NFL Draft 2024 – 1. Runde im Schnelldurchlauf

Ein kurzer Durchlauf durch die 1te Runde des NFL Drafts 2024 von letzter Nacht.

Es war eine erste Runde, wie es sie noch nicht gegeben hat. 23 Offensiv-Spieler, nur neun Verteidiger.

Sechs Quarterbacks. Sieben Wide Receiver. Acht Offensive Tackles. Dazu ein Tight End und ein Center. Dazu fünf Edge-Rusher, ein Defensive Tackle und drei Cornerbacks. Die NFL versucht sich nach zwei miserablen Jahren für die Offense an der Trendwende.

Ansonsten waren nur wenige Überraschungen und ungewohnt wenige brutale Bolzen drin. Eine kurze Einschätzung meinerseits zu allen Picks.

#1 Bears – QB Caleb Williams
#9 Bears – WR Rome Odunze

Die Bears haben in zwei Offseasons ihre komplette Offense neu gebaut: Letztes Jahr OT Darnell Wright und WR D.J. Moore. Dieses Jahr Caleb und Odunze, garniert von Veteran-WR Keenan Allen. Zu Caleb und Odunze gibt es prinzipiell nicht viel zu sagen: Beides waren absolut logische Picks.

Aber weil das „absolut Logische“ zu tun im NFL Draft schon viel wert ist: Kudos an die Bears-Führung, diese grandiose Ausgangslage maximal ausgenutzt zu haben.

#2 Commanders – QB Jayden Daniels

Es wurde am Ende also der 23-jährige Heisman-Trophy-Gewinner Daniels, und nicht Drake Maye. Daniels sendet RG3-Vibes: Ein sehr schneller Scrambler mit gewaltigem Deep-Ball-Arm, der es am Ende nicht ganz schaffte, die Scouts davon zu überzeugen, dass er besser ist als der lange etablierte Top-Pick (bei RG3 war es Andrew Luck).

Gehen wir nach den meisten Draftniks, hätte Washington besser Maye gezogen, da Daniels mit seinem Alter, seinem schmächtigen Körper und seiner Tendenz, unendlich viele Sacks zu fressen, ein durchaus gefährlicher Prospect ist.

OffCoord Kliff Kingsbury, der in Arizona insgesamt keinen guten Job mit einem anderen laufstarken QB (Kyler Murray) gemacht hat, muss sich selbst deutlich weiterentwickeln, wenn er das Maximum aus der Commanders-Offense herauskitzeln will.

#3 Patriots – QB Drake Maye

Der “Steal” des Drafts, wenn man Twitter glaubt. Maye ist ein Mittelding zwischen einem etwas blasseren, aber fehlerärmeren Josh Allen und einem besseren Sam Darnold, und er kommt in eine Patriots-Offense, die noch nicht bereit ausschaut für einen jungen Rookie-QB.

Maye ist nicht das “can’t miss prospect”, für das man ihn vor Monaten noch hielt – aber er ist ein ausreichend guter Prospect, dass man ihn nicht per se schon abschreiben möchte, in welch ungünstigen Umständen er auch seinen Einstand feiern muss.

Diese Umstände sind fürs erste ein Problem. Die Pats-Führungsriege ist momentan nicht die vertrauenswürdigste Truppe, und gerade Maye wirkt wie ein talentierter QB, der die richtigen Umstände umso mehr braucht, um sein ganzes Potenzial entfalten zu können. Man darf eine gewisse Skepsis an den Tag legen, dass die Patriots die richtige Franchise dafür sind.

#4 Cardinals – WR Marvin Harrison jr
#27 Cardinals – EDGE Darius Robinson

Harrison war so logisch, dass er in gefühlten 95% der Mock-Drafts nach Arizona ging. Zu Robinson habe ich keine klare Meinung, außer dass Arizona es richtig gemacht hat, eine High-Value-Position zu draften für einen Kader, der noch immer so viele Schwachstellen hat, dass im Prinzip jede Position ein Need war.

#5 Chargers – OT Joe Alt

Wie befürchtet kein Skill-Player für die Chargers. Ob ich Jim Harbaugh glauben sollte, wenn er davon spricht, dass Alt auch eine „Waffe“ sei?

