Super Bowl LIII Preview: Rams-O vs Patriots-D

Korsakoffs bisherige Artikel zum Super Bowl LIII findet man hier: LINK

Hier nun der Fokus auf das Match-up: Offense Los Angeles Rams gegen Defense New England Patriots. Darth Vader Bill Belichick gegen Boy Wonder Sean McVay.

Die Offense der Rams ist kein Geheimnis. Die Karteikartenversion:

Alles beginnt mit dem Zone Running Game; darauf kommt sehr viel Play-Action; die Formationen sind meistens sehr eng aufgestellt; der Superstar-RB Gurley ist sehr gefährlich auf Paßrouten; es stehen meistens die selben Skill Players auf dem Feld; der Quarterback hat gute Anlagen, aber keine Konstanz in seinem Spiel.

Auch für New Englands Defense muß man kein Astrologe sein:

New England spielt gerne aggressive Mannverteidigung; die Secondary ist sehr gut; Stephon Gilmore spielt derzeit wie der beste Cornerback der Liga; Edge Lineman Trey Flowers wird nach dem Super Bowl verdientermaßen einen sehr dicken Vertrag unterzeichen; die Linebackers sind schlau, aber langsam; Belichick will wegnehmen, was du am besten kannst.

Sei vorsichtig!

Die Frage ist: wen sieht Belichick als den gefährlichsten Spieler an? Ich bin mit ziemlich sicher, daß es für Belichick Todd Gurley ist. Aber wie fit ist Gurley? Warum hat er gegen New Orleans so katastrophal gespielt und auch vorher schon schwach ausgesehen? Probleme im Bein oder Probleme im Kopf?

Spielt Gurley so, wie bis in den November, dann frißt er die langsamen Patriots-Linebackers mit Haut und Haaren. Das müßte dann verhindert werden durch Hilfe für den Langsamen (z.B. Hilfe durch den Edge Defender oder vielleicht sogar einen zweiten LB/S wie Pat Chung).

Es kann sich natürlich recht schnell herausstellen, daß Gurley, warum auch immer, alles fallenläßt wie im Championship Game. Das wäre schön für New England, aber da wird ein Belichick nicht vorher gamblen, sondern es mit eigenen Augen sehen wollen, bevor er Gurley keine Sonderbehandlung gibt.

Generell das Laufspiel, damit fängt bei LA bekanntlich alles an, auch wenn die puffige Knutschkugel C.J.Anderson die Hauptlast tragen sollte. Das Laufspiel der Rams ist auch nicht aus der Abteilung Rocket Science, sondern simples Zone Running Game. Das “simpel” ist dabei nicht abwertend gemeint. Sondern eher in dem Sinne: easy to learn, hard to master. Und die Rams haben es gemastert.


Für das Laufspiel hat NE seit vielen Jahren ein probates Mittel: 5-2-Bear-Fronts. Das bedeutet: den drei Interior Linemen steht jeweils ein dicker Defensive Tackle direkt gegenüber;  zwei OLB/EDGE außerhalb der Tackles oder Tight Ends haben nur die Aufgabe, niemanden außen vorbei zu lassen. Hinter diesen fünfen stehen klassisch zwei Inside Linebackers. Die Linebackers der Patriots sind recht flexibel, gerade Hightower und Van Noy können genauso gut Edge wie ILB spielen. Mit Trey Flowers, Lawrence Guy und Deatrich Wise (ein Körper wie Richard Seymour, leider nicht dessen Talent) haben die Pats auch drei klassische Linemen, die sowohl innen als auch Edge spielen können. Und wenn das alles nicht reicht, ziehen wir auch noch Pat Chung nach vorne. Ja: dann stehen die Defensive Backs hinten alleine im 1-on-1, aber das nehmen wir in Kauf.

Die Secondary ist eine der besten, die Belichick in seinen Pats-Jahren zusammenhatte. Gilmore ist Superstar, Safety Devin McCourty einer der klügsten Defensive Backs der Liga; Duron Harmon sicherheitgebender Libero; Pat Chung die Allzweckwaffe; der jungen Cornerback J.C. Jackson ein Rohdiamant; und Jon Jones sowie Jason McCourty sehr solide Ergänzungsspieler.

