College Football Geschichtsstunde: Die Exzesse der Achtziger Jahre

Update 10h15: Auf Hinweise von @tripleoptionblog in den Kommentaren habe ich kleinere faktische Fehler ausgebessert.


Die Achtziger Jahre sind in vielerlei Hinsicht ein Mythos. Es war das Jahrzehnt der verrückten TV-Serien, der wilden Mode, der großartigen Musik. Es war ein Jahrzehnt der Umwälzungen: Der Kapitalismus besiegte den Sozialismus. Es war auch ein Jahrzehnt der Unsicherheit. Es war in Summe ein ungezügeltes Jahrzehnt – lieber von allem etwas zu viel als zu wenig – ob Haare oder bunte Kleidung oder musikalische Stilrichtungen. Noch heute geht das Publikum unserer Blaskapelle bei keiner Musik so ab wie wenn wir Achtziger spielen.

„Zu viel“ war auch das Thema im College Football der Achtziger. Es war eine Dekade der Kapitalisierung des Sports mit Dutzenden neuen Millionen aus der TV-Branchse, die Dekade der Disruptoren aus Florida sowie die Dekade der Exzesse in den Athletic Departments. Am Ende der Achtziger war der College Football nur noch an der Oberfläche so wie am Anfang: Die Grundlagen für massive Veränderungen waren gelegt. Weiterlesen

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Freitagsvorschauer, Week 1

Teil 2 im Kickoff-Weekend mit insgesamt drei Teams aus den Top-25, die heute in die College-Football Saison einsteigen. SPORT1 US ist heute nicht dabei, dafür gibt es Partien im ESPN-Player.  Weiterlesen

College Football 2013/14, die ersten Eier fliegen!

Blenden wir mal die Querelen um die hiesige Übertragungssituation aus, und gehen wir mit dem, was wir haben: Die Saison im College-Football beginnt wieder. Ich möchte nicht übertreiben, aber das erste Wochenende College-Football ist vielleicht mein größter Favorit im Sportjahr, höchstens noch von einer ersten Spielwoche bei der Fußball-Weltmeisterschaft geschlagen. Auf die Partien der nächsten Tage komme ich zu gegebenem Zeitpunkt zu sprechen. Heute konzentrieren wir uns auf das, was… tja, heute ist (okay, und morgen).

Wo kann ich College Football im Jahre 2013 sehen?

Es gibt diverse Möglichkeiten, um an Bilder von College-Football zu kommen. Auch wenn ESPN America nicht mehr exisitiert, auch wenn die Rechte an den Topspielen aus der SEC (normalerweise der Slot am Samstag, 21h30 MEZ) nicht übernommen wurden, aber SPORT1 US ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein adäquater Ersatz. SPORT1 US überträgt in akzeptablem Ausmaß Spiele, für die in den Staaten ESPN, ABC oder einer der vielen Ableger die Rechte hält. Jede Woche kommen bei SPORT1 US College-Spiele am Freitag und mehrere am Samstag. Nommal: Keine SEC-Toppaarungen (wie z.B. Alabama-LSU oder Alabama-Texas A&M, denn die gehören CBS), keine Toppaarungen aus der Pac-12 (die gehören FOX), aber wenigstens College Football!

SPORT1 US hat auch keine Rechte am ESPN GameDay erworben, der früher immer ab 15h übern Screen schimmerte. Auch ansonsten relativ wenige Magazine, aber ich sag’s mal von meiner Warte aus: Mir ist das komplett wurscht. Ich bin meistens um 17h58 drin und um 05h58 raus und blende alles, was nicht Live-Ware ist so gut es geht aus.

EUROSPORT 2 hält die Rechte an ausgewählten Spielen aus der Big Ten Conference (meistens allerdings „nur“ Unis wie Purdue oder Minnesota). Es sind die Spiele, die in den Staaten das Big Ten Network überträgt, also Spiele zweiter Klasse. Gestartet werden soll erst am 5. Oktober (Woche 6). In Italien scheint allerdings schon ab 7.9. ein Penn State-Spiel bei EUROSPORT 2 auf. Was nicht mehr übertragen wird: Notre Dames Heimspiele. Daran hat ES2 die Rechte verloren.

Wem das im deutschen Sprachraum nicht reicht, der kann zum kostenpflichtigen ESPN-Player greifen: Dort gibt es quasi alle Spiele, die im verlinkten Schedule jede Woche unter irgendeinem Label von ABC, ESPN oder einem Ableger zu finden sind. Der ESPN-Player ist in Deutschland, Österreich, der Schweiz und überhaupt fast allen EU-Ländern außer Spanien und *grrrrrrrrrummel* Italien empfangbar. Da ich diesen Herbst sehr viel on tour sein werde, kann ich es glaube ich verschmerzen. Preis kann ich leider nicht genau benennen, soll aber um die € 120 fürs Jahr liegen, oder ca. € 30 für den Monatspass oder € 12,50 für den Tag… zumindest sind das grob die Umrechnungen vom Schweizer Staatsgebiet. Ich habs dort getestet: 152 CH-Franken fürs Jahr, 35 CHF für den Monat, 15 CHF á Tag.

[Update, Do, 19h49] Die exakten Preise wurden in den Kommentaren mittlerweile genannt: 9,99 € pro Tag, 19,99€ / Monat oder 109,00€ / Jahr. Danke an manuel und Gamecock, SC. [/Update]

In Italien hält SKY ITALIA die Rechte an ausgewählten Spielen, bei denen ich keine Ahnung habe, welchem Rechtepaket sie angehören. Morgen zum Beispiel wird am Nachmittag Fresno St-Rutgers auf SKY Sport 3 aufgezeichnet; ansonsten hört man was von den Rechten an FOX SPORTS-Spielen in den Vereinigten Staaten, aber nächste Woche soll angeblich East Carolina-FAU kommen… Abwarten und Tee trinken.

Das ESPNA-Rechtepaket gehört in Italien wie SKY Murdoch, aber es wird diesen Herbst nicht gezogen: Der geplante US-Sportkanal „Fox Sports 2“ (ich nenne ihn mal so) wird nicht vor Jänner 2014 aus dem Boden gestampft, ergo gibt es kaum bis quasi keinen College-Football in Italien zu sehen.

