Eigentlich war die Denver Broncos in der Saison 2013/14 alles perfekt gelaufen. Eigentlich hatten sie alle Offense-Rekorde pulverisiert, die es zu pulverisieren galt. Eigentlich hatte sich dann jeder auf das krönende Highlight Superbowl 2014 gefreut, aber das mutierte bekanntlich schon mit dem ersten Spielzug zum Fiasko, was dazu führte, dass eine eigentlich famose Saison im Rückspiegel mit einem Sternchen bewertet werden muss. Jetzt ist 2014. Jetzt geht es auf ein Neues.
OffCoord Adam Gase und QB Peyton Manning führen die Offense ein weiteres Jahr an. Das System Manning ist lange abgeluscht, aber noch einmal in Kurzform: Manning lebt nicht mehr von einem monströsen Wurfarm, der mit seinen 38 Lenzen nur noch zu den durchschnittlichen gehört. Das Erfolgsgeheimnis ist Mannings Kopf, seine Erfahrung, seine Intuition.
Überblick 2013
Record 13-3 SB
Enge Spiele 3-3
Pythagorean 12.1 2
Power Ranking 0.725 3
Pass-Offense 7.7 1
Pass-Defense 6.3 16
Turnovers +/- 0
Management
Salary Cap 2014.
Es ist nicht mehr 100% die 3WR / 1TE / 1RB Aufstellung, die Manning spielen lässt, aber sie ist noch immer das Basiselement dieser Mannschaft: Better With Age. Entsprechend ausgerüstet sollte auch der Spielerkern in der Offense sein.
Die Einser-Offense dürfte passen. WR Demariyus Thomas und TE Julius Thomas sind beide Hünen und Matchup-Probleme, wenn auch beiden zum absoluten Superstar-Status noch ein Quäntchen Konsequenz fehlt. Der #2-Wide Receiver wurde mit Eric Decker zwar verloren, aber niemand geht davon aus, dass das ernsthaft ein Problem sein wird, zumal WR Andre Caldwell für billiges Geld gehalten wurde und mit WR Emmanuel Sanders ein grundsolider Ergänzungsspieler aus Pittsburgh geholt werden konnte. Sanders kostet wenig Geld; er konnte in Pittsburgh nicht alle in ihn gesteckte Erwartungen erfüllen, aber er war stets ein verlässlicher zweiter oder dritter Mann. Dazu Wes Welker als Slot-Sicherheitsoption. Viel mehr braucht Denvers Offense nicht.
Auf Running Back wird nach dem schmerzlosen Abgang von Knowshon Moreno (das Vertragsangebot der Broncos soll „lächerlich“ gewesen sein) vielleicht nachgebessert. Einen hohen Draftpick wird man wohl eher nicht investieren, aber einen dritten Mann hinter Montee Ball und Ronnie Hillman kannst du schon ergänzen. Einen Fokus wird man dabei auf die Pass-Block Qualitäten des eventuell neuen Backs legen.
Die Offense Line galt eigentlich trotz des Ausfalls von LT Ryan Clady als mehr als solide, wurde aber in der Superbowl zermalmt, dass es beim Zuschauen weh tat. Es ist vorstellbar, dass Denver in einer tief besetzten Tackle-Klasse auf Right Tackle aktiv wird: Franklin ist kein unterirdischer Mann, aber durchaus upgrade-würdig. Sollte zufällig das richtige Prospect auf dem Tablett liegen, würde ich über ein Zupacken nachdenken.
In der Free-Agency wurde außerdem Will Montgomery aus Washington eingekauft, eine Art Zwitter-Dings zwischen Center und Left Guard. Montgomery wird einen der beiden Plätze einnehmen, den anderen der bisherige Center Ramirez. Das Schreckgespenst eines Stammspielers Kuper in der Offensive Line scheint somit abgewendet.
