Date am Donnerstag – NFL Woche 4

Heute beginnt NFL-Week 4. Die Donnerstagspartie lautet Cincinnati Bengals (1-2) gegen Miami Dolphins (3-0). Interessanterweise ist Cincinnati dabei mit 4 Punkten favorisiert.

Der Fehlstart der Bengals hat mehrere spannende Facetten. Einmal scheinen sich alle Befürchtungen der Preseason bislang zu bewahrheiten:

  • Null schematische Adaption und auch null Anzeichen für Anpassungsfähigkeit von Zac Taylor
  • Die O-Line Investments haben überhaupt nicht gefruchtet
  • Joe Burrow frisst weiter Sack um Sack um Sack um Sack

Die Bengals sind nur 1-2, aber gleichzeitig auch nur wenige Plays davon entfernt, 3-0 zu stehen – allerdings sind Niederlagen gegen von Mitchell Trubisky und Cooper Rush gequarterbackte Teams schon ganz schwer mit „Pech“ zu entschuldigen, und die Vorstellungen der Bengals-Offense waren entsprechend.

Die Bengals-Offense steht nach drei Spielen an #20 nach EPA/Play. Die Defense ist als #5 deutlich besser klassiert – aber das sollte man von einer durchschnittlichen Defense auch erwarten, wenn sie als dritten QB in der Saison Joe Flacco gesehen hat.

Gegner Miami ist nach spektakulären Siegen über die Topteams Ravens und Bills der heißeste Scheiß der Stunde – so heiß, dass quasi jeder schon die Abgesänge auf Tua zur Halbzeit gegen Baltimore vergessen hat. Das war vor eineinhalb Spielen. Seither hat Tua Zillionen broken coverages der Baltimore Ravens zu einem 21-Punkte-Comeback verwertet, eine Gehirnerschütterung in eine Rückenverstauchung transferiert und zwei lange Touchdown-Drives gegen die Bills orchestriert.

Der Sieg am Sonntag fühlte sich schon besonders an, auch in der Stimmung im Stadion. Die Defense blitzte Josh Allen wie Hölle, und wurde grosso modo dafür belohnt. Die O-Line hielt Tua die meiste Zeit über clean. Die Receiver machten ihre Plays und nützten den einzigen schweren Fehler der Bills-Coverage aus. Und so reichte es am Ende zu einem knappen, sich nicht unverdient anfühlenden Sieg – auch wenn ich weiterhin glaube, dass Buffalo sieben oder acht von zehn solcher Aufeinandertreffen gewinnen würde, und auch am Sonntag die prinzipiell bessere Mannschaft war. Letztlich hat ein Bills-Fumble kurz vor der eigenen Goal Line die entscheidende Differenz gebracht: Miami bekam die eine Scoring-Chance auf dem Präsentiertablett serviert, die Buffalo nie hatte.

So knapp das Ding war, so fühlt sich einiges an der Struktur der Dolphins-Offense stabil an. Obwohl das Laufspiel noch nicht zündet, obwohl Tua noch gar nicht perfekt spielt, macht die Offense Plays. Headcoach Mike McDaniel und der unfassbare Speed der Receiver-Combo Hill/Waddle geben dieser Offense eine aktuell sehr hohe Basis.

Defensiv ist der Passrush besser als gedacht. Leute wie Melvin Ingram oder Trey Flowers, die auf ihren letzten Stationen nur noch JAGs waren, performten in den ersten Spielen auf exzellentem Niveau. Vor allem Ingram war ständig im Brennpunkt. In der Secondary sind Safety Jevon Holland und CB Xavien Howard die Stars, die es DefCoord Jordan Poyer erlauben, riskante Man-Coverage erfolgreich zu spielen.

Gehen wir kurz auf Spurensuche: Warum ist Cincinnati trotzdem favorisiert?

Die Wettmärkte sind gerade in der Opening-Line für ihre maximale Rationalität bekannt. Cincinnati eröffnete als leichter Favorit, der Status ist mittlerweile auf 4 Punkte angeschwollen. Ich sehe ein paar mögliche Gründe dafür.

Einmal war es am Sonntag ein heftiges Spiel für die Dolphins in brütender Hitze. Es war ein emotionaler Sieg, noch mehr Coming-Out auf der Bühne der „Großen“ als das Comeback bei den Ravens, und die Defense hat 90 knackige Plays unter diesen unwirtlichen Bedingungen in den Beinen. Sprechen wir von einer klassischen „letdown“ Situation?

Dann ist da die Hurricane-Situation. Miami musste verfrüht anreisen um dem Wirbelsturm zu entgehen.

Dann ist Tua mit seinem „Rücken“ oder „Knöchel“, oder was auch immer sonst (außer natürlich Gehirn) er sich verletzt hat.

Dann ist da Miamis Abhängigkeit von den Big Plays. Schon bei den Bills hatten wir gesagt, es ist eine Defense, die keine Big Plays aufgibt – aber dann fielen zwei Corner und beide Starting-Safetys aus. Cincinnati ist seit einem Jahr berüchtigt dafür, seine Defense so defensiv zu gestalten, dass sie vor allem Big Plays verhindert.

Dann ist da Miamis Defense: Einmal die Frage nach der Luft nach dem Sonntag, aber auch die Frage nach dem Scheme. Cincinnatis Offense wurde bis jetzt mit two high shells der Zahn gezogen, weil Joe Burrow sekundenlang abwartend ohne Chance auf einen deep shot keine Lösungen fand, und das Scheme ihm keine offensichtlichen bot. Miami spielt eher das Gegenteil: Wild blitzend, viele Man-Coverages. Burrow verbrannte 2021 den Blitz. Miami stellte aber schon am Sonntag einen anderen Blitz-resistenten QB mit seiner Spielweise vor Probleme (Josh Allen). Wird auf jeden Fall ein knackiges Matchup.

Allerdings: Cincinnati muss DT D.J. Reader vorgeben, die wichtigste Präsenz gegen den Run. Miami hätte eventuell eine Chance, sein bislang schwaches Laufspiel in die Gänge zu kriegen – und damit das zu spielen, was McDaniel eigentlich machen will.

Und schließlich: Cincinnati hat den Heimvorteil in einer kurzen Woche, noch immer eine Latte guter Playmaker, einen QB, der prinzipiell einfach besser werden *muss*. Cincinnati spielt darüber hinaus schon um seine Saison: Verlieren sie heute, sind sie mit heftigem Schedule vor der Brust 1-3, und dann ist Ende im Gelände. Ich traue mich zu keiner Prognose. Leichte Korrektur der Bengals gegen ein müdes Miami-Team ebenso denkbar wie Dolphins-Sieg und totale Euphorie nach 4-0 Start.

Ein Kommentar zu “Date am Donnerstag – NFL Woche 4

  1. Da kam mir leider gerade fast das Frühstück wieder hoch. Blick auf die nfl app zu Schlagzeilen bengals-dolphins – erste schlagzeile:
    „Tua has full use of his extremities“
    Lernen die echt nix aus RGIii o.ä.? Eigentlich müsste ich aus dem Sport geistig aussteigen 😦 .

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