Vorschau Wild Card Playoffs 2015/16: Kansas City Chiefs @ Houston Texans

Playoffs!

Wie so oft in den letzten Jahren macht das vermeintlich langweiligste Spiel den Anfang. Die Kansas City Chiefs (11-5, #5-Seed) besuchen die Houston Texans (9-7, AFC South Champions, #4-seed); Kickoff 22.35Uhr. Via NFL Gamepass übertragt ESPN mit Mike Tirico und Jon Gruden am Mic; in Deutschland ist ab 22.10 Pro7 Maxx beziehungsweise ran.de dabei mit Florian Schmidt-Sommerfeldt und Jan Stecker nehme ich mal an, steht bei ran.de aber nicht explizit. In Österreich wie immer bei PULS4 mit Eschlböck und Reiterer.

Also: ist das wirklich so ein langweiliges Matchup, wie es sich anhört?

Wenn man auf explosive Offenses mit Top-Quarterbacks Wert legt, dann ist das, was hier geboten wird, schon ziemlich lame. In der einen Ecke haben wir Brian Hoyer plus ein schlechtes Laufspiel, wobei der beste OLiner, Left Tackle Duane Brown, auch noch verletzt ausