Was vom Sonntag übrig bleibt

Moin.

Gestern Abend hatte ich zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen mehr Lust was anderes zu machen als NFL-Football zu schauen, und ich bin „belohnt“ worden, indem ich den Touchdown-ärmsten Spieltag seit 27 Jahren verpasst habe.

Okay, wir müssen beachten, dass es nur zehn Spiele gab und damit wesentlich weniger als gewohnt. Aber trotzdem: Die Highlight-Reels haben nicht gerade Sahnefootball angedeutet.

Wenn zu den Highlights des Tages gehört, dass ein Fan beim Goal-Line-Stand durch die Endzone läuft, ein Punter die Provokation einer Strafe feiert oder Tom Brady Microsoft-Tablets zerstört wie weiland Jimmy Hendrix E-Gitarren, dann weißt du: Der gespielte Football war baddddddddd.

Cincinnati hat 15-10 in Denver gewonnen in einer Partie, in der im Youtube-Highlight alle paar Sekunden die Offense wechselte, so übel war das ganze. Die beiden Offenses brachten combined -12.4 EPA/Play (man beachte das Vorzeichen) zustande.

Die Dolphins gewannen 31-24 gegen die Jets, aber auch hier: Beide QBs mit negativer EPA/Play. Tua nur leicht negativ. Zach Wilson dafür Zach-Wilson-like im knallroten Bereich.

Die Steelers erkämpften sich in einer Fieldgoal-Orgie einen knappen 19-13 Sieg gegen ein offensiv harmloses Tennessee und bleibt im AFC-Wildcardrennen irgendwo am Eck hängen, aber ernst nehmen kann man gerade nach der Partie weiter keinen von beiden.

So war das 31-30 der Packers in Baltimore am Ende das Highlight des Spieltags. Aber auch hier muss man konstatieren: Ja, stark von den Packers, die weiterhin ohne einige ihrer besten Spieler solche Spiele gewinnen und jetzt mit 11-3 Bilanz klarer Favorit auf den #1 Seed in der NFC sind. Aber auf der anderen Seite hätten die Packers auch fast eine 31-17 Führung gegen QB Tyler Huntley hergegeben, der zwar ein beherzter und gar nicht unbedarfter QB ist, aber eben auch nur Lamar Jacksons Backup. Huntley musst du im Regelfall als Superbowl-Contender schon kontrollieren.

Hängen bleibt von dem Spiel natürlich, dass Baltimore zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen mit einer Two-Point-Conversion in der letzten Spielminute scheiterte und damit verlor. John Harbaugh musste sich hinterher wohl wieder einiges anhören, aber der spannendere Fakt ist, dass Harbaugh beim Anschluss-TD auf 31-23 nicht schon die „Analytics-Two Point Conversion“ spielte.

Beim Anschluss an -8 Punkte Rückstand ist Two-Point Conversion die richtige Entscheidung, weil sie nachher einen Sieg-Kick mit dem zweiten TD ermöglicht. Mehrere Teams über die letzten Jahre haben das schon richtig hingekriegt und ich meine mich sogar erinnern zu können, dass Harbaugh selbst das schon richtig entschied.

Diesmal nicht – und so entschied die letzte Conversion nicht über Sieg oder Overtime, sondern über Sieg und Niederlage. Und führte erneut zur Niederlage. Baltimore gerät damit mit 8-6 Bilanz in die Bredouille.

Nur noch zwei andere Spiele wussten irgendwie zu begeistern – nicht durch spielerische Glanzlichter, sondern schlicht, weil wir über Sensationen sprechen.

Einmal putzten die Saints die Buccaneers in deren Stadion, und zwar nicht irgendwie, sondern 9-0. In Worten: Neun zu null. Mit Taysom Hill auf QB. Bradys zerstörte Surface-Tablets bleiben von der Partie ebenso hängen wie der Punkt, dass Sean Payton einmal mehr Bruce Arians in den Sack steckt.

