Oregon Ducks – Marke zwischen Hochgeschwindigkeit und Erwartungsdruck

Heute wird mal wieder der gute alte Gastbeitrag aus der Kiste gekramt. Maximilian Länge (Blog), Journalismusstudent, Mitglied der deutschen Seahawks-Community und im letzten Herbst Austauschstudent an der University of Oregon, schreibt über die University of Oregon und die Bedeutung ihres stilbildenden Footballteams.


Auch in Eugene, der Heimatstadt der Oregon Ducks, trudeln zum Ende der Summer Break nach und nach die Studenten auf den Campus. Die Uni geht wieder los – und mit ihr eine der beliebtesten Jahreszeiten amerikanischer Sportfans. College Football Season. Das Team in den grellen Nike-Outfits hat sich in den vergangenen Jahren zum Dauerfavoriten auf die vorderen Plätze im Ranking entwickelt.

Was erhoffen sich die Ducks-Fans? Holt Mariota die Heisman Trophy? Wer wird der neue Go-To Receiver? Fragen über Fragen. Ein Lagebericht mit gelegentlichen Rückblicken.

Die Erwartungen an die Oregon Ducks sind sehr hoch. Daran ändern weder die Aussetzer der vergangenen Saison noch die Abgänge einiger Leistungsträger etwas. Denn der Hauptdarsteller ist geblieben – Quarterback Marcus Mariota. Doch dazu später mehr.

Mit dem anhaltenden Erfolg der letzten Jahre hat sich die Erwartungshaltung in Eugene verändert. Das zeigt der Blick zurück in die vergangene Spielzeit. Respektlose und übermütige Forderungen (We want Bama) der eigenen Fans kursierten bis zum Stanford-Spiel auf dem Campus. Doch der große Wurf(versuch) mit Ziel National Championship kam als Pick Six zurück. 11-2 am Ende die Bilanz. Und ein Déjà-vu. Wieder eine Niederlage gegen Stanford. Zum Abschluss fehlte sogar das Interesse an den sonst so begehrten Tickets für den Civil War gegen die Oregon State Beavers.

Auch diesen Herbst werden die Zuschauer das Stadion wieder vor dem letzten Viertel verlassen, weil das Spiel beim Stand von 49:13 entschieden ist und die Backups auflaufen. Den Spielern genügten zuletzt Rose Bowl oder Fiesta Bowl nicht mehr, schließlich sei man dort schon gewesen. Das sagten zumindest Wide Receiver Josh Huff und Speedster De‘Anthony Thomas. In Eugene wünschen sich alle nur den großen Coup.

So war der Alamo Bowl gegen Texas am Ende der Saison 2013 ein kleiner Dämpfer. Die wichtigere Erkenntnis beim Sieg gegen die Longhorns: Marcus Mariota ist wieder gut zu Fuß unterwegs. Denn mit ihm steht und fällt der erneute Versuch, das beste College Football-Programm der Welt zu werden. Die Uhr, sie tickt unaufhaltsam.

Marcus Mariota hat inzwischen seinen Undergraduate-Abschluss gefeiert. Er belegt an der Uni noch Yoga und Golf. Der perfekte Stundenplan, um die Konzentration in seiner wohl letzte Saison bei den Oregon Ducks hoch zu halten.

Der Hawaiianer war 2013 klar auf Heisman-Kurs, bis er sich vor dem Stanford-Spiel das Innenband im Knie verletzte und ihm seine Scrambling Ability genommen wurde. Bleibt er 2014 gesund und knüpft an das Niveau von vor der Verletzung und anschließend im Alamo Bowl an, sollte er ein absoluter No Brainer für die Heisman-Jury sein. In diesem Fall lehne ich mich aus dem Fenster und behaupte, Jameis Winston kann eine ebenfalls überragende Saison spielen. Dessen off-field issues gegen Mariotas Charakter – das macht die Entscheidung leicht.

Kein Heisman Contender, aber trotzdem ein Star ist Cornerback Ifo Ekpre-Olomu, der überraschend – für einige Experten war es gar ein Schock – noch ein Jahr dranhängt. Der Senior aus Oregons Secondary wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit schon im Draft 2013 in der ersten Runde ausgewählt worden. In seiner letzten Saison bei den Ducks muss er die Abstimmung mit drei neuen DBs finden (die ehemaligen drei Starter sind weg) und dabei seinen Status als bester Corner der Nation aufrechterhalten. Ihn und Mariota sehen wir in der NFL wieder. Doch wer sonst im Kader hat das Zeug zum Profi?

