Spielen der Saison wieder das Zepter in die Hand bekommen hat. McCoy war nicht überragend, aber er hat immerhin oft genug so gut ausgesehen, daß die Browns mit ihm als Starter in die nächste Saison ziehen sollten.

Zurück in Holmgrens Zukunft?

peyton hillis

Neuer Browns-Star: Peyton Hillis, ex-Broncos - ©Flickr

Durch die Instabilität und durch das ikarusgleiche Aufsteigen von Running Back Peyton Hillis hat man die Offensivstrategie um das Laufspiel herum aufgebaut. Hillis kam vor der Saison im Tausch für ein Paar Schuhe und einen Satz Turnhosen aus Denver, wo man meinte, auf seine Talente verzichten zu können.  Der ehemalige Fullback mit seinem bulligen Körper hat für alle Beteiligten und Beobachter völlig überraschend gespielt wie Brandon Jacobs in den Träumen aller Giants-Fans. Er rennt Verteidiger einfach über den Haufen, trampelt über sie hinweg und schubst seine Gegner aus dem Weg als wäre er der Linebacker, und nicht der arme Typ, der versucht, ihn zu tacklen.

Daß so eine Leistung auch in Cleveland niemand erwartet hätte, verdeutlicht die Verpflichtung Montario Hardestys, der letztes Jahr in der zweiten Runde gedraftet wurde, um den Feature-Back zu geben. Nur hat dieser sich leider verletzt und konnte nicht einen Snap spielen.

Jetzt ganz plötzlich sieht es aus, als hätte der Weltgeist (oder Holmgren) ein Bild gemalt – und die Vorlage waren die San Francisco 49ers der 80er Jahre. Im Backfield  hat man zwei Brecher, die sowhohl laufen, überlaufen und fangen können (Hillis hatte neben seinen 1177 Rushing Yards auch 61 Receptions für 477 Yards) mit Hillis und Hardesty (Roger Craig und Tom Rathman), der Quarterback ist ein wenig zu klein geratener 3rd-round Pick, der für die West Coast Offense geschaffen wurde mit Colt MCCoy (Joe Montana) und eine O-Line die zumindest auf der linken Seite junge hervorragende Leute hat mit Left Tackle Joe Thomas,  LG Eric Steinbach und C Alex Mack.

Dazu kommt der neue HC Pat Shurmur aus der West-Coast-Schule Andy Reids, der sein Handwerk bei Mike Holmgren gelernt hat, der, genau, seine Ausbildung in den 80ern bei den 49ers genossen hat. So schließt sich der Kreis. Was fehlt ist Stabilität auf der rechten Seite der Linie und mindestens ein großartiger Wide Receiver, es muß nicht gleich ein Jerry Rice sein, ein Dwight Clark würde für den Anfang reichen.

Achterbahn

Wir sind, bis auf kurze Einschübe, gar nicht auf die Spiele an sich eingegangen.  Man kann die Saison 2010 der Browns dreiteilen.  In den ersten sechs Wochen gewann Manginis Truppe nur ein Spiel; die Offense produzierte mehr Turnovers (12) als Touchdowns (10).  Nach diesem 1-5-Start war die Saison im Grunde schon wieder zu Ende. Cleveland aber rappelte sich auf und gewann nacheinander in New Orleans und gegen New England.  In der darauffolgenden Woche kämpfte man die Jets bin die Verlängerung,  die leider in die Hose ging bevor man einen Sonntag später gegen Jacksonville ein unerklärliches Spiel verschenkte:  die Defense sorgte für sechs Turnovers plus einen Fumble-Return-TD, aber die Offense wußte damit nichts anzufangen und die Jags siegten 24-20.

Mittlerweile sahen die Braunen aus Ohio wie ein richtiges Team aus, eines mit schwächlicher Offense zwar, aber man konnte gegen alle Kontrahenten mithalten und nach Erfolgen gegen Carolina und Miami hatte man vier der letzten sechs Spiele gewonnen.  Den dritten Teil der Saison bildeten dann aber vier Schlappen in Folge, zuerst ein peinliches 6-13 in Buffalo, danach gegen die drei Divisionsrivalen Bengals, Ravens und Steelers. In diesen vier Matches schafften es nur 42 Punkte auf die Anzeigetafel.

Aussichten

Der Entwicklungsprozeß von Colt McCoy, der seiner jungen Receiver Brian Robiskie, Mohamed Massaquoi und des 2,01m großen TE Evan Moore sowie das Einsteigen des letztjährigen 2nd-round pick RB Montario Hardesty, sollte unter der neuen Offensivphilosophie von Cheftrainer Pat Shurmur deutlich besser werden. Wenn dann auch noch Allzweckwaffe Joshua Cribbs besser eingebunden wird, ist Clevelands Angriff auf einem gutenWeg. Das einzig große Manko ist der fehlende Deep Threat und No.1-WR.