Harbaughs Teams sind seit jeher um die beiden Seiten der Line of Scrimmage gebaut, und es ist schwer, gegen seine Resultate zu argumentieren. Alt war der Consensus-#1-Tackle am Board, und Harbaugh/Greg Roman werden ein Power-Run-Scheme aufziehen, das Passspiel erstmal optional macht.

Ich zweifle trotz allem Track-Record des Coaches daran, ob das die richtige Herangehensweise ist – aber ich gehe davon aus, dass die Bolts auf Receiver in dieser Offseason noch nachlegen werden. Vielleicht schon heute Nacht.

#6 Giants – WR Malik Nabers

Der Nabers-Pick weckt Erinnerungen an OBJ vor zehn Jahren (ultradynamischer LSU-WR zu Big Blue), und macht in einer talentarmen Skill-Player-Truppe bei den Giants natürlich absolut Sinn.

Letztlich verzichten die Giants aber mit diesem Pick auch auf ein potenzielles QB-Upgrade. Dass man auf den QB4 einer Draftklasse verzichtet, ist verständlich – einen wirklich hervorragenden QB-Prospect gab es nicht mehr zu kriegen. Aber wie weit Nabers dem Team mit einem Durchschnitts-QB auf Megavertrag à la Daniel Jones dem Team perspektivisch wirklich weiterhelfen kann, ist abzuwarten.

#7 Titans – OT J.C. Latham

Offensive Tackle nach Tennessee ist keine Überraschung. Der oft zu den Titans „gemockte“ Joe Alt war schon vom Board – dass die Wahl auf Latham fiel und nicht auf den am Consensus-Board höher eingestuften Olu Fashanu, ist eine mittelgroße Überraschung – und ein Zeichen dafür, worauf Tennessee in Zukunft setzen will: Hartes Laufspiel als Basis der Offense. Latham als Prospect ist insofern nicht ideal, weil er oft für eine mögliche Umstufung zum Guard genannt wurde – eine wesentlich weniger wertvolle Position.

#8 Falcons – QB Michael Penix

Die größte Überraschung der 1ten Runde. Die Falcons hatten in Free Agency QB Kirk Cousins verpflichtet und ihm dabei nicht nur 90 Mio. „guaranteed money“ (mit Option auf 10 weitere nächste Offseason) nachgeschoben, sondern auch das Versprechen abgegeben, ihn als Starter zu holen. Dieses Versprechen haben sie untermauert durch eine „No-Trade-Klausel“.

Dass sie trotzdem mit ihrem #8 Overall Pick einen QB draften, ist auf einem weißen Blatt Papier kein Riesenproblem: Auf Quarterback nachzulegen, wenn man selbst keinen Superstar hat, ist nicht verkehrt, und wurde in den letzten Jahren von Analytics oft gefordert.

Penix ist ein gefährlicher Prospect, weil er am College fast 45% Screenpässe geworfen hat, und wenn er tief ging, von einer fantastischen Infrastruktur profitierte: Ein 1st-Round-OT (Troy Fautanu), ein Top-10-WR (Odunze), plus zwei weitere Receiver, die morgen oder spätestens übermorgen noch gedraftet werden.

Aber Penix ist auch ein Schlag QB, den ich mag: Er hat die Traute, tief zu gehen, wenn sich eine tiefe Option auftut, und mit diesem aggressiven Spielstil wäre er eine wohltuende Bereicherung in einer Liga, die seit zwei Jahren nur noch Kurzpässe „wichst“. Und Waffen fürs Deep-Passing-Game gäbe es in Atlanta zur Genüge – Drake London, Kyle Pitts. Die Frage ist aber: Ist Penix schnell genug einsatzbereit, um London/Pitts noch als Falcons am Feld zu erleben?

Vor allem aber zeigt die Einberufung von Penix eine suspekte Gesamtausrichtung der Franchise. Sind sich die verschiedenen Lager in Atlanta wirklich grün? Sind sie sich einig in ihrer Vision von der Richtung? Hat wirklich ein und derselbe Mann sich für Cousins und Penix entschieden? Oder hatte der Owner seine Finger im Spiel und GM Terry Fontenot ist bloß ein Kasper ohne Macht?  Sind die Falcons erst nach Cousins‘ Verpflichtung auf Penix aufmerksam geworden? Wenn ja –warum?

