Sideline Reporter on Tour #2: Offseason Power Ranking

Das Abschluss der Sezierstunden ist diesmal extern: Beim frisch preisgekrönten Portal der Herren Reiterer und Gindelhumer, NFL-Crush, gibt es das Offseason Power Ranking der Mannschaften und Divisionen eine Woche vor dem Draft:

Cincinnati ist möglicherweise das aktuell drittbeste Team in der AFC und prinzipiell vor allem einen Quarterback vom großen Wurf entfernt. Kriegen die Bengals QB Andy Dalton gebogen, ist das hässliche Entlein ein Titelanwärter.

Die anderen 31 nach dem Klick. Die Sezierstunden müssten alle unter dem Tag Sezierstunde 2013 erreichbar sein. Und nach diesem Schlussstrich startet morgen die Draft-Coverage 2013 mit einem Doppel-Header. Rücksichtslos. Eine ganze Woche lang.

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Baltimore Ravens in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record        10-6    SB
Enge Spiele    6-4 
Pythagorean    9.4   (11)
Power Ranking   .538 (10)
Pass-Offense   6.3   (15)
Pass-Defense   6.1   (14)
Turnover        +9

Management

Salary Cap.
Free Agents.

S’Leben ist manchmal komisch. Da bauen die Baltimore Ravens seit der Inthronisierung von Head Coach John Harbaugh vor fünf Jahren in Windeseile einen jahrelangen Contender mit Titelaspirationen, nur um im ersten Jahr mit erkenntlichem Leistungsabfall und deutlichen Warnsignalen (Alterungsprozess!) grad noch die Kurve zu kratzen und vor dem Auseinanderfallen die Lombardi Trophy abzustauben. 2009 und 2010 war diese Mannschaft auf der Höhe ihres Schaffens und stand sich selbst im Weg, 2011 war man immer noch gut genug, erledigte sich aber in New England im Alleingang – und erst 2012, mit der schwächsten Ravens-Variante seit vielen Jahren, blasen LB Ray Lewis und Co. ihr letztes Halali und wandern mit dem Superbowl im Gepäck in den Sonnenuntergang. Und genau deswegen schließen die Ravens als die Ringträger 2012/13 auch die Sezierstunde-Serie dieses Frühjahrs ab.

Das Ozzie-Spiel

Es blieb auch seither nicht still. QB Joe Flacco, der Superbowl-MVP, bekam eine rekordverdächtige und für einen durchschnittlichen Quarterback wie eben ihn exorbitant ausschauende Vertragsverlängerung als Belohnung, aber rundherum brachen einige Dämme. LB Ray Lewis machte seinen lange angekündigten Rücktritt perfekt. Eckpunkte wie der legendäre FS Ed Reed oder OLB Ellerbe und DE Kruger wurden ziehen gelassen, S Pollard wurde gefeuert, für WR Boldin konnte man immerhin noch einen billigen Draftpick mitnehmen.

Es mag für Fans schmerzhaft gewesen sein, aber sehen wir es mal anders: Der Schnitt hätte so oder so kommen müssen – und bei einem Strategen wie GM Ozzie Newsome wäre er auch gekommen. 2012/13 war der letzte offene Spalt für die Titelträume dieser Ravens-Generation. So sehr es schmerzt, einen Ed Reed in einem Texans-Trikot spielen zu sehen: Jetzt muss die Generalsanierung erfolgen, und sie musste immer jetzt passieren, weil die Vertragssituation entsprechend darauf ausgerichtet war.

Die Offense

Der kurioseste Move von Newsome war zweifellos dieser monströse 20 Mio./Jahr-Move mit gut und gerne 50 Millionen Dollar guaranteed-Money für QB Flacco, der eine neue Ära in der Vertragspolitik in der NFL einläutete: Ab sofort kriegen auch mittelmäßige QBs – und wenig anderes ist Flacco trotz des vierwöchigen Laufs zuletzt – gigantische Gehälter. Der Markt wird sich in wenigen Jahren von selbst regulieren, aber bis dahin verbluten Teams wie Baltimore zwangsläufig. Sei’s drum: Flacco gibt dir, was er dir immer gab – ein vertikales, tiefes Element.

Der pfeilschnelle WR Torrey Smith ist da genau der richtige Mann, wie auch der sehr flexible RB Ray Rice oder der kräftige RB Bernard Pierce. Alles andere in Baltimores „Skill“-Offense ist austauschbar bzw. schreit nach Upgrades. Nach Boldins Abgang fehlt der kräftige Receiver für die Mitteldistanzen, und die Tight Ends sind in Baltimore seit Heaps Abgang eh nur noch opportunistisch besetzt.

In der Offense Line stehen LT Oher, LG Grubbs und RG Yanda fix, aber die anderen Jungs können schon seit Jahren keine vier Monate mehr oder Ausfallszeiten durchhalten. Bissl was wird man – auch bei den Backups – unternehmen müssen.

Die Defense

Fraglich ist noch, wie die Defense in der Zeit nach dem Urgestein Lewis aussehen wird. Baltimores Abwehr war nun jahrelang um die Stärken der „Achse“ gebaut: Haloti NgataTerrell Suggs – Ray Lewis – Ed Reed. Individuelle Power kombiniert mit fassungslos viel Defensiv-Wissen in der besten Abwehrschmiede der Liga. Von den Indiviualisten sind nur noch Ngata und Suggs dabei, und beide hatten in jüngster Vergangenheit Verletzungssorgen. Weil mit DE Kruger und LB Ellerbe zwei Talente ziehen gelassen wurden, steht die Abwehr vor dem Neuaufbau.

DefCoord Dean Pees ist gefragt. In der Defensive Line wurden DT Chris Canty (möglicherweise für die NT-Position) und DE/OLB Elvis Dumervil (Passrush!) geholt – zwei Verpflichtungen, die etwas Erfahrung in einen jungen Kern bringen sollten. Gut möglich ist übrigens auch, dass Dumervil als Outside Linebacker auf der anderen Seite von Suggs aufgestellt wird. Suggs/Dumervil: Riecht nach 10-15 Sacks per capita. Höhö, und in der Hinterhand gibt es noch OLB Courtney Upshaw, der vom College als faszinierender Spieler in Erinnerung blieb, und als Rookie vor allem für seine Arbeit gegen den Lauf gelobt wurde.

In den vielen „Hybrid“-Packages kann Pees im Optimalfall die Jungs Suggs/Dumervil/Upshaw hin- und herschieben, zwischen D-Line und OLB. Dafür braucht es allerdings womöglich noch etwas Verstärkung neben Ngata und Canty in der Defense Line, vor allem innen: Der unglaublich fette DT Terrance Cody hat seine Versprechen noch immer nicht einlösen können, und die DT/DEs Jones/McPhee/Spears gelten maximal als Ergänzungsspieler.

Gebastelt wird auch noch an der ILB-Position, die nach den Abgängen von Lewis und Ellerbe vakant ist: Niemand geht davon aus, dass die „Macs“ McClellan und McClain die Langzeitlösung sind, weswegen viele spekulieren, dass Manti Te’o im Draft am Ende der ersten Runde nach Baltimore geht. Te’o – ein charismatischer Führungsspieler-Typ, der auf den Leadertypen Lewis folgt? Klingt gut? So „logisch“ der Move klingt, muss man jetzt schon Angst haben um das Seelenleben Te’os, wenn er in der Testosteronhochburg Baltimore ob des Catfishing-Skandals zerfleischt wird.

In der Secondary muss man nach dem Abgang von bei John Harbaugh angeblich verhassten (!) Ed Reed den Abgang des Ankermanns verkraften. Neuzugang S Michael Huff dürfte die Lücke halbwegs adäquat stopfen, aber weil auch Pollard flöten ging, könnte Baltimore im Draft auch im Rennen um einen Safety sein.

Auf Cornerback sind die Abgänge unspektakulärer: Der Superbowl-Schläger Cary Williams ist weg, aber dafür sollte CB Ladarius Webb wieder genesen sein – quasi ein „Zugang“ im Vergleich zu letzter Saison. Webb deckt zwar selten die Ecken ab, geistert aber als permanente Bedrohung für Interceptions durch die Spielfeldmitte. Dazu sollte es Zeit sein für den jungen CB Jimmy Smith, den nächsten Entwicklungssprung zu machen. Weil CB Corey Graham und CB Chykie Brown (geiler Vorname) als grundsolide eingestuft werden, glaube ich nicht, dass Baltimore sich weit vorne eines Cornerbacks bedient.

Ausblick

Für mein Ermessen sind die Ravens nicht viel schlechter als vor der letzten Saison aufgestellt. Wichtigstes Need ist für mein Ermessen ein groß gewachsener, kräfter Wide Receiver für die Zeit nach Boldin. Es ist schwer vorstellbar, dass Torrey Smith als go to guy in dieser Offense überlebt ohne einen Partner, der erhöhte Aufmerksamkeit der Defense auf sich zieht.

Die nächsten Needs sind in der Defense: Safety und Inside Linebacker. Ich glaube, ein mittelmäßiger Safety kann durch den auf dem Blatt weiterhin exzellenten Passrush kaschiert werden, aber irgendwo liest sich Ihedigbo (der aktuelle Mann neben Huff) nicht mal wie „mittelmäßig“. ILB ist sicher wichtig, aber im Zweifelsfall überlebst in der heutigen NFL auch ohne Topmann dort.

Baltimore ist als Titelverteidiger nicht der Topfavorit, aber weil die AFC nicht furchteinflößend stark besetzt ist, sehe ich durchaus auch weiterhin Playoffchancen.

Denver Broncos in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record        13-3    DP
Enge Spiele    4-2 
Pythagorean   12.5    (2)
Power Ranking   .695  (2)
Pass-Offense   7.4    (1)
Pass-Defense   5.2    (1)
Turnover        -1

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Die Debütsaison von QB-Legende Peyton Manning in Denver war so fassungslos gut, dass es fast schade ist, dass Manning in derselben Runde scheiterte wie ein Jahr zuvor Tebow. Trotzdem bleibt kein Zweifel: Während die Broncos 2011/12 eine faszinierende Aschenputtelgeschichte waren, war das Team 2012/13 for real, gescheitert in einem Freakspiel gegen den späteren Superbowl-Champ, der die wüsten Abwehrfehler der Kollegen Bailey und Moore ohne Gnade ausnutzte.

Für den in Denver abgöttisch geliebten quasi-GM (offizieller Titel: Vice President of Football Operations) John Elway und Head Coach John Fox ist aber trotz der Kritik am zu konservativen Handling in den Playoffs die Zukunft recht rosig: Denvers Kader hat wenige Lücken, und sofern der alternde Manning nicht komplett einbricht (z.B. durch plötzlichen Verlust jeglicher Wurfstärke), oder der Verletzungsteufel auf die grausige Tour zuschlägt, bleibt Denver in einer wenig furchterregenden Division das Team, das es zu schlagen gilt.

Wollen wir trotzdem schnell einen Blick auf den Kader werfen?

Offense

QB Manning ist klar: Erneut eine Top-Saison gespielt, als heimlicher NFL-MVP dann allerdings mal wieder zu schnell in den Playoffs rausgeflogen. Es war ein Treppenwitz der Geschichte, dass mal wieder Manning in einem engen Playoffkracher der entscheidende Fehler – Interception in der Overtime – unterlief. Anyhow: Manning hat sein System implementiert, und die Kollegen haben mit großartigen Zahlen geantwortet.

„deep threat“ WR Thomas und der technisch feine WR Decker werden nun verstärkt durch den Slot-WR Wes Welker, bekannt durch Zilliarden an Catches aus seiner Patriots-Zeit. Welker ist mit 32 Lenze nicht mehr der Jüngste, aber wenn er für die zwei Jahre Vertragslaufzeit noch ein bissl was im Tank hat, ein lohnendes Investment. Zu diesem Corp, ergänzt durch die grundsoliden Tight Ends Dreessen und Tamme (und das Prospect TE Green), kann man schon Vertrauen haben – braucht nicht mehr viel Verstärkung, höchstens Absicherung gegen Verletzungen.

Die eh schon starke Offense Line wurde durch G Vasquez aus San Diego noch einmal verstärkt, und glaubt man den Stimmen aus dem Broncos-Umfeld, ist man sich allein an der Besetzung der Center-Position (Walton) noch nicht einig. Größtes Fragezeichen im Angriff ist die RB-Position: Knowshon Moreno gilt als Bust, der junge Ronnie Hillman gilt als ungebräuchlich für die Blitz-Pickups – tödlich in einer von Manning orchestrierten Offense – und McGahee… ist halt auch schon über 30 und längst nicht mehr der feine Spieler von vor 5-6 Jahren.

Defense

Die Bronco-Defense von 2012/13 war eine der absolut dominantesten. Die Pass-Defense war mit 5.2 NY/A trotz des Heimdebakels gegen Baltimore die beste in der Liga, die Laufdefense mit 60% Erfolgsquote immer noch die #6 ligaweit. Die Abwehr erzwang zwar nur durchschnittlich viele Turnovers, würgte den Gegner aber gut genug ab, dass sie in 186 bedeutungsvollen Drives 93x einen Punt erzwang (50%, #2 NFL). Das sind alles bärenstarke Werte, so gut, dass sie in dieser Dominanz fast nicht wiederholbar sind.

Schlüsselspieler ist OLB Von Miller, der als bester Abwehrspieler der Liga neben J.J. Watt gilt. Miller ist vielleicht noch kompletter als Watt, füllt von Passrush bis Deckungsaufgaben alles aus. Wichtig, denn Miller kann bedenkenlos auch gegen starke Tight Ends im Spiel gelassen werden. Der Rest der Linebacker-Crew ist nach der Verjüngungskur (ILB Brooking, OLB Williams gefeuert) ein Fragezeichen; MLB Mays gilt als einzig gegen den Lauf gebräuchlich.