Zuallererst braucht man aber Beef für die D-Line, die unter dem neuen Defensive Coordinator Dick Jauron wieder zu viert auftreten wird, nachdem man unter Rob Ryan vorne mit der 34 stand. So verlockend es auch ist, mit dem sechsten Pick der Draft die Talente A.J. Green oder  Julio Joners zu draften, sollte man einen 4-3-DE wie Robert Quinn draften oder Marcell Dareus beziehungsweise Nick Fairley picken, so sie denn noch verfügbar sind.  Später, ab Runde zwei, muß man sich dann um einen WR, einen LB  und Verstärkung für die rechte Seite der O-Line kümmern.  Die Browns können nächstes Jahr dann durchaus bis November oder Dezember um die Playoff-Plätze mitspielen, nur für den großen Erfolg reicht das Spielermaterial noch nicht aus. Aber das Fundament ist gelegt.

Weitere Sezierstunden: Hier entlang.

Dallas Cowboys in der Sezierstunde

Ein französisch-deutsches Online-Portal hat vor Wochen mal meine Texte für ihre Zwecke aggregieren wollen. Gegenleistung eher bescheiden. Diese Woche ist Sideline Reporter Punkt WordPress Punkt com selbst Aggregator von externen Texten, geschrieben von Fans und Experten. Es ist mir unmöglich, 32 NFL-Mannschaften qualitativ ordentlich zu covern und da ich das zu Beginn der Sezierstunden nicht mal wollte, habe ich mir Gastautoren für drei Traditionsclubs gesucht (zusätzlich zu den Dolphins vor ein paar Wochen).

Die Autoren kriegen von mir nicht mehr als ein ehrliches und aufrichtiges Dankeschön. Mehr habe ich auch nicht zu bieten (nicht mal den berüchtigten feuchten Händedruck). Also, heute die Dallas Cowboys vom Roman ak.a. maschemist von der Spox’schen NFL-Gruppe. Roman ist auch der, der dort mit gestrengem Blick derzeit die Hausaufgaben der NFL-Teams kontrolliert.

Ähh ja, und Roman ist Cowboys-Fan (an der Stelle sei noch an den coolen Blogeintrag „Der einsame Fan“ von vergangenem November verwiesen). Na, denn…

Am Ende stand die Enttäuschung

Cowboys Stadium innen

©Flickr

So heißt es immer wieder schön in den Schlagzeilen der Presse. Bei den Cowboys kam die Enttäuschung aber nicht erst am Ende sondern schon von Beginn an, mit ihrem Höhepunkt gegen Green Bay.

Eine fast schon unfassbare Aneinanderreihung individueller Fehler, schlechtem Play Calling und teilweise auch Pech und Verletzungen führten zu der Entlassung von Wade Phillips und der Beförderung von Jason Garret zum neuen HC.

Der (teilweise) Neuaufbau

Gerade die zweite Saisonhälfte unter Garrett hat gezeigt, dass nicht alles schlecht ist im Kader der Cowboys. Dez Bryant ist (zumindest auf dem Feld) ein Monster mit nichts als Talent, Doug Free hat Flo Adams weitestgehend vergessen gemacht und die gewohnten Pro Bowler (Austin, Witten, Ratliff, Ware) sind immer noch Pro Bowler. Um diese Spieler (und Romo) kann man mit gezielten Verstärkungen wieder eine schlagkräftige Truppe aufstellen. Aber gucken wir uns das genauer an:

Offense

Tony Romo ist vielleicht nicht der beste QB der Liga, aber er gehört sicher zu den Besseren. Sollte er wieder ausfallen, steht mit Jon Kitna ein passabler Backup bereit, der selbst im hohen Alter noch bei manchem Team Starter wäre. Die Anspielstationen können sich auch sehen lassen. Mit Miles Austin, Roy Williams, Dez Bryant, Jason Witten und Felix Jones hat man ein ordentliches Arsenal an Waffen beisammen.

Bei den RBs könnte man sich von Marion Barber trennen, da seine Leistung einfach nicht zu seinem Vertrag passt. Das würde mehr Snaps für Tashard Choice bedeuten, der sein Potential schon angedeutet hat.

Das mit dem Vertrag gilt auch für G Leonard Davis. Insgesamt ist die O-Line etwas alt geworden. Während G Kyle Kosier und C Andre Gurode noch weitestgehend solide spielten, entwickelte sich die rechte Seite mit Davis und T Marc Colombo zur Schwachstelle. Kosier könnte noch einen weiteren Vertrag erhalten. Sollte das nicht geschehen oder Davis entlassen werden, steht mit Montrae Holland ein Backup mit Starting Kaliber bereit. Wichtig wird die Vertragsverlängerung mit Free, bevor die Free Agency losgeht, sonst könnte ein anderes Team zuschlagen.