Wenn wir dann Chung schonmal vorne haben, dann sieht auch die Mitte schön zugepackt aus. Wir wollen die Mitte zustellen, damit Goff keine einfachen Würfe bekommt. Vor allem nicht Play-Action. Da kommt es vor allem auf die smarte Execution der Verteidiger an, aber einen “Robber” wie Chung in der Mitte zu haben oder einen Linebacker oder sogar Defensive Lineman, der überraschend in eine andere Zone springt, verlangt auch Goff viel Konzentration und ein hellwaches Auge ab. Das wollen wir: Goff alles wegnehmen, was einfach ist. Wir fühlen uns hier wohler dabei, einem Robert Woods oder Gerald Everett beispielsweise relativ einfache Dinge zu geben wie 1-on-1 mit Platz auf den außen gegen den Rookie J.C. Jackson.

Sei die Verwirrung…

Will man Mannverteidigung spielen gegen enge Formationen, bei denen mehrere potentielle Paßempfänger vor dem Snap dicht beeinander stehen (Bunch/Trips/Stack), dann braucht es sehr gute Abstimmung und sehr gute Kommunikation unter den Verteidigern. Wenn das nicht funktioniert, läuft plötzlich ein Receiver ganz frei herum, so wie das bei den Patriots 2017 in den ersten Spielen der Regular Season passierte. Das konnte mittlerweile nicht nur abgestellt, sondern die Abstimmung sogar in eine Stärke verwandelt werden.

Was McVay mit seiner Offense hervorragend macht, ist, Verteidiger einen falschen Schritt machen zu lassen. Ein falscher Schritt reicht in der NFL oft aus, um einen Spielzug erfolgreich zu machen. Mit Motions, Play-Action und sich kreuzende Routen der WRs sollen die Verteidiger verwirrt werden.

In den letzten Wochen haben viele Schreiberlinge, die angeblich mit Coaches geredet haben, geschrieben, daß diese Coaches von ihrer neuen Idee berichten: wir bleiben einfach stehen. Wir reagieren nicht auf Motions und Play-Action. Sollen die Rams doch so viele Windows dressen wie sie wollen, unsere Spieler sollen lieber gar keinen Schritt machen, bevor sie einen falschen machen.

Ok. Klingt vernünftig. Theoretisch. Aber. In theory, there’s no difference between theory and practice – in practice, there is. Praktisch geht das Nicht-Reagieren gegen die Instinkte eines jeden Footballplayers. Instinkte kann man nicht per Game Plan ausschalten. Besser könnte es sein, selbst aggressiv den “ersten Schritt” zu machen. Nicht auf den Plan des Gegners warten, sondern ihm direkt aufs Maul zu hauen. Literally.

Sei der Punch…

Wo wir gerade bei tollen Zitaten verblaßter Sportgrößen sind: Everybody has a plan until he gets punched in the face. Statt nicht zu reagieren auf das ganze Tohuwabu der Rams, ist es vielleicht klüger, selber der Punch zu sein und die Rams sich fragen zu lassen, was eigentlich aus ihrem tollen Plan geworden ist.

Die Offense der Rams funktioniert so gut, weil die einzelnen Teile – die Routen der Receiver und die Verwirrung davor – so gut aufeinander abgestimmt sind, zeitlich und räumlich. Diese Abgestimmtheit aufeinander kann eine Defense demolieren, indem die Paßempfänger direkt beim Snap hart angegangen werden. Die Patriots haben das selber erfahren, es war, glaub’ ich, 2011. Damals haben sie jede Zonen-D feinsäuberlich zerteilt mit ihrem rhythmischen Kurzpaßspiel. Bis die Steelers (und die Giants?) in der Regular Season einfach die Mannen um Wes Welker direkt an der Line of Scrimmage hart angefaßt und rumgeschubst haben. Damit war das Timing dahin.

Die vielen Condensend Formations der Rams bieten viele Vorteile, aber sie geben durch die räumliche Nähe den Edge Defenders die seltene Möglichkeit, einem viel leichteren Receiver die Shoulder Pads in den Brustkorb zu rammen (innerhalb von fünf Yards hinter der Line of Scrimmage ist nur Festhalten verboten; Schubsen, Blocken, Rammen etc… ist erlaubt).

So wie oftmals der Tight End genutzt wird, den gefährlichen Pass Rusher zu chippen, kann man ja auch einfach den Pass Rusher nutzen, um den Receiver zu chippen. Das hat den Nachteil, daß der Pass Rusher seine Quarterbackjagd verzögert, aber dafür haben wir dem Quarterback immerhin den einfachen kurzen Wurf weggenommen. Von der anderen Seite kann dann auch zumindest ein Defensive Back einen anderen Receiver anfassen wie ein Türsteher den Trunkenbold.