Generell gilt: Eine Offense Line vor Peyton Manning muss nicht überragend aufgestellt sein. Aber mit dem Superbowl-Desaster im Hinterkopf war der Handlungsbedarf trotzdem durchaus berechtigt. Personell ist diese Offense nicht viel schlechter als letztes Jahr aufgestellt; Manning ist zwar ein weiteres Jahr gealtert, Decker ist zwar weg, aber dafür ist die Offense Line besser aufgestellt, und LT Clady kehrt auch zurück. Es müssen ja nicht mehr 55 Touchdowns in der Regular Season werden; einen eventuellen Produktivitätsverlust wird die verbesserte Defense auffangen.
Dort wurde ordentlich ausgemistet: Durchschnittsspieler wie DE Ayers, DE/OLB Shaun Phillips, CB Jammer, DE Mincey, S Adams, S Huff oder LB Woodyard wurden geschasst. CB Bailey wurde aus Alters- und Cap-Gründen ziehen gelassen. CB Rodgers-Cromartie bekam auch keine Vertragsverlängerung, aber seine Situation war etwas vertrackter als bloß „zu teuer“.
Um vorne zu beginnen: Die Front-Seven der Broncos liest sich nach der bisherigen Offseason schon recht mächtig. Das allerbeste an den meisten Spielern im Kader ist ihre Flexibilität: Ein Derek Wolfe zum Beispiel wurde einst als Tackle gedraftet, spielte – und überzeugte – dann aber vor allem in der Rolle des Ends. Ein Miller hat schon quasi alles gespielt. And so on. Wenn Head Coach John Fox und DefCoord Jack Del Rio mehr als 4-3 Defense spielen wollen, oder die 4-3 Defense variabel gestalten wollen, können Dutzende Formationen ausprobiert werden.
Wenn es um Passrush geht, hast du dank Kalibern wie dem Eigenbauprodukt OLB Von Miller (sensationelle 5.24 +EPA/Spiel trotz Verletzung) sowie dem aus Dallas eingekauften DE/OLB Demarcus Ware (Vertrag 3yrs/30 Mio) zwei epische Talente, die beide nicht auf eine Position fixiert sind. Miller übte ursprünglich eine sehr aggressive Version des 4-3 OLBs aus, aber minimum gleich effizient war er stets in seiner Arbeit als Defensive End in speziellen Nickel-Situationen. Miller ist überhaupt der große Schlüsselspieler, wenn er wieder fit ist: Er ist vielleicht der universellste Linebacker, den es gibt. Passrush, Deckung, Lauf-Defense: Der Mann kann alles.
Etwas eindimensionaler ist Ware, der recht stark auf seine Arbeit im Passrush festgenagelt werden kann, aber das machte Ware nun fast ein Jahrzehnt lang so gut wie kein oder kaum ein anderer. Ware ist in einer 3-4 Front als OLB einsetzbar, oder in einer 4-3 Front als Defensive End. Und für verrückte Situationen kannst du einen Ware auch in die Mitte stellen, als Tackle, der innen Passrush bringt.
Vorne drin kannst du deine vielen Line-Spieler in einer 4-3 Front aufstellen:
- DT Knighton, DT Vickerson als Stamm
- DT Williams, DT Unrein, DT Fua als Rotationsspieler
- DE Ware, DE Wolfe als Stamm
- DE Jackson, DE Smith für die Rotation
Ein Knighton ist mit seiner für seinen Körperfettanteil unglaublich beweglicher Spieler, ist auch vorstellbar in einer Rolle als Nose Tackle in einer 3-4 Defense. Diese könnte so aussehen:
- NT Knighton, DT/DE Wolfe, DT Williams für die Line
- OLBs Miller und Ware für den Passrush an den Flanken
Die Optionen stehen dir offen. Du hast zwei high end-Superstars in Ware und Miller, einen sehr, sehr guten Tackle in Knighton, der um einen neuen Vertrag spielt (Knightons extrem billiger Vertrag läuft 2015 aus), und eine Reihe an soliden, jungen Spielern, die alle mal in den frühen Runden gedraftet wurden. Kleine Fragezeichen gibt es doch noch: Wolfe hatte letztes Jahr fast schon chronisch anmutende Gesundheitsprobleme, Williams‘ Einstand als Rookie war eine Spur besorgniserregender als normalerweise Rookie-DTs, die in die NFL kommen.