Defense

Die D-Line wird nächstes Jahr ziemlich anders aussehen. Marcus Spears, Jason Hatcher und Bruce Bowen (alle DEs) sind Free Agents und mindestens einer, wahrscheinlich Spears, wird nicht wiederkommen.

Bei den LBs ist man da schon etwas weiter. Alle Starter haben Verträge für nächstes Jahr und mit Sean Lee steht ein junger Backup bereit, eine größere Rolle einzunehmen. Auch der letztes Jahr so enttäuschende OLB Anthony Spencer wird wohl unter Neu-DC Rob Ryan eine neue Chance erhalten.

Das Defensive Backfield war aber die größte Schwachstelle der Cowboys-Defense. Alan Ball wird seinen Job als Starter wohl los sein, darf aber noch als Backup und Special Teamer bleiben. Als neuen FS wird man wohl bei den Free Agents zuschlagen (sobald die Free Agency losgeht). SS Gerald Sensabaugh ist auch Free Agent, wird aber wahrscheinlich ein Angebot zum Bleiben bekommen. Die CBs haben auch nicht wirklich gut gespielt, allerdings hat Terence Newman fast das ganze Jahr über verletzt gespielt und bei Mike Jenkins hofft man, dass er wieder zur Pro Bowl Form von 2009 findet.

Unter Rob Ryan soll die Defense wieder etwas unberechenbarer werden, als sie zuletzt unter Phillips war. Besonders das Erzeugen von Turnovers wird von Garrett gefordert. Schon unter der Führung von Paul Pasqualoni erzielte man 20 TOs in acht Spielen, nach nur 10 in den ersten acht.

Hoffen auf einen Impact Player

Mit dem 9. Pick im Draft müssen die Cowboys einen Impact Player, sprich Starter, finden. Das Problem: Spieler (Peterson, Miller, Dareus, Bowers, Fairley), die im Kader der Cowboys Starter wären, sind dann wohl schon alle weg. Anderen, die auch Starter wären (Watt, Castonzo), wären einen so hohen Pick nicht unbedingt wert. Daher sehe ich eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Cowboys runtertraden. Insbesondere wenn ein Team sich Julio Jones (z.B. Rams, Patriots) oder Prince Amukamara (Texans, Lions) sichern möchte, wäre Jerry Jones gesprächsbereit. Im Bereich zwischen 11 und 20 würde man immer noch einen Starting DE oder OT bekommen und hätte dazu weitere Picks, um später noch andere Schwachstellen anzugehen. Man sollte noch nach Interior Offensive Linemen, Defensive Backs und einem neuen Running Back gucken, sollte man Barber entlassen wollen.

Ausblick

Die Hoffnung ist da, dass die Cowboys nächstes Jahr wieder in die Playoffs einziehen können. Der positive Trend in der zweiten Saisonhälfte unter Garrett war ein Anfang. Jetzt muss aber personell noch nachgelegt werden, um die offensichtlichen Schwächen (FS, O-Line) auszumerzen und etwas mehr Depth zu haben.

Im Endeffekt kann es nur besser werden als letztes Jahr und ich halte es auch für sehr wahrscheinlich. HC Garrett lässt härter und mit mehr Aufmerksamkeit fürs Detail trainieren, um die leichten Fehler zu verhindern. Dazu wollen es die Spieler jetzt besonders allen zeigen, dass sie nicht so schlecht sind, wie es den Eindruck machte. Außerdem kann es nicht schaden, seinen Franchise QB wieder gesund zurückzubekommen.

Sollte man sich sinnvoll verstärken, halte ich es für durchaus möglich, wieder in die Playoffs einzuziehen. Dort angekommen wäre dann alles möglich. Das haben nicht zuletzt die Packers gezeigt…

Es gibt noch weitere Sezierstunde-Ausgaben. Hier oder hier.

Pittsburgh Steelers in der Sezierstunde

Rashard Mendenhall RB Steelers NFL

Rashard Mendenhall - ©Wikipedia

Es war eine merkwürdige Saison für die Pittsburgh Steelers. Zuerst musste man auf QB Ben Roethlisberger verzichten, dann kam die Offense nicht in Gang, dann floppte die Defense – und am Ende stand man trotz einer heiß/kalten Post Season in der Super Bowl. Die wurde dann verloren. Obwohl sie eigentlich locker „gewinnbar“ gewesen wäre.

