Zum Einschlafen ein Schmakerl aus dem NFL-Arbeitskampf. Es geht um ein Gesetz von 1932.
Ein Gesetz, das damals von einem jüdischen Auswandererkind aus der Donaumonarchie entworfen wurde. Wir sprechen vom Norris-Laguardia-Act:
[…] Norris-La Guardia Act von 1932, in dessen Zuge ein Gesetz erlassen wurde, das Arbeitsverträge für nicht rechtmäßig erklärte, in denen Arbeiter darauf verzichten mussten, sich gewerkschaftlich zu betätigen.
Für den NFL-Draft Arbeitskampf ist der Norris-LaGuardia-Act eben in diesen Tagen relevant, wie wir aus diesem ebenso fantastischen wie faszinierenden Artikel von Smart Football herauslesen können (Lesebefehl!):
The key language in the Norris-LaGuardia Act prohibits federal courts from issuing injunctions “in a case involving or growing out of a labor dispute.” The Act defines a “labor dispute” to include “any controversy concerning terms or conditions of employment, or concerning the association or representation of persons in negotiating, fixing, maintaining, changing, or seeking to arrange terms or conditions of employment.”
Der Hammer steckte nun in der Argumentation der NFL: Klar, wir verhandeln über Gehälter und Verteilung von Geldern. Damit haben wir „Labor Disput“. Also kann keine Einstweilige Verfügung [gegen die Aussperrung (=Lockout)] verhängt werden.
Technisch gesehen trocken und einwandfrei.
Konter der NFLPA (Spielergewerkschaft): Sie argumentierte, man müsse den Norris-LaGuardia-Act „in einem weiterem Kontext“ sehen, sprich, den historischen Hintergrund der 30er beachten:
The problem the prohibition on injunctions was intended to remedy was that employees would go on strike and employers would frequently file a lawsuit requesting an injunction and often judges, who were perceived to be “in the pocket” of employers, would often grant them without hearings or without much process. Even if overturned later, these injunctions forced employees back to work and destroyed unions’ negotiating leverage.
Zu Deutsch: Die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften war vorher extrem beschränkt gewesen, weil Arbeitgeber bei einem Streik per Einstweiliger Verfügung ganz simpel die Arbeitnehmer zurück an den Arbeitsplatz befördern hatten können. Der Norris-LaGuardia-Act war also dazu angedacht, diese Einstweilige Verfügung zu verhindern.
Oder klar ausgedrückt: Die Richter fungierten als Streikbrecher (so nennt man das doch, oder?)
Nicht vergessen: Das war 1932.
Trotzdem hat dieses Gesetz noch Gültigkeit. Und nun wurde und wird es in einem Arbeitskampf Milliadäre gegen Millionäre als Argument GEGEN DIE ARBEINEHMER eingesetzt, vom Arbeitgeber (NFL), der den Arbeitnehmer (NFLPA) von seinem Arbeitsplatz fernhalten sollte.
Das ist bizarr.
Aber lesenswert.
Der Vollständigkeit halber
Die Entwicklungen der letzten Wochen, weil sie auf diesem Blog so genüsslich ignoriert worden sind: Nein, Richterin Susan Nelson hatte im April dieser Argumentation in erster Instanz der NFL nicht stattgegeben und einen Tag vor dem NFL Draft die Aussperrung sogar gänzlich aufgehoben.
Die NFL hat mittlerweile Berufung dagegen eingelegt und in der Schrift sogar Witzeleien einiger Spieler (Wes Welker: „Lasst uns jedes Jahr eine Aussperrung abhalten“, Ray Lewis: „Endlich mal ein Sommer, in dem ich das machen kann, was ich will“) als Gründe angeführt. Letzte Woche bekam die NFL Unterstützung und die Aussperrung wird vorerst so lange Bestand haben, bis die Berufungsgerichte über diesen fassungslosen Fall „Norris-LaGuardia-Act“ entschieden haben.
Ich beginne, diesen Fall mit anderen Augen zu betrachten. Das ist Slapstick at his worst.
Und als Allerletztes: Darum geht es überhaupt beim Lockout/Aussperrung.