Was ist neu im College-Football?

Einiges. Zu allererst: Es ist der Schwanengesang für die verhasste Bowl Championship Series (BCS), die zum letzten Mal als Meisterschaftsfindungsdings fungiert, bevor ab 2014 das Playoff-System mit zumindest Halbfinale und Finale eingeführt wird. ESPN hält dann auch die Rechte für diese Spiele bis 2026 und zahlt dafür insgesamt 7.3 Milliarden US-Dollar. Überhaupt ist ESPN der Player schlechthin im College-Football (okay, so neu ist datt nicht):

Zum zweiten gibt es eine quasi-neue Conference in der wahnsinnig inspirierenden American Athletic Conference (AAC), die als Nachfolgerin der Big East Conference gelten darf (Big East gibt es nur mehr im Basketball). Wir haben darüber bereits ausführlicher geschrieben, wen es interessiert. Heute Nacht wird es auch gleich ein Matchup aus der AAC geben, aber dazu komme ich später im Artikel.

Neben diversen Wechseln (Pitt und Syracuse in die ACC, nicht zu verwechseln mit der AAC; Memphis, SMU, Houston und Central Florida in die AAC, nicht zu verwechseln mit der ACC; North Texas, FAU, FIU, Louisiana Tech, Middle Tennessee State, UTSA in die Conference USA; San Jose State und Utah State in die Mountain West; Georgia State und Texas State in die Sunbelt) gibt es auch das Ende der Western Athletic Conference (WAC) im Football zu beklagen: Diese kleine Freak-Conference, in der u.a. Boise State und Nevada zu echten Playern wurden, ist das erste Todesopfer des Re-Alignment Wahnsinns der letzten Jahre. Als Folge wandern Idaho und New Mexico State erstmal in die Unabhängigkeit und bestreiten ihre 2013er Saison als Independents, ehe es in naher Zukunft wohl runter in die zweite Stufe der FBS geht.

ACC, AAC… ich glaube, ich werde es künftig mit einer in den Staaten schon gebräuchlichen Abkürzung „The American“ für die AAC halten, um der Verwirrung ein Ende zu bereiten. Also: ACC = Atlantic Coast Conference. The American = American Athletic Conference, Nachfolgerin der Big East.

Noch ein anderer Name wird neu sein, aber nicht ganz so neu: Die Teams der University of Hawaii werden künftig wieder als Rainbow Warriors auftreten, anstelle von “Warriors”, wie in den letzten zehn Jahren. Das ist das Revival des bereits früher genutzten Team-Namens.

So, und ein Hinweis in eigener Sache: Ich gedenke, künftig die Sendepläne der hiesigen TV-Sender auch auf Facebook zu posten, um nimmer diese Aufsplittung auf viele Preview-Artikel zu haben. Den Sendeplan des ESPN-Players gibt es bei mir nicht, weil ich ohnehin zu spät drauf Zugriff bekomme, aber dafür kann man sich oben besagten Link auf ESPN.com durchschauen.

Die Stunde null

SPORT1 US Programm

Do/Fr 00h00 South Carolina - UNC
Do/Fr 04h30 Fresno St - Rutgers
Fr/Sa 02h00 Texas Tech - SMU

Wdh. gleich in Dutzenden

SKY SPORT 3 (Italien)

   Fr 14h15 Fresno St - Rutgers (Tape)

ESPN-Player

Schedule (nur mit „ESPN“-Label und Unterlabel gekennzeichnete Spiele).

Um Mitternacht, 0h00 (live bei SPORT1 US) geht es los mit dem Duell South Carolina Gamecocks – North Carolina Tar Heels, das Spiel der beiden „Flagship“-Universitäten der jeweiligen Carolina-Staaten. Anders als man vielleicht annehmen möchte, ist relativ wenig Würze im Spiel, was das Stichwort „Rivalität“ angeht. Bis Anfang der 90er spielte man zwar regelmäßig gegeneinander, aber seither ist es erst das zweite Aufeinandertreffen.

South Carolina habe ich schon in der Preview abgearbeitet, und dabei von weiterhin vorhandenen leisen BCS-Ambitionen geschrieben (SC ist an Preseason #6 gerankt). Das Team von Steve Spurrier ist vielleicht nicht mehr so gut wie in den letzten beiden Jahren, hat diesmal aber einen günstigen SEC-Schedule. Heute Nacht geht es nicht um Conference-Bilanzen, sondern darum, einen Fehlstart zu vermeiden, was unangenehmer werden könnte als es sich anhört.

Denn UNC geht mit einer relativ ambitionierten Mannschaft an den Start, die nur deshalb ziemlich anonym ist, weil sie wegen diverser Boosterskandale zuletzt von der Bowl-Season ausgeschlossen war. Seit HC Larry Fedora vor eineinhalb Jahren übernommen hat, wird ein attraktiver Ball gespielt, und in Bryn Renner gibt es einen durchaus NFL-kompatiblen Quarterback.

DE Clowney und seine Kollegen sind also gewarnt.

South Carolinas Heimspielstätte ist ein echt geiles Stadion, aber wer es gerne lieblicher hat, der kann auch parallel den ESPN-Player laufen lassen und zu Kent StateLiberty flutschen. Kent State war letztes Jahr 11-3 und verlor seinen Coach an Purdue, aber der Aufwärtstrend der letzten Jahre war sehr stetig… und dann schoss aus dem Gar Nichts ein unglaublicher Running Back nach oben: RB Dri Archer, der in 159 Versuchen 1429 (!) Yards und 16 Touchdowns lief, für sagenhafte 9.0yds/Carry. Selbst für eine eher mittelmäßige Conference wie die MAC sind das irre Zahlen. Es ist zu verfolgen, ob es eine Eintagsfliege war, denn Archers Zahlen in seinen anderen beiden Jahren lasen sich eher mau (3.9yds/Carry).

Und Kent State hat in DL Roosevelt Nix einen Defensive End/Tackle, den es sich lohnt zu verfolgen: Gebaut eher wie ein schmächtiger Linebacker, macht der Mann mit seiner Explosivität so viele Tackles für Raumverlust wie kaum ein anderer Spieler. NFL-Maß ist er nicht, aber am College sieht der Winzling auf Tackle doch recht flott aus.

Ab 3h15 gibt es (nur im ESPN-Player) mit Vanderbilt CommodoresOle Miss Rebels das Duell zweier SEC-Unis, die ziemlich hochgejubelt werden. Ole Miss, klar, ist eine traditionelle Uni, die auch schon in den 50ern Spitzenteams hatte, und seit Hugh Freeze da ist, ist das Recruiting mit einem Mal so sensationell, dass sich die Experten quer durch die Bank fragen, ob das dort drunten in den Sümpfen von Oxford alles mit rechten Dingen zugeht.

„Vandy“ spielt schon lange in der SEC mit, war aber meistens das Nesthäkchen, das nix zustande brachte. So richtig Mitleid hatte mit den Commodores auch niemand, da Vanderbilt als Privatuni mit elitärem Anspruch auch nicht gerade als Sympathieträger auftritt und auch über keine allzu große Alumni-Gruppe verfügt. Seit Head Coach James Franklin aber am Arbeiten ist, geht es steil bergauf. Franklin ist eine glatzköpfige Erscheinung, neben der du gleich merkst, wohin der Wind weht: Franklin jammert nicht lange rum ob der Recruiting-Nachteile, sondern packt an. Seine Mannschaften spielen tough und physisch.

Das Spätspiel bei SPORT1 US lautet ab 04h30 Fresno State BulldogsRutgers Scarlet Knights. Bei ersteren geht mir diese katastrophale Schlappe zu Weihnachten gegen SMU nicht aus dem Kopf: Fresno legte ein eigentlich großes Debütjahr für Coach Tim DeRuyter hin, und ließ sich dann willenlos abschlachten wie das Opfer auf der Bank. Vermutlich ein einmaliger Ausrutscher. Fresno spielt in der MWC und ist nicht Boise-Kaliber, aber trotzdem ein ernst zu nehmender Mid-Major geworden. QB ist in Derek Carr der kleine Bruder von David Carr, der vor elf Jahren über Fresno den Weg zum #1-Draftpick zu den Houston Texans gefunden hat. Die Offense, die Carr spielt, ist extrem passlastig (letztes Jahr über 4100 Pass-Yards). Rutgers ist bodenständiger, und alles, was der neue OffCoord Ron Prince so anklingen lässt, lässt auf haufenweise 2 TE-Sets und viel Laufspiel schließen. Wer schon für die NFL scouten will, kann mal ein Auge auf deren WR Brandon Coleman werfen, ein 2m-Hüne, den manche angeblich schon in der ersten Runde gehen sehen. Coleman 2012: 93 Anspiele, nur 43 Catches, aber wenigstens 16.7yds/Catch. Okayer Spieler, aber vermutlich noch weit davon entfernt, als 1st Rounder durchgewunken zu werden.

Nacht von Freitag auf Samstag

Morgen, also Nacht von Freitag auf Samstag, geht es weiter bei SPORT1 US mit Texas Tech Red RaidersSMU Mustangs, ein texanisches Duell (ab 02h live). Die Red Raiders mit ihrem gottgleich verehrten Neo-Headcoach Kliff Kingsbury habe ich schon vor Wochen ausführlich abgearbeitet. Bei SMU ist einiges neu, und das beginnt bei der Conference, wo die Mustangs von der C-USA in die The American wechselten. Coach ist immer noch „run’n’shoot“ June Jones, der sich den geistigen Vater der „Air Raid“ Offense (Passgewalt pur) in den Trainerstab holte: Hal Mumme, über den Chris Brown ganze Bücher schreiben könnte.


Soweit der erste Ausblick. Heute Nachmittag geht es noch weiter mit The Countdown, der Preview-Serie im College-Football. Die letzten Drei stehen noch auf dem Programm. Einer heute, zwei morgen.

Conference USA 2012/13 Preview

WiederZufalleswill, befindet sich auch die Conference-USA aus dem Süden und Südosten der Vereinigten Staaten inmitten einer Transformationsphase. Was in diesem Sommer mit 12 Mannschaften von dannen geht, wird ab 2013 wieder völlig umgekrempelt sein, vor allem nach den Abgängen von Zugpferden wie SMU oder Houston (gehen in die Big East) und der Neuaufnahme von FIU (kommt aus der Sunbelt Conference).

Eastern Division

Um mit dem Titelverteidiger zu beginnen: Die Southern Mississippi Golden Eagles kommen aus einer bockstarken 12-2 Saison mit einem Kantersieg im Conference-Finale über die bis dahin unbesiegten Houston Cougars. Und was passiert nach solchen großartigen Saisons oftmals? Richtig: Ein Neubeginn, weil die sportliche Leitung abgeworben wird. So auch im Falle von Southern Miss, die den erfolgreichen Larry Fedora ersetzen müssen und dies mittels einer internen Lösung schafften: Für das Offensivgenie Fedora springt der alte, defensivorientierte Eddie Johnson ein.

Der neue OffCoord ist mit Rickey Bustle ein Mann, der auf grundsolides Laufspiel setzt – und das in einer Mannschaft, die sich über Jahre den Ruf als Luftmacht gemacht hatte! Beim vorhandenen Personal – eine bärenstarke O-Line, 4-5 erfahrene Running Backs, ca. sechs gleich starke Wide Receivers und starke Punter – ist ein leichter Strategiewandel aber vielleicht nichtmal das größte Übel, zumal der Rekord-QB Davis sein Studium beendet hat und ins Berufsleben eingestiegen ist.

Die kleinen Fragezeichen reichten schon aus, um die University of Central Florida Knights zum Divisionsfavoriten zu küren, wenn diese denn nicht von der Bowl Season und damit auch vom Conference-Finale ausgeschlossen wären. UCF ist das Programm des umstrittenen und streitbaren Cheftrainers George O’Leary – und UCF ist wegen Recruiting-Vergehen bestraft.

Unter O’Leary zeichnet sich das Programm seit Jahren durch eine exzellente Defense aus. Im letzten Jahr erlebte UCF eine enttäuschende Saison mit 5-7, aber man vergesse nicht: Die Knights waren 0-6 (!) in Spielen mit einem Score Differenz.