Problem der Steelers 2010/11: Sie waren nicht beständig. Sie waren Sekundengenies. Eine Mannschaft, die pro Spiel erst drei Momentum Changes überstehen musste, ehe es am Ende zwei Kilo Eier in Head Coach Mike Tomlins Unterhosen brauchte, um das Spiel zu drehen oder einen Vorsprung über die Zeit zu wursteln.

Die Offense von Bruce Arians

Es ist eine Offense, die nicht Spektakel veranstaltet, sondern rational, effizient arbeiten möchte. Basierend auf Laufspiel möchte man QB Big Ben Roethlisberger Gestaltungsmöglichkeiten im Passspiel geben und Roethlisbergers Fähigkeit zur Improvisation nutzen.

Problem: Dadurch, dass die Offensive Line seit Jahren stiefmütterlich behandelt wird, werden gleich die ersten paar Prozent Effizienz abgezogen. Mit C Maurkice Pouncey hat man die Mitte gestärkt, aber alles drum herum ist und bleibt Stückwerk. Pittsburgh kann IMHO Verstärkungen bei Guards und Tackles brauchen. Treppenwitz wäre natürlich eine Draft-Verpflichtung von G Mike Pouncey, Maurkices Bruder.

Der Running Back heißt Rashard Mendenhall. Er ist als Arbeitstier gedacht. Mendenhall ist allerdings sehr eindimensional und kein guter Fänger. Irgendwann wird ein vielseitigerer Back eingekauft werden müssen. Priorität aber vorerst (noch) nicht allzu hoch.

Die Passempfänger sind gut aufgestellt. Roethlisberger verfügt über einen ausbalancierten Mix aus kräftigen Receivers und Tight Ends sowie pfeilschnellen Leuten und guten Blockern. Von Running-Back-Seite ist Mewelde Moore der Mann, der in Pass-Situationen eingesetzt wird (der aber kein zuverlässiger Rusher ist). Ich sehe den enttäuschenden Limas Sweed kurz vor der Entlassung. Sweeds Bilanz in drei Jahren: 7 Catches, 69yds, 1 Fumble. Auch der eisenharte Hines Ward wird nicht jünger und wird immer häufiger von Wehwehchen gezwickt – Weltsensation, bei so einem Spielstil.

Die Defense von Dick LeBeau

Das Prunkstück der Steelers. Es ist eine Defense, die sich durch gnadenlosen Zug zum Quarterback auszeichnet, vielseitig blitzend und mit einigen der spektakulärsten Spieler auf allen Positionen topp aufgestellt. Auf fast allen.

Die Cornerbacks gelten seit Jahren als nicht höchsten Ansprüchen genügend. Entweder via Draft oder Free Agency wird ein Starting-CB gesucht werden. Steelers-Philosophie hieße „via Draft“.

Dazu könnte die eine oder andere Gelegenheit genützt werden, einen Verjüngungsprozess einzuleiten. NT Casey Hampton wird 34, OLB James Harrison ist auch schon 33 und ILB James Farrior sogar auf dem Sprung zum 36. Geburtstag. Das sind drei Schlüsselspieler, die nicht mehr allzu lange auf höchstem Niveau spielen können. Es riecht nach Frischzellenkur am zweiten oder dritten Tag im Draft. Stichwort: Langsames Heranführen an den Kader.

Ausblick

Die Mannschaft braucht dringend bessere Offensive Line. Für mich liegt darin der Schlüssel für mehr Balance und folglich den Erfolg. Mike Tomlin wird sich gewiss in dieser Hinsicht bewegen. Deswegen wird Pittsburgh auch im Rennen um Divisionssieg und Superbowl bleiben, trotz der aufkommenden divisionsinternen Konkurrenz.

Buffalo Bills in der Sezierstunde

Die Bills – das einzige Team, das bei ESPN America in der abgelaufenen Saison nicht ein einziges Mal über mehrere Viertel gezeigt wurde, weder live oder auf Tape. Der ungläubige Thomas glaubt nur das, was er gesehen hat. Trotzdem diesmal kein Outsourcing. Ich wüsste nicht, wen fragen. Also viel Lesestoff, angereichert mit viel selbst Angelesenem.

Eigenproduktion

Allein der Blick auf den Kader hat im Prinzip gereicht, um Buffalo maximal 3-4 Siege vorauszusagen. Der neue Head Coach Chan Gailey auch nicht wirklich ein Sunnyboy vor dem Herrn. Das gezeigte Potenzial in den ersten Wochen galt als so mickrig, dass Buffalo zur Saisonhälfte in einigen Medien schon eine sieglose Saison prognostiziert wurde. Dann wurde aber plötzlich der Schalter umgelegt, selbst Topteams wie Baltimore und New York ins Eck getrieben und am Ende mit 4-12 ein halbwegs respektables Endergebnis geholt.

