Sonntagsvorschauer – Spieltag 8

Achter Spieltag der Saison mit dem Verweis gleich auf die heute ungewöhnlichen Kickoffzeiten.

Denn: Die Umstellung auf Winterzeit, die wir bereits heute Nacht durchgezogen haben, passiert in den USA erst nächste Woche. Daher wie alle Jahre die Warnung: Heute und morgen beginnen sämtliche NFL-Spiele bei uns eine Stunde früher als gewohnt: 14h30, 18h, 21h und 1h30. Selbiges gilt bis zu den College-Football Spielen bis zum Samstag, die dann um 17h, 20h30 usw. angepfiffen werden.

Kaffeekränzchen ab 14h30

  • Cleveland Browns – Minnesota Vikings

Drei London-Spiele 2017, drei Blowouts, darunter zwei Shutouts… und heute schickt die NFL die erwiesen saftlosen Cleveland Browns gegen die Monster-Defense der Minnesota Vikings ins Twickenham Stadium: NFL International riskiert heuer, gleich vier Blowouts in London zu servieren.

Die Browns sind eine der enttäuschenden Geschichten dieses Jahr. Das liegt natürlich nicht daran, dass man eine 5-2 Bilanz zu diesem Zeitpunkt erwartet hatte, aber 0-7 mit Pleiten selbst gegen die unterirdischen Colts? Das macht sich nicht gut. Die Kritiker am „Mathletics-Style“ kreisen bereits wie die Geier über dem Firmengelände. Europa-Spiele sind für Offizielle und Coaches immer ein besonders gefährliches Territorium, da ihnen eine Bye-Week folgt. Und die bietet sich immer für Personalwechsel jeglicher Art an.

Ist Hue Jackson also schon dead man walking? Seine ständigen QB-Wechsel deuten eine gewisse Nervosität an. Heute soll z.B. wieder Kizer starten, also der Mann, der zuletzt mehrfach enteiert wurde. Der Start kommt gegen eine erwiesen unangenehme Vikes-Defense, die keine echte Schwachstelle zum Attackieren anbietet.

Es ist nicht so, dass die Browns kompletten Flaschen wären. Die Run-Defense z.B. würgt fast 2/3 der Plays für negative EPA ab und ist damit #3 der NFL. Die Passverteidigung ist mit 6.8 NY/A natürlich verbesserungswürdig, aber es gibt überall Bausteine, mit denen es sich arbeiten lässt. Freilich wird heute mit DE Garrett der wesentliche Passrusher ausfallen, und wenn die Offense so gar nichts zustande bringt, ist ein Resultat à la 30-3 nicht auszuschließen.

Damit würde die Mannschaft einen Kündigungsgrund für Jackson liefern. Bliebe nur zu hoffen, dass die Entlassung dann aufgrund mangelhafter Entwicklung, nicht mangelhafter Ergebnisse passiert.

Frühschicht ab 18h

  • Buffalo Bills – Oakland Raiders
  • Cincinnati Bengals – Indianapolis Colts
  • New England Patriots – Los Angeles Chargers
  • New Orleans Saints – Chicago Bears
  • New York Jets – Atlanta Falcons
  • Philadelphia Eagles – San Francisco 49ers
  • Tampa Bay Buccaneers – Carolina Panthers

Keine Frühschicht für Schmetterlinge im Bauch. Bengals vs Colts liest sich wie ein Krisentreffen, aber ohne Siegchance für die desolaten Colts (Indy muss nun in FS Hooker auch noch seinen ambitioniertesten Verteidiger bis Saisonende vorgeben). Jets vs Falcons ist die Auseinandersetzung zwischen einer positiven Überraschung, die keiner ernst nimmt (Jets) und einer negativen Überraschung, die einige noch ernst nehmen werden (Falcons).

Eagles vs 49ers riecht nach den Vorstellungen der letzten Wochen nach Blowout und Buccs vs Panthers ist dank zweier völlig unberechenbarer Kontrahenten eine Auseinandersetzung, bei der ein Wetteinsatz einem kompletten Tappen im Dunklen gleichkommt.