Dabei hatte die Defense so manches Standhafigkeitsproblem in der Schlussphase von Spielen und dabei musste man auch noch eine QB-Kontroverse überstehen (der schwarze QB Godfrey wurde abgesägt und O’Leary daraufhin des Rassismus bezichtigt; Godfrey wird nun zum WR umgeschult). Nun ist mit QB Blake Bortles die Spielmacherposition wohl in trockenen Tüchern (der Blaine-Bruder Tyler Gabbert sollte keine Chance haben) und das Laufspiel um das Trio Harvey/Murray/Storm Johnson sollte zu den allerbesten gehören.

Wie gesagt: Eigentlich auf dem Papier der Favorit. Aber eben auch auf dem Papier und in der Praxis für diese Saison sportlich außer Konkurrenz mit von Partie.

Bestenfalls Außenseiterchancen werden den East Carolina Pirates, dem Zuschauerkrösus der Liga, gegeben. East Carolina spielt eine schöne, passlastige Offense (44 Pässe/Spiel) und setzt dabei weniger auf die 80yds-Bomben, sondern auf beständige kurze Raumgewinne mit Yards After Catch. Aufgrund der viel zu vielen verschenkten Bällen (35 Turnovers der Offense!) übersieht man bei der 2011er Saison dieser Mannschaft dabei zu leicht, dass die Defense immer besser aufgeigt.

Die Kandidaten für den Bodensatz beginnen dabei bei Marshall, wo letztes Jahr die Bowl Season erreicht wurde, aber das Team von Doc Holliday zu unerfahren sein soll. Die Probleme liegen völlig überraschend in der Offense, was für eine der ganz großen Innovationsschmieden für Angriffsfootball eigentlich eine Schande ist: Das Angriffsspiel beschränkt sich auf kilometerweise Laufspiel, um die Spiele bis ins Schlussviertel eng zu halten und dann auf knappe Siege zu hoffen.

Die UAB Blazers werden von ihrem eigenen staatlichen Universitätssystem kastriert und sollen sowohl eine grottenschlechte Defense, als auch einen disziplinlosen Kader besitzen. Und dann ist da noch unser aller Liebling, die Memphis Tigers, das furchtbarste an sportlichem Produkt, was der College Football in den letzten Jahren so produziert hat. Memphis hat einen neuen Head Coach, den jungen Justin Fuente (ehemals OffCoord bei TCU), der für eine schnelle Offense steht und mutiges PlayCalling steht. Die größere Problemzone waren zuletzt aber die zahnlose Defense, die sich überlaufen und überwerfen ließ, und das mangelnde Zuschauerinteresse (nur wenige tausend verirrten sich in die riesige Schüssel) – die Saison wird aber wichtig: Memphis ist als Markt attraktiv genug, dass man nächstes Jahr in die Big East wechselt, und da will man logischerweise ein sportlich halbwegs brauchbares Produkt anbieten.

Western Division

Sportlich die höherwertige Division dürfte der Westen mit drei Titelkandidaten sehen. Dabei sind die Houston Cougars nach einer blendenden 13-1 Saison nicht der größte Favorit. Zu viel Aderlass musste man einstecken (u.a. HC Sumlin zu Texas A&M, QB Keenum in das Berufsleben). Dabei ist die aktuelle Phase für die Coogs großartig: Man ist wieder wer und wird nächstes Jahr in die Big East Conference wechseln und man wird in absehbarer Zeit ein neues Stadion bauen. Heißt auch: Der Job ist für Sumlin-Nachfolger Tony Levine ein sehr verantwortungsvoller, denn zu sehr sportlich absaufen darf man nicht. QB David Piland hat bereits exzellente Ansätze gezeigt und der RB Charles Sims gehört zu den vielseitigsten überhaupt, aber die Fragezeichen stecken in der Defense, die sehr viel (zu viel?) no risk, no reward spielt und deren Umstellung auf 4-3 für viel Kritik sorgt, weil man das Personal für ungeeignet dafür hält.

Könnte also für die Tulsa Golden Hurricane eine prädestinierte Situation sein: Tulsa spielt eine schnelle, explosive Offense und besitzt eine sich rasant verbessernde Defense und darf einen eher einfachen Schedule spielen. Der fulminante QB Kinne ist zwar weg, aber Nachfolger Cody Green soll ein fast ebenso guter Scrambler sein und mittlerweile hat man ausreichend Vertrauen in HC Bill Blankenship, dass man nicht mehr von vercoachten Spielen ausgeht.

Dritter im Bunde: Die SMU Mustangs von der Southern Methodist University aus einer Enklave in Dallas. Dabei reicht den Kennern des College Football meist ein Wort (okay, zwei): June Jones. Der Mann ist der Head Coach und steht seit einer unglaublichen Zeit bei Hawaii synonym für Erfolg. Jones wäre im Winter um ein Haar gen Arizona State verschwunden, blieb dann aber trotzdem und wie gut sein Standing bei SMU ist, sieht man daran, dass sich niemand hinterher über Jones’ kurzzeitige Abwanderungsgedanken beschwerte.

SMU soll – ungewöhnlich für Jones – heuer einige Probleme in der Offense haben. Der neue QB ist Garrett Gilbert, der von einer enttäuschenden Zeit bei Texas rübertransferiert ist, und den kompletten Frühling durchgepaukt haben soll, um spielberechtigt zu sein (andere Quellen sprechen von „27h Vorlesung besucht“ für „durchgepaukt“). Das noch größere Fragezeichen stellen die extrem rundumerneuerte Offensive Line und der rekonvalenszente RB Zach Line.

Der Rest der Conference ist Schlachtfutter. UTEP ist nie unterirdisch schlecht, aber selten gut genug, um die Mittelklasse im College Football konstant schlagen zu können. Die Rice Owls aus Houston gehören auf akademischen Level zur absoluten Spitzenklasse, werden im Football aber durch eine beständig fürchterliche Defense gehandicappt. Die Tulane Green Wave warten mit einem Namen als Superstar auf: RB Orleans Darwka (!!!) ist der Schlüsselspieler in einer recht NFL-ähnlichen Offense; „NFL-ähnlich“ ist kein Zufall, nachdem der neue Cheftrainer mit Curtis Johnson ein ehemaliger New Orleans Saint ist. Johnson ist auch der Grund, weshalb die Stimmung auf dem Campus trotz langjähriger Misere gut ist: Die Leute freuen sich auf die Saison. Man hofft, dass der schwierige Saisonstart das nicht mit Niederlagenserie in den Boden reißt.