Auf den Pressekonferenzen nach der 1ten Runde verglichen Fontenot und Headcoach Raheem Morris Penix‘ Einberufung mit der Packers/Jordan-Love-Situation von vor vier Jahren, darauf scheißend, dass Penix mit 24 Lenzen ein alter Sack für einen Rookie ist und man fast den kompletten Vorteil durch das Rookie-Fenster aufgibt.

Aber gehen wir mal vom Fall aus, dass der Penix-Pick von Beginn an so geplant war: Kirks Vertrag ist in Essenz ein Zweijahresvertrag über 100 Mio., mit einer Dead-Cap von ca. 25 Mio. bei Entlassung im Frühjahr 2026. Die Falcons hätten in diesem Fall von langer Hand eine zweijährige Einlernphase für ihren QB-Rookie geplant, um ihn 2026 von der Leine zu lassen.

Dann wäre Penix 26 Jahre alt und hätte zwei Jahre von seinem „Rookie-Fenster“ verschwendet – aber es wäre immerhin ein Plan mit Upside auf QB, wenn auch zu Kosten, die man kaum begründen kann.

Abzuwarten bleibt auch, was die Einberufung mit Cousins macht, der sich mit dem Move offenbar betrogen fühlt. Dass Atlanta das Cousins-Lager nicht früher informiert hat, wird aber spätestens dann klar, wenn man sich deren vehemente Reaktion anschaut. Keine Chance, dass so eine Information nicht vorher den Schefters dieser Welt gesteckt worden wäre.

Also in Summe: Ich kann Atlanta nicht dafür verdammen, ein höheres Ziel als den Divisionsgewinn anzustreben (denn mehr ist der Cousins-Einkauf nicht). Aber Penix war gemessen am Consensus-Board ein gewaltiger „Reach“ (Penix war #36 am Consensus Board – eine Range, in der u.a. früher Patrick Mahomes oder Josh Allen auch waren). Und ihn direkt nach der teuren Cousins-Verpflichtung zu holen, zeugt entweder nicht von einem übergreifen, von allen geteilten sportlichen Plan in Atlanta – oder von einem allzu optimistischen Plan, der die Opportunitätskosten von zwei nicht eingelösten Jahren unter Rookievertrag missachtet.

#10 Vikings – QB J.J. McCarthy (nach Trade)
#17 Vikings – EDGE Dallas Turner (nach Trade)

Die Vikings landen am Ende von eineinhalb Monaten Spekulation wie allgemein erwartet bei McCarthy, aber ohne dass sie ihren anderen 1st Rounder aufgeben müssen – im Gegenteil: Sie konnten diesen zweiten Pick sogar noch in den hoch bewerteten Passrusher Dallas Turner investieren.

Trotzdem bleiben sehr, sehr viele Fragen offen, denn GM Kwesi Adofo-Mensah ging auch gestern noch zweimal hoch und hat in Summe mit dem Texans-Trade aus dem März sowas wie einen hohen bis mittleren 1st Rounder an „Value“ abgegeben:

Mit dem sehr frühen Texans-Trade hat sich Kwesi wohl verzockt. Er kostete 30% Aufschlag und war nicht notwendig, um zu einem QB zu kommen. Gemessen an der „Upside“ (ergo QB) war er es vielleicht trotzdem wert.

Der Trade mit den Jets kostete nicht viel, aber gegen wen hat Kwesi geboten? Denver war fixiert auf Bo Nix. Gegen die Raiders vielleicht?

Der Trade für Turner? Extrem teuerim Wert ca. eines Mid 2nd Round Picks, Jason Fitzgerald von OTC bewertet ihn gar als den #20 Overall Pick! Das kannst du fast nicht bringen, auch wenn Kwesi damit andere Teams, die Passrusher drafteten, (Rams an #19, Miami an #21) übersprang.  