Bills vs Raiders klingt nicht uninteressant. Raiders-QB Carr fand vor zehn Tagen gegen Kansas City zurück in seinen Groove. Heute geht es gegen eine bessere Defense in Buffalo. Buffalo verkaufte unter der Woche DT Dareus nach Jacksonville, aber Dareus war diese Saison mehr „großer Name“ als dass er große Spiele geliefert hätte. Dennoch: Der Aderlass der Bills ist schon beeindruckend:

Saints vs Bears benennt einen klaren Favoriten: New Orleans. Aber die Bears haben immerhin guten Pass Rush und dank der Leistungssteigerung bei CB Fuller mittlerweile auch ein zumindest ernst zu nehmendes Defensive Backfield. Die Saints-Offense wird für Chicago aber zu einem echten Belastungstest: Sie hat sich in den letzten Wochen zu einer kompletten Unit entwickelt – inklusive eines exzellenten Laufspiels, das bizarrerweise aufblüht, seit Adrian Peterson das Team verlassen hat. RB Ingram und Rookie-RB Kamara sorgen dafür, dass QB Brees nur noch ca. 30x/Spiel wirft.

Für die Bears wäre eine solche Zahl natürlich noch immer Kulturschock bzgl. „Passfeuerwerk“. Es ist mittlerweile Folklore, dass Chicago letzte Woche mit vier Completions von QB Trubisky einen Sieg über Carolina feiern konnte. Die Bears werden auch in New Orleans versuchen, zu viel Passspiel zu vermeiden – was auch angesichts des Gegners Sinn macht: Die Saints haben zwar angeführt von DT Cam Jordan und Rookie-CB Marshon Lattimore eine durchaus passable Pass-Defense (6.3 NY/A, #19), aber mit nur 55% Success-Rate die viertschwächste Run-Defense der NFL.

Patriots (5-2) vs Chargers (3-4) klingt trotzdem wie die interessanteste Ansetzung. San Diego Los Angeles hat sich nach 0-4 Start (drei One-Score Losses) zuletzt wieder in die Saison gefräst und drei Siege gefeiert. Mit 3-4 ist man in der umkämpfen AFC West wieder fast im Rennen.

Die Chargers sind ein schwer zu bespielendes Team. In der Offense sind Pass- wie Laufspiel unangenehm zu verteidigen, vor allem weil sich zuletzt TE Hunter Henry in den Fokus gespielt hat. Die Defense hat zwar trotz des monströs gebauten DT Mebane Probleme gegen den Lauf (#29 nach SR%), ist aber ein Monster gegen den Pass geworden: DE Bosa und DE Ingram formen ein starkes Passrush-Duo, der Bradys immer noch instabile Pocket ernsthaft bedrohen wird, und in der Secondary hat man um den extrem verlässlichen CB Hayward herum eine Unit gebaut, die genug Waffen hat um die quicken Patriots-Receiver einzubremsen.

Also nicht täuschen lassen: Das wird ein unangenehmes Matchup für New England.

Spätschicht ab 21h

  • Seattle Seahawks – Houston Texans (21h05)
  • Washington Redskins – Dallas Cowboys (21h25)

Eine Spätschicht mit nur zwei Spielen. Die NFC-East Partie Washington Redskins (3-3) vs Dallas Cowboys (3-3) wird in den USA die Ratings dominieren, aber die Schlagzeilen im Vorfeld der Partie gehören der Parallel-Partie Seahawks vs Texans.

Dafür sorgte ein Kommentar von Texans-Owner Bob McNair zum Hymnenprotest in den USA („NFL can’t make inmates running the prison“). Ein geflügeltes Wort in den USA, ähnlich dem „Bock zum Gärtner machen“ in Deutschland. Der Aufschrei war massiv und provozierte um ein Haar den Abbruch der letzten Trainingseinheiten der Texans, doch die Spieler konnten im letzten Moment vom Abmarsch abgehalten werden. Allerdings: Star-WR #10 Nuk Hopkins boykottierte das Freitagstraining aus Protest.

Sportlich wird das keine uninteressante Partie: Hopkins vs Sherman klingt wie ein großartiges Matchup. Was können darüber hinaus DE Clowney und Konsorten gegen die katastrophale Pass-Protection der Seahawks ausrichten? Wie wird sich QB Russell Wilson dem Druck entziehen? Wie wird sich der junge QB Deshaun Watson gegen eine der besten NFL-Defenses aus der Affäre ziehen?

Houston ist eine gefühlt positive Geschichte der Saison, weil die Offense plötzlich zu funktionieren scheint. Aber die Texans sind nur 3-3. Sie drohen, den Anschluss im AFC-Playoffrennen zu verlieren, wenn sie weiterhin ihre Spiele nicht gewinnen.

