NFL Conference Championship 2018/19 – Ein Ausblick

Championship-Wochenende in der NFL mit den beiden Conference-Finalspielen, in denen die Superbowl-Teilnehmer 2019 ausgespielt werden. Wir haben also morgen quasi Halbfinal-Tag der NFL.

Beide Spiele werden morgen ausgespielt. Die Ansetzungen lauten:

  • So 21h05 New Orleans Saints – Los Angeles Rams (NFC)
  • So/Mo 00h40 Kansas City Chiefs – New England Patriots (AFC)

Es dürfte sich herumgesprochen haben, dass es sich bei allen vier Mannschaften um außerordentlich offensivstarke Teams handelt, die neben dem einhergehenden sportlichen Erfolg auch einiges für die Optik zu bieten haben. Ich bin jetzt auch schon mehr als 15 Jahre dabei – aber ein derart hochklassiges NFL-Halbfinalfeld habe ich noch nicht gesehen.

Wir haben vier der weithin als fünf besten Coaches noch in der Verlosung: Sean Payton (Saints), Sean McVay (Rams), Andy Reid (Chiefs) und den besten aller Zeiten, Bill Belichick (Patriots).

Wir haben drei Superstar-QBs und einen ehemaligen #1-Draftpick: Drew Brees (Saints) und Tom Brady (Patriots) sind sichere Hall of Famer, Patrick Mahomes II (Chiefs) ist der Favorit auf den NFL MVP der Saison – und Rams-QB Jared Goff, 2016 der Top-Draftpick, der Mann mit den meisten Fragezeichen, ist auch kein Schlechter.

Kurzum: Viele Punkte und viel Spektakel sind fast garantiert. Den detaillierten Blick auf die Partien wird morgen der Kollege Herrmann werfen. Schauen wir uns heute also ein paar Häppchen an.

Saints vs. Rams

Die Partie gab es schon im November: Die Saints schossen Los Angeles damals 45-35 ab. Überwältigend war vor allem die erste Halbzeit von New Orleans, als QB Brees die Rams komplett zerlegte:

Als entscheidendes Matchup in jener Partie wurde Saints-WR Michael Thomas vs. Rams-CB Marcus Peters ausgemacht: Thomas mit über 200yds Receiving gegen einen überforderten Peters. Peters musste im November aber nur gegen Thomas spielen, weil der etatmäßige CB1 Talib verletzt ausfiel.

Talib ist nun wieder zurück. Sein Einsatzgebiet wird eine der „things to watch“, denn normalerweise stellen die Rams Talib nicht in den Slot – doch Thomas operiert vornehmlich aus dem Slot. Talib wie Peters gelten nicht als starke Slot-Corner, doch um nicht noch einmal das Mis-Match „Peters vs. Thomas“ durchschleifen zu müssen, könnte Rams-DefCoord Phillips versucht sein, Talib als Manndecker auf Thomas zu matchen, egal an welcher Stelle am Feld sich der Saints-WR aufstellt.


Letzte Woche spielten die Rams fast immer mit Base-Defense (3-4) gegen das 11-Personnel der Cowboys. Das ist ungewöhnlich. Wollte Wade Phillips damit dem Treiben des 11-Personnel Runnings Einhalt gebieten? Kann er sich so eine Aufstellung auch gegen Brees erlauben? Fact dazu auch: Die Saints sind eine der Offenses, die verstärkt aus 12-Personnel spielt:

  • 11-Personnel: 55% Snaps
  • 12-Personnel: 15% Snaps
  • 21-Personnel: 13%Snaps
  • 22-Personnel: 8% Snaps

Sensationell ist dabei das Saints-Laufspiel aus 11-Personnel: 60% Success-Rate, 4.7 YPC. Die Rams haben entscheidende Nachteile in Run-Defense gegen 11-Personnel: Nur 41% Defensive Run-Success Rate gegen dieses Personnel, 6.3 YPC aufgegeben. Es wird vielleicht nicht das entscheidende Matchup sein, aber es ist lästiges für die Rams.