… Schon krass: „4-12“ fühlt sich echt nicht übel an, wenn man an „Buffalo Bills“ denkt. Das gibt’s sonst nur noch in Detroit.

Cam Newtons schlimme Alpträume

Der Kader der Bills gilt als so mau besetzt, dass es Gailey hoch angerechnet wird, überhaupt vier Siege und eine Handvoll enge Niederlagen damit herausgewürgt zu haben. Nun pickt Buffalo an #3 und soll hat Handlungsbedarf an vielen Positionen. Die Bills gelten seit Jahren als Querdenker, draften gerne mal völlig gegen den Konsens in der NFL. Sie haben gleichzeitig die Faxen, ihre Intentionen schon Wochen vor dem Draft in die Öffentlichkeit zu posaunen.

Diesmal soll es ein Quarterback werden. Das ist schade, wenn man daran denkt, wie couragiert der verspottete, aber hochintelligente (48/50 im Wonderlic!) Ryan Fitzpatrick phasenweise gespielt hat. Zum Beispiel gegen die Jets – als ESPNA die Schlussphase zeigte. Ein Quarterback ist aber verständlich, vor allem hinsichtlich des Faktors „Wiedererkennungswert“. Buffalo fehlt ganz einfach die Komponente „Star“.

Cam Newton

Cam Newton - ©Getty

Und da kommen wir auf Cameron Newton zu sprechen. Ich halte es zwar für Hasard, Newton zu holen, aber ich glaube, Buffalo könnte sich Newton greifen. Als Franchise-QB, mit dem Gedanken im Hinterkopf, eine mögliche werbetaugliche Ikone des Sports zu holen.

Für Newton dürften in diesem Szenario die schlimmsten Alpträume wahr werden. Newton, der von der ganz großen Bühne träumt, könnte in der NFL-Provinz „versauern“.

Aus sportlicher Sicht sollten die Bills aus meiner Sicht eher schauen, endlich ihre Offensive Line hinzukriegen. Aber ob Buffalos Fans noch ein Jahr ohne Franchise-Gesicht aushalten würden? Immerhin gab es zuletzt immer häufiger Blackouts.

Skill Players

Die Running Backs sind dank zig hoher Draftpicks in den letzten Jahren schon angegangen worden. Die Wide Receivers sind dünn besetzt. WR Steve Johnson hatte ein Top-Jahr, aber danach wird es knapp. WR Lee Evans gehört zu den Top-WRs, die keine Sau kennt, aber Evans wird nicht jünger, war zuletzt immer häufiger verletzt und hat zu allem Überfluss einen so teuren Vertrag, dass eine Trennung nicht ausgeschlossen wird. Die Tight Ends sind furchtbar besetzt. Auf beiden Positionen werden Nachbesserungen nicht ausgeschlossen.

Defense

Shawne Merriman Buffalo Bills NFL

Shawne Merriman - ©Wikipedia

Die Defensive Line sieht mit NT Kyle Williams einen der besten seines Fachs, aber nach dem Rausschmiss von Marcus Stroud wird es dahinter schon sehr eng. Es gilt als hausgemacht, dass, sollte Newton doch nicht gedraftet werden, ein Defensive Liner der Güteklasse Fairley/Dareus geholt wird.

Fast alles hinter der Defensive Line ist besetzt von Leuten, die in meinem wenige Jahre alten Madden-Spiel in anderen Teams mittelgute Ratings hatten. Bei den Linebackers hofft man, dass aus dem ehemaligen Superstar Shawne Merriman nach zig Verletzungen doch noch einmal etwas wird (Merriman ist noch keine 27). Dazu eine Handvoll Mittelklasse-Leute, die keine Eigenbauprodukte sind.

OLB Aaron Maybin ist ein speziell gelagerter Fall. Maybin ist erst vor zwei Jahren von der Ohio State University Pennsylvania State University gekommen – an #11 gedraftet. In der abgelaufenen Saison war Maybin fit, aber häufig vor lauter Schlechtigkeit nicht mal im Kader.

[Hmm… BTW Auffällig, wie viele hoch einberufene Buckeyes da NFL-weit in den letzten Jahren gefloppt sind (Gholston, Ted Ginn, mit Sternchen Gonzalez, Carpenter, Clarett, Pickett, mit Sternchen Nate Clements).] – trotzdem richtig, aber „dank“ Korrektur natürlich deplatziert.