In der Secondary kaufen sich die Broncos schön langsam eine Allstar-Defense zusammen: Diesmal war es CB Rodgers-Cromartie, der sich zu einem an sich schon bärenstarken Trio gesellt: Harris, Carter, und – am wichtigsten – CB Champ Bailey. Bailey spielte trotz des fürchterlich in die Hose gegangenen Playoffspiels gegen Baltimore eine erneut herausragende Saison, aber er wird mit 34 nicht jünger und gilt als zweitwichtigster Verteidiger neben Miller. Ist Cromartie schon eine Langzeitversicherung für ein eventuell nahes Karriereende Baileys?

Die Safetys: Rahim Moore, auch so ein Opfer der Ravens in jenem denkwürdigen Spiel, galt eigentlich stets als junge Hoffnung. Hoffnung gibt es auch jetzt, zum Beispiel, dass sich Moore nicht von dem letzten Verzweiflungspass Flaccos aus der Bahn bringen lässt. Der Platz neben Moore – Strong Safety – könnte in der Preseaon allerdings neu ausgeschrieben werden, möglicherweise auch mit einem Rookie im Mixer.

In der Defensive Line, Fachgebiet von DefCoord Jack Del Rio, ist Denver trotz Kruzifax nicht schlecht besetzt: Der abgewanderte DE Dumervil könnte von DE Robert Ayers ersetzt werden. Ayers zeigte allerdings bisher in der NFL die von seiner College-Zeit in Tennessee bekannten Flauseln: Zwischendurch sensationell, aber dann immer wieder ein Wochenende, wo es aussieht, als spüre er noch die Nachwirkungen von der Sauftour am Freitag. Wichtigster Einkauf bisher: DT Terrance Knighton, ein ehemaliger Schützling Del Rios in Jacksonville. Die Tackles sind gut besetzt mit Knighton, Derek Wolfe und Vickerson.

Ausblick

Die Einkäufe in der Free Agency machen allesamt Sinn: G Vasquez, WR Welker, CB Rodgers-Cromartie und DT Knighton sind jeder für sich für wichtige Rollen in Denver angedacht. Die Baustellen, die verbleiben, sind:

  • Running Back
  • Tiefe in der Defensive Line (v.a. DE)
  • Inside Linebacker

Es sind allesamt keine lebenswichtigen Positionen, die Denver noch upgraden muss. Es sind allenfalls Rollen, die, wenn besser besetzt, das Bild eines guten Kaders noch abrunden würden. Denver bleibt eine Mannschaft für zehn oder mehr Saisonsiege, und in einer soften AFC ein Superbowl-Anwärter.

Green Bay Packers in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record        11-5    DP
Enge Spiele    4-4
Pythagorean   10.5    (7)
Power Ranking   .593  (5)
Pass-Offense   6.6   (12)
Pass-Defense   5.7    (7)
Turnover        +7

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Merkwürdig unscheinbare Saison für die Green Bay Packers 2012/13: Man war trotz Verletzungsplage und Eindimensionalität mal wieder 11-5 und galt bei vielen Experten als leichter Favorit im Playoff-Viertelfinale in San Francisco, aber nach dem sang- und klanglosen Ausscheiden dort weiß niemand so recht, was man mit der abgelaufenen Packers-Saison anstellen soll.

Etwas ironisch mag sein, dass der so erfolgreiche Head Coach Mike McCarthy ausgerechnet in der abgelaufenen Saison erstmals wirklich am Radar war – und nicht immer im positiven Sinne. Stark für den Trainerstab spricht, dass das Team zusammengehalten wurde, selbst nach der fragwürdigen Klatsche in Seattle, als die Saison schon früh am seidenen Faden hing. Aber McCarthy zeigte im Saisonverlauf in regelmäßigen Abständen völlig bizarres PlayCalling, sprang bei einer geschwartzten Challenge von der Schippe, und wirkte generell weniger souverän als in anderen Jahren. Ist das ein Problem? Vielleicht nein, aber es waren genügend überdenkenswerte Entscheidungen McCarthys dabei, dass ich McCarthy ab sofort stärker aufm Radar habe.

GM Ted Thompson bleibt dagegen der Alte: In der Offseason wird wenig Wirbel am Transfermarkt gemacht (höchstens durch Abgänge), und man scheint mal wieder alle Ressourcen in den Draft zu stecken. Und man wird QB Aaron Rodgers den teuersten Vertrag der NFL-Geschichte geben müssen, ein Kontrakt, der ca. 16-20% vom Salary Cap frisst.

Die Offense

Persönlich fand ich Rodgers erneut fantastisch: Hielt eine erodierende Offense zusammen, und auch wenn die Effizienz-Stats (6.6 NY/A) im Vergleich zu anderen Rodgers-Saisonen ein krasser Ausreißer nach unten waren, haste beim Zuschauen stets 100%iges Vertrauen, dass Rodgers das Richtige macht, wenns drauf ankommt. So weit der persönliche Eindruck, aber ich vernahm in einem Podcast von Greg Cosell durchaus auch Kritik an Rodgers: Laut Cosell ließ er brutal viele Plays auf dem Feld, verpasste offene Receiver und war ganz einfach nicht der alte Rodgers. Für ein ausgedehnteres All-22 Studium fehlte mir bislang die Zeit, aber nach den wenigen gesammelten All-22 Eindrücken kann ich Cosells Meinung nicht bestätigen. Aber immerhin: Wenn Cosell sowas sagt, ist es wahrscheinlich, dass was dran ist.

Nun kann man immer sagen „logisch, dass Rodgers viele Plays am Feld lässt. Die Packers spielen ja auch eine gefühlte 90:10 Pass/Lauf-Ratio. Bei so vielen Pässen fallen qua Natur viele zu Boden“. Damit ist auch eines der Charakteristika von Green Bays Angriff schnell beschrieben: Er läuft über die Luft, und zwar ausschließlich. Laufspiel wird häufig noch nicht mal als Ablenkungsmanöver eingestreut.

Viele Pässe, viele benötigte Wide Receivers: Nach dem Rücktritt von Driver und dem Abgang des zu teuren Jennings verbleiben drei primäre WRs: Jordy Nelson, James Jones und die Allzweckwaffe Randall Cobb. Gepaart mit dem unkonstanten, aber wenn motiviert brillanten TE Jermichael Finley ist das ein wunderbares Quartett, aber es ist nicht mehr vollkommen: Der Packers-Angriff braucht als Minimum diese Leute, besser wären noch 1-2 Wideouts mehr. Jennings‘ anerkannt präzises Routenlaufen dürfte vermisst werden. Sofern man den jungen WRs Boykin und Ross nicht über den Weg traut, gehe ich davon aus, dass Thompson irgendein Karnickel in der zweiten oder dritten Draftrunde aus dem Hut zaubert. Was mit dem zweiten Tight End nach dem Abgang des vollkörpertätowierten Monsters Crabtree wird, bleibt auch abzuwarten.

Möglichst viele Receiver sind für Rodgers auch stets ein Schutzmittel und eine Verstärkung der Pass-Protection (weil extremstes Timing = schnellerer Wurf = weniger Zeit für den Passrush). Das muss in Green Bay auch sein, denn die Offense Line gilt als anerkannt wackelig. Gesetzt ist die rechte Seite mit RG Sitton und RT Bulaga, aber auf Center (Saturday tart zurück) und der linken Seite (LG Lang gilt als Wackelkandidat, LT Newsome möchte man lieber heute als morgen ersetzen) besteht Nachbesserungsbedarf. Der vor zwei Jahren gedraftete LT Sherrod war bisher mehr verletzt und es mehren sich die Stimmen, dass Newsome es in der NFL nicht mehr packen könnte.

Schließlich das Laufspiel: Green Bay kommt ganz gern mit Jungs vom Straßeneck aus, weil ein teurer Back eh nur verschwendte Kohle in diesem System ist. Das ist gut und recht, und Leute wie DuJuan Harris oder Alex Green zeigten schon den einen oder anderen faszinierenden Lauf oder wenigstens Kampfgeist in engsten Lücken. Aber wirklich verlässliche Leute sind das nicht. Niemand erwartet allerdings, dass Thompson vor der vierten Runde auf RB-Suche geht – wenn überhaupt.

Defense

Die Packers-Defense war letztes Jahr besser als 2011/12, aber sie ist immer noch stark abhängig von erzwungenen Turnovers, und es gibt noch Luft nach oben. Dazu kommt, dass nach dem Abgang der Lieblings-Schachfigur von DefCoord Dom Capers, Charles Woodson, wohl eine kleine Systemumstellung weg von dieser eigenartigen 2-4-5/3-4 Defense folgen wird.

Beginnen wir in der Defensive Line, die einige Wünsche ob der Kadertiefe offen lässt: B.J. Raji und der alternde Ryan Pickett (wird 34) sagte man zuletzt wieder ein besseres Jahr nach, aber hinter den beiden gibt es Waale: DT/NT Jerel Worthy erlitt eine schwere Verletzung und wird nicht sicher fit. Mike Williams gilt maximal als role player und wenn man bedenkt, dass Green Bay in spätestens einem Jahr entweder Raji oder Pickett (beide haben nach 2013 auslaufende Vertäge, Pickett wie geschrieben ist alt) oder beide ziehen lassen muss, wäre ich über die Einberufung eines massiven Defensive Liners wie John Jenkins oder Jesse Williams nicht überrascht.

Bei den Linebackers gibt es Gegensätze zwischen außen und innen: „Außen“ bei den OLBs gibt es mit Clay Matthews und Nick Perry zwei großartige Passruher (Perry hatte als Rookie aber mit vielen Verletzungen zu kämpfen, die wenigen Eindrücke wurden aber unisono hochgejubelt), aber null Tiefe. „Innen“ gibt es viele Jungs mit Potenzial, aber keinen Superstar. Die beiden bekanntesten Leute sind A.J. Hawk und Desmond Bishop. Ersterer ist vor allem mit der Kohle, die QB Rodgers kassieren wird, spätestens nächstes Jahr ein wandelndes Salary-Cap-Problem. Letzterer hat häufig mit Verletzungen zu kämpfen. Ich erwarte 1-2 Picks für die OLB-Tiefe, aber Inaktivität bei den ILBs.

Die Cornerbacks dürften rundum zufrieden stellen: Williams/Shields wurde ein gutes Jahr nachgesagt, CB Casey Hayward galt lange Zeit als Kandidat für den Defensiv-Rookie des Jahres und definiert sich sowohl als guter Deckungsspieler als auch als Gefahr für Interceptions, und machte auch schon erste Erfahrungen mit richtigen #1-WRs, dahinter Leute wie House oder Bush als vierte und fünfte Optionen (und Versicherung gegen Verletzungen) – datt stellt zufrieden.

Bei den Safetys dürfte nur Burnett gesetzt sein. S Sean Richardson soll im Trainerstab hohes Ansehen genießen. S M.D. Jennings schaffte es in Seattle nicht mal, die entscheidende Interception gegen Golden Tate zu fangen… okay, der war böse. Burnetts Vertrag läuft 2014 aus und dürfte nicht billig werden – einen Rookie-Safety sehe ich schon nach Green Bay gehen.

Ausblick

Gemessen an dem, was McCarthy und Co. spielen wollen, ist der Kader richtig stark besetzt. Die größten Baustellen für den Draft sind IMHO:

  • Defensive/Nose Tackle
  • Ergänzungsspieler auf Wide Receiver
  • Linke Seite Offense Line
  • Safety
  • Center

Es wäre gegen alles bisher von Thompson gezeigte, wenn die Packers plötzlich mit einem hohen Pick einen Runningback holen würden. So oder so wird die Mannschaft mit einem gesunden Rodgers in der Shotgun-Formation selbst in der knackigen NFC ein Superbowl-Anwärter bleiben.

New Orleans Saints in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record         7-9    --
Enge Spiele    4-5 
Pythagorean    8.2   (15)
Power Ranking   .489 (18)
Pass-Offense   7.2    (2)
Pass-Defense   7.4   (32)
Turnover        +2

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Die Saints haben ein Jahr für die Grütze hinter sich: Bountygate, Rechtsstreit mit dem NFL-Commissioner, Head Coach suspendiert, und dann verpasste man nicht nur die Superbowl im eigenen Stadion: Man war sogar zu keinem Zeitpunkt im Rennen um einen Superbowl-Platz, weil man sich nach vier Spielwochen in ein tiefes 0-4 Loch eingebuddelt hatte. Jetzt soll vieles besser werden: Sean Payton ist zurück mit Headset an der Seitenlinie, und noch viel wichtiger: Es werden einige Stellschrauben in der Defense gedreht.

Diese Defense war so absurd schlecht, dass sie ein Team mit der mitunter potentesten Offense in der kompletten Liga in die Kacke ritt: Das von Steve Spagnuolo gepredigte druckvolle Spiel machte nur Druck auf die eigene Secondary und sorgte für eine der schlechtesten Pass-Verteidigungen, die ich in zehn Jahren NFL gesehen habe. Da waren wir nicht mehr weit weg von den 2009er Lions.

Jetzt soll die Abwehr unter dem neuen DefCoord Rob Ryan hauptsächlich zu einer 3-4 Formation umgemodelt werden. Umstellungen brauchen immer Zeit und nicht selten im Kinderschuh-Status mit einigen Leistungsschwankungen verbunden, aber wenn in New Orleans deine Alternative „weitermachen wie bisher“ ist, macht der Systemwechsel Sinn. Denn tiefer kann man eh nicht fallen.

Das wichtigste Ziel muss sein: Vorne halbwegs gegen den Lauf dicht machen und mehr Wirbel im Passrush zu erzeugen. Ich sehe dabei zwei gewaltige Needs: Nose Tackle und wenigstens einmal Outside Linebacker. Die Saints haben in DT Bunkley, DE Cam Jordan und DE Akiem Hicks brauchbare Leute für die Positionen des Defensive Ends, aber keiner ist groß und schwer genug, um die so wichtige Fettsack-Position direkt in der Fresse des Offensive-Centers zu spielen. Ein fehlender Nose Tackle ist in vielen NFL-Teams der Grund, weswegen die 3-4 Defense nicht bis in die letzte Konsequenz zündet – und auch New Orleans dürfte …..