Immerhin wurden diese Picks in einen QB und EDGE investiert – also die teuersten Positionen. McCarthy ist letztlich wohl nicht mehr als ein Verwalter, der am College von fantastischen Umständen profitierte und nie besonders viel riskieren musste. Doch seine Präsenz bzw. sein relativ billiger Vertrag erlaubt den Vikings, die Schatulle für Leistungsträger à la Justin Jefferson und Christian Darrisaw aufzumachen.

#11 Jets – OT Olu Fashanu

Die Jets nehmen fröhlich zwei Late-Rounder von den Vikings mit (Gesamtpreis: Late 3rd Round) und machen den logischen Pick.

#12 Broncos – QB Bo Nix

Der sechste QB mit dem 12ten Pick! Die NFL hat tatsächlich zum ersten Mal seit langem die Anzahl der 1st-Round-QBs nicht bloß gehalten, sondern sogar übertroffen – und wie!

Nix wurde zuletzt oft nach Denver gemockt. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann waren die Broncos von ihrem zweitägigen Treffen von Nix so begeistert, dass sie im Nachgang entschieden, diesen QB mit nach Hause zu nehmen.

Nix hat einige Stärken, die ihn zum NFL-QB qualifizieren: Timing und Präzision auf kurzen und mittellangen Routen zum Beispiel. Aber er ist wie Penix ein alter Prospect, der erst spät seinen Vorschusslorbeeren gerecht wurde, und er spielte in Oregon eine Mickimaus-Offense, die seine Projection in die NFL dann doch nicht so einfach macht.

Ach ja, und: In Denver wird er in nicht wirklich ideale Umstände geworfen. Sean Payton, Courtland Sutton oder Garrett Bolles sind ein Anfang – aber ansonsten ist das Konstrukt in Denver komplettes Stückwerk.

#13 Raiders – TE Brock Bowers

Ein komischer Pick. Letztes Jahr drafteten die Raiders TE Michael Mayer. Jetzt Bowers für ein Team, das weder den QB noch eine Aussicht auf einen QB hat. Bowers mag eine dynamische Waffe sein. Er ist auch ein Tight End – eine Position, auf der zahlreiche hoch bewertete Prospects in den letzten Jahren einen langen Anlauf brauchten. Zwei hohe Tight-End-Picks in aufeinanderfolgenden Drafts ist nahe an dem, was ich als „hirntot“ beschreibe.

Schlägt Bowers wider Erwarten schnell ein, kann er durchaus eine Stütze in der Entwicklung eines QBs wie Aidan O’Connel sein. Aber rationaler wäre eine Verstärkung der O-Line oder D-Line gewesen.

#14 Saints – OT Taliese Fuaga

Kaum ein Team hatte einen so klaren Need wie die Saints auf Offensive Tackle. Kein Team musste so dringend den „Mehrwert“ durch Einberufen einer Premium-Position mitnehmen wie die Saints. Insofern ein logischer Pick.

#15 Colts – EDGE Laiatu Latu

Die Colts hätten 100%ig Bowers genommen, wäre er noch da gewesen. So wurde es der erste Defense-Pick im Draft. Bis jetzt war der erste Verteidiger nie später als mit dem #8 Pick gezogen worden – insofern ist der erste Verteidiger auf Pick #15 ein neuer Rekord für die NFL.

Und ein notwendiger Rekord, denn so trist die Entwicklung der Offenses in den letzten zwei Jahren war, ist diese Blutauffrischung für die Offenses händeringend notwendig.

Dass Latu der erste Verteidiger „off the board“ sein würde, ist nach den letzten Tagen keine extrem große Überraschung mehr, auch wenn Latu mit seinen medical red flags und seinem recht hohen Alter durchaus auch ein Kandidat für ein Durchrutschen bis ans Ende der 1ten Runde war. Mit einer „Pick Range“ von 9 bis 30 war er einer der am schwierigsten zu projectenden Prospects gewesen.

Nachdem in Indy der 2021 teuer gedraftete Passrush bis jetzt nicht gezündet hat, ist er ein guter Value-Pick auf einer Position, wo Indy perspektivisch etwas machen musste.

#16 Seahawks – DT Byron Murphy

Value Pick. Eigentlich kein weiterer Kommentar notwendig, außer dass wohl auch die Seahawks ursprünglich hoch für QB Michael Penix gehen wollten, was wohl den Nachdruck der Falcons erklären könnte, ihren QB schon mit dem 1st Rounder gezogen zu haben.