In der Secondary ist man gespannt, ob aus CB McKelvin noch was wird. SS Donte Whitner ist Free Agent. Whitner war einst ein überraschend hoch gedrafteter Safety, der sich gut entwickelte, aber der allerletzten Zacken zum Superstar fehlte. Whitner? Ohio State? Jo, auch Whitner war mal eine Kastanie. In Buffalo könnte er geröstet, ähh, gerostet sein.

Dazu krähen die heimischen Experten nach zusätzlichen Cornerbacks, obwohl Buffalo #3 in absoluten Zahlen gegen den Pass war (Vgl. #32 gegen den Lauf). In der DVOA-Wertung sind die Bills aber nur #25 gegen den Pass. Schnell mal nachgeschaut: Sie haben wenige Yards kassiert, aber viele Touchdowns.

Ausblick

Ich glaube zwar, dass Buffalo einen QB draften wird. Aber ich halte es für sportlich nicht nachvollziehbar. Ich habe mit QB Fitzpatrick einen soliden Mann. Da baue ich doch erstmal die Rahmenbedingungen rundherum, verstärke mit Tackles meine Offensive UND Defensive Line.

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man dann im nächsten Jahr wieder in der Position ist, den eloquenten QB Andrew Luck zu kriegen. Dann hätte man aber das Umfeld für einen jungen QB geschaffen.

Was ich aber sogar verstehen kann: Buffalos Fans haben das Siechtum satt und wollen kein weiteres von vorneherein „verlorenes“ Jahr, sondern wenigstens Hoffnung auf sich schnell bessernde Zeiten. Obwohl ich Newton und Buffalo für zwei Punkte halte, die sich DIAMETRAL unterscheiden würden. Zumindest charakterlich.

New York Giants in der Sezierstunde

10-6 und keine Playoffs für die Giants in der abgelaufenen Saison. Die sechs Niederlagen kann man aufsplitten in drei Zweierpacke (Woche 2/3, 10/11 und 15/16). Vor allem die Heimpleite gegen die Philadelphia Eagles in Woche 15 ist immer noch fassungslos. Wenn du 8:17min vor Toreschluss mit drei Touchdowns führst und das EKG am Ende nur noch ein einziges, langes, leises bleeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeep drin hat, dann hast du irgendetwas falsch gemacht.

Current State

Die New York Giants haben sich als besseres Team herausgestellt, als ich es erwartet habe – trotz allem. Problempunkt ist die Konstanz, vor allem in der Defense, die an guten Tagen mit ihrer Passrush-Gewalt alles niederwalzt. Die Offense ist blässlich, aber wenn das Laufspiel in die Gänge kommt, nicht zu verachten. Trotz QB Eli Manning, von dem ich kein Fan bin. Hauptkritikpunkt in der Mannschaft: Die Special Teams, blanke #31 in der NFL.

Future State – Offensive Map

Brandon Jacobs RB New York Giants

Brandon Jacobs - ©Flickr

Manning wird dank Monstervertrag auf Jahre an die Franchise gebunden sein. Manning als QB, das bedeutet: Du brauchst ein starkes Laufspiel und eine überdurchschnittlich gut blockende Offensive Line, wenn du deinen QB nicht als aufgescheuchtes Huhn lächerlich machen willst. Das Spiel darf nicht auf Mannings Schultern lasten.

Die Offensive Line der Giants ist kein Prunkstück. Jede Wette, dass die Giants an der #19 einen Offensive Tackle einberufen. Dazu sehe ich Center O’Hara 34jährig. Ein Verjüngungsversuch ist nicht unrealistisch.

Die Running Backs machen einen soliden Job. ABER: RB Bradshaw hat den Tick, pro ca. 40 Laufversuche einen Fumble einzustreuen – Tendenz steigend. RB Jacobs ist zwar ein Bulle von einem Mann, aber nicht explosiv und zudem bei den Fans unten durch. Head Coach Tom Coughlin ist berüchtigt dafür, für Negativerlebnisse seine Spieler verantwortlich zu machen. Daher glaube ich, dass sich bei den RBs etwas ändern wird.

Die Wide Receivers – Steve Smith ist schwer verletzt und Free Agent. Dazu wird in absehbarer Zeit die hohle Hupe Plaxico „Knieschuss“ Burress aus dem Knast entlassen werden. Die WRs könnten verstärkt werden. Ob die beiden aber in New York eine Zukunft haben, ist eine gute Frage.

Future State – Defensive Map

Osi Umenyiora New York Giants

Osi Umenyiora - ©Wikipedia

Die Giants-Defense halte ich für bärenstark, nicht zuletzt dank des guten Jobs vom HC-Kandidaten Perry Fewell. Eine immer noch dominante Defensive Line mit einem meiner Favoriten, DE Usi Umenyiora, der bei mir dank seiner Performance in Super Bowl XLII seit Jahren hoch im Kurs steht. Die Linebackers und Defensive Backs sind bei mir als „solide“ eingestuft.