Dahinter die Linebackers: Vilma ließ seinen Vertrag so umbauen, dass er gehalten werden konnte, und Vilma dürfte das System noch aus seiner Zeit bei den Jets kennen und immer noch athletisch genug dafür sein. Aber Vilma deckt (gemeinsam mit Hawthorne/Lofton) eher die Spielfeldmitte ab denn gewaltigen Druck auf den Quarterback zu erzeugen, und da sind wir beim Punkt: Ich würde nicht drauf wetten, dass Wilson und Galette die einzigen Alternativen für die zweitwichtigste Position in der 3-4 Defense bleiben: Outside Linebacker – die Männer, die pausenlos auf den QB geschickt werden.

Die Secondary bekam am meisten auf die Rübe und wenn eine Passdefense 7.4 NY/A aufgibt, ist es nie gut, aber viele der Deckungsprobleme werden sich in nichts auflösen, wenn erstmal „vorne“ der Druck erzeugt wird. Trotzdem ist es um die Tiefe im Defensive Backfield der Saints nicht am besten bestellt: CB Robinson und S Malcolm Jenkins sind die einzigen Athleten mit Starpotenzial, S Harper ist immerhin auch eine Schachfigur, mit der du arbeiten kannst – aber dahinter wird es schnell dünn.

Fazit: Die Abwehr ist noch eine massive Baustelle. Die drei Prioritäten, die nach einer Salarycap-bedingt ruhigen Free Agency bleiben, sind NT, OLB und Ergänzungsspieler auf Cornerback.

Die Offense

Es gibt nach dem Abgang des LT Jermon Bushrod einen wichtigen „Need“ auf der Blindside des QBs Drew Brees; Bushrod war aber nie ein Mann, dem man Top-Niveau nachsagte und deswegen könnte es sein, dass sich die Saints entweder mit einer Billiglösung oder einem Mann aus den Tiefen des eigenen Kaders behelfen, zumal Brees als spielintelligent genug gilt, um viele Protection-Sorgen zu negieren.

Ansonsten ist alles paletti: Brees hat noch minimum drei, vier Jahre auf höchstem Niveau im Armgelenk und wird den Laden gemeinsam mit dem furchtlosen HC Payton zusammenhalten. Die WR-Crew ist in Spitze und Breite nicht mehr das Kaliber früherer Tage, aber gemeinsam mit dem monströsen TE Graham gut aufgestellt. Ich kann mir vorstellen, dass GM Loomis in den hinteren Draft-Runden aktiv wird und einen billigen role player auf WR einberuft.

Auf Running Back hat man den f-a-m-o-s-e-n Darren Sproles, eine Wunderwaffe auf verschiedensten Wegen und einer der vielseitigsten Spieler in der NFL; man hat Pierre Thomas, nicht den verlässlichsten Mann und zudem ein paar Probleme mit den Bändern im Knie, aber gut gebräuchlich für sieben Carries und zwei Catches im Spiel; man hat immer noch den ultimativen Parasiten RB Ivory. Und man hat Mark Ingram jr., dessen Einberufung die Saints immer mehr bereuen dürften. Ingram ist kein schlechter Mann, aber Ingram fühlt sich in New Orleans wie Luxus an – Luxus ohne viel Zusatznutzen. Ich wette, Loomis würde viel geben um den Pick zurückzuhaben um was Gescheiteres damit anzustellen.

Fazit: Offense ist gut aufgestellt. Es gäbe immer ein paar Kleinigkeiten, an denen man arbeiten könnte, aber weil die Defense eine dermaßen große Baustelle ist, erwarte ich nicht mehr als das Einberufen von Entwicklungs-Prospects in der Offense in den späteren Runden.

New York Giants in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record         9-7    --
Enge Spiele    3-4 
Pythagorean   10.2    (9)
Power Ranking   .529 (13)
Pass-Offense   6.8    (9)
Pass-Defense   7.2   (29)
Turnover       +14

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Relativ ruhige Offseason für die Giants nach einer stürmischen Saison inklusive Hoffnungen, enttäuschter Hoffnungen, und Komplettkollaps. GM Jerry Reese ging nach dem leichtfertig verspielten Divisionssieg durch eine schwere Formkrise der kompletten Mannschaft in den letzten Wochen in sich und zu seinen Wurzeln, und machte das, was er immer macht: Er blieb cool.

Vielleicht zu cool.

Die Giants waren zwar erneut explosiv im Angriff, aber die Defense war mit 7.2 NY/A zu soft gegen den Pass (#29 der Liga), und das war nicht bloß ein Problem des Kollapses am Saisonende. Mehr noch: Mit S Kenny Phillips und DE Umenyiora gingen zwei der besseren Stützen zur Konkurrenz nach Philadelphia bzw. Atlanta. Richtig ersetzt wurden sie bis dato nicht.

Baustellen im Kader

Größte Storyline ist die seit Wochen anhaltende Vertragssituation um WR Victor Cruz, einen Slot-Receiver, der als RFA (Restricted Free Agent) zirka 11 Mio. Dollar/Saison fordert, bei dem die verhandelnden Parteien aber noch extreme weit auseinander liegen (Reese will angeblich nur 7 Mio./Jahr zahlen). Wie viel davon Verhandlungstaktik ist oder ob Reese im Zweifelsfall gewillt wäre, Cruz nächstes Jahr ziehen zu lassen, ist schwierig abzuschätzen.

Es gibt zu Cruz keine richtige Alternative im Kader: WR Nicks und WR Randle sind eher die Jungs für die Außenpositionen, auf WR Jernigan hört man nicht viele Lobpreisungen und der eingekaufte WR Louis Murphy tingelt nun auch schon seit Jahren mit eher mäßigem Erfolg durch die NFL. Richtig bedenklich wird es bei den Tight Ends: Head Coach Tom Coughlin schafft es irgendwie immer, aus namenlosen Tight Ends halbwegs Brauchbares rauszupressen, aber wenn dein solidester Mann der eingekaufte TE Myers ist, habe ich diesmal so meine Zweifel. Angeblich sollen die Giants richtig heiß sein auf eine größere Rolle für den letztes Jahr gedrafteten TE Adrien Robinson, eine furchteinflößende Gestalt von Athlet, der aber 2012/13 nur drei Snaps spielte.

In der Offense Line gibt es zudem seit vielen Jahren ungelöste Löcher. RT Locklear wurde ziehen gelassen und es wird Nachbesserung brauchen, aber womöglich wird diese aus den eigenen Reihen kommen: In den letzten Jahren wurden immer wieder junge Prospects gedraftet, die in absehbarer Zeit das Zepter von den Recken um Diehl, Baas oder Snee übernehmen könnten. Diehl musste eine Gehaltskürzung hinnehmen, darf sich nicht mehr als gesetzt sehen. LT Beattys Vertrag wurde verlängert.

In der Defense Line wird man in erster Linie darauf hoffen, dass DE Pierre-Paul und DE Tuck ihre schwache Saison vergessen machen können, und dass der eingekaufte DE/DT Cullen Jenkins die Tiefe im Kader etwas verbessern kann. Für den deutschen DT Markus Kuhn wird es nach einer Kreuzbandverletzung nicht einfach: Neben Jenkins wurden Oldtimer Shaun Rogers und Mike Patterson für die zuletzt inexistente Tiefe geholt. Ein weiterer Defensive End könnte nicht schaden.

Auf Linebacker – eine Position, die von Reese im Draft selten ganz weit vorne angegangen wird – wurden Boley und Blackburn in die Wüste geschickt, und es gibt momentan viele offene Plätze neben OLB Kiwanuka: Rivers, feel-good-story Mark Herzlich und Williams sind Optionen aus den eigenen Reihen, LB Connor kam aus Dallas. Ich würde es Herzlich gönnen, sehe aber durchaus einen mittleren bis späten Pick auf Linebacker nach New York gehen.

Auf Cornerback musste Corey Webster nach einer unterirdischen Saison eine Gehaltskürzung akzeptieren, verdient aber immer noch mehr, als er auf dem freien Markt bekommen hätte. Ich bin aber auch abseits vom Handling mit Webster bass erstaunt ob des Vorgehens der Giants im Defensive Backfield:

CB Terrell Thomas wurde gehalten. CB Aaron Ross wurde aus seinem Freizeitvertreib in Jacksonville zurückgeholt. Gemeinsam mit Amukamara und dem jungen Slot-CB Hosley gibt es nun haufenweise nicht ganz billige Cornerbacks in New York: Ich hatte eher erwartet, dass man den einen oder anderen rauswirft, um einen Rookie zu holen. Not gonna happen.

Vielleicht sollte man auf Safety nachbessern: Nicht bloß, dass Rolle nicht mehr viel im Tank hat oder dass man Phillips verlor: Das vorhandene Personal liest sich eher anonym. Ob man wirklich auf Sash, Brown oder Caldwell baut?

Ausblick

QB Eli Manning wird dafür sorgen, dass die Giants nicht einbrechen, aber es gibt außerhalb des Passspiel in der Offense viele offene Stellen. Ich bin auch nicht sicher, ob RB David Wilson die Rolle des Top-Backs wird ausfüllen können. Wenn Cruuuuuuuuuuuuuuuuz vergrault wird, hat auch die Passoffense ein Problem. Es gibt keine Tight Ends. Der Passrush hängt stark von zwei Leuten ab (JPP, Tuck). Auf Linebacker gibt es noch wenig Personal. Das Backfield war schon zuletzt unzuverlässig und weil alle Leute gehalten wurden, gibt es keinen Spielraum für den Aufbau neuer Stützen auf Cornerback.

Jerry Reese ist ein Genie. Ich vertraue ihm. Es wurden viele kleinere Moves gemacht, aber es bleiben etliche Fragezeichen. Angesichts der vielen offenen Baustellen frage ich mich, ob man den Giants 2013/14 mehr zutrauen sollte als eine Bilanz um oder knapp über .500.

Tampa Bay Buccaneers in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record         7-9    --
Enge Spiele    3-7 
Pythagorean    7.9   (17)
Power Ranking   .481 (20)
Pass-Offense   6.7   (11)
Pass-Defense   7.3   (31)
Turnover        +3

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Ein Jahr nach dem Totalschaden unter dem unerfahrenen Head Coach „stats don’t matter“ Raheem Morris sehen die Buccaneers unter dessen Nachfolger, dem harten Hund Greg Schiano, schon wieder besseren Zeiten entgegen. Die Mannschaft wird zwar in der eigenen Stadt kaum wahrgenommen und spielt häufig vor gelichteten Rängen, aber immerhin scheint im Front-Office der Glazers langsam ein Umdenken stattzufinden: Weg von der Billigtruppe, hin und wieder zurück zum Versuch, ein sportlich gutes Produkt auf die Beine zu stellen.

2012/13 klappte das phasenweise. Die 7-9 Bilanz täuscht etwas darüber hinweg, dass die Buccs lange Zeit ein ernsthafter Playoffkandidat waren und bis zu einem Einbruch im Dezember einen relativ gepflegten und vor allem gepflegten tiefen Ball spielten.

Die Offense

Ungewöhnlich für einen Schiano spielten die Buccs monatelang mit harten Klöten eine nicht allzu rhythmische, dafür aber gefährliche deep ball-Offense, die perfekt auf die Talente der wichtigsten Skill-Player zugeschnitten war. QB Josh Freeman (*schmacht*), ein Hüne von Mann, hat nicht den konstant präzisesten Arm, aber pfeffert mit Leichtigkeit die 70yds-Bomben downfield, was bei Wide Receivers wie Vincent Jackson oder Mike Williams niemals eine schlechte Idee ist. Für die Checkdowns bot sich der äußerst wendige Kampfgnom Rookie-RB Doug Martin von Boise State an, dessen Saison meine Erwartungen übertraf: Martin war neben dem QB-Triumvirat vielleicht der Rookie der Saison.

Die Tampa-Offense ist deswegen bizarr, weil sie eine geringe Completion-Rate aufweist, aber trotzdem einen hohen Schnitt an NY/A aufweist. Das liegt an den vielen tiefen Bällen – eigentlich würde man vermuten, dass sich so ein Konzept nicht nachhaltig implementieren lässt und der Kollaps der Buccs-Offense in den letzten Wochen von 2012/13 bestätigt dieses Gefühl. Eine Chance haben sich die Jungs aber noch verdient.

Es lässt sich konstatieren, dass die komplette Unit sehr gut aufgestellt ist (die eingekauften WRs Smith und Ogletree dürften gute Optionen als #3-WR sein, wenn fit). Es hängt an Freeman, die Drives nicht mit haufenweise Interceptions und Fumbles kaputt zu machen. Der Freeman in der Form der ersten Wochen ist ein guter Freeman und ein sehr guter Quarterback (u.a. 7.4 NY/A in der ersten Saisonhälfte, #2 ligaweit!). Aber es gibt leider auch immer wieder den schlechten Freeman, und der sorgt dafür, dass der 360°-Freeman ein Mann ist, der auf Bewährung spielt.

Freeman hat alles: Die Offense Line, die Wide Receivers, den Running Back. Kriegt er es gebacken, punkten die Buccs 25-30 Punkte pro Spiel. Wenn nicht, hängt vieles an der Defense.

Defense

Und das wäre schlecht, denn obwohl aus Tampa vor 10-15 Jahren eine ganze Latte an Innovationen auf der Abwehrseite (Stichworte Dungy, Monte Kiffin, Lovie Smith, Tampa-2) ausgegangen ist, und obwohl Schiano eigentlich ein Defensivfanatiker ist, haben die Buccs aktuell ein Abwehrproblem an der Backe (u.a. aufgegebene 7.3 NY/A, #31, was in total yards 4758yds bedeutete – nur ca. 40yds unter dem ewigen Negativrekord der Packers von 2011/12).