#18 Bengals – OT Amarius Mims

Auch hier: Value Pick. Die Bengals sind nicht auf Receiver gegangen, was dafür sprechen könnte, dass sie tatsächlich daran denken, Tee Higgins für das nächste Jahr zu halten. In einen Offensive Tackle zu investieren, ist in der gegenwärtigen NFL mit diesen Preisen für Elite-Tackles eine durchaus gute Idee – gerade bei den Bengals mit QB Joe Burrow, der die letzten Jahre mit seinem aggressiven Stil mehrfach abgeschossen wurde und zwei von vier Spielzeiten verletzt im Krankenhaus beendete.

#19 Rams – EDGE Jared Verse
#20 Steelers – OT Troy Fautanu
#21 Dolphins – EDGE Chop Robinson

Auch hier: Alles Value-Picks. Die Rams mussten nach Aaron Donalds Rücktritt mit ihrem ersten 1st Round Pick seit acht Jahren (!!) etwas in der D-Line machen. Die Steelers hatten die Alternative Cornerback, aber in der 1ten Runde ist Tackle die wertvollere Position. Zu Robinson nach Miami habe ich keine starke Meinung, aber EDGE in Runde 1 kann ich nicht kritisieren – nicht wenn der Prospect am Consensus-Board fast genau in seiner projecteten Range gezogen wird.

#22 Eagles – CB Quinyon Mitchell

Die Eagles haben gestern WR A.J. Brown für drei Jahren verlängert – obendrauf zu den drei Jahren, die er noch im Vertrag hatte. Damit ist Brown bis 2029 an die Iggles gebunden – Philly hat jetzt die teuerste Offense der NFL, und GM Howie Roseman kann nur noch hoffen, dass der zickige Brown nicht den gleichen Weg wie Stefon Diggs nimmt. Im Prinzip ist es die Hoffnung, mit einer sehr frühen Verlängerung in drei Jahren ein Schnäppchen zu halten – auf das Risiko, dass Brown auf seine alten Tage abbaut oder Kopfschmerzen bereitet, weil er das heute kassierte Geld längst ausgegeben und mit hoher Dead-Cap nach neuem Frischgeld ruft.

Bei so viel in die Offense investierter Kohle muss die Defense nachgebessert werden. Dass Howie Cornerback ging, überrascht mich etwas – normalerweise würde man D-Line erwarten.

Mitchell sollte mit seinem Spielstil aber perfekt in das Scheme von DefCoord Vic Fangio passen und ist auf einer Position des krassen „Needs“ eine willkommene und idealerweise schnelle Hilfe. Nicht vergessen: Die Iggles waren in den letzten Jahren immer dann ein Contender, wenn sie auf Cornerback keine Sollbruchstelle hatten.

#23 Jaguars – WR Brian Thomas jr

Endlich mal ein hoher Receiver-Pick für Trevor Lawrence! – und der vielkritisierte GM Trent Baalke nimmt obendrauf noch einiges Draftkapital von den Vikings mit (er ging von #17 auf #23 runter).

Thomas ist ein pfeilschneller Receiver in einer Offense, die zuletzt so lahm war, dass sie jedes km/h mit Kusshand nimmt. Insofern: Guter Pick, bei allen Fragezeichen, die BTJ auch haben mag.

#24 Lions – WR Terrion Arnold (nach Trade)

Egal, wie gut Arnold als Prospect sein mag, dieser Move ist ein Musterbeispiel eines Moves, den ich verdamme: Einen 3rd Round Pick gezahlt, um fünf Spots in der 1ten Runde hochzugehen, weil man einen krassen Need bedienen muss.

Es gibt viele DON’Ts im Draft. Dieser ist einer der größten.

#25 Packers – OT Jordan Morgan

OT nach Green Bay war total erwartet – insofern: Mein Okay hat dieser Pick.

#26 Buccaneers – C Graham Barton

Center in der 1ten Runde dagegen ist Value-technisch totaler Müll. Insofern: Sehr niedrige „Grade“ von meiner Seite.