Es ist schlicht unglaublich, mit welchen Mitteln Payton in den letzten Jahren wieder und wieder die eigentlich mit Stars gespickten Buccs ärgerte. Der einzige Wermutstropfen ist, dass New Orleans letztes Jahr in den Playoffs mit einem so kaputten Drew Brees antreten musste, dass man die einzige Niederlage ausgerechnet in den Playoffs kassierte.

Aber sonst war das diesmal blitzsauber gespielt von der Saints-Defense. Vorne Dampf gemacht, hinten Schotten dicht. Brady wusste nicht wie ihm geschah, nachdem die WRs Evans und Godwin runtermussten. Schematisch hatte Tampa keine Antworten, was sich nicht gut für die in den letzten Tagen heiß diskutierte Headcoach-Kandidatur von OffCoord Byron Leftwich (vielleicht in Jacksonville) macht.

Das Spiel offenbarte: Antonio Brown ist ganz einfach wichtig. Arians hieß den sündigen Spinner nach dem Spiel dann auch vehement wieder willkommen im Team.

Und die andere Sensation?

Detroit schlägt die Arizona Cardinals! Und zwar nicht irgendwie, sondern glatt 30-12. Jared Goff spielte das einfachste Spiel seiner Karriere und servierte eine simple Completion nach der anderen, während Kyler Murray nicht wusste wie ihm geschah, als er drölfzig Pressures und Sacks kassierte (okay, es waren gar nicht so viele, aber Murray spielte under pressure grausam) und auch zufuß nicht auf die Reihe brachte.

Ich habe es über die Wochen immer wieder geschrieben: Ich traue den Cardinals nicht. Jetzt sind sie 10-4 und haben mehrere richtig wackelige Performances hinter sich. Mit Selbstvertrauen und Schwung in die Playoffs gehen ist sicher anders.

Detroit ist mit dem Überraschungs-Coup jetzt 2-11-1, zieht aber nicht an Houston vorbei, weil die Texans ihrerseits überraschend zum zweiten Mal gegen Jacksonville gewannen und jetzt 3-10 sind.

Aber Detroit überholt damit Jacksonville, das jetzt 2-12 ist und auch post Urban Meyer verheerend auftritt. Zweimal mit Trevor Lawrence auf QB gegen die katastrophalen Texans zu verlieren, das musst du erstmal schaffen. Die Jaguars sind jetzt unterwegs zum zweiten #1 Pick in Serie.

Die Saison bleibt also total weird, aber so richtig mitreißen tut sie mich trotzdem nicht. Eher im Gegenteil. Ich warte seit Wochen eigentlich nur mehr auf den Start der Playoffs, denn richtig viel dazulernen tun wir schon lange nicht mehr. Ab Mitte Jänner können wir dann den Champion auswürfeln. Mir ist es egal mit welchen Mannschaften. Sind eh alle unberechenbar.

Heute Nacht

Cleveland – Las Vegas findet ab 23h statt. Es ist ein Spiel, das im AFC-Wildcardrennen relevant ist, aber viel zu previewen gibt es momentan trotzdem nicht, weil nicht klar ist, welche Browns spielen können und welche nicht.

Zum Beispiel soll Browns-QB Baker Mayfield nix von Corona spüren, aber ohne negativen Test bleibt Mayfield in Quarantäne. Wann klar ist wer spielen kann? Ich habs nicht mitgekriegt.

Monday Night Game ist ab 2h15 Chicago – Minnesota. Für die Vikings ist ein Sieg essenziell, wollen sie im NFC-Wildcardrennen bleiben. In dem Spiel gilt: Minnesota hat theoretisch alle Hebel in der Hand, die Partie zu gewinnen, aber lässt schon die ganze Saison jegliche Dominanz vermeiden. Wenn sie auch gegen Chicago 60 Minuten „close game football“ spielen, wäre das keine Überraschung.

Ein Kommentar zu “Was vom Sonntag übrig bleibt

  1. Godwin für die Buccs ist für den Rest der Saison raus.
    Daniel Jones für die Giants wird dieses Jahr auch nicht mehr spielen.

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