Es beginnt alles in der Defensive Line, wo es in DT Gerald McCoy einen Ankermann von Weltformat gibt, aber leider nicht mehr. Trotz zuletzt gefühlt dreihundersiebundsiebzig Draftpicks für die Line und trotz eines gigantischen McCoy hat man mehr Baustellen, als man in einer Offseason beheben könnte: Es fehlt an Tiefe überall, und bei den Defensive Ends ist nach dem Abgang des Passrush-Spezialisten Bennett (nach Seattle) Schmalhans angesagt.

DE Adrian Clayborn zeigte viele gute Ansätze, ist aber nach einer schweren Knieverletzung ein Verletzungsfragezeichen, und – man erinnere sich – Clayborn hat bei aller Athletik auch eine angeborene Lähmung in der linken Schulter, die ein Entfalten seines Potenzials schwierig macht. DE Da’quan Bowers, vor zwei Jahren um ein Haar der Top-Draftpick, spielte zu selten, zu wenig explosiv, um die Lösung aller Probleme zu sein. Bowers hat zudem eine chronische Arthritis und sollte in Zukunft auch nicht mehr zu häufig mit Gras im Gepäck suspekte Stadtviertel bereisen.

Bei den Linebackers ist man adäquat aufgestellt. Die Secondary war dagegen eine so große Baustelle, dass die Buccs auch nach einigen Moves immer noch mit einem teuren Trade für Jets-CB Revis liebäugeln. Die tickende Zeitbombe CB Talib wurde letzten Herbst nach New England getradet, was der Teamchemie gut tat, aber sportlich fatal war. Und ansonsten gibt es keine verlässlichen CB-Starter (CB Wright erwies sich – für einen Lions-Fan wenig überraschend – als überteuerter Bust). Bei den Safetys hat man den jungen, dynamischen Mark Barron aus Alabama, und als Free Safety wurde der grundsolide Hitter Dashon Goldson aus San Francisco geholt.

Es ist lebenswichtig für die Buccs, ihre Pass-Defense zu verstärken. Es braucht Passrush (Bennetts Abgang hilft nicht), Passrush (Clayborn/Bowers müssen gesund bleiben und zünden) und Verstärkung in der Deckung (Draft!).

Ausblick

Die Buccs sind seit zirka drei Jahren eines der jüngsten NFL-Teams und immer irgendwo knapp vor dem Durchbruch. In Phasen wie Anfang der Saison 2012/13 siehste da ein Playoff-Kaliber, aber dann kommen wieder diese Spiele mit drei kassierten 60yds-TDs und fünf Freeman-Interceptions und du greifst dir an den Kopf und fragst dich, ob du nicht den kompletten Laden in die Luft jagen möchtest.

Ich wiederhole es nochmal: Es braucht viele „wenns“ und Konjunktive bei den Buccs. Wenn Freeman zündet, wenn der Passrush zumindest ein Lüftchen entfachen kann, wenn die Cornerbacks zumindest auf 6.5 oder 6.2 NY/A runterkommen können… man will nicht so richtig drauf bauen, es sei denn, Tampa kriegt einen fitten CB Revis (noch ein wenn).

Irgendwie habe ich bei den Buccs trotzdem ein gutes Gefühl. 7-9, eine pythagoreische Erwartung von 7.9 (also fast ein Sieg mehr), ein close win index von 3-7 der nach Regression zur Mitte schreit: Die Division ist knochenhart, aber die Playoffs für diese Wundertüte von Footballteam würden mich alles andere als überraschen.

Oakland Raiders in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record         4-12   --
Enge Spiele    2-4 
Pythagorean    4.1   (29)
Power Ranking   .387 (28)
Pass-Offense   6.2   (16)
Pass-Defense   6.9   (26)
Turnover        -7

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Die Oakland Raiders sind die bizarrste NFL-Franchise, weil sie auch fast zwei Jahre nach seinem Tod (gemeint ist der jahrzehntelange Coach/Owner/GM Al Davis) fleißig dabei sein müssen, die Altlasten zu beseitigen. Kurzbeschreibung: Salary-Cap Hölle, fürchterliche Verträge, einer der schlechtesten Roster in der Liga. Der neue GM Reggie McKenzie, ein ehemaliger Scout in Green Bay, doktert und schnipselt nun in seiner zweiten Offseason – gleichzeitig der ersten, in der Oakland auch mal wieder sowas ähnliches wie mehrere Draftpicks zur Verfügung hat.

Das ging auf keine Kuhhaut mehr, was die Raiders zuletzt so in die QB-Position investierten: Top-Pick 2007 für Megabust Jamarcus Russell, 4th rounder für Campbell, 3rd Rounder für Pryor, 1st und 2nd rounder für Palmer. Über 5-6 Jahre eine komplette Draftklasse in einer einzigen Position versenkt, und die Lösung ist noch immer nicht gefunden – oder? McKenzie wagte zuletzt den nächsten Schritt der Verjüngung, und kaufte sich einen seiner Schützlinge aus Packers-Zeiten, QB Matt Flynn für late round picks aus Seattle ein, verkaufte Palmer nach Arizona.

Flynn: Ein limitierter Mann, beweglich wie Rodgers, aber ohne den ganz massiven NFL-Wurfarm, unerfahren: Immer wenn solche Leute eine Franchise anführen müssen ohne gescheite Protection, ohne Skill-Players, ohne eine wenigstens durchschnittliche Defense, „droht“ auch sogleich der Top-Pick im folgenden Jahr. Spaßhalber könnte man auch anmerken, dass Flynn am College als Backup jahrelang nicht an einem gewissen Jamarcus Russell vorbeikam…

Offense

Es steht erstmal in den Sternen, wie der unerfahrene Flynn sich machen wird oder ob Oakland sogar früher oder später sein „anderes“ Investment, den mobilen QB Terrelle Pryor austestet. Was als sicher gelten darf: Die Offense wird besser strukturiert sein als letztes Jahr, wo das Schreckgespenst OffCoord Greg Knapp sein Unwesen trieb. Knapps Nachfolger Greg Olson ist ein unbeschriebenes Blatt und als solcher per definitionem ein Upgrade.

Olsen wird das Blocksystem in der Offense Line wieder zurück in ein „manndeckungs“-orientiertes System führen, weg vom Zonenblocken, für das nur ein einziger Raiders-OLiner (Brisiel kennt es aus Texans-Tagen) gebaut war. Gemeinhin anerkannt ist, dass bis aus C Wisniewski jede OL-Position ein Upgrade vertragen könnte, aber die Needs andernorts wohl größer sind und die Raiders dieses Jahr vielleicht ohne Verstärkung up front durchkommen müssen.

Ähnlich bei den Runningbacks: Der solideste Mann in Goodson ist weg, es bleiben der fangstarke FB Reece und RB Stewart – und RB Darren McFadden, einer der spektakulärsten Backs in der NFL, aber leider, leider allzu häufig verletzt und nach fünf Jahren als Profi bereits quasi abgeschrieben. Die 5-6 Spiele mit einem fitten McFadden sind jedoch allemal sehenswert.

Die Wide Receivers: „you can’t teach speed“ Heyward-Bey ist nach vier überwiegend enttäuschenden Jahren weg, es bleiben die jungen Moore, Ford, Criner und Streeter im Kader – allesamt pfeilschnelle oder großgewachsene Athleten mit Butterfingern, denen man nicht eine Führungsrolle in einer Passoffense zutrauen möchte. Ähnliches Bild bei den hüftsteifen Tight Ends – in sämtlichen Fällen ist das Problem wohl nicht mit einem Top-Athleten aus dem Rookiepool 2013 zu lösen.

Defense

Die Raiders-Defense 2012/13 war nicht gut: Gegen den Lauf war man mit 61% Erfolgsquote zwar die #3, aber gegen den Pass gegen einen schwachen Schedule mit 6.9 NY/A nur die #30 (Passrush mit 25 Sacks = extrem mau). Auf die einzelnen Drives verteilt war die Unit aber nicht mal so katastrophal, was aufgegebene Yards angeht, aber sie kassierte mit 2.31 pts/Drive trotzdem die meisten Punkte. Das mag auch dran liegen, dass sie die zweitschlechteste Starting Field Position aller Teams hatte, extrem wenige Turnovers erzwang und häufig kurze Drives zu Touchdowns aufgab.

Head Coach Dennis Allen hatte noch wenig Gelegenheit, die Defense nach seinem Vorstellungsvermögen zu formen: Zu viele Altlasten, zu wenig Flexibilität in einer angespannten Salary-Cap-Situation. In der laufenden Offseason konnten die Raiders zumindest Säcke wie DT Seymour, DT Bryant, DE Shaughnessy oder LB McClain rauswerfen, aber großartige Verstärkung geht als Gehaltsgründen nur über den/die/das Draft.

Die Defense Line ist noch ganz gut besetzt: DE Houston oder der aus Atlanta eingekaufte DT Vance Walker gelten durchaus als Start-fähig, während an der Tiefe zu arbeiten sein wird (was hat z.B. DE Carter noch anzubieten?). Das größte Need ist klar: Passrush. Den Raiders geht seit vielen Jahren der eine druckvolle Mann gen Quarterback ab. Und von obigen schwachen 25 Sacks wurden 19 von Spielern erzielt, die in der laufenden Offseason als „Abgänge“ eingetragen wurden. Keep an eye on: Houstons Vertrag läuft nach der Saison aus.

Bei den Linebackers dürfte der Abgang Wheelers weh tun, aber die beiden Burnetts und LB Maiava gelten als durchaus brauchbar. In der Secondary gibt es eine Megabaustelle, die alles und jeden umfasst. Sämtliche Sprintstar-CBs, die in den letzten Jahren gedraftet wurden, gelten als untrainierbar, während der einst so starke Safety Tyvon Branch absolut nicht in die Spielidee des Head Coaches passt und verschwendetes Talent ist.

Es wird in dieser Defense mehr als diese eine Offseason brauchen, um sie NFL-tauglich zu kriegen. Du kannst in der heutigen NFL fast nicht mehr bestehen, wenn deine Pass-Deckung so schwach besetzt ist, aber wenn dein Passrush zur gleichen Zeit auch noch so lauwarm ist, kommt das einem Himmelfahrtkommando gleich.

Ausblick

Die Raiders sind möglicherweise einer der ganz wenigen Fälle, in denen kompromissloses best player available-Draften Sinn macht: Das Management um GM McKenzie hat – spätestens seit dem Palmer-Verkauf glasklar – die Entscheidung getroffen, die nächsten 1-2 Saisons abzuschenken, den Kader zu sanieren und Salary Cap-mäßig auf einen Stand zu kommen, mit dem man angreifen kann. 2014 wird Oakland schon soweit sein und einen richtigen Player auf dem Transfermarkt geben können.

Weil es auf praktisch keiner einzigen Position Spieler gibt, die du als Franchise unbedingt halten möchtest, ist die Option, egal welcher Need immer den besten Athleten im Draft zu nehmen, die möglicherweise beste. Drafts 2013 und 2014 plus Free Agency 2014, mit etwas „Glück“ dort auch noch via einem hohen Pick, und du kannst dir als Franchise innerhalb kürzester Zeit ein nettes Gerüst für die mittelfristige Zukunft basteln.

Man konnte sich aufgrund der Rahmenbedingungen noch nicht von den Qualitäten des Head Coaches überzeugen. Aber der General Manager scheint durchaus auf Zack zu sein und die Raiders ohne die ganzen Dogmen von Al Davis wieder in die richtige Spur zurückzubringen. Ich hoffe, dass McKenzie die Zeit bekommt und die Sanierung durchziehen kann. Es wäre schade, wenn die Raiders in ihrer Ungeduld McKenzie feuern und das nächste Regime diei Früchte dieses Mutes erntet.

Seattle Seahawks in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record        11-5    DP
Enge Spiele    5-5 
Pythagorean   12.5    (3)
Power Ranking   .682  (3)
Pass-Offense   6.9    (7)
Pass-Defense   5.4    (4)
Turnover       +13

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Es dürfte mittlerweile bekannt sein, dass ich die Seattle Seahawks von 2012/13 ganz tief in mein Herz geschlossen habe. Man hatte es schon in der Saison zuvor andeutungsweise sehen können, wie gut Seattles Defense sein würde, aber mit dem knuddeligen QB Russell Wilson im Lineup hatten die Hawks im abgelaufenen Herbst auf einmal auch eine überragende Offense und waren die vielleicht beste Mannschaft der Saison. Auf alle Fälle ist der strength of victory der Seahawks 2012/13 gigantisch und niemand, wirklich niemand, möchte mehr gegen Seattle in deren Stadion spielen.

Am Ende scheiterte man in einem fantastischen Viertelfinalspiel in Atlanta unter unglücklichen Umständen, aber die Impressionen dieser vielseitigen Offense, dieser dynamischen, extrem aggressiven Defense – sie bleiben. Man muss nicht immer den Titel gewinnen, um in Erinnerung zu bleiben.

Seattle ist gut aufgestellt für die Zukunft: GM John Schneider und Head Coach Pete Carroll haben da klammheimlich nicht nur einen der besten Spielerkader zusammengestellt, sondern vor allem auch einen der jüngsten: Nicht nur war der Quarterback Rookie, nein, nur ein einziger Starter im Angriff war älter als 27 (ein Offense Guard), und bis auf DE Clemons waren sämtliche Leistungsträger der Verteidigung jünger als 25 (!). Die Zukunft kann kommen.