#28 Chiefs – WR Xavier Worthy (nach Trade)

Die Chiefs traden mit dem sportlichen Rivalen Bills – ein Move, den viele in der Draft-Community dem Bills-GM Brandon Beane negativ auslegen („wie kannst du nach Mahomes schon wieder einen Trade mit diesem Monster machen??“).

Ich finde ihn total nachvollziehbar. Buffalo musste mit seinen Cap-Problemen gute Picks sammeln, und tut dies in diesem Draft nicht nur einmal, sondern gleich zweimal. In diesem Trade haben die Bills z.B. einen zusätzlichen Top-100-Pick gesammelt, ohne dass sie die Chiefs ausgezogen hätten. Sie haben noch immer die Chance, dick auf Receiver nachzulegen.

Kansas City nutzt den Trade-Up, um den schnellsten Spieler der Combine-Geschichte zu draften: Worthy soll mit seinen 4.21 Sekunden wohl eine Art Tyreek-Hill-Verschnitt (oder besser Desean-Jackson-Verschnitt) abgeben. Da kannste nur hoffen, dass es kein Mecole-Hardman-Verschnitt wird.

Am Ende wird es egal sein, wenn Patrick Mahomes im Februar die dritte Lombardi-Trophy in Folge in die Höhe stemmt.

#29 Cowboys – OT Tyler Guyton

Siehe Bengals. Siehe Steelers. Siehe Packers.

Guyton ist der achte Offensive Tackle in dieser 1ten Runde. Das liegt über selbst den optimistischsten Szenarien.

#30 Ravens – CB Nate Wiggins

Wiggins war mit seiner „Man“-Lastigkeit ein sehr spezieller Corner-Prospect und könnte ein Zeichen sein, dass Baltimore nach zwei Jahren unter Mike Macdonald künftig wieder einen aggressiveren Typus Defense spielt.

#31 49ers – WR Ricky Pearsoll

Interessanter Pick. Pearsoll ist ein reiferer Receiver-Prospect als andere Optionen, die die Niners an dieser Stelle hatten. Er ist aber auch ein sehr alter Prospect, und einer mit einem sehr späten Breakout.

Ob er eine Art „Ersatz“ für Brandon Aiyuk ist, wird sich heute Nacht zeigen. Zum Beispiel die Bills könnten noch einen Trade einfädeln.

#32 Panthers – WR Xavier Legette (nach Trade-Up)

Die Panthers traden einen 5th Rounder nach Buffalo, um einen Spot von #33 hochzukommen, den Aufpreis für einen 1st Rounder zu zahlen für die quasi wertlos gewordene 5th-Year-Option: Ein weiterer dieser Moves, die nur von schlecht geführten Franchises gemacht werden.

Immerhin haben sie einen Receiver bekommen, den sie so dringend gebraucht haben. Legette ist allerdings kein unumstrittener Prospect. Manche sehen in ihm nicht mehr als einen Deebo für Arme, wo die Panthers aber eher ein gescheites Intermediate-Passspiel aufziehen müssten als noch mehr Screens und Swings zu werfen.

Zusammenfassung

Gut gelaufen für die Bears, die zwar keine schwierigen Entscheidungen hatten, aber es gibt Teams, die selbst diese Moves verschusselt hätten. Gut gemacht von den Jets und Jaguars, die die Not der Vikings ausgenutzt haben und guten Value mitgenommen haben. Gut gemacht auch von den Cowboys: 3rd Rounder mitgenommen, trotzdem Offensive Tackle und damit Premium-Position gedraftet.

Gut gemacht auch von den Bills. Die Kritik, dass sie nicht mit den Chiefs hätten traden dürfen, um nicht einen direkten Konkurrenten weiter zu stärken, kann ich nicht ernst nehmen und ist klarer BS.

Wenig begeistert bin ich von Detroit und Carolina, die klassische Overconfidence-Fehler begangen haben, um „Needs“ zu adressieren. Einen Mid-Rounder für fünf Spots zu investieren, ist kein guter „Process“, und Picks dafür auszugeben, um einen Spot hoch in die teurere 1te Runde zu gehen: Auch Müll.