Allerdings steht Safety Antrel Rolle im Ruf, pro Spiel dreimal fehl am Platz zu sein und seinen millionenschweren Vertrag nicht wert zu sein.

Future State – Special Teams Map

Die Special Teams rangieren auf dem 30. Platz in der DVOA. Punter Matt Dodge war Rookie und sollte in New York nach dem Fiasko gegen die Eagles keine Zukunft haben. Dodges Punts sind berüchtigt für wenig Hang Time und entsprechend viele kassierte Return Yards. Auf der anderen Seite fehlt ein gefährlicher Return-Spieler (19.0yds/Kickreturn, 6.1yds/Puntreturn, 0 Touchdowns).

Die Aussichten

Ich kann mich schwer entscheiden, welche der beiden Defenses die bessere in New York ist. Die der Giants ist auf alle Fälle eine derjenigen, der ich ligaweit am meisten Vertrauen entgegenbringe. Die Schwachstellen sind in der Offense daheim – angefangen beim Franchise-QB.

Was nicht zu unterschätzen ist: Head Coach Tom Coughlin steht nach jeder weiteren Niederlage unter Beschuss. Die Playoffs sind 2011/12 (so die Saison denn stattfindet) Grundvoraussetzung für einen Verbleib Coughlins. Und unter Druck hat Coughlin nicht immer die überlegtesten Entscheidungen getroffen…

Tampa Bay Buccaneers in der Sezierstunde

Tampa Bay Buccaneers

©Flickr

Es ist ein paar Jahre her, als ich im Zuge eines Sprachsommers die Florentiner Nächte unsicher gemacht habe. Immer mit dabei: Richard, ein Mathe-Student aus Tampa, Florida.

[Übrigens kaum zu glauben, wie viele AmerikanerInnen Italienisch lernen wollen – war aber vor Amanda Knox, Bunga/Bunga & folglich auch bevor der Lustmolch Obama zum Amtsantritt beleidigt hatte.]

Richard war Zimmerkamerad – und riesiger Buccs-Fan. Rich war natürlich hoch erfreut, dass es selbst im fernen Italien einen NFL-Fan gab. Es war grad die Zeit nach dem Niedergang der Buccs. Die Preseason war dabei, keine Verbesserung zu versprechen, aber mit Cadillac Williams hatten sie immerhin kurz zuvor einen jungen Hoffnungsträger gedraftet. Am Ende stand Tampa in den Playoffs.

Dank Richie habe ich die Buccs über die Jahre ein bisschen genauer verfolgt als andere Teams. Ich war zwar nie Buccs-Fan, aber wenn du ein bisschen Bezug zu einer Mannschaft hast, lässt es sich interessierter verfolgen. Seit jenem Herbst ist nicht mehr viel gelaufen und die Buccs hatten nach Sapp&Brooks keine Identität mehr. Bis zu dieser Saison. Ende Oktober, nach einem Comeback-Sieg der Buccs gegen die Rams, kommentierte Dauerkarten-Inhaber Richard im Messanger:

Enthusiasm. We’ve got a winner! Terrific stuff.

Und verlinkte dieses Video.

Die Sensation des Jahres

Die Buccs sind mit 10-6 meine Story der Saison – obwohl dank der NFC West im Spielplan ein paar Siege quasi „geschenkt“ waren und gegen die meisten „Großen“ verloren wurde.

Denn: Ein selten cooles HC/QB-Duo gepaart mit der Mentalität, auch 1:30 vor Schluss noch in die ganz dicken Eier herumzuschleifen – das finde ich klasse. Ich gratuliere den Buccaneers, vor allem, weil ich weder an Raheem Morris, der auch als MLB-Coach eine gute Figur macht, noch an Babyface-QB Josh Freeman geglaubt hatte. Manchmal wird man aber überrascht.

Josh Freeman QB Tampa Bay Buccaneers

Harmloses Gesicht - bärenstarker QB: Josh Freeman, ©Wikipedia

Morris, Freeman und RB Legarrette Blount – das neue Trio infernale der NFL. Und hätten da nicht die Lions Mitte Dezember etwas dagegen gehabt – Tampa Bay wäre glatt anstelle des späteren Superbowl-Champs Green Bay mit Pauken und Trompeten in die Playoffs eingezogen. So kann man am Ende konstatieren: Mit wehenden Fahnen untergegangen.

Was sagt uns der Blick in die Stats?