In Mincey, Ayers und Phillips sind allerdings drei Rotationsspieler gegangen, in Ware nur einer gekommen. Die Frage ist: Kommen noch 1-2 Talente aus den mittleren Draftrunden?
Bei den Linebackers ein ähnliches Bild: Der bereits bekannte Miller killt die Strong-Side (SAM-Linebacker) quasi seit seinem ersten Tag als Profi wie der Weltmeister. Die anderen Stammspieler wie Trevathan (Weak-Side; zuständig für viele Tackles) oder Irving/Johnson (Middle-Linebacker) sind guter NFL-Durchschnitt, aber nicht mehr. Vor allem Irving ist nur gegen das Laufspiel gebräuchlich. Es ist nicht auszuschließen, dass Denver in der ersten oder zweiten Runde nach einem flexibleren Inside-Linebacker Ausschau hält.
In der Secondary schickte man Rodgers-Cromartie weg, der ein gutes Jahr hatte. Im Gegenzug wurde CB Aqib Talib aus New England geholt. Talib und Rodgers-Cromartie dürften spielerisch in etwa auf einem Level liegen, aber die Einstellung Talibs gibt trotzdem kleine Fragezeichen auf: Man schickte DRC (der Annahme nach) aus Gehaltsgründen fort, aber Talib mit seinem Sechsjahresvertrag über insgesamt 57 Mio. Dollar und massivem Handgeld (ca. 25 Mio.) ist sogar eher noch teurer. Dazu kommen Charakter-Bedenken bei Talib sowie eine Historie an Verletzungen in Schlüsselmomenten, die man sich in New England zum Kaffeeklatsch erzählt.
Slot-CB Chris Harris ist ein Guter und er kehrt zurück. Weil aber Bailey entlassen werden musste (zu alt, zu teuer), ist zumindest noch eine Position in der Stammformation auf Cornerback unbesetzt. Vielleicht ist das der größte Need der Broncos vor dem Draft.
Safety geht klar: Als Strong-Safety und extrem guter Run-Defender konnte T.J. Ward aus Cleveland losgeeist werden, und sein Nebenmann ist der mehr als zufriedenstellende FS Rahim Moore. In Summe muss man hier höchstens Angst haben, wenn sich beide schon in Woche 1 auf die IR verabschieden sollten – ein denkbar unwahrscheinlicher Fall.
Zusammenfassend kann man konstatieren, dass Denver gute Arbeit geleistet hat: Man opfert zwar die Zeit nach 2016 einer möglichen „Cap-Hölle“, aber dann ist QB Peyton Manning wohl eh weg, und ein Neuaufbau wird sowieso unumgänglich. Bis dahin hast du nun ein oder zwei Chancen, doch noch die Superbowl zu gewinnen.
Eklatant ersichtliche Needs gibt es nicht, aber wenn wir schon drüber schreiben müssen, bitte:
- Cornerback (Stamm)
- Inside Linebacker (Stamm)
- Wide Receiver (Depth)
- Safety (Depth)
- Right Tackle (Upgrade)
Gestern die Patriots, heute die Broncos. Diese Offseason hatte etwas von Wettrüsten im Duell dieser beiden Franchises um die Vorherrschaft in der AFC. Den Patriots ist es gewiss gelungen, die Lücke etwas zu schließen, aber ganz gewaltiges Verletzungspech mal nicht betrachtet, stehen die Broncos möglicherweise noch einen Zacken über dem Rivalen. Man vergesse nicht, dass Denver 2013/14 mit seinen mickrigen 38% recoverten Fumbles nicht bloß ein erfolgreiches, sondern auch noch ein unglückliches Team waren!
In einer langen NFL-Saison kann so einiges passieren, aber es sieht schon vor dem Draft so aus, dass die AFC 2014 möglicherweise wieder Richtung Zweikampf hinausläuft.