Stat Line 2012
Record 4-12 --
Enge Spiele 4-5
Pythagorean 3.9 (30)
Power Ranking .427 (24)
Pass-Offense 5.7 (23)
Pass-Defense 6.7 (21)
Turnover -24
Management
Salary Cap.
Free Agents.
Philadelphia ist mit seiner stürmischen Beziehung zu seiner Football-Franchise nie ein langweiliger Ort aus Sicht der National Football League. Der jüngste Kollaps nebst Entlassung des langjährigen Head Coaches Andy Reid bereitete zuletzt den Boden für ein spektakuläres neues Projekt: Der Inthronisierung von Head Coach Chip Kelly. Langjährige Leser dieses Blogs dürften mitbekommen haben, dass der schiere Gedanke an die Offense, die Chip Kelly an der University of Oregon installierte, bei mir Sabbern und aufgeregtes Zittern am ganzen Körper hervorruft.
Ich habe dem Phänomen Kelly vor kurzem bereits einen eigenen Blogeintrag spendiert: Chip Kelly – der Innovator.
Für die Lesefaulen sei es in zwei Absätzen zusammengefasst: Kelly ist noch ohne NFL-Erfahrung, wurde am College aber für eine atemberaubende, stilbildende und ästhetisch einzigartige Spread-Laufoffense berühmt. Wie sich das Ding auf die NFL übertragen lässt, steht noch in den Sternen; was sich sicher in gewisser Form übertragen lässt, sind Kellys legendäre Trainingsmethoden, die alles aus einer 2h-Einheit rauskitzeln, was nur möglich ist. Viele (auch NFL-)Coaches waren schon bei Kelly in Eugene/OR zu Gast, um sich ein Bild davon zu machen.
Und Kelly ist als GameManager bekannt, der schon mal im ersten Viertel eine 2pt-Conversion ausspielen ließ. Nur am College? Geht eh um nix? Nun, immerhin traute er sich das auch im BCS-Championship Game 2010/11. Es ist schwierig zu beurteilen, ob Kelly „aggressiv“ oder „zu riskant“ ist, ob er den Mut auch in der NFL (und insbesondere im Lincoln Financial Field!) aufbringen wird oder ob Schnarchnase OffCoord Pat Shurmur auf Kelly abfärben wird – aber auf alle Fälle ist Kelly Stand heute kein Schisser. Bedenklich ist nur, dass Kelly wohl auf einer Pressekonferenz eher zurückhaltend war, was sein Image als aggressiver Coach anging.
Die Eagles-Offense
Philadelphias Offense war in den letzten Jahren der Ära Reid in allererster Linie explosiv. So explosiv, dass sie inbesondere sich selbst oft in die Luft jagte, häufig durch Turnovers. Kein Kind von Traurigkeit war diesbezüglich der mittlerweile fast 33jährige QB Michael Vick, der keinen Hit scheute und mit seiner Aufopferungsbereitschaft viele Hater bekehrte, aber eben oft auf Kosten von Fumbles und unkontrollierten Interceptions. Vicks Vertrag wurde entgegen den Unkenrufen so umstrukturiert, dass er in Philadelphia bleiben kann – laufstarker QB mit Wurfarm für die 70yds-Pässe: Das ist schonmal Kelly-kompatibel. Oder ist Vick nur der Steigbügelhalter für den jungen, etwas blassen, aber auch wendigen Nick Foles, den Kelly noch aus der Pac-12 kennen dürfte? Kommt gar ein mobiler und Option-kompatibler Rookie á la Geno Smith oder E.J. Manuel?
Mit dem Material drum rum kann man arbeiten: RB LeSean McCoy ist ähnlich spritzig und antrittsschnell wie Lamichael James oder DeAnthony Thomas, und McCoy ist ein exzellenter Ballfänger. Backup Bryce Brown zeigte gute Ansätze als Rookie. WR DeSean Jackson kann mit seinen Drops verärgerte Pfiffe von den Tribünen provozieren, aber es gibt wenige gefährlichere Waffen für die tiefen Bälle.
WR Maclin entwickelte sich seit Jahren auf gutem Niveau. Wo ich Bedenken habe, ist der Slot-WR: Ist Avant wirklich Kellys Idealvorstellung von dieser für ihn so wichtigen Position? Oder kriegt der jüngst aus Tampa Bay losgeeiste WR Arrelius Benn, ehemaliger College-Star, den Platz? Fraglich ist auch, inwiefern die aktuelle WR-Crew der Eagles den hohen Ansprüchen Kellys genügt, was das Lauf-Blocken angeht; Kelly verlangt da sehr viel, mehr als die meisten anderen Coaches.
Der TE Brent Celek ist grundsolide, aber es würde mich nicht wundern, wenn in absehbarer Zeit (also späterstens 2014) nachgebessert wird.