Ich habe Tampa nur 4x über vier Viertel gesehen (2x gegen Atlanta, 1x Saints und Seahawks (Tape)), plus die wilde Schlussphase gegen Arizona. Von daher mal eine Herangehensweise via Excel:

DVOA (Rating in Relevanz zum Gegner)
Offense: #8 overall, #10 Pass, #12 Lauf
Defense: #23 overall, #13 Pass, #32 Lauf
Special Teams: #18

Absolute Zahlen
Offense: #17 Pass, #8 Lauf
Defense: #7 Pass, #28 Lauf

Vor allem für die Defense ist die Sprache eine klare: Es braucht Leute, die den Lauf verteidigen können! Im Draft 2010 haben die Buccs mit DT Gerald McCoy (#3 overall) und DT Brian Price (2. Runde, #35 overall) gleich ihre ersten beiden Picks für Defensive Tackles ausgegeben, und damit die Basis für die Laufdefense geschaffen. Beide waren teilweise verletzt – ich sehe aber nicht, warum Tampa heuer weitere DTs holen sollte. McCoy soll Ansätze von Dominanz gezeigt haben (McCoy war leider gegen Saisonende schon verletzt, als die Buccs bei uns im TV gezeigt wurden).

Die Defense

Es spricht also einiges dafür, dass die Buccs ihren Fokus auf die Defensive Ends richten werden. Gesucht werden dürften aber keine reinen Pass Rusher (na, hallo!), sondern DEs mit Qualitäten gegen das Laufspiel. Wenn ich mir die Ends im heurigen Draft anschaue, dürften die Buccs schon den Taxi-Schläger Adrian Clayborn im Hinterkopf haben.

Zweiter Knackpunkt sind die Linebackers. Wenn der Blick ins aktuelle Roster nicht täuscht, hat Tampa derzeit keinen ILB im Kader, weil Barrett Ruud Free Agent wird. Die restlichen Linebackers wirkten auf mich eher hüftsteif – womöglich wird via Draft auch an dieser Stelle Hand angelegt.

In der Secondary gibt es zwei Fragezeichen: CB Ronde Barber wird mit bald 36 nicht jünger und dürfte erstmal damit beschäftigt sein, den Zwillingsbruder Tiki vom NFL-Comeback abzuraten. Und FS Tanard Jackson wird in den ersten Wochen wegen wiederholter positiver Dopingprobe fehlen – und auch danach nicht sicher von der NFL begnadigt werden. Ein schwerer Schlag, denn Jackson gilt als einer der besseren Safetys in der Liga, solange er sich nur an die erlaubten Limits herandopt, und nicht darüber hinaus.

Die Offense

Die Offense Line war im Saisonverlauf durch Verletzungen (Center) und Rotationen (v.a. auf der rechten Seite) Subjekt einiger Mutationen. G Joseph ist vertragslos – im Prinzip gäbe es Handlungsbedarf , aber die Defense sollte vorgehen.

Ein schwieriger Fall ist RB Cadillac Williams. Williams ist nicht (mehr) mehr als ein fangstarker Back für 3rd downs. Zu sehr haben fassungslos viele schwere Verletzungen an ihm genagt. Glaube ich aber Richard, so ist der Cadillac eine der populärsten Figuren in Tampa, ein sentimental hero, einer, mit dem sich die Fans voll identifizieren und den sie lieben. Der Typ Scholl in den letzten Jahren. Ich gehe davon aus, dass Williams für relativ lau in Tampa bleiben wird, da er auch an anderem Ort und Stelle keinen Rentenvertrag mehr kassieren wird.

Der Returner

Micheal „Ich heiße nicht Michael“ Spurlock war Returner während der Saison und ist nun RFA. Wenn ich an den genialen Return gegen die Falcons zurückdenke, sollte Tampa Spurlock einen Vertrag anbieten. Damals war Spurlock mitverantwortlich, dass Tampa trotz gefühlter haushoher Unterlegenheit in den letzten Sekunden um ein Haar ein Comeback mehr gefeiert hätte.

Ausblick

Junge Mannschaft, junger Coach, markante Typen – wäre nicht die hässliche Fratze „Malcolm Glazer“ allgegenwärtig, ich wäre schon verknallt in diese Buccaneers.

Auf alle Fälle gilt es an zwei Dingen anzusetzen: Defense stärken und Ticketpreise senken – denn Tampa hatte trotz des begeisternden Spiels Probleme, das wunderschöne Raymond James Stadium zu füllen.

Alles in allem bin ich sehr gespannt, inwiefern die Buccs nach der deutlichen Weiterentwicklung der Mannschaft im Verlauf dieser abgelaufenen Saison in den kommenden Jahren in der starken NFC South ein Wörtchen mitreden können. Ganz vom Tisch dürfte auch das „One Year Wonder“ noch nicht sein.

Für weitere „Sezierstunden“ bitte hier entlang.