Heimvorteil der Saints: Auf Gefahr, dem „Over-Analyzing“ zu erliegen, weise ich noch einmal auf den Artikel vom Dienstag hin, in dem ich den krassen Home/Away Split der Saints-Offense angeschnitten habe. Fazit: Brees zuhause ist ein Monster.


Die Rams-Offense musste letzte Woche kaum was zeigen, weil man über Dallas drüberlaufen konnte wie man wollte. Das wird morgen anders sein: Die Saints werden punkten, also muss Sean McVay QB Goff von der Leine lassen. Nach mehreren Wochen, in denen die Rams-Offense nur ihr halbes Play-Book offenlegen musste, ist morgen „Tag der Wahrheit“.

Die Rams-Offense spielt fast immer aus 11-Personnel (über 90% der Snaps). Sie operiert kaum aus Shotgun-Formation, stellt fast immer „Condensed“-Formationen auf, in denen viele Skill-Player aus der Spielfeldmitte heraus startend operieren. Die Routen sind dann nach „draußen“ in Richtung Seitenlinien designt. Letzte Woche kam dann der Tendency-Breaker, als McVay plötzlich Shotgun-Running auspackte, was Dallas komplett überraschte. McVay hat sicher für morgen weitere Überraschungen bereit – und es wird notwendig sein, denn die Rams-Offense kann sich in New Orleans keinen Dornröschenschlafs mehr erlauben.

Entscheidend für das Funktionieren ist die Rams-OL. Diese hat heuer 85 von 85 möglichen Starts hingelegt – mehr Glück mit Verletzungen kannste nicht haben. Gegen einen zu erwartend aggressiven Saints-Blitz ist das Funktionieren dieser Line entscheidend – ebenso hilft es gegen eine Saints-Rushing Defense, die auf DT Rankins verzichten muss.


Noch etwas Wichtiges in dieser Partie: 4th Downs. Die Saints haben dieses Jahr deren 18 davon ausgespielt und unfassbare 15 davon verwertet. Im Regular-Season Spiele zwischen den beiden Teams waren die Saints 2/2 in 4th Downs, die Rams nur 0/2 – ein entscheidender Grund für den Sieg der Saints. Beide Teams sind tendenziell aggressiv in 4th Downs – und sie werden es auch morgen sein müssen, denn Ballbesitz ist so wichtig wie nie, wenn sich zwei offensivstarke Truppen gegenüberstehen.

Chiefs vs. Patriots

Die ganz große Storyline ist natürlich Belichick gegen Reid. Reid ist der beste verbliebene NFL-Coach ohne Superbowl-Ring, und vieles in unserem Glauben im Vorfeld dieser Partie hängt davon ab, ob wir ihm zutrauen, die Dämonen seiner Playoff-Vergangenheit zu eliminieren.

Man hängt Reid an, dass er das „große Spiel“ nicht gewinnen kann – und so war letzte Woche gegen die Colts kein „großes Spiel“, denn ein Playoffspiel, das Andy Reid gewinnt, ist per Definition kein „großes Spiel“. Auf der Gegenseite haben wir Belichick, der nach fast 20 Jahren Dominanz seiner Patriots tatsächlich erneut geschafft zu haben scheint, dass sich sein Team als Underdog motiviert fühlt.


In der Regular Season trafen beide Teams aufeinander. New England gewann einen Thriller 43-40. Ein paar interessante Dinge kann man aus der Partie noch heute lesen:

  • Patriots führten zur Pause 24-9, weil sie Mahomes mit ihren angetäuschten Blitzes verwirren konnten und ihn bei 2 INT und 3 Fieldgoals halten konnten
  • Patriots stellten CB Gilmore auf WR Watkins, der wenig aufsteckte. Dafür war WR Hill mit 7 Catches für 142yds und 3 TD brutal.
  • Mahomes drehte nach der Pause den Spieß um, scorte mit seiner Offense satte 31 Punkte, aber ein Last-Second Fieldgoal gewann den Patriots dennoch das Spiel.