In der Defensive sind die Linebacker Tony Washington, Rodney Hardrick und Derrick Malone Jr. allesamt talentiert genug, um in Zukunft in der NFL zu spielen. Nach dem Abgang von DT Taylor Hart (Philadelphia Eagles) und LB Boseko Lokombo kommt es auf sie in dieser Saison besonders an. D-Line-Riese Arik Armstead hat die Zweitbelastung Basketball aufgegeben, weil sein Football-Talent vielversprechend ist.

Auf der Wide Receiver-Position könnte nach dem Kreuzbandriss von Bralon Addison schon früh die Stunde von Freshman Devon Allen schlagen. Allen ist ein two-sport star und zeigte in der vergangenen Track Season bereits, dass er das Zeug zum Gewinner hat. Als Hürdenläufer gehört Allen schon zu den Besten der Welt. Viele Leichtathletik-Experten wünschen sich, dass er nur noch auf der Tartanbahn läuft. Doch auch die Ducks-Trainer sind überzeugt von Allen, der im Spring Game sein Können aufblitzen ließ. Kann er die Erwartungen erfüllen, winkt ihm schon früh die Aufmerksamkeit der NFL-Scouts.

Nach dem unglücklichen und viel diskutierten Aus von Tight End Colt Lyerla vergangene Saison kam die Zeit von Johnny Mundt. Sowohl er als auch Pharao Brown sind Spieler mit NFL-Potential. Beide werden in dieser Saison mehr Zeit auf dem Feld verbringen – und zwar nicht nur als Blocker für die Runningbacks.

Speaking of whom, auch hier gibt es (fast schon traditionell) Kandidaten für die Profiliga. Black Mamba De‘Anthony Thomas, auf dem Campus für seine NUR IN CAPITAL LETTERS GESCHRIEBENEN TWEETS bekannt, hat Eugene Richtung Kansas City verlassen, doch er kam schon in der vergangenen Saison (auch aufgrund einer Knöchelverletzung) kaum mehr als RB zum Einsatz. Diesen Job teilen sich auch 2014 wieder Byron Marshall und das Supertalent Thomas Tyner. Beide haben gute Hände und NFL-Speed. Chip Kelly könnte irgendwann anklopfen.


Kellys Nachfolger Mark Helfrich hat seine erste Saison als Head Coach zwar mit einer Trophäe beendet, doch erstmals in den vergangene fünf Jahren erreichten die Ducks keinen BCS-Bowl. An den vorigen Hauptverantwortlichen Chip Kelly, die einst prägende Figur des Programms, erinnert außer der weiterhin gnadenlos umgesetzten High Speed Offense nicht mehr viel. In dieser Hinsicht keine schweres Erbe für Mark Helfrich, er übernahm einen übersichtlich strukturierten Arbeitsplatz und führt das System fort. Der Unterschied liegt an anderer Stelle: Helfrich hat nicht die gleiche Autorität wie Kelly. Er ist der nette Onkel, manchmal etwas zu nett. Gegen Arizona schwenkten seine Spieler 2013 früh die weiße Flagge. Außerdem haben seit diesem März neun Spieler das Team aufgrund von Fehlverhalten oder der Suche nach mehr Spielzeit verlassen. Kelly hingegen war den Spielern wie ein Vater. Ein Vater, der durchgriff, bevor es zu spät war.

Eine personelle Veränderung gab es auf dem Posten des Defensive Coordinator. Oregon-Trainerlegende Nick Alliotti verkündete vor dem Alamo Bowl seinen Abschied, was seine Spieler zu einer defensiven Glanzvorstellung im Abschiedsspiel ihres Trainers motivierte. Der neue Chef heißt Don Pellum und ist eigentlich ein alter Bekannter. Seit 1993 gehört er zum Trainerteam und muss jetzt die bei den Ducks oft in den Hintergrund gedrängte Defensive zum Glänzen zu bringen.


Das Traditionsreichste am Oregon Football Program ist das Autzen Stadium. Aufgrund seiner Kapazität von rund 54.000 gehört es nicht zu den größten College-Stadien im Land. Und dennoch – es gibt wohl wenige Stadien, die ein ähnlich intensives Spieltagserlebnis bieten, weshalb sich das Schmuckkästchen der University of Oregon regelmäßig in den Top Ten der College-Stadion-Ranglisten der Nation wieder findet.

In Eugene pilgern die Fans vom Campus über den Willammette River zum Stadion. Das Tailgating an sich ist kein Alleinstellungsmerkmal – Stadionsprecher-Legende Don Essig wiederum schon. „It never rains in Autzen Stadium“, ruft er den Fans vor jedem Spiel ins Gewissen. Dabei ist völlig egal, ob die Sonne scheint oder monsunartige Regenfälle auf Zuschauer und Spieler einprasseln, wie 2013 beim Spiel gegen Cal hautnah erlebt.