Nachtschicht ab 1h30

  • Detroit Lions – Pittsburgh Steelers

Das Sunday Night Game kennt einen klaren Favoriten: Pittsburgh. Die Steelers haben zwar in Form des lärmenden WR Martavis Bryant („wenn ihr mich nicht bald öfter als 6x/Spiel anwerft, kündige ich und überhaupt ist Smith-Schuster ein schlechter WR“) aktuell leise Unruhe im Locker-Room, aber von solchen Störfeuern abgesehen kommt das Team immer besser in Schwung.

Gegen Detroit kann man ruhig Geld auf die Steelers-Offense setzen: Die Rushing-Defense der Lions, bislang eine positive Erscheinung, muss ab sofort auf DT Ngata (out for season) verzichten. In der Pass Defense kommt nicht viel Druck gen QB (DE Ansah mit erst 4 Sacks) und wenn CB Slay nicht WR Brown in den Griff bekommt, hat Detroit kaum Handhabe gegen das Steelers-Passspiel.

Auch Detroits Offense wird wenig Land sehen: QB Stafford mag sich zwar in der Bye-Week von seinen Schulterproblemen kuriert haben, aber er muss heute wohl auf WR Tate verzichten und muss hinter eine Offense Line spielen, deren linke Flanke von LT Mihalik bewacht wird – jener Mihalik, der bis zum Sommer im scout-Team der Steelers kein Land gesehen hatte!

6 Kommentare zu “Sonntagsvorschauer – Spieltag 8

  1. Der Vergleich „Bock und Gärtner“ greift an dieser Stelle zu kurz. Auch wenn das Inmates & Prison Sprichwort in den USA schon in der Schule ein geflügeltes Wort ist, so ist doch nicht zu verleugnen wenn in einer schwarzen Sportart von Gefängnis, Insassen usw die Rede ist. Die Anspielung ist zu deutlich als dass es keine Reaktion gibt.

    Insofern ist die heftige Reaktion der Mannschaft aber auch der Seahawks Spieler schon verständlich. Da hat mal wieder einer der Owner sein wahres Gesicht gezeigt…

  2. Tja mit den Browns ist das echt so eine Geschichte von wegen: Was schief gehen kann, geht auch schief.

    Ich persönlich halte Hue Jackson eigentlich noch für ziemlich sicher im Sattel sitzend, aber ein Sieg diese Saison sollte schon her, ein 0-16 wird dann vielleicht doch etwas zu schlimm aussehen.

    Hoffentlich lässt er Kizer durchspielen. Die Halbzeit Wechsel der letzten Wochen zu Hogan, der alles aber nicht besser als Kizer ausschaut, bringen den Browns überhaupt nichts. Die Browns müssen Kizer auf dem Feld sehen um nach der Saison entscheiden zu können, ob oder ob es nicht mit Kizer weiter geht. Leider ist Kizer nunmal kein 1st Round Talent. Ihm hätte eine Senior Season bei Notre Dame klar weiter geholfen. Sich aber nach einem 4-8 für die NFL Draft anzumelden spricht auch Bände.

    Problematisch ist auch das die WR der Browns eine Katastrophe sind. Kenny Britt, der nie auch nur ansatzweise seinen Hype in der NFL bestätigt hat, über 10 mio garantiert zu bezahlen ist an Dummheit kaum zu überbieten.

    Dafür jagte man Pryor Sr (Redskins) als feste Grösse der letzten Saison vom Hof, wie schon zuvor Travis Benjamin (Chargers) und Taylor Gabriel (Falcons).

    Der 2016 1st Round Pick Corey Coleman verpasst mit 23 Jahren schon jedes zweite Spiel verletzungsbedingt. Der Rest, inclusive Sammie Coates, ist im zweiten oder dritten Jahr nur bedingt als NFL tauglich zu bezeichnen.

    Ich werde mir heute mal schön in Ruhe die Browns anschauen, und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt 🙂

  3. Pingback: Sonntags um sechs: NFL-Frühschicht im Liveblog | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

  4. @GamePass: Ich finde es nur konsequent das der Preis gesenkt wird (auch in der Höhe), ist ja auch Halbzeit. Man hat ja auch einiges an Vertrauen zurückzugewinnen.

    @Bob McNair: Ich würde mir von der NFL ähnliches wünschen wie damals von der NBA bzgl. Donald Sterling. Der wurde quasi zum Verkauf der Franchise gezwungen. Das wird wahrscheinlich nicht passieren also braucht sich auch niemand mehr wundern, wenn NFL Owner mit Plantagenbesitzern verglichen werden.

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