Knuddeloffense

Seattle spielt als eine der wenigen Mannschaften noch eine auf hartem, trockenen Laufspiel basierende Offense, wobei „basierend“ das Schlüsselwort ist, denn schon im Laufe der ersten Wochen begann man, komplexere Elemente und „read-option“-Elemente einzubauen und legte immer mehr Last auf die Schultern der QB-Wühlmaus. Russell Wilson… ich kann mich mit meiner Begeisterung kaum zurückhalten. Es mag an meiner Affinität für die unkonventionellen Underdogs liegen, aber nein: Nie, nie, nie hätte ich gedacht, dass der Mann in der NFL so einschlagen würde. Ich lasse mir nicht nachsagen, Wilson am College in NC State und Wisconsin nicht oft genug gesehen zu haben, aber der Wilson in Seattle war noch zwei Spurenelemente souveräner, dominanter. Spätestens als der Advent begann, hätte ich RG3 zum Teufel gejagt und meine Offense bedenkenlos in Wilsons Hände gelegt.

Nun muss nicht automatisch währen, was gut war. Seattles Offense hat trotz der gefinkelten Spielzüge über den laufstarken Quarterback immer noch was von „wir sind stärker, wir laufen über dich drüber“ – Auftritt RB Marshawn Lynch. Dieses „Power“-Element hinter einer mehr als grundsoliden Offensive Line gibt der Offense ihren eigenen Touch, tendiert in der NFL aber dazu, nicht über Jahre das stabilste zu sein. Der Angriff wird sich also zwar nicht neu definieren müssen, aber es wird doch einige inkrementelle Verbesserungen und Innovatiönchen brauchen, um nicht alsbald ausgeguckt zu werden.

Schneider scheint das erkannt zu haben und kaufte für massiven Preis in der Offseason die Allzweckwaffe Percy Harvin aus Minnesota ein. Harvin ist bei allen Kopfzerbrechen, die der Mann auch dem eigenen Trainerstab bereiten kann, eine fulminante Waffe und dürfte eines der Lieblingsspielzüge des OffCoords Darrell Bevell werden. Gepaart mit dem mehr als brauchbaren eingesessenen WR-Trio bestehend aus dem Hünen Sidney Rice und der wendigen Zwergencombo Golden Tate/Doug Baldwin dürfte der Receiving-Corp der Hawks zu den vielseitigsten ligaweit gehören. Man werfe noch den brauchbaren „Torpedo“ Robert Turbin als change of pace-RB rein und fertig ist ein Repertoire aus verschiedensten Spielertypen – ein Paradis für einen Trainerstab.

Wo nach dem Verkauf von Matt Flynn noch Nachbesserungsbedarf ist: Backup-QB. Da wird man einen Draftpick investieren müssen (entweder für ’nen Rookie oder ’nen veteran via Trade.)

Ansonsten: Eine Unit ist nie vollkommen, aber die Seahawks-Offense ist in ihrer Aufstellung eine Ansammlung, wie es einer NFL-Franchise selten gelingt. Es gibt keine offensichtlichen Schwachstellen, in Spitze und Breite ist man ziemlich gut besetzt und sofern sich nicht zu viele Bausteine verletzen oder Wilson einen großen Einbruch erlebt, liest sich der Kader recht komplett für eine weit auseinander gezogene Spread-Offense.

Die Defense

Die famose, druckvolle Seahawks-Defense gehört wie die Offense zum feinsten, was es in der NFL zu bestaunen gibt. Der abgewanderte DefCoord Gus Bradley (jetzt Head Coach in Jacksonville) hinterlässt als Erbe für den Nachfolger Dan Quinn (respektive Carroll, der jetzt mehr Hand anlegen wird) eine auf möglichst frühe Störung im Spielzug konzipierte Abwehr mit entsprechend gut gewähltem Personal.

Eingangs der Offseason gab es nur zwei erkennbare Lücken in der Defense: Passrush/Defense Line und Linebacker. Der Passrush wurde mit den erstaunlich preiswerten Einkäufen von DE Cliff Avril aus Detroit und DE Mike Bennett aus Tampa aufgemotzt – zwei Spieler, die als Spezialisten für Druck gen QB gelten, aber nicht die großen Allrounder sind. Sollte DE Chris Clemons (für den Avril/Bennett auch Langzeitlösungen werden könnten) wieder fit werden, gibt es nun vier potenzielle Weltklasse-Passrusher (der vierte ist OLB Bruce Irvin). Auf der „Innenseite“ der Line können Red Bryant und Brandon MeBane auftreten. Um die Tiefe ist es allerdings bei den Tackles nicht herausragend bestellt.

Bei den Linebackers hinterlässt der Abgang der Knalltüte OLB Leroy Hill (spielte meistens weakside) zwar nicht eine charakterliche Lücke, aber eine sportliche: Mit dem jungen Bobby Wagner gibt es einen großartigen Dirigent, dazu K.J. Wright und möglicherweise Irvin, aber ein Mann, der besser als der offensichtlich in der Laufverteidigung überforderte Irvin in klaren Lauf-Situationen eingewechselt werden kann. Ob sich aus dem Haufen Namenloser in Seattle was rauskristallisiert? Möglich, aber möglich auch, dass die Hawks ihren ersten Pick (den in der zweiten Runde) für einen guten Laufverteidiger investieren.

In der Secondary haben wir ein absolut fantastisches Starting-Quartett: CB Richard Sherman, SS Kam Chancellor, FS Earl Thomas, CB Brandon Browner. Bei den Jungs gibt es nur die blanke Angst, dass sie sich mal verletzen oder dass mal wieder einer für ein paar Wochen in die Dopingsperre geschickt wird. In Kombination mit einem (wie man erwarten sollte) aufgemotzten Passrush dürfte die Pass-Defense der Seahawks auch diesen Herbst wieder stark sein. Vielleicht wird noch ein Pick in einen Cornerback für ganz krasse Spread-Aufstellungen mit 5 WR investiert.

Ausblick

Der Preis für Harvin war hoch, aber es ist einer der Moves, die man machen kann: Seattle ist ein win now-Team, trotz des noch jungen Durchschnittsalters. Wilson wird noch zumindest zwei Jahre unter einem absurd billigen Vertrag spielen und während sämtliche Teams mit etablierten QBs 15-20 Mio./Jahr für den Spielmacher aufwenden, kostet jener in Seattle nicht eine einzige Million! Du hast 15-20 Mio. um dich anderswo zu verstärken und kriegst mit Wilson 95% des Leistungsvermögens eines Superstar-QBs. Diese 2-3 Jahre musst du nutzen, es gibt kein besseres Fenster für die Lombardi Trophy.

Ein bisschen Skepsis bleibt bei mir noch. Seattle 2012/13, das war auch eine stark von Verletzungen verschonte Mannschaft. Dass man gesünder durch die Saison kommt, ist bei jungen Mannschaften wahrscheinlicher als bei älteren, aber trotzdem: Wenn dein einziger nennenswerter Ausfall eines richtigen Leistungsträgers erst in den Playoffs kommt (Clemons), dann warste schon sehr vom Glück begünstigt. Wenn hier Regression zur Mitte einschlägt und Seattle drei-vier wichtige Starter für weite Teile der Saison vorgeben muss, wäre das schon eine herbe Schwächung.

Soll hier aber nicht das Thema sein, denn die Sezierstunden interessieren sich vor allem auf die Dinge, die man bevorzugt kontrollieren kann: Das Kadermanagement. Und das ist in Seattle – ich wiederhole mich gerne, weil ich es lange nicht wahrhaben wollte – eine Eins mit Sternchen.

San Francisco 49ers in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record        11-4-1  SB
Enge Spiele    4-1 
Pythagorean   11.4    (4)
Power Ranking   .702  (1)
Pass-Offense   6.9    (7)
Pass-Defense   5.3    (2)
Turnover        +9

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Die San Francisco 49ers waren gewiss eine der Mannschaften der Saison und ich habe oft über das komplett eigene Flair – optisch und statistisch – dieses Teams geschrieben. San Francisco stellte wohl die insgesamt beste, kompletteste Mannschaft, nur um ganz am Ende knapp zu scheitern. Die Hauptursachen dafür: Die Pass-Defense war in den Playoffs weit weg von ihrer Bestform, und Head Coach Jim Harbaugh, normalerweise einer der souveränsten PlayCaller, wurde im Endspiel von seinem Bruder John… „outgecoacht“ ist ein zu hartes Wort, aber Jim war ganz klar nicht „er selbst“ der Superbowl.

Am Titel knapp vorbeigerauscht, aber dank exzellentem Kader-Management über die letzten zwei Jahre haben Harbaugh und GM Trent Baalke den vollständigsten Roster und immer noch 14 Draftpicks für Ende April. Die 49ers gehen gerüstet und geladen in ihre letzte Saison im Candlestick Park bzw. letzte Saison in San Francisco, ehe es ab nächstem Jahr nach Santa Clara in eine Pracht von Hightech-Stadion geht.

Die Offense

Man getraut es sich nach vielen Jahren Malaise kaum zu schreiben: Die 49ers der abgelaufenen Saison definierten sich letzten Endes vor allem über ihre Offense. Der riskante Move vom blassen QB Alex Smith hin zum jungen, feurigen QB Colin Kaepernick erwies sich als echter Glückgriff nicht nur ästhetischer Natur, sondern vor allem dank der zusätzlichen Dimension in Kaepernicks Spiel (read option, Scrambles, vertikales Spiel) auch als effizienter. Ich gehe davon aus, dass bei Kaepernick früher oder später die Regression zur Mitte einsetzt, was seine extrem niedrige Turnover-Zahl (niedrig vor allem wenn man bedenkt, wie risikoreich Kaepernick spielt) angeht, aber selbst mit Inkaufnahme der einen oder anderen zusätzlichen Interception war die Effizienz-Steigerung den QB-Wechsel wert.

Backup wird der aus Cleveland geholte Colt McCoy, ein Mann ohne Raketenarm, dem man aber durchaus Qualitäten für eine downfield-Offense nachsagt. Wichtig aus 49ers-Sicht auch, dass McCoy nicht in Seattle landete.

Eine Position, die eventuell das eine oder andere Element zusätzlich gebrauchen könnte: Receiving-Corp. WR Crabtree hatte endlich sein Coming Out, und WR Manningham war bis zu seiner Verletzung ein wertvolles Asset. Aber dahinter wird es etwas dünn: Randy Moss ist weg, der Rookie-WR A.J. Jenkins wurde fast gar nie eingesetzt und riecht schon ein bissl nach Bust. Mit WR Boldin wurde eine sehr physische Präsenz aus Baltimore geholt und zufällig auch genau der Mann, der vermutlich neben Joe Flacco (und Jim Harbaugh) am meisten dazu beitrug, dass die 49ers die Superbowl verloren.

Auf Tight End wurde Delanie Walker abgegeben, aber mit Vernon Davis steht noch eine Option mit big play-Fähigkeiten bereit. Insgesamt würde ich in dieser Armada ganz gerne noch ein veritables zweite deep threat neben Davis sehen wollen, um Kaepernicks Monster-Arm noch besser zu nutzen. Sollte Jenkins nicht wie erhofft diese Waffe sein, könnte man sich im Draft umsehen.

Bei den Running Backs steht man auch gut da: Frank Gore hatte zuletzt wieder ein besseres Jahr und dürfte noch 1-2 Jahre Sprit übrig haben. Ich halte Gore für eine exzellente Waffe für die tausend verschiedenen Run-Plays der 49ers. Komplementär dazu steht der Wunderzwerg Lamichael James zur Verfügung. Und – nicht zu vergessen – Kendall Hunter. Zu bedenken ist, dass sämtliche Effizienz-Stats letzte Saison merklich einbrachen, als Hunter auf der IR war.

Kaepernick war die Story des Jahres, aber für das große Geheimnis des Erfolgs der Offense halte ich den Aufstieg der Offensive Line aus den Niederungen hin zur vielleicht besten der Liga. Nicht zu vergessen: San Francisco draftete über viele Jahre immer und immer wieder ganz hoch seine Blocker ein. Davis, Iupati, Staley und wie sie alle heißen: Alles ehemalige Top-15 Picks. Sie haben halt erst im abgelaufenen Herbst zum ersten Mal richtig „geklickt“. Ein solcher Schutzwall ist natürlich fantastisch, wenn du dein Spiel um kreative Läufe und tiefe Pässe aufstellen willst und dazu noch einen Supersprinter auf QB hast.

Die Defense

Die Defense zeichnete sich 2012/13 durch zwei Dinge aus: Sie war bis zu den Playoffs absolut dominant und die womöglich beste in der Liga, gab dann allerdings im Jänner einen vergleichsweise brutal hohen Schnitt in Yards/Passspiel auf. Und zweitens: Sie baute zu 90+x% auf denselben Kern, blieb von Verletzungen überwiegend verschont und musste fast keine Tiefe aufweisen.

Eine Verletzung gab es dann doch noch: DE Justin Smith lief in den Playoffs mit kaputtem Muskel im Oberarm durch die Gegend und war schwer limitiert – schwupps war der überirdische Passrush nur noch „gut“. Justin und DE/OLB Aldon Smith bilden gemeinsam ein unschlagbares Duo, aber für Aldon zeigte sich, dass er die Last im Alleingang noch nicht tragen kann.

Ein Knackpunkt für den Draft könnte die geringe Tiefe in der gesamten Defense hintern den Startern werden, Stichwort „wenn die Verletzungen doch mal zuschlagen…“: Zwar wurde in der Defense Line z.B. Glenn Dorsey aus Kansas City eingekauft, aber mit Sopoaga und Francois gingen zwei Backups für teures Geld woanders hin. San Francisco soll in der Defense Line eher Konzepte der 4-3 Defense spielen (Line mit Justin Smith-Dorsey-Williams/McDonald), das ist auf alle Fälle sehr gut auf die Talente Dorseys zugeschnitten, der in Kansas in einem Kack von Schema verbrannt wurde.

Bei den Linebackers lebt alles von dem fantastischen Duo Bowman/Willis, das drei Downs auffm Feld bleibt und auch athletischere Tight Ends bearbeiten kann (Bowman wurde per Vertragsverlängerung für gutes Geld gehalten). Dazu gibt es den OLB Ahmad Brooks, der seine teure Vertragsverlängerung bereits letztes Jahr bekam – einer der wenigen Moves, die Baalke möglicherweise bereuen wird, dann nämlich, wenn man Kaepernick einen würdigen Vertrag geben muss und der Platz unter der Salary Cap knapp wird, weil mittelprächtige Jungs wie Brooks massive Kohle nachgeschaufelt bekommen haben. Die vierte Linebacker-Rolle übernimmt im Abwehrschema von DefCoord Vic Fangio besprochener Super-Passrusher Aldon Smith.