Die letzten Tage der Bowl Season 2011/12: Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern oder Kraut und Rüben in Pittsburghs Trainerstab

Traditionell wenig Beachtung finden die letzten College-Partien zwischen BCS-Bowls und National Championship Game. Hierzulande gibt es vom interessantesten dieser Spiele – der AT&T Cotton Bowl Classic keine TV-Bilder. „Cotton Bowl Classic“ wie „wirmöchtenunbedingteineBCSBowlwerden“, das Spiel, das sogar aus dem angestammten, gleichnamigen Uraltstation in Dallas ausgezogen und in die Cowboys-Arena ausgesiedelt ist, um BCS-Status zu bekommen, das seinen angestammten Platz am Neujahrstag aufgab um rund eine Woche später in der Prime Time spielen zu können – bisher erfolglose Versuche, Thrill in das Event zu bringen. Heuer hätte man mit #6 Arkansas und #8 Kansas State zwei würdige Kaliber, die die BCS aufgrund verzwickter Vertragslage (Hogs) und verkalkter Denke (Wildcats) außen vor ließ.

Da in den Staaten FOX die Partie überträgt, wird weder ESPN America noch der ESPN-Player übertragen. Wir werden auf Gus Johnson verzichten müssen, wie auch auf den interessanten Razorbacks-QB Tyler Wilson und die Trainerlegende der Wildcats, Bill Snyder.

[Update] In den Kommentaren wird zurecht darauf verwiesen, dass Eurosport 2 am Samstag von 11h45 bis 13h15 eine eineinhalbstündige Aufzeichnung des Spiel bringen wird. Allerdings überträgt der Sender vorher ein Tennisspiel, das sich bekanntlich ziehen kann – und ich kann mir schwer vorstellen, dass im Fall der Fälle ES2 Football Tennis vorziehen wird… [/Update]


Am Samstag, 19h MEZ findet in Frisco im Stadion des FC Dallas (“Pizza Hut Park”) das Finale der Football Championship Series (FCS) statt, der “Unterstufe” zur FBS – dort, wo der Meister in einem Playoff ausgetragen wird. Es treffen aufeinander: Die #1 Sam Houston State Bearkats gegen die #2 North Dakota State Bisons. Beide waren zu Hause in den Playoffs eine Macht, wobei North Dakota State noch eine Spur dominantere Ergebnisse einfahren konnte, beide putzten im Verlauf der Saison je einen FBS-Gegner: S.H.S.U. gewann gegen New Mexico in der Overtime, N.D.S.U. gewann auswärts bei den Minnesota Golden Gophers aus der Big Ten Conference 37-24!

Was man so hört, sind alle Beteiligten ziemlich sprachlos über das große Interesse; die Tickets von Sam Houston State gingen weg wie die warmen Semmeln und waren am ersten Tag ausverkauft. Im Stadion von Frisco sollen noch kurzfristig ein paar Hausmütter anrücken und provisorisch mit Schraube und Mutter Sitzschalen anbringen, da die Kapazität angeblich gesprengt wird.

Das Spiel selbst dürfte ein Lauf-Festival werden. Sam Houston State war im Halbfinale vor drei Wochen vor allem über seinen RB Tim Flanders (287yds, wenn ich richtig notiert habe) gefährlich, während bei North Dakota State so ziemlich jeder in der Offense – Quarterback inklusive – um die Wette scrambelten und weit über 300yds im Semifinale erliefen. Die Bisons wirkten im Halbfinale für mein Empfinden mächtiger, ausgeglichener, besser als Sam Houston State – sollte daher auch trotz des niedrigeren Rankings favorisiert sein.

X-Faktor könnte das Wetter im unguten Dallas sein. North Dakota State spielt zuhause in einem Dome (eine übrigens wunderschöne, kleine Halle für 20.000 mit furiosen Fans, die lauter sein sollen als jene der New Orleans Saints), aber viel Laufspiel und die dicke Haut der „Nordstaatler“ sollten helfen. ESPN America bringt am Sonntag, 8.1. um 7h eine Aufzeichnung.


BBVA Compass Bowl

SMU Mustangs – Pittsburgh Panthers

Di, 10.1. um 11h30 Tape bei ESPN America

Die Connections liefern die Cheftrainer – ein flotter Dreier mit der Arizona State University. Aaaalso: Die Arizona State Sun Devils suchten nach dem Rauswurf von Dennis Erickson einen neuen Chefcoach und fragten bei June Jones an, der dann auch bereitwillig schnell rüber nach Tempe zum Vorstellungsgespräch flog. Arizona State war so begeistert, dass man Jones sofort zur Unterzeichnung bringen wollte, aber just in dem Moment, als Jones der Füller in die Hand gedrückt wurde, kaum das „Stop!“ von den Boostern der Universität und Jones musste bedröppelt wieder nach Hause fliegen – an die Southern Methodist University, wo Jones seit vier Jahren auf dem Cheftrainersessel sitzt und sich einige unangenehme Fragen über sein Committment zum Programm anhören musste.

Arizona State drehte seinen Scheinwerfer ein paar Kilometer weiter gen Norden und wurde beim Cheftrainer der Pittsburgh Panthers, Todd Graham, fündig. Problem: Graham war dort erst seit einem Jahr Cheftrainer gewesen und hatte als oberstes Credo seine Verbundenheit zu seinen Spielern ausgegeben. Weil man aber nur das, was man schwarz auf weiß besitzt, getrost nach Hause tragen kann und Graham sich an sein dummes Geschwätz von gestern nicht mehr erinnern wollte, autographierte der Mann die taufrische Vertragsvorlage bei Arizona State – dem Job, der eigentlich June Jones gehören hätte sollen – und verärgerte seine Mannschaft bei Pitt massiv. Die Tweets der Pitt-Spieler als Reaktion auf Grahams Move waren am Rande zur Justiziabilität und deckten von Lügner bis Vollidiot die ganze Bandbreite ab.