Was wird Belichick also morgen machen?

Die Chiefs-Offense ist ein Monster, das man nicht gänzlich aus dem Spiel nehmen kann – ergo brauchst du das Gaspedal mit deiner eigenen Offense. Nie vom Gas gehen, immer weiter spielen, versuchen, Touchdowns statt Fieldgoals zu erzielen – was notwendigerweise auch Ausspielen von 4th Downs bedeutet.

An der Chiefs-Offense fällt auf, dass sie losstartet wie die Feuerwehr (Effizienz pro Spielzug pro Quartal):

  • Q1: 51% Success-Rate, 0.35 EPA/Play, 7.6 Yds/Play
  • Q2: 52% Success-Rate, 0.25 EPA/Play, 7.0 Yds/Play
  • Q3: 54% Success-Rate, 0.34 EPA/Play, 7.8 Yds/Play
  • Q4: 40% Success-Rate, 0.10 EPA/Play, 5.9 Yds/Play

Für Belichick wird es also essenziell, Andy Reids „Skript-Drives“ (ca. die ersten 15 Plays) zu überleben. Dafür gibt es mehrere Optionen. Eine davon ist, bei gewonnenem Münzwurf entgegen seiner Tendenzen nicht das Ballrecht auf die zweite Halbzeit zu verlagern, sondern sofort zu übernehmen um möglichst selbst das Tempo bestimmen zu können und die Chiefs-Offense erstmal an der Seitenlinie auskühlen zu lassen. Glaubt jemand, dass Belichick morgen den Münzwurf verlieren wird?

Andere Option: Mahomes nicht über eine passive Defense drüberfahren zu lassen, sondern versuchen, ihn mit aggressiver Defense aus dem Konzept zu bringen. Wie im ersten Spiel. Vorne angetäuschte Blitzes, hinten Manndeckung. Wird man diesmal erneut WR Watkins als #1-Option ansehen oder doch Kelce oder Hill zuerst angehen und damit den Druck gen Watkins verlagern, Watkins dazu zwingen, Single-Coverage zu schlagen?

Wird Belichick versuchen, die Chiefs-Offense in der Spielfeldmitte zu halten – dort, wo die Pats-Offense 8% besser ist als der Liga-Durchschnitt, und wo sie die größte Stärke haben? Das würde wohl bedeuten, Passspiel auf TE Kelce zu erlauben – was auch nach einer riskanten Idee klingt.


An der Pats-Offense fällt wie schon bei den Saints der Home/Away Split auf: Auswärts ist sie wesentlich schwächer, obwohl sie zuhause die wesentlich schwierigeren Gegner gesehen hat. Nach DVOA liest sich das so: Pats-Defense zuhause #2, auswärts #31. Wie besorgniserregend ist das für morgen?

In der Patriots-Offense gibt es eigentlich keine Zweifel, wie die Strategie aussieht: Viel 21-Personnel, viel Play-Action, viel hartes und trockenes Laufspiel über die mäßige Chiefs-Run Defense drüber. Es wird viel Tamtam um die vermeintlich zusätzliche Stärke der Chiefs-Verteidigung zuhause gemacht – und die rohen Zahlen bestätigen das. Aber: Zuhause hat man vorwiegend Cupcake-Offenses gespielt. Auswärts waren die Granden wie Brady oder die Rams.


Finally: Die Temperatur. Anfang der Woche kursierten Gerüchte von Temperaturen um die -20°C für die morgige Partie. Das scheint sich erstmal gelegt zu haben: Der ganz extreme Kälteeinbruch bleibt aus. Aber es wird unter dem Gefrierpunkt bleiben – und jeder, der länger bei solchen niedrigen Temperaturen draußen ist, kann sich vorstellen, dass es unangenehm ist. Wie soll ein QB ohne Handschuhe gleich präzise werfen können?