Die Secondary um das Duo Terrell Brown/Carlos Rogers wurde um den Lokalmatador Nnamdi Asomugha (Asomugha spielte jahrelang bei den Raiders und am College bei Cal) ergänzt. Asomugha hatte zuletzt zwei horrende Jahre und man ist sich nicht sicher, inwiefern der Mann noch einmal die Form alter Raiders-Tage erreichen kann, aber für die Kohle (Einjahresvertrag, 1.35M, nix guaranteed) macht der Move allemal Sinn.

FS Dashon Goldson wurde zu teuer und musste nach Tampa ziehen gelassen werden – Goldson bekam im Vergleich zu Brooks nicht seinen Vertrag: Für mich kein schlechter Deal, denn die Safety-Klasse 2013 gilt gut besetzt, da ist via Draft einiges machbar, vor allem mit den vielen Picks der Niners.

Ausblick

Größte Lücke der 49ers eingangs der Offseason war die Kicker-Position (Akers hatte ein furchtbares Jahr), und das wurde mit Phil Dawson gelöst. Wenn deine größte Lücke der Kicker ist, hast du einen guten Kader. Es gibt für den Draft IMHO noch zwei wichtige Positionen in der ersten (oder 1B) Garnitur, die man verbessern könnte:

  • Free Safety
  • Zweiter Tight End oder downfield-WR

Beides sollte mit den vielen Picks und der eh schon rundum gut besetzten Mannschaft möglich sein. Der Rest wird sich auf die Tiefe (Prävention für eventuell mehrere Verletzungen als in der Vergangenheit) und die mittelfristige Zukunft (z.B. RB) konzentrieren.

Pittsburgh Steelers in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record         8-8    --
Enge Spiele    5-6 
Pythagorean    8.7   (14)
Power Ranking   .530 (12)
Pass-Offense   6.2   (16)
Pass-Defense   5.3    (2)
Turnover       -10

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Bei den Pittsburgh Steelers heißt es langsam Abschied nehmen von den letzten Recken einer erfolgreichen Spielergeneration. Mit den notgedrungenen Verabschiedungen von OLB Harrison oder DT Hampton gehen die beiden letzten Eckpfeiler der einst gefürchteten Steelers-Defense. Wenn die Dynamik in der Defense völlig erlahmt und die Verletztenliste jede Woche länger wird und die Knochen der Strategen auf dem Feld zu ächzen beginnen, weißt du: Das Ende einer Ära ist nah.

Eigentlich fassungslos: Die Steelers standen vor zwei Jahren noch in der Superbowl und waren 2011/12 immer noch eine der besten NFL-Mannschaften bis zu einem Freakviertel gegen Tebow. In der abgelaufenen Saison aber zeigte sich auf einmal in aller Brutalität die Leistungserosion in einem Team mit Alterungserscheinungen.

Es ist für den stillen GM Mike Colbert keine Zeit für Sentimentalitäten: Pittsburgh musste nach Jahren des Hinauszögerns den harten Schnitt wagen und einige der letzten Superbowl-Helden rausschmeißen. Im Hintergrund warten schon einige jüngere Athleten, gut gedraftet, aber bisher zumeist noch mit wenig Erfahrung als Starter.

Steel Curtain

Seit den 70er Jahren die Basis fast jeder Steelers-Mannschaft, und 2012/13 trotz vieler Probleme immer noch halbwegs passabel: Die Defense. Aufgegebene 5.3 NY/A im Passspiel sind der zweitbeste Wert in der Liga, die 58% Erfolgs-Quote gegen den Lauf immer noch #11. Die Steelers waren mit 25.99 Yards/Drive immer noch die zweitbeste Defense, aber es hakte an dem einen: Turnovers. Seit zwei Jahren erzwingen Steelers-Verteidigungen fast keine Turnovers mehr (z.B. sind 1.9% INT-Quote schwach). Glücklicherweise sind just die Turnovers die volatilste Statistik und Regression zur Mitte passiert schneller als man „Fumble“ aussprechen kann.

Und nun der unglückliche Part: Die Steelers haben schwere Probleme im Passrush (OLB Harrison entlassen, OLB Woodley fast nur noch verletzt) und mit CB Ike Taylor ist der beste Deckungsspieler nicht mehr viele Snaps vom Karriereende entfernt. In der Defense Line wurde der zirka siebenundachtzig Jahre alte NT Casey Hampton entsorgt, und zurück bleibt eine Unit von jungen Spielern, denen nicht jeder traut: Ziggy Hood, Alameda Ta’amu, Cam Heyward (plus DE Keisel aufm letzten Halali).

Auf Linebacker braucht Pittsburgh besser heute als morgen junge Passrush-Verstärkung für die „Edges“ (also OLBs), nachdem von der einst gefürchtetsten Unit in der NFL nur noch ILB Lawrence Timmons übrig ist. In der Secondary passt die Safety-Position, wenn Clark und Polamalu einsatzfähig sind; das ist kein „wenn“, an dem man nur locker vorbeischauen sollte, denn insbesondere Polamalu ist seit mehreren Jahren geplagt von Zipperlein – Folgen seiner über Jahre knochenharten Spielweise?

Auf Cornerback wie schon geschrieben: Ein paar Jungstars sind nie von Schaden.

Offense

QB Ben Roethlisberger hatte ein gutes, kein großartiges Jahr, aber Big Ben war auch mehr verletzt oder auf Schmerzmitteln als einem jeden GM lieb sein kann. Es ist ein Nebenprodukt einer seit vielen Jahren einfach nicht in harmonierenden Offensive Line. Ein wichtiger Grund, erraten: Verletzungen. Woran liegt es, dass Pittsburgh seit längerem so viele Verletzungsprobleme hat? Ist es Zufall und Pech? Ist es das Heinz Field, eines der anerkannt schlimmsten Spielfelder in der Liga? Ist es nur das Alter?

In der O-Line tendiere ich dazu zu sagen: Nope, kein Altersproblem. Die OTs Gilchrist und Adams sowie OG DeCastro sind blutjunge Spieler, Rookies oder Jungs im zweiten Jahr, allesamt hoch gedraftet, allesamt mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht, aber sie alle verpassten 2012/13 Großteile der Saison. OT Colon ist weg. Es sind junge Spieler (u.a. auch C Pouncey und die genannten Langzeitverletzten) da, und wenn sie mal gesund bleiben, dürfte das Potenzial nicht das schlechteste sein.

Neu ist im Übrigen O-Line Coach Jack Bicknell jr., der aus Kansas City kommt und dort verantwortlich war für eine sehr gute Blocking-Unit für den Lauf. Das ist was, das Pittsburgh verzweifelt sucht. Die Steelers wollen seit ein paar Jahren zurück zu ihren Wurzeln, weg von der luftigen Offense, hin zu mehr ground’n’pound (scheiß auf alle NFL-Trends!) – mit folgendem Resultat 2012/13: 34% Erfolg-Quote, #31 in der Liga.

Einige Schuld dürfte die Offense Line betroffen haben, aber auch die Backs galten als nicht unbedingt Spitzenklasse: RB Mendenhall ist nun in Arizona, war aber eh meist – yup – verletzt. RB Chris Rainey wurde schon nach einem Jahr aufgegeben und gefeuert. Dywer und Redman wurden gehalten, aber es ist nicht auszuschließen, dass Pittsburgh sich noch einen Back draftet, auch wenn OffCoord Haley mit Backs ähnlich viel anzufangen weiß wie der Papst mit Kondomen.

Haley will Passspiel, wenn auch in teilweise merkwürdiger Verpackung (Roethlisberger fetzte sich öffentlich wegen des PlayCallings). Allerdings musste mit Mike Wallace der Top-WR ziehen gelassen werden – Pittsburgh hat nach Jahren des Alterns Schwierigkeiten mit der Salary Cap. WR Emmanuel Sanders ist als RFA auf dem Spielermarkt für einen 3rd-Rounder zu haben und die Steelers hätten Probleme, gegen einen Vertragsentwurf mit frontloading ihr Vorkaufsrecht zu ziehen. Der einzige Receiver mit Langzeitvertrag ist Antonio Brown, dem ein enttäuschender Herbst nachgesagt wurde. Dafür wurde der einstige Steeler, der verlorene Sohn Plaxico Burress per Einjahresvertrag aus den Rente geholt. Die Tight Ends passen: Miller und Spaeth sind mehr als solide.

Die Backup-QBs wurden auch ausgetauscht: Gradkowski und Wilson für Batch und Leftwich.

Ausblick

Die Probleme sind denke ich aufgezeigt. Trotzdem sind die Steelers immer noch ein Team, das mit einem etwas gesünderen Kader locker in die Playoffs eingezogen wäre. Man putzte auch letzten Herbst viele gute Teams, verschenkte aber unnötig Spiele gegen Gurkenteams wie Tennessee. Man musste wochenlang ohne den Superstar Roethlisberger antreten und wenn der mal spielte, war er unter ärztlich genehmigten Drogen.

Viele der Probleme sind mittelfristiger Natur: Der Kader muss schnellstens verjüngt werden, oder man schmeißt die Jahre 2015-2017 weg. Und der Umbau muss via Draft passieren, bis man finanziell wieder auf so guten Beinen steht, dass man sich teure Verträge wieder leisten kann.

Pittsburgh 2013/14: Die großen Problemzonen sind Passrush und Cornerback sowie Running Back und die Tiefe auf beiden Seiten der trenches (Anspiellinie). Mit etwas weniger Verletzungspech und dem einen oder anderen generierten Turnover in der Abwehr spielen auch alte Steelers wieder vorne mit.

Washington Redskins in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record        10-6    WC
Enge Spiele    6-5 
Pythagorean    9.2   (12)
Power Ranking   .565  (8)
Pass-Offense   7.2    (2)
Pass-Defense   6.8   (24)
Turnover       +17

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Die Saison 2012/13 der Washington Redskins war eigentlich mit die beste dieser Franchise seit gut und gerne zwei Jahrzehnten. Der Trainerstab „Shanaclan“ ließ den schwarzen Volkshelden QB Robert Griffin III von der Leine und RG3 antwortete mit einer Rookiesaison für die Ewigkeit, führte die Redskins über den Divisionssieg bis in die Playoffs. Dort wurde Washington allerdings aus sämtlichen Träumen gerissen.

Ein Kreuzbandriss kann immer passieren, aber ich bin immer noch der Meinung, dass Mike Shanahan den völlig lädierten RG3 im Wildcard-Spiel gegen Seattle hätte schützen und runternehmen müssen. Es war abzusehen, dass ein zähnefletschender Griffin in der zweiten Halbzeit noch nicht das größte Übel gesehen hatte, und entsprechend folgerichtig knickte RG3 ein und es rissen mehrere Bänder.

Für RG3 folgten Operationen und nun die Reha mit der Hoffnung auf möglichst schnelle, vollständige Genesung. Gerissene Bänder im Knie sind heute medizinisch soweit unter Kontrolle, dass sie nicht mehr jede Karriere in Gefahr bringen, aber bei einem laufstarken QB wie Griffin (der schon vor drei Jahren Kreuzbänder kaputt hatte) kein Klacks. Dass RG3 als Megainvestment (u.a. drei Erstrundendraftpicks) der zentrale Baustein der Hauptstadtfranchise ist, macht die Sache nur noch schlimmer, selbst wenn man den offenbr „sensationell“ verlaufenden Heilungsprozess bei RG3 berücksichtigt.

Die Offense

Washingtons „East Coast Offense“ gehörte zu den ästhetischsten dieser Saison und wurde von den Shanahans komplett auf die einzigartigen Talente von RG3 zugeschnitten und gründete, wie ich schon im Jänner schrieb, auf vier Grundideen:

  • Inside Zone-Read Option – nicht wie z.B. Houston eine lateral angelegte Offense, sondern Zonenblocking straight geradeaus, auf die Landschaft im Spielfeld scheißend.
  • „Bluff“. Fullback blockt einen Linebacker, nicht den Defensive End und gibt seinem QB damit Zeit zum Lesen der Defense. Der Spielzug, der RG3s Gefahr als Scrambler am besten nutzt.
  • Pistol-Offense, Fullback blockt den Defensive End, simpler Laufspielzug kann abgehandelt werden.
  • Outside Zone – datt ist die Houston-Offense (bzw. einst in Denver entwickelt), wie ich das gestern beschrieben hatte.

RG3 war nicht bloß Spektakel, sondern auch extrem effizient. Er warf u.a. so wenige Interceptions, dass man künftig fast sicher vom Zuschlagen des Phänomens „Regression zur Mitte“ ausgehen muss. Auch Backup-QB Kirk Cousins, wie RG3 ein Rookie, zeigte helllichte Momente. Cousins könnte zum Saisonstart durchaus gefragt sein, sollte RG3 nicht schnell genug fit werden.

Ein dritter Offense-Rookie brachte so manchen Fantasy-Owner auf Touren: RB Alfred Morris, ein komplett unbekanntes Gesicht von Florida Atlantic, erwies sich mit seiner Geduld als optimaler Mann für die zonenorientierten Laufschemata der Redskins. Es bleibt abzuwarten, ob und wie weit sich diese großartige Maschine in Zukunft lässt weiterführen. Morris wurde auf 335 Carries geschickt und ist kein guter Ballfänger bei 3rd downs – weil die Backups Royster und Helu Verletzungsprobleme haben, könnte Shanahan hier auf die Suche nach einem Ergänzungsspieler sein.