Die Vikings und ihre Uptrades: Auch nicht so der Wahnsinn. Gegen wen haben sie um McCarthy geboten? Musste es kumuliert ein 2nd Round (oder gar 1st Round) Aufschlag für den Passrusher #2 sein?

Tampa Bay und seinen Center-Pick mag ich nicht. Die Titans haben an #7 einen Prospect genommen, der oft für eine potenzielle Umschulung zum Guard genannt wurde. Außerdem hätten die Titans auf QB nachlegen können, und haben es nicht gemacht. Den Brock-Bowers-Pick in Las Vegas finde ich auch nicht ideal, gerade vor dem Hintergrund des letztjährigen Mayer-Picks.

Und natürlich Atlanta. Ich habe oben eigentlich alles geschrieben. Der Move passt nicht mit der Cousins-Verpflichtung zusammen und ist ein Reach, wenn wir das Consensus-Board nehmen. Wir können nur hoffen, dass die NFL wieder einmal das Consensus-Board schlägt, so wie sie es in den letzten Jahren oft getan hat, wenn es um die QB-Position geht.

Und einen Shot auf ein höheres Ziel als den Gewinn der lahmen NFC South zu nehmen, ist grundsätzlich nicht total verkehrt, auch wenn man Penix als Prospect lieber in Runde 2 als in den Top-10 draftet.

5 Kommentare zu “NFL Draft 2024 – 1. Runde im Schnelldurchlauf

  1. Bei Deiner Einschätzung gehe ich zu 100 Prozent mit. Der Run auf QBs hat dafür gesorgt, dass viele Picks noch auf dem Board waren, die eigentlich früher gegangen wären. Für meine Rams hatte ich auf Murphy gehofft, schade, dass er ausgerechnet nach Seattle geht. Aber mit Verse kann ich gut leben.

    Atlanta hatte schon sowas wie GB-Rodgers-Love Vibes.

  2. Die Falcons kriegen IMHO viel zu sehr auf den Sack. Es ist aus meiner Sicht nicht 1:1 vergleichbar mit den Packers/Rodgers/Love 2020, weil Love war drei Jahre jünger und Rodgers noch ein Elite-QB mit einem kurzen Superbowl-Fenster. Was haben die Falcons zu verlieren? Einen 9-8 Divisionssieg in der schlechtesten Gruppe der NFL kann nicht das oberste Ziel sein.

    Penix ist, wie Timo Riske richtig schreibt, eine Wette mit leicht negativer Erwartung…

    …aber Penix war die #36 am Consensus Board. In den letzten Jahren in dieser Range: Mahomes, Josh Allen, Jordan Love. So schlecht aus Prospect kann er nicht sein.

    Und die NFL hat im Vergleich zum Consensus Board in den letzten Jahren häufiger Recht behalten, als das Consensus Board (auch im umgekehrten Sinn: Josh Rosen, Justin Fields, Dwayne Haskins waren im Consensus Board klar überschätzt).

    Cousins ist 36 und kommt von Achilles zurück. Penix könnte schneller starten als manchen lieb ist, und wenn er dann downfield für Pitts + London geht und Bijan die Screens trägt, dann schauen diese „one of the worst picks ever“ Tweets schnell dumm aus.

  3. Eine weitere Einschätzung die ich gehört habe und die Sinn macht: Atlanta rechnet damit wegen tampering den nächstes Jahr den 1st Rounder zu verlieren und dann wird das Fenster ein QB zu finden bevor Cousins durch ist schon sehr eng. Und mit Cousins hast du auch eh nicht so schnell nen Top ~5 Pick.Dann lieber gleich in den sauren Apfel beißen bevor man dann in 3 Jahren mit Pistole auf der Brust Lotterie spielen darf.

  4. Ich kann den negativen Kommentar zu den Giants nicht ganz nachvollziehen.

    Über den Vertrag für Jones muss man nicht diskutieren. Aber macht es nicht Sinn dann das Beste aus der Situation zu machen, in diesem Fall den Support-Cast für den QB zu verbessern? Das könnte dazu führen, dass eine gute Saison dabei rauskommt, oder Jones ist immer noch scheiße, aber man kann ich nächstes Jahr relativ günstig cutten und hat dann einen guten Support-Cast für den neuen QB?

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..