9 Kommentare zu “NFL Conference Championship 2018/19 – Ein Ausblick

  1. „Wir haben vier der weithin als fünf besten Coaches noch in der Verlosung: Sean Payton (Saints), Sean McVay (Rams), Andy Reid (Chiefs) und den besten aller Zeiten, Bill Belichick (Patriots).“

    Wen siehst Du denn als Fünften in der Runde?

  2. Lieber Korsakoff,
    Wo bekommst du denn die Grunddaten für deine Statistiken her? Muss ja eine sehr unfangreiche Datenbank sein!
    Danke

  3. Mark Sanchez ist ein besserer QB als Tom Brady!
    Zumindest Auswärts in den PO, da sind die BB/TB Patriots nur 3-4 und Mark Sanchez ist 4-2. Auswärts hat TB so seine Probleme in den PO, daher hab ich schon deutliche Hoffnung für Kansas und Reid. Ist der SB dann auch kein großes Spiel wenn er gewinnt?

    Und bei den Rams traue ich weder McVay, noch Goff wirklich, dafür haben sie in den PO zu wenig leisten müssen um das Spiel zu gewinnen. Ich vertraue Payton und Brees hier mehr.

    Auch auffällig das mit BB, Reid und Payton die 3 erfahrensten HC so weit gekommen sind.

  4. Beim Saints-Rams Spiel sind die Rams für mich leicht zu favorisieren. Ich glaube es kann der Saints Verteidigung gelingen L.A. maximal bei 24 Punkten zu halten. Die Frage ist, ob die Saints in der Lage sind mehr als Punkte als L.A zu erzielen…

    Das Talib wieder dabei ist sollte helfen Thomas eher aus dem Spiel zu nehmen, auch wenn Talib sich gegen den Slot nicht so wohl fühlt. Es muss neben Thomas und Kamara mindestens ein weiterer Offensiv Spieler brillieren. Könnte Ted Gin sein oder Smith, am besten sind die Saints aber diese Saison aber gefahren wenn Ingram gut ins Spiel eingebunden war. Des Weiteren muss man hoffen, dass Peat sich von seinem Handbruch (mit OP vor dem Eagles Game) etwas erholt hat, da sonst über die Mitte viel Druck kommen wird und das macht Brees derzeit viel zu nervös. Ich hoffe Payton ist beim Playcalling gerade zu Beginn nicht zu aggressiv und das er Ingram ins Passspiel einbaut, dann haben sie eine Chance.

    Die Saints Verteidigung hat seit 22. November keinen TD mehr im vierten Quarter zugelassen (und im Dezember gab es viele enge Spiele) und ist wohl die stärkste Unit seit der Dome Patrol. Der Verlust von Rankins wird sie allerdings schmerzen. Nicht so sehr gegen den Lauf (da ist er eh meist nicht am Feld gewesen) sondern wegen der Presnap Reads. Rankins hat ein unglaubliches Spielverständnis und hat im Laufe der Saison zahlreiche DL Adjustments kurz vor dem Snap vorgenommen. Dies muss Demario Davis jetzt allein bewältigen. Rankins hat sich sogar gar nicht selten (wen er merkte das der Rush nicht durch kommt) bei kurzen Downs in die Pass Coverage fallen lassen und somit den entscheidenden Pass verhindert und das als DLiner!

    Ich hoffe das Goff mindestens genauso viel Probleme mit dem Lärm im Superdom hat wie beim letzten mal und das die Super Bowl dann Chiefs – Saints lautet aber wetten würde ich nicht darauf.

  5. „um nicht noch einmal das Mis-Match „Peters vs. Thomas“ durchschleifen zu müssen, könnte Rams-DefCoord Phillips versucht sein, Talib als Manndecker auf Thomas zu matchen, egal an welcher Stelle am Feld sich der Saints-WR aufstellt.“
    Welche Alternative hat er denn, wenn Thomas im Slot spielt?

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