Umso erstaunlicher ist die Produktivität der Offense, wenn man sich vor Augen führt, über welches Receiving-Material Washington verfügte: Gorden, Garcon, Robinson und wie sie heißen – allesamt Nonames ohne nennenswerte Vergangenheit oder physische Tools der Extraklasse. Sie fingen trotzdem ihre Bälle – alle. Man mag sich nicht ausdenken, was dieser Angriff mit einem veritablen Wide Receiver machen könnte.

Die Offense Line blieb in der abgelaufenen Saison für viele überraschend von Verletzungen verschont; das musste sie auch, denn die Tiefe ist unterirdisch.

Die Defense

Eine unterschätzte Storyline der Redskins 2012/13: DefCoord Jim Haslett bekam eine dezimierte Unit in der zweiten Saisonhälfte mit wirklich interessanten Plays in den Griff und war ein wichtiger Grund für den Sieglauf (7 Siege en suite). Gab die Abwehr in der ersten Saisonhälfte noch 7.3 NY/A im Passspiel auf, steigerte sich die Unit auf 6.2 NY/A über die zweite Hälfte. Das ist bemerkenswert, und angesichts der verbliebenen Spieler kann man auch Hasletts wilde Blitz-Strategien nachvollziehen.

Spieler, die weite oder komplette Teile der Saison verpassten, waren nicht rar: Mit OLB Brian Orakpo fehlte der wichtigste Baustein der kompletten Defense seit September, dazu war der Starke Lauf-Ankermann DE Carriker langzeitverletzt, FS Meriweather kam kaum zum Einsatz und S Tanard Jackson war noch in der Kiffersperre. Jede Defense hat extreme Probleme, wenn dein bester Passrusher und gleich beide Safetys fehlen.

Klar aufgezeigt wurde, dass DE/OLB Ryan Kerrigan noch nicht in der Lage ist, einen Orakpo-losen Laden zu führen – ein dritter guter Passrusher wäre demnach schon gefragt. Sollte der zeitlose LB London Fletcher doch irgendwann zurücktreten, wird auch ein Inside Linebacker gefragt sein.

Das größte Loch gibt es im Defensive Backfield, obwohl der boom or bustCB Hall für relativ billiges Geld blieb; weitere Ergänzung wird über den Draft kommen müssen. Da ist es ungeschickt, dass man dieses und nächstes Jahr keine Erstrundenpicks mehr hat (RG3-Trade). Relativ gut dürfte im Verhältnis dazu die Defense Line um die Herren Bowen, Cofield und Jenkins aufgestellt werden.

Ausblick

Gibt durchaus einiges zu tun in Washington, trotz der für Redskins-Verhältnisse bärenstarken Saison 2012/13. Die Prioritätenliste liest sich in etwa so:

  • Secondary (extrem wichtig)
  • Tiefe im Passrush (wichtig)
  • Wide Receiver (mittel)
  • Backup-Runningback (mittel)
  • Junger Nachfolger London Fletchers (mittel)

Seblst wenn RG3 fristgerecht fit wird, kann man nicht zwingend davon ausgehen, dass er erneut ein Feuerwerk wie letztes Jahr abbrennt, sicher nicht in Sachen Turnover-Quote und vielleicht auch nicht in Sachen Werfen und Scrambeln. Und da wäre die Offense schon entscheidend geschwächt, als dass man in der NFC East ohne starke Verbesserung der Defense ganz oben bleibt.

New York Jets in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record         6-10   --
Enge Spiele    3-3 
Pythagorean    5.3   (26)
Power Ranking   .474 (22)
Pass-Offense   5.4   (28)
Pass-Defense   5.8    (8)
Turnover       -14

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Über die Jets lacht die halbe Liga, und das mit Grund: Der Laden von Owner Woody Johnson ist ein Paradebeispiel dafür, wie man in der NFL für kurzfristigen Erfolg die Zukunft auf Jahre verbrennen kann. Überhaupt hinterlässt der gefeuerte GM Mike Tannenbaum in New York größtenteils einen Scherbenhaufen.

Tannenbaum und Stab begannen vor vier Jahren, rund um den jungen „Sanchize“-QB Mark Sanchez herum eine Truppe von bekannten ehemaligen Allstars aufzubauen – eine Taktik, die die Jets zweimal hintereinander ins AFC-Finale führte. Dann ging Tannenbaum „all in“, wollte den Superbowl-Sieg erzwingen und opferte dafür die mittelfristigen Ziele. Die Allstars wurden zu Altstars und somit zu alt, die Verträge zu teuer.

Die Entlassungen von Leuten wie Tomlinson, Scott oder Edwards fraßen nicht nur dead money Platz unter der Salary Cap auf. Sie berauten die Jets eines jungen Kerns, der sich erst nicht entwickeln konnte und dann – aufgrund zu vieler verschlissener Draftpicks in Trade-Geschäften – überhaupt nicht mehr nach New York kommen konnte.

Jetzt sieht die Gang Green der Salary Cap-Hölle ins Auge, kann aber aufgrund einiger viel zu massiver Verträge nur beschränkt handeln. Die Franchise ist in der beschissenen Lage, dass selbst ein sofortiger Neuaufbau zu teuer (!) käme.

Revis Island

Das wertvollste Anhängsel der Jets ist Stand heute CB Darrelle Revis, ein Cornerback im besten Alter, der auf der Höhe seines Schaffens weit über allen Positionskollegen ligaweit anzusiedeln ist. Bei Revis gibt es zwei Knackpunkte:

  • Er hatte nun zwei Jahre Verletzungsprobleme.
  • Sein Vertrag läuft 2014 aus, und Owner Woody Johnson möchte aufs Gebrechen keinen Langzeitvertrag auspacken.

Das macht Revis zu einem wertvollen Tauschobjekt für die Jets, die durchaus den einen oder anderen hohen Draftpick für Revis abstauben könnten (Buccs, anyone?). Besonders interessant würde ein Trade, weil Revis in dem Müllteam, das New York in den nächsten 1-2 Jahren aufstellen wird, eh verschwendetes Talent ist. Und Revis würde den Jets das bringen, was ihnen in der Tannenbaumzeit bitter abging: Draftpicks und Infusion von Frischblut. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass der gewiefte neue GM John Idzik in den nächsten Wochen bis zum Draft den erwarteten Revis-Trade durchzieht.

Die Defense

Der Abgang würde allerdings sportlich als herber Verlust empfunden werden, auch wenn Revis zuletzt fast das ganze Jahr fehlte. Die Jets besitzen mit CB Cromartie und dem jungen CB Wilson mehr oder weniger solide Deckungsspieler, aber nach dem Abgang von S Landry gibt es ein klaffendes Loch „hinten in der Mitte“.

Bei den Linebackers ist nach Bart Scotts Entlassung kaum mehr Erfahrung im Kader – es müssen wohl bisherige Ergänzungsspieler starten. In der Defense Line ist man aber gut aufgestellt: NT Wilkerson und DE Coples gelten als Rohdiamanten, die Tiefe könnte aber besser sein.

Die Jets haben in einer Hinsicht Glück: Die Draftklasse ist haargenau ihren Bedürfnissen nach „konzipiert“: Die Safety-Klasse ist tief genug besetzt, dass man auch in den mittleren bis späten Runden wohl gute Athleten bekommt. Passrush von den OLB-Positionen, händeringend gesucht, scheint auch noch nach der ersten Runde erhältlich, sodass man in Kombination mit der breit aufgestellten DL-Klasse durchaus die größten Needs in der Defense im Draft angehen kann – und noch nicht mal unbedingt in der ersten Runde. (der mögliche Revis/Trade-Pick noch nicht reingerechnet)

Es bleiben also Ressourcen für die Offense frei.

Die Offense

Dort ist im Prinzip wurscht, wo man anfängt, denn die Löcher gibt es überall. Head Coach Rex Ryan versuchte das komplette letzte Jahr, den quasi-enteierten Sanchez verbal aufzubauen, was nicht nur nicht gelang: Sanchez spielte sich mehrmals in ein tiefes Loch, produzierte mehr Fumbles als Punkte und erwies sich endgültig als gescheitertes Experiment. Sanchez‘ Vertrag ist so heftig, dass die Jets ihn nicht entlassen können, gleichzeitig aber Probleme haben werden, einen halbwegs billigen und soliden Backup zu holen. Weil sich Tebow als das auf diesem Blog schon immer kommunizierte Missverständnis erwies, und der blasse QB McElroy nicht als ernsthafte Alternative gesehen wird, holte sich New York den einstigen Spaß-QB David Garrard aus dem Ruhestand.

Der neue OffCoord Marty Mornhinweg, ein Grund-Unsympath von Mensch, aber ein recht angesehener Spielzug-Kreator, wird bei allen Spielmacher-Optionen um arge Limits herum doktern müssen: Sanchez kann das Spiel nicht wirklich lesen, McElroy hat nicht alle Würfe drauf, Tebow hat nur einen Wurf drauf, und Garrard gilt als körperliches Wrack.

Die Ballfänger sind auch bestenfalls Mittelmaß: WR Holmes, ein ehemaliger Superbowl-MVP bei den Steelers, kriegt sein Leben vor dem Stadion nicht in den Griff und hat physisch abgebaut, TE Dustin Keller spielt nun andernorts, und sonst sind primär billige unterdurchschnittliche Leute im Roster, oder ein extrem ungeschliffener WR Stephen Hill. Ähnlich die Backs: Greene ging nach Tennessee, bei Bilal Powell weiß keiner, was zu erwarten ist, RB Hilliard ist auch ein eher unbeschriebenes Blatt.

New York pickt an Position #9. Nicht ausgeschlossen, dass eine All-Around-Waffe wie Austin oder ein WR Patterson vom Madison Square Garden direkt rüberwechseln ins Jets-Trainingszentrum. Ansonsten bleibt immer noch die Option „Offense Line“: Right Tackle galt zuletzt als furchtbar, und die Stärkung der trenches ist niemals, für keine Franchise, eine schlechte Idee. Auch hier: Offense Line gilt als starke Position im Draft.

Ausblick

Das Erbe Tannenbaums ist so verheerend, dass ein General Manager in der Situation Idziks nicht verlieren kann: Schafft er den Umbruch – alle Ehre. Schafft er es nicht, kannste ihm auch net böse sein. Ein kurzer Approach:

  • Runde 1: Skill Player oder OLB
  • Runde 2: Offense Tackle, OLB oder Safety
  • Runde 3-4: Safety, Offense Tackle oder WR
  • Runden 5-7: Skill Player (RB, WR,TE)

Für 2013 muss man ein eher schwieriges Jahr erwarten, sofern nicht aus dem Nichts ein Sanchez oder Garrard eine Sensations-Saison zaubern. Weil Mornhinweg mehr als die letzten OffCoords aus seinen Spielern holen wird, und Rex Ryan immer eine konkurrenzfähige Defense stellt, auch ohne adäquates Spielermaterial, kann schon sein, dass New York nicht ganz nach unten durchgereicht wird. Playoffs empfände ich aber als Cinderella.

San Diego Chargers in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record         7-9    --
Enge Spiele    2-5 
Pythagorean    8.0   (16)
Power Ranking   .421 (27)
Pass-Offense   5.7   (23)
Pass-Defense   6.1   (14)
Turnover        +2

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Die San Diego Chargers sind die zweitgrößte Talentvergeudung nach dem FC Arsenal. Was der FC Arsenal aber besser macht: Er hält sich dabei zumindest jung und frisch. Der Kern der Chargers dagegen alterte nun ein halbes Jahrzehnt, und er halfterte ab: Drei Jahre in Folge ohne Playoffs, und während man 2010/11 noch absurdeste Negativrekorde in Sachen Special Teams aufstellen musste um nicht das dominierende Team in der Liga zu sein, schied man in 2012/13 zum ersten Mal nicht „zu früh“ aus: Die Chargers stellten erstmals seit Äonen keine richtig wettbewerbsfähige Mannschaft mehr.

Als Konsequenz musste Head Coach Norv Turner gehen. Weg ist auch GM A.J. Smith, der Mann, der verantwortlich war, dass dieser Kader vor fünf Jahren so potent besetzt war, der gleichzeitig aber auch eine Serie an merkwürdigen Abgängen in den Jahren seither zugelassen hat.

Die neuen Männer am Ruder sind GM Tom Telesco, ein für mich unbeschriebenes Blatt, und HC Mike McCoy. McCoy ist eine interessante Personalie, weil man bei ihm nicht so richtig weiß, wofür er steht: Jahrelang ein Stift in den Trainerstäben von Carolina und Denver, kann recht gut mit Running Backs, verzweifelt nicht ohne einen „richtigen“ Franchise-QB. McCoy durchlief in den letzten beiden Jahern als OffCoord in Denver Himmel und Hölle, oder besser: Hölle und Himmel? Erst Tebow, dann Peyton Manning – krasser kannst du keine Gegensätze bekommen, aber McCoy schneiderte bei beiden ein brauchbares System.

Bei Tebow limitierte er auf Teufel komm raus das Element des Wurfes, aber auch bei Manning ließ sich McCoy nicht dazu hinreißen, eine Passorgie aufzuziehen, sondern streute bedächtig immer wieder Laufspielzüge ein. Jetzt also San Diego. Viel zu seinen Intentionen gab McCoy nicht öffentlich preis, weswegen man in viele Aktionen was reininterpretieren muss, will man die Chargers der Zukunft erörtern.

Die Offense

McCoys große Aufgabe wird sein, Grundlagenforschung zu betreiben, was in QB Philip Rivers gefahren ist: Seit ich denken kann einer der dominantesten Quarterbacks in einer schönen downfield-Offense, aber seit eineinhalb Jahren in der Krise. Vor allem die abgelaufene Saison zeigte die Verunsicherung Rivers‘, der verdammt viele horrende Bälle warf und meilenweit von jenem Hall of Fame-würdigen Kaliber der Vorjahre spielte. Ist es nur eine einmalige Formkrise? Oder sind die Ursachen andere?