Analog kann man das auch mit gefährlichen Running Backs auf Paßrouten machen. Bevor der Pass Rusher auf den QB geht, sucht er erstmal den Gurley und dönert ihm noch im Backfield einen in die Seite auf daß dieser erstmal seine Füße wiederfinden muß. So wie es in dieser Saison Matt Patricia mit James White gemacht hat – und natürlich auch so, wie es Belichick damals mit Marshall Faulk gemacht hat.

Sei der Held?

Laufspiel bremsen. Timing zerstören. Mitte dichtmachen. Die einfachen Würfe wegnehmen. Jared Goff soll uns schlagen müssen, nicht Gurley oder Cooks oder McVay. Wenn Robert Woods eine 20 Yard tiefe Out Route gegen J.C. Jackson läuft und Jared Goff dahin einen genauen Wurf macht: good for you. Dann hast du alles richtig gemacht. Aber wir müssen uns um dringendere Baustellen kümmern, wir können leider nicht J.C. Jackson Hilfe geben.

Unsere Baustellen sind die Mitte bei Pässen, Big Plays verhindern bei Play Action, und Pässe zu Running Backs. Außerdem wollen wir nicht überrannt werden.

Was wir wollen: Goff langsam ausbluten lassen. Wenn die Rams in einem Drive Punkte machen wollen, muß Goff sieben, acht erfolgreiche Plays machen. Wenn Goff vier oder fünf erfolgreiche Drives, die vor allem er selbst tragen muß, zu Punkten macht, dann: Hut ab, Dickes Chapeau an Lance! Aber soviel Last wie möglich auf Goffs Schultern zu packen – durch: Laufspiel zügeln; einfache Würfe über die Mitte zustellen; Gurley bei Pässen attackieren; generell bei Pässen das Timing stören; selber Verwirrung stiften mit Amoeba-Fronts – das sollte das Ziel sein. Bei den Bergen der 1ten, 2ten und 3ten Kategorie hilft uns das Team, da kannst du nicht wegziehen, Jared. Wenn du dann am Berg der 4ten Kategorie oder am Tourmalet alleine zeigst, daß du ein Großer bist, dann hast du es verdient.

Audibles

Ein anderer interessanter Aspekt könnten Audibles sein. Es wird immer wieder darauf hingewiesen – sogar von schlechter informierten Kommentatoren als Tony Romo -, daß Sean McVay seinem Quarterback ununterbrochen Instruktionen gibt, bis die Play Clock 15 schlägt und die Verbindung unterbrochen wird. Oftmals steht Goff dabei schon an der Line of Scrimmage – und damit muß sich auch die Defense zeigen. McVay macht eigentlich Goffs Job: das identifizieren von Coverages.

Was New England natürlich machen könnte, ist, mit Schlag 15 die Aufstellung der Defense ändern, also einen Audible ihrerseits. Damit wäre Goff wieder auf sich allein gestellt. Audibles in der Defense sieht man selten, weil das Busted-Coverage-Risiko so groß ist (wenn nur ein Verteidiger nicht ganz genau vesteht, was – beispielsweise – Hightower oder McCourty ändern, läuft da ein freier Angriffsspieler zum Touchdown). Aber mit so vielen erfahrenen Belichick-Schülern mit großem individuellen Talent, könnte es einen Versuch wert sein.

Wie gesagt, New England sollte zwei Ziele haben, und zum zweiten könnten Defensive Audibles ebenso gehören wie Amoeba Fronts oder Cover-0 Blitzes:

  1. Gurley bremsen
  2. Goff die einfachen Dinge wegnehmen

Ein Kommentar zu “Super Bowl LIII Preview: Rams-O vs Patriots-D

  1. Erstmal: geiler Artikel! Gerade dieses Matchup Rams-O gegeben Pats-D wird super spannend am Sonntag.

    „Nicht auf den Plan des Gegners warten, sondern ihm direkt aufs Maul zu hauen. Literally.“ – das hört sich an wie mein ehemaliger Defensive Coordinator, Musik in meinen Ohren 😀
    Hier noch ein Beispiel aus dem Chargers Spiel, wo LB Dont’a Hightower sowohl Keenan Allen wie auch Mike Williams im selben Spielzug auf den Arsch setzt.

    Zum Thema „Woods einfach machen lassen“. Ich denke, dass Gilmore Woods 1-on-1 nehmen wird (size-speed-matchup passt) und dass man Cooks mit den schnelleren JC Jackson/ Jon Jones mit Safety Hilfe oben drüber kontert. Dann bleibt noch Laufspiel generell und Gurley als Passempfänger als weitere Gefahren übrig.

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