So werden die Pittsburgh Panthers verständlicherweise nicht mehr von Graham, sondern vom Interim Keith Patterson gecoacht. Patterson ist damit der fünfte (!!) verschiedene Panthers-Coach seit Dezember 2010. Die Vorgänger: Dave Wannstedt (gefeuert nach 2010/11), Phil Bennett (Interimscoach in der Bowl Season 2010/11), Mike Haywood (angedachter Nachfolger Wannstedts und nach 13 Tagen gefeuert, wg. Randalierens im besoffenen Zustand gegen seine Ehefrau), und Graham. Der HeadCoach für die nächste Saison wird dann übrigens der Offensive Coordinator von Wisconsin, Paul Chryst, sein. (Sehen wir bei Pitt in Zukunft P-U-N-K-T-E?)

Noch was? Jo: Die University of Pittsburgh war einen Schnaps davon entfernt, die Bowl Season zu boykottieren, weil man nicht wie im Vorjahr im baufälligen Legion Field zu von Birmingham/AL die BBVA Compass Bowl bestreiten wollte, musste sich aber letzten Endes der Hausmacht ESPN beugen, deren regionaler Ableger diese Bowl veranstaltet. Wohl bekomm’s, da ist man gespannt, was da unterm Strich für ein Spiel rauskommt.

GoDaddy.com Bowl

Northern Illinois Huskies – Arkansas State Red Wolves

So/Mo 8./9.1. um 3h LIVE bei ESPN America
Tape am 9.1. um 17h bei ESPN America

Das Spiel findet in der Nacht auf Montag, nach Ende der Wildcard-Playoffs in der NFL, statt und bietet die Meister von zwei kleinen Conferences auf: Die Northern Illinois Huskies aus der Mid-American Conference (MAC) und die Arkansas State Red Wolves aus der Sun Belt Conference. Die Eckdaten zum Spiel: NIU ist im Angriff lauforientiert (247.6yds Lauf, 234.2yds Pass) und verlässt sich extrem auf seinen MVP, Quarterback Chandler Harnish (2942yds Passspiel, 26 TD, 5 INT bei zusätzlichen 1382yds Scrambling mit 11 TD), während Arkansas State dann doch eher gepflegt seine Spread Offense einsetzt, um die Schwächen des ebenso auf flotten Beinen stehenden QB Ryan Aplin zu minimieren (Aplin: 18 TD zu 13 INT, aber neun Lauf-TD bei 605yds Scrambling). Arkansas State wird bei mir mit sagenhaften 0.1pts favorisiert.

Eine Geschichte am Spielfeldrand: Die Red Wolves verloren ihren HeadCoach Hugh Freeze schon nach einem Jahr (Freeze ging zu Ole Miss), schafften aber den nicht für möglich gehaltenen Coup und lotsten das Offensivgenie Gus Malzahn von Auburn in die Steppen von Arkansas. Malzahn wird am Sonntag noch nicht coachen, aber bereits seine wachen Augen von der Tribüne auf die Partie richten. Damit haben Arkansas State und die komplette Sunbelt Conference schon mal eines sicher: Presse.

College Football Preview 2011/12: Conference USA (C-USA)

Teil V der College-Football-Vorschau vor der Kickoff-Woche an Amerikas Universitäten. Heute dran: Die Conference USA, abjekürzt C-USA, gelegen im Süden der Staaten, sozusagen so was wie die kleine Schwester der SEC, zumindest geographisch. Denn während in der SEC immer noch knackige Defenses dominieren, bietet die Mid-Major-Conference USA atemberaubende Offensivgewalten.

Eastern Division

Erstaunlicherweise ist mit den University of Central Florida Knights das Topteam eher defensivorientiert. UCF spielt John-Fox-Football: Stoppe den Lauf in der Defense, laufe in der Offense und die Welt wird wieder schön. Hier wird noch klassisch mit haufenweise Tight Ends und Fullbacks aufmarschiert, in der Defense kaum ein Play, an dem nicht die Fetzen fliegen oder drei Blitzrouten gen QB geschickt werden. Mit dieser Taktik wurde Georgia in der Liberty Bowl abgewürgt. In der Offseason gab es viel Wirbel um einen Todesfall eines ehemaligen Spielers, der die Uni ein paar Worte der Entschuldigung und 10 Mio. Dollar kostete – die negative Publicity für dieses junge Programm kann nur mit Siegesserien weggewischt werden. Allein: Der Schedule ist brutal.

Ob brutal genug, dass von den Southern Mississippi Golden Eagles Gefahr droht? Southern Miss war einst eine Uni, die von knackiger Defense lebte, aber das letzte Jahrzehnt liest sich so:

278, 282, 293, 309, 355, 356, 361, 398, 428, 478.

Das ist die Punkteentwicklung in der Offense von 2001 bis 2010 – ein deutlicher Trend, der sich in der Sieg/Niederlagen-Bilanz nicht niederschlägt. Head coach Larry Fedora hat nun zwei neue DefCoords eingestellt, deren Systemwechsel den Durchbruch bringen soll. Was in der Bowl gegen Louisville auffiel: Die Defense der Golden Eagles ist unheimlich schnell – und ich meine unheimlich schnell.

Die East Carolina University kann sich damit rühmen, Zuschauerkrösus der C-USA zu sein: 50.000 kommen im Schnitt, und sie kommen, um eine sensationelle Offense rund um QB Dominique Davis zu sehen: Über 4000yds, 37 TDs produzierte Davis, aber die Defense machte alle Werte zunichte, war nach aufgegebenen Yards die #120 von 120 FBS-Mannschaften. Coach Ruffin McNeill möchte die Defense auf 3-4 umstellen, um die Beweglichkeit seiner Abwehrspieler besser zu nutzen, aber ein Nose Tackle fehlt an allen Ecken und Enden. Wenn man gegen die Navy spielen will, muss man den Lauf verteidigen können. 2010/11 rollte die Navy 521 yds Rushing und 76 Punkte über die Pirates – und ist auch 2011/12 wieder im Schedule.