Zum Beispiel die Offensive Line, der man zuletzt zwei furchtbare Jahre nachsagte. Fast alle Leistungsträger früherer Jahre sind weg, diesmal G Vasquez (ausgerechnet zum Divisionsrivalen Denver) und LT Jared Gaither, wobei bei letzterem der Terminus „Leistungsträger“ mit Vorsicht zu genießen ist. Es gab genügend Mannschaftskameraden, die sich auch öffentlich klar und deutlich zur Trainingsfaulheit des hochbezahlten Gaither äußerten und nahe dran waren, dem Mann vor laufender Kamera die Fresse zu polieren.

Was bleibt: Die Line ist in sämtlichen Metriken im unteren Viertel zu verorten und dürfte innerhalb der nächsten beiden Jahre eine Blutauffrischung brauchen. Vor allem beide Tackle-Positionen dürften erhöhte Priorität bekommen.

Der Rest ist okay. RB Ryan Mathews, soweit ist man sich einig, wird seinen Status als hoher Draftpick nicht mehr rechtfertigen können, ist aber wenn fit immerhin ein gefährlicher straighter „Geradeaus-Läufer“. Backup Ronnie Brown ist auch für 4-5 Carries pro Spiel als Entlastung gebräuchlich und der frisch aus New England eingekaufte RB Danny Woodhead könnte sowas wie den neuen Sproles geben: Flink, intelligent, fangstark – jenes Element, das seit Sproles‘ Abgang in San Diego komplett fehlt.

Die Crew an Ballfängern passt: TE Gates wird nicht jünger oder fitter, aber angesichts seiner Klasse und vieler anderer Baustellen dürfte McCoy es bei Gates belassen. Und mit TE Ladarius Green gibt es einen aus dem College bekannten Mann als Backup. Die Receivers lesen sich mittelprächtig mit Leuten wie Floyd, Meachem, Brown, Royal, Goodman, Alexander (letzterer mit Sternchen) – es ist kein richtiger Star-WR dabei, aber ein McCoy und ein Rivers sollten damit zu fahren kommen.

Fazit: Die Offense Line wird in absehbarer Zeit von Wichtigkeit sein, wie vielleicht bald auch Wide Receiver und Tight End. Sofern Rivers sich aber stabilisieren kann, werden die Chargers auf Jahre zumindest adäquates Angriffsspiel sehen. Vielleicht wird ein Entwicklungs-Prospect auf QB gedraftet.

Die Defense

Die Defense hatte 2012/13 echte Probleme, was vor allem auf einen pathetischen Passrush und schwache Cornerbacks an beiden Seitenlinien zurückgeführt wird – die Zahlen bestätigen diese Eindrücke. Trotzdem überlebte DefCoord John Pagano (Chucks Bruder) den HC-Wechsel und wird weiter an seiner 3-4 Defense basteln.

Da wartet ein uns allbekanntes Problem: Wer gibt den Nose Tackle nach den Abgängen von Franklin und dem bärtigen Beißer Garay? Generell geht der Defensive Line hinter den beiden jungen Talenten DE Liuget und DE Reyes jegliche Tiefe ab – die tief besetzte Draftklasse dürfte hier Abhilfe schaffen.

Bei den Linebackers sagte man OLB Melvin Ingram ein solides Rookiejahr nach und viele erwarten für heuer den Durchbruch. Ingram ist der Passrush-Typ, OLB Jarrett Johnson eher der fleißige Allrounder. Was sicher fehlt, ist ein zweiter druckvoller Linebacker, um die Secondary zu entlasten.

Dort wurden gleich beide Starting-Cornerbacks rasiert (Jammer, Cason). Die Hoffnung scheint zu sein, dass CB Gilchrist und CB Wright gemeinsam mit CB Cox den Laden soweit zusammenhalten können, dass San Diego nicht erneut komplett pulverisiert wird. Draftet San Diego in der ersten Runde einen Cornerback, wäre ich aber auch alles andere als überrascht. FS Eric Weddle sagt man eine Weltklasse-Saison nach, aber über Weddles Nebenmann wird noch gegrübelt.

Ausblick

Die größten Baustellen sind Stand heute:

  • Offensive Tackle
  • Outside Linebacker
  • Cornerback
  • Tiefe in der Defense Line

Kriegen die Chargers über den Draft wenigstens ordentliche Spieler, um diese Lücken zumindest im Ansatz zu stopfen, traue ich der Mannschaft durchaus ein ernstes Wörtchen in der nicht furchterregenden AFC West zu. Prio eins dürfte Protection für Rivers sein, denn ein Rivers, dem du a bissl Zeit gibst, ist wohl auch künftig ein guter Rivers. Danach kannste immer noch versuchen, den Passrush aufzumotzen und drei Defense Liner draften.

Philadelphia Eagles in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record         4-12   --
Enge Spiele    4-5 
Pythagorean    3.9   (30)
Power Ranking   .427 (24)
Pass-Offense   5.7   (23)
Pass-Defense   6.7   (21)
Turnover       -24

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Philadelphia ist mit seiner stürmischen Beziehung zu seiner Football-Franchise nie ein langweiliger Ort aus Sicht der National Football League. Der jüngste Kollaps nebst Entlassung des langjährigen Head Coaches Andy Reid bereitete zuletzt den Boden für ein spektakuläres neues Projekt: Der Inthronisierung von Head Coach Chip Kelly. Langjährige Leser dieses Blogs dürften mitbekommen haben, dass der schiere Gedanke an die Offense, die Chip Kelly an der University of Oregon installierte, bei mir Sabbern und aufgeregtes Zittern am ganzen Körper hervorruft.

Ich habe dem Phänomen Kelly vor kurzem bereits einen eigenen Blogeintrag spendiert: Chip Kelly – der Innovator.

Für die Lesefaulen sei es in zwei Absätzen zusammengefasst: Kelly ist noch ohne NFL-Erfahrung, wurde am College aber für eine atemberaubende, stilbildende und ästhetisch einzigartige Spread-Laufoffense berühmt. Wie sich das Ding auf die NFL übertragen lässt, steht noch in den Sternen; was sich sicher in gewisser Form übertragen lässt, sind Kellys legendäre Trainingsmethoden, die alles aus einer 2h-Einheit rauskitzeln, was nur möglich ist. Viele (auch NFL-)Coaches waren schon bei Kelly in Eugene/OR zu Gast, um sich ein Bild davon zu machen.

Und Kelly ist als GameManager bekannt, der schon mal im ersten Viertel eine 2pt-Conversion ausspielen ließ. Nur am College? Geht eh um nix? Nun, immerhin traute er sich das auch im BCS-Championship Game 2010/11. Es ist schwierig zu beurteilen, ob Kelly „aggressiv“ oder „zu riskant“ ist, ob er den Mut auch in der NFL (und insbesondere im Lincoln Financial Field!) aufbringen wird oder ob Schnarchnase OffCoord Pat Shurmur auf Kelly abfärben wird – aber auf alle Fälle ist Kelly Stand heute kein Schisser. Bedenklich ist nur, dass Kelly wohl auf einer Pressekonferenz eher zurückhaltend war, was sein Image als aggressiver Coach anging.

Die Eagles-Offense

Philadelphias Offense war in den letzten Jahren der Ära Reid in allererster Linie explosiv. So explosiv, dass sie inbesondere sich selbst oft in die Luft jagte, häufig durch Turnovers. Kein Kind von Traurigkeit war diesbezüglich der mittlerweile fast 33jährige QB Michael Vick, der keinen Hit scheute und mit seiner Aufopferungsbereitschaft viele Hater bekehrte, aber eben oft auf Kosten von Fumbles und unkontrollierten Interceptions. Vicks Vertrag wurde entgegen den Unkenrufen so umstrukturiert, dass er in Philadelphia bleiben kann – laufstarker QB mit Wurfarm für die 70yds-Pässe: Das ist schonmal Kelly-kompatibel. Oder ist Vick nur der Steigbügelhalter für den jungen, etwas blassen, aber auch wendigen Nick Foles, den Kelly noch aus der Pac-12 kennen dürfte? Kommt gar ein mobiler und Option-kompatibler Rookie á la Geno Smith oder E.J. Manuel?

Mit dem Material drum rum kann man arbeiten: RB LeSean McCoy ist ähnlich spritzig und antrittsschnell wie Lamichael James oder DeAnthony Thomas, und McCoy ist ein exzellenter Ballfänger. Backup Bryce Brown zeigte gute Ansätze als Rookie. WR DeSean Jackson kann mit seinen Drops verärgerte Pfiffe von den Tribünen provozieren, aber es gibt wenige gefährlichere Waffen für die tiefen Bälle.

WR Maclin entwickelte sich seit Jahren auf gutem Niveau. Wo ich Bedenken habe, ist der Slot-WR: Ist Avant wirklich Kellys Idealvorstellung von dieser für ihn so wichtigen Position? Oder kriegt der jüngst aus Tampa Bay losgeeiste WR Arrelius Benn, ehemaliger College-Star, den Platz? Fraglich ist auch, inwiefern die aktuelle WR-Crew der Eagles den hohen Ansprüchen Kellys genügt, was das Lauf-Blocken angeht; Kelly verlangt da sehr viel, mehr als die meisten anderen Coaches.

Der TE Brent Celek ist grundsolide, aber es würde mich nicht wundern, wenn in absehbarer Zeit (also späterstens 2014) nachgebessert wird.

Die Offensive Line wird gerne madiger gemacht als sie ist. Es gibt bessere Units in der Liga, keine Frage, und die Verletzungssorgen vom wichtigsten Mann, LT Jason Peters, sind nicht von der Hand zu weisen, aber eine Line Peters/EvansMathis/Kelce/Watkins/Herremanns ist nicht per se in Grund und Boden zu verdammen und sollte allein von der Statur der einzelnen Jungs schonmal „Zone read“-kompatibel sein.

„Statur“ liest sich bei Leuten, die Chip Kelly vom College in die NFL schickte (Max Unger, heuer Kyle Long) in etwa so: 1,99m bei zirka 130kg. Das sind keine monströsen Säcke, sondern fast Maße eines Schlaks. Als wichtig empfände ich für diese Eagle-Offseason 2013, für den Eventualfall von erneuten Komplikationen bei Peters noch einen soliden Backup zu holen.

Die Defense

Erste wichtige Neuerung unter Kelly: Philadelphia wird nach zirka siebenundzwanzig Jahren mit einer four men front auf eine 3-4 Defense umstellen, um flexibler agieren zu können als bloß Passrush und (vergebliches) Hoffen, dass hinten Cromartie und Asomugha dicht halten. Neuer DefCoord ist Billy Davis, ein wenig beschriebenes Blatt, bei dem man nur weiß, dass er sein Schema so baut, dass der „Weakside Linebacker“ (Slang: Will) freie Bahn bekommt, und der DE/OLB (Slang: Predator) bedingungslos passrushen soll.

Davis lässt ein relativ verkapptes System spielen, mit einer leicht gen „Strongside“ (dort, wo der Tight End steht) versetzten Line – der Predator steht auf der Weakside, im 1:1 gegen den Offensive Tackle gematcht.

   TE   OT   G   C   G   OT
--------------------------------
  Sam  DE      NT    DT   Pred.

          Mike     Will

Der Will dürfte klar sein: Dem dynamischen LB Mychal Kendricks müsste die Rolle auf den Leib geschneidert sein und als Predator könnte entweder DE Trent Cole oder ein Passrusher aus dem Draft fungieren (manch einer riecht schon Kellys Affinität für seinen College-Schützling Dion Jordan).

Die zweite Position, die geklärt sein soll: Der Defensive Tackle (in Davis‘ System ein End mit Aufgaben des 3-technique). Der letztes Jahr hoch gedraftete Fletcher Cox soll diese Position aus dem College kennen und dort extrem gut aufgeblüht sein.

Es gibt keinen klassischen Nose Tackle in Philadelphia, keinen richtigen Defensive End, und wer in Philadelphias ausgedünnter Abwehrcrew den nervenaufreibenden Job des Middle Linebackers („Mike“) übernehmen soll, steht in den Sternen (DeMeco Ryans?).

Ist Dixon der Nose Tackle? Ist es der neu eingekaufte Sopoaga? Wenn nein: Nehmen die Eagles einen Brocken wie Floyd in der ersten Runde? Auf alle Fälle ist Stand heute für mich sehr vieles im Fluss. Es gibt noch weitere, bisher ungenannte Athleten, die man einbauen kann, aber ich kann es nicht beurteilen: Curry, Graham (hauptsächlich als DE/OLB), Casey Matthews (LB) oder der aus Houston eingekaufte OLB Connor Barwin. Die Zeit wird zeigen, wohin sich die Winde drehen.

In der Secondary sind alle der einstigen Top-CBs weg und nur der vom Superbowl-Champ Baltimore geholte CB Cary Williams als ein erfahrener Ankermann bereit. Auf Safety gibt es den jungen Nate Allen und den vom Erzfeind Giants eingekauften Kenny Phillips. Phillips hat eine Reputation als wandelndes Verletzungsrisiko. Als Backup dürfte Pat Chung (kommt von New England) fungieren.

Fazit: Die Strategie, billige, nicht unterirdische Leute einzukaufen, gefällt, zumal die neuen Leute allesamt keine Mittdreißiger sind. Die größten zwei Baustellen bleiben Nose Tackle und Passrush, wobei für letzteres immerhin schon gescheites Spielermaterial im Kader stünde.

Ausblick

Ich schrieb schon oft, dass ich das Projekt „Kelly in Philadelphia“ extrem spannend finde. Ich habe keine Ahnung, was in diesem Herbst von den Eagles zu erwarten ist, aber sollte Vick zünden und wenige Turnovers fabrizieren, traue ich den Eagles per sofort wieder die Playoffs zu.

Für den Draft gibt es viele Optionen. Passrusher („Predator“) ist gesucht, wie auch Cornerback und eventuell auch Offense Tackle und Quarterback. Von keinem Move dieser Güteklasse wäre ich überrascht.