Der Grund für die Bekanntheit des Autzen Stadium ist die Lautstärke. Offensivspieler gegnerischer Teams nehmen diese intensiver wahr als in anderen Spielstätten und fühlen sich in ihrer Konzentration gestört. Das liegt an der kompakten Bauweise des kleinen Stadions. So nah dran am Spielgeschehen ist man selten. Autzen bietet auf kleinstem Raum über 50.000 Menschen Platz, weshalb gesagt wird, das Stadion sei in Proportion zu Zuschauerzahl und Fläche das lauteste der Nation.

Auf den Rängen erscheint das permanente „Oooooooooooo“ der Ducks-Fans zwar lauter als jedes Fußballstadion, ist aber rein von der Lautstärke her nicht vergleichbar mit dem ohrenbetäubenden Lärm, den der 12th Man im CenturyLink Field, der Heimstätte der Seattle Seahawks, macht. Dort herrscht ein unfassbarer Krach, aber keine solch bedrängende Atmosphäre wie auf dem Spielfeld des Autzen.

Ich halte es deshalb für falsch, den Mythos Autzen rein anhand der Lautstärke auf der Tribüne festzumachen. Diese hat mich im CLink und im Husky Stadium in Seattle mehr beeindruckt. Addiert man jedoch Stadium Walk, Tailgating, Don Essigs Stimme, Regen und Lärm im Autzen Stadium zusammen, ist es ein einzigartiges Spieltagserlebnis. Man stelle sich vor, wie es den gegnerischen Spielern im auf dem Feld gehen muss. Die Heimbilanz von 33-2 seit 2009 lässt es erahnen.

Es gibt wenige Teams, die damit zurechtgekommen sind. Doch auf zwei Heimspiele in den vergangenen Jahren spricht man die Ducks-Fans in Eugene am besten nicht am. Da ist zum einen die Niederlage gegen die University of Southern California Trojans 2011 (35-38), welche den Traum vom nationalen Titel zerstörte, und zum anderen die große Enttäuschung von 2012 gegen die Stanford Cardinal (14-17), die den Ducks zum zweiten Mal in Folge die Teilnahme am National Championship Game verwehrte. Beide Male lautet die AntwortKicker Alejandro Maldonado“, wenn man nach dem Sündenbock fragt.

Brisante Partien gegen Traditionsmannschaften wie USC oder Washington wurden in den vergangenen zwei Jahren vom Spitzenspiel gegen die Elite-Uni Stanford getoppt. Diese Rivalität findet ihren Höhepunkt jährlich im Versuch des Oregon-Maskottchens The Duck, den Stanford Tree zu fällen.

Gegen USC wurden weder 2013 noch 2014 Spiele angesetzt (Rotation Pac-12). Vielleicht deshalb wird auf dem Campus in Eugene nicht mehr viel über die Trojans geredet. Oder aber, weil diese nach harten NCAA-Sanktionen aufgrund unerlaubter Recruiting-Vorgänge nicht mehr zu den Top-Teams im Westen gehören.

Die gegenseitige Abneigung zwischen den Washington Huskies und den Oregon Ducks ist nach wie vor so groß wie die Kluft zwischen Traditionsteam und Nike-Konzernprogramm. Ducks gegen Dawgs – das ist die Rivalität im Norden der Pac-12 Conference, noch vor dem Civil War gegen die Oregon State Beavers. Seit zehn Jahren hat die UDub gegen Oregon nicht mehr gewonnen.


Der Spielplan meint es 2014 gut mit Oregon. Die starken Teams müssen mit Ausnahme von UCLA nach Eugene reisen. So auch Michigan State, das nach dem Ausfall von Ohio State-Quarterback Braxton Miller in den Favoritenkreis für die Playoffs aufgerückt ist und früh in der Saison ein Stolperstein werden könnte.

Genau wie vergangenes Jahr traue ich den Ducks in dieser Saison den nationalen Titel zu. Dafür kommen sie momentan als einziges Team aus der Pac-12 Conference in Frage. Weil sie neben dem besten Quarterback der Nation das Potential für ein, zwei Überraschungen in der Offensive haben. Und weil die Defense noch stabiler geworden ist.

Dahinter kämpft UCLA um eine Top Ten-Platzierung und QB Brett Hundley um eine gute Ausgangslage für den Draft. Gleiches gilt für Sean Mannion (Oregon State Beavers). Stanford, Washington und USC werden mehr als einmal verlieren und daher nicht ganz vorne mit dabei sein.

5 Kommentare zu “Oregon Ducks – Marke zwischen Hochgeschwindigkeit und Erwartungsdruck

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  2. Irgendwelche empfehlenswerte Blogs oder Seiten über die Ducks ? Der Artikel hat mein Interesse geweckt, auch wenn ich CFB bisher nicht wirklich auf dem Schirm hatte außer wenn keine NFL kam. Danke dafür.

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