Die University of Alabama/Birmingham ist das Gegenteil von „Zuschauerkrösus“: Im Schnitt verirren sich 18.000 in das Legion Field (über 70.000 Plätze), was auch schon mal sehr trostlos aussieht. Sportlich sind die Blazers etwas unkonstant und schmieren immer dann ab, wenn man eine Serie zu starten scheint. QB ist mit Bryan Ellis ein fußsteifer Gunslinger, das krasse Gegenteil zum Vorgänger Joe Webb, der nun in Minnesota um sein Leben scrambelt.

Die Marshall University ist uns bekannt vom Film We Are Marshall und nach der Rückkehr in die oberste Kategorie war man auch erstmal ein Top-Team mit QBs wie Pennington oder Leftwich und WRs wie Randy Moss. Mittlerweile ist man eher Bodensatz, und hat daher vor einem Jahr John „Doc“ Holliday als neuen Head Coach geholt, den Top-Recruiter hinter den Titeln der Florida Gators. Hauptaugenmerk sollte auf dem Pass Rush liegen.

Nicht „eher Bodensatz“, sondern „100% grottig“ ist das Sportprogramm der Memphis Tigers, die nicht bloß schlecht sind, sondern nicht wettbewerbsfähig. Im vergangenen Herbst nur ein Sieg, und die durchschnittliche Niederlage betrug -30 Punkte und mehr als 500yds/Spiel aufgegeben. Das meist gähnend leere Footballstadion ist auch nicht gerade motivationsfördernd und Coach Larry Porter (hey, der Porter heißt nun wirklich Larry!) steht schon nach einem Jahr vor einem Scherbenhaufen, weil die Spieler das Vertrauen in ihn verloren haben: QB Ryan Williams, ein Hoffnungsträger, verließ die Uni freiwillig. Alles keine guten Vorzeichen um die Fans aus der Basketballhalle zurück ins Footballstadion zu holen.

Western Division

Titelverteidiger in der West-Division sind die SMU Mustangs aus einer Enklave von Dallas, nach langen Jahren des Siechtums in Folge des Death Penalty aus den 80ern erst vor Kurzem wiederauferstanden. Hauptverantwortlich hierfür: Headcoach June Jones, dessen Run’n’shoot-Offense in der NFL nicht funktionierte, dafür am College umso erstaunlichere Offenses hervorgebracht hat: Erst Hawaii und nun die Southern Methodist University, zwei Programme, die Jones von Grund auf umgekrempelt hat. Die College-Variante von winning against the odds. Jones‘ Ruf wird so ehrfürchtig vernommen, dass die Mustangs im heurigen Winter DE Davon Moreland aus Kalifornien trotz Konkurrenz von USC und UCLA nach Dallas holen konnten – Moreland galt als heiße Ware.

Und Moreland kommt in eine Defense, die sich in den letzten drei Saisons um 150yds/Spiel verbesserte – im Schnitt. Die Defense wird auch entscheidend sein, wie weit SMU kommt, nachdem die Offense um QB Kyle Padron und den brachialen RB Zach Line multidimensional ist – allerdings auch, was die Fehleranfälligkeit angeht. Padron warf im Bowlspiel gegen die Army hanebüchene INTs.

Für SMU ist das erste Spiel dieser Saison sehr, sehr wichtig, obwohl es kein Conference-Spiel ist: Es geht gegen Texas A&M, und nachdem A&M in die SEC möchte, lechzt SMU danach, den frei gewordenen Platz in der Big 12 zu bekommen. SMU hat vieles, inklusive einer gehobenen Anhängerschaft (viele Reiche, viele Einflussreiche), den attraktiven Heimmarkt Dallas, allerdings auch die Story mit der Death Penalty. Ein überzeugendes Spiel würde allerdings auch sportlich ein Statement abgegeben und womöglich schafft es SMU sogar, in absehbarer Zeit AQ-Status zu erreichen.

Zur Konkurrenz. Noch krasser ist die Spread Offense der Tulsa Golden Hurricane, die im Vorjahr angeführt von QB G.J. Kinne mal eben 215yds/Spiel durch Laufspiel servierte und oben drauf noch gemütliche 284yds/Spiel via Luftweg legte, und das auf breitester Basis, denn kein Spieler erläuft mehr als 43yds/Spiel. Dem gegenüber steht eine abfangbereite Defense (24 INTs), die sich aber auch allzuoft verspekuliert und 33 TDs via Luftweg kassierte und die #120 gegen das Passspiel ist. Nun muss man nach dem Abgang von Todd Graham (zu Pitt) mit neuem Headcoach Bill Blankenship und einem fassungslosen Auftaktprogramm (@Oklahoma, vs Oklahoma State und @Boise State) antreten, aber in der C-USA könnte man trotzdem vorne dabei bleiben.

Es gibt da allerdings noch einen X-Faktor, der sich Houston Cougars nennt. Cougars 2009/10, das waren KILLER: QB Case Keenum mit 5671yds und 44 TDs in 13 Spielen. Im vergangenen Herbst verletzten sich dann allerdings Keenum und sein Backup in Woche drei und Houston schmierte gnadenlos ab. Keenum hat ein sechstes Jahr Uni zugestanden bekommen und trägt nun alle Hoffnungen auf den schmalen Schultern. Die Cougars haben Potenzial – sie haben sogar Potenzial, zum Team der Stunde in Houston zu werden, nachdem die Misserfolge der Texans (NFL), Rockets/Yao (NBA) und Astros (MLB) für eine neu Krankheit namens HSD (Houston Sports Depression) gesorgt haben.

Ebenso aus Houston: Die Owls von der Elite-Uni Rice, bekannter für ihre Raumfahrt-Programme denn ihre sportlichen Erfolge. 2010 steigerte sich die Defense um 5Pkt/Spiel und kassierte immer noch 36Pkte/Spiel. Am spannensten wird eh die Frage nach dem ersten Kick-Returntouchdown nach 27 Jahren und 296 Spielen sein.