Die Offensive Line wird gerne madiger gemacht als sie ist. Es gibt bessere Units in der Liga, keine Frage, und die Verletzungssorgen vom wichtigsten Mann, LT Jason Peters, sind nicht von der Hand zu weisen, aber eine Line Peters/EvansMathis/Kelce/Watkins/Herremanns ist nicht per se in Grund und Boden zu verdammen und sollte allein von der Statur der einzelnen Jungs schonmal „Zone read“-kompatibel sein.
„Statur“ liest sich bei Leuten, die Chip Kelly vom College in die NFL schickte (Max Unger, heuer Kyle Long) in etwa so: 1,99m bei zirka 130kg. Das sind keine monströsen Säcke, sondern fast Maße eines Schlaks. Als wichtig empfände ich für diese Eagle-Offseason 2013, für den Eventualfall von erneuten Komplikationen bei Peters noch einen soliden Backup zu holen.
Die Defense
Erste wichtige Neuerung unter Kelly: Philadelphia wird nach zirka siebenundzwanzig Jahren mit einer four men front auf eine 3-4 Defense umstellen, um flexibler agieren zu können als bloß Passrush und (vergebliches) Hoffen, dass hinten Cromartie und Asomugha dicht halten. Neuer DefCoord ist Billy Davis, ein wenig beschriebenes Blatt, bei dem man nur weiß, dass er sein Schema so baut, dass der „Weakside Linebacker“ (Slang: Will) freie Bahn bekommt, und der DE/OLB (Slang: Predator) bedingungslos passrushen soll.
Davis lässt ein relativ verkapptes System spielen, mit einer leicht gen „Strongside“ (dort, wo der Tight End steht) versetzten Line – der Predator steht auf der Weakside, im 1:1 gegen den Offensive Tackle gematcht.
TE OT G C G OT
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Sam DE NT DT Pred.
Mike Will
Der Will dürfte klar sein: Dem dynamischen LB Mychal Kendricks müsste die Rolle auf den Leib geschneidert sein und als Predator könnte entweder DE Trent Cole oder ein Passrusher aus dem Draft fungieren (manch einer riecht schon Kellys Affinität für seinen College-Schützling Dion Jordan).
Die zweite Position, die geklärt sein soll: Der Defensive Tackle (in Davis‘ System ein End mit Aufgaben des 3-technique). Der letztes Jahr hoch gedraftete Fletcher Cox soll diese Position aus dem College kennen und dort extrem gut aufgeblüht sein.
Es gibt keinen klassischen Nose Tackle in Philadelphia, keinen richtigen Defensive End, und wer in Philadelphias ausgedünnter Abwehrcrew den nervenaufreibenden Job des Middle Linebackers („Mike“) übernehmen soll, steht in den Sternen (DeMeco Ryans?).
Ist Dixon der Nose Tackle? Ist es der neu eingekaufte Sopoaga? Wenn nein: Nehmen die Eagles einen Brocken wie Floyd in der ersten Runde? Auf alle Fälle ist Stand heute für mich sehr vieles im Fluss. Es gibt noch weitere, bisher ungenannte Athleten, die man einbauen kann, aber ich kann es nicht beurteilen: Curry, Graham (hauptsächlich als DE/OLB), Casey Matthews (LB) oder der aus Houston eingekaufte OLB Connor Barwin. Die Zeit wird zeigen, wohin sich die Winde drehen.
In der Secondary sind alle der einstigen Top-CBs weg und nur der vom Superbowl-Champ Baltimore geholte CB Cary Williams als ein erfahrener Ankermann bereit. Auf Safety gibt es den jungen Nate Allen und den vom Erzfeind Giants eingekauften Kenny Phillips. Phillips hat eine Reputation als wandelndes Verletzungsrisiko. Als Backup dürfte Pat Chung (kommt von New England) fungieren.
Fazit: Die Strategie, billige, nicht unterirdische Leute einzukaufen, gefällt, zumal die neuen Leute allesamt keine Mittdreißiger sind. Die größten zwei Baustellen bleiben Nose Tackle und Passrush, wobei für letzteres immerhin schon gescheites Spielermaterial im Kader stünde.
Ausblick
Ich schrieb schon oft, dass ich das Projekt „Kelly in Philadelphia“ extrem spannend finde. Ich habe keine Ahnung, was in diesem Herbst von den Eagles zu erwarten ist, aber sollte Vick zünden und wenige Turnovers fabrizieren, traue ich den Eagles per sofort wieder die Playoffs zu.
Für den Draft gibt es viele Optionen. Passrusher („Predator“) ist gesucht, wie auch Cornerback und eventuell auch Offense Tackle und Quarterback. Von keinem Move dieser Güteklasse wäre ich überrascht.