Dahinter die UTEP Miners aus El Paso, die sich in der letzten Saison dank extrem leichtem Schedule zu einer Bowl-Qualifikation schmarotzten um dort ohne Erbarmen von BYU niedergemacht zu werden. Nun muss die komplette Offensive Line umgestellt werden, vermutlich ein Freshman-QB (Nick Lamaison) starten, und mit WR Marlon McClure ist der beste Angriffsspieler eine tickende charakterliche Zeitbombe. Wenigstens hat Head Coach Mike Price Erfahrung mit schwierigen Typen. Price hat einst Ryan Leaf gecoacht.

Keine Division ohne einen ultimativen Bodensatz. Welcome to the Tulane Green Wave aus New Orleans, dort wo man regelmäßig im Schlussviertel einklappt und Coach Bob Toledo nur noch wenige Wochen vor dem Rauswurf steht.

Teil 6 wird die erste Conference aus dem BCS-Kartell behandeln.

Eine Menge Musik drin gewesen

Jo, das war dann mal eine spannende Nacht. In der Music City Bowl war ordentlich Rock’n’Roll dabei, aber auch die anderen Bowls hatten was zu bieten. Und jetzt eine Warnung vor Spoiler.

Music City Bowl

Ich hatte es in meiner Vorschau geschrieben: Die Vorgeschichte von beiden war nicht ohne. Das Spiel indes auch nicht. Lange Zeit ein Spiel zweier wackeliger Offenses, mit allerdings sehenswerten Touchdowns: RB Shaun Draughn zündete im zweiten Drive den Turbo und lief der kompletten Defense der Volunnteers auf und davon. Der Konter im zweiten Viertel: QB Tylor Bray nach Play-Action mit einem ganz tiefen Ball genau auf die Brust von WR Da’Rick Rogers. Letzte Sekunden der ersten Halbzeit, und nun war North Carolina dran. QB T.J. Yates unter Druck, entweicht nach rechts draußen und aus vollem Lauf mit dem rechten Arm (!) einen perfekten Ball in die Hände von WR Highsmith geworfen, der zum 17-14 in die Endzone trottet. Tennessee hatte immer wieder Probleme, weil QB Bray zum ungünstigen Zeitpunkt eine Interception einstreute. Nach einigem Gewürge in der zweiten Halbzeit nahm das Spiel zum Ende wieder Fahrt auf. Tennessee dank TD-Bombe mitten in die Endzone hinein wieder in Führung – und verschoss den P.A.T.! Nur 20-17.

Letzter Drive und die Tar Heels 16 Sekunden vor Schluss in Field Goal Range. Spike. Dann ein Irrsinnscall – ohne Timeouts ein Lauf durch die Mitte? Entschuldigung, Butch Davis, aber WTF? Auf dem Spielfeld wird es wild. Während der Ball wieder zurückgelegt wird, rennen die hellblauen Tar Heels wie wild geworden über das Spielfeld, die halbe Field Goal Unit ist schon auf dem Platz, ehe Yates erneut einen Spike macht. Uhr ausgelaufen, die Gatorade-Dusche schon gemacht und die Trainer beim Handschlag, da bringen die Refs Farbe ins Spiel. Flagge gegen North Carolina – zu viele Männer auf dem Platz (klar, war ja eine Mixtour aus FG-Unit und Offense) und die Uhr auf eine Sekunde zurückgesetzt. Kicker Casey Barth kommt auf das Spielfeld und verwandelt zum 20-20.

Erste Overtime. North Carolina kommt mehr mit Strafen als mit Offense zum ersten Touchdown. Tennessee kontert per 20yds-Pass.

Zweite Overtime. Tennessee steht wieder kurz vor dem Touchdown. Dann QB Bray mit einer hirnlosen Interception, genau in die Arme eines Verteidigers, der in die Wurfroute hineinläuft. North Carolina hat ein Leichtes, per erneutem Field Goal das Spiel zu entscheiden. 30-27 und eine Music City Bowl, in der ordentlich Musik drinnen war.

Holiday Bowl

Unglaublich, wie unvorbereitet Nebraska in San Diego aufkreuzte. Die Cornhuskers glänzten durch Turnovers, Penalties und löchrige Offense Line. Die Defense wurde gnadenlos überlaufen und spätestens nach der Verletzung von QB Martinez (nach Sack) war die Suppe gegessen. Backup-QB Green machte furchtbare Würfe, ich glaube nur drei oder vier Completions.

Auf der anderen Seiten kam Washington mit QB Jake Locker daher. Lockers schleichender Abstieg hatte im September gegen Nebraska begonnen und auch diesmal wurde Locker kaum als Quarterback gebraucht. Das Pass-Spiel der Huskies war ziemlich inexistent und Locker hatte am Ende ganze fünf Completions.

Trotzdem war Locker spielentscheidend. Im zweiten Viertel in die Zange genommen und benommen vom Spielfeld gewankt, aber nach der Pause wieder voll da: Play-Action an der NEB 25 und dann den Turbo gezündet. Locker walzte sich durch zwei Tackles und raste in die Endzone. Überhaupt arbeitete Washington viel mit Play-Action und Läufen über Locker und RB Chris Polk (über 30 Carries für fast 200yds). Nebraska war darauf schlecht vorbereitet. Ergebnis: 19-7 Washington. Ein sehr verdienter Sieg.

Armed Forces Bowl

Turnovers kill teams. Die Mustangs mit vielen, vielen Yards durch QB Kyle Padron und RB Zack Line, aber eben auch mit Turnovers zum ungünstigsten Zeitpunkt. Gleich zu Beginn warf Padron tief (45yds), aber ein Play später der Fumble zum Touchdown zurückgetragen. Die Army spielte eiskalt ihre Option-Laufspielzüge runter, und SMU fand dagegen kein Mittel – und holte sich vor allem keine Turnovers.

16-0 zur Pause, in Halbzeit zwei kam SMU langsam auf, obwohl Padron immer wieder sinnlose INTs einstreute. Zwei sehenswerte Touchdown-Pässe Padrons, aber vier Minuten vor Schluss setzte der Kicker den Ball aus 47yds links vorbei. Die Army lief die Uhr runter. Der entscheidende Spielzug war am Ende ausgerechnet ein Pass durch QB Steelman – seine zweite Completion. Die zweite. Steelman warf 7x, 2x complete für 30yds. Army mit einem nicht unbedingt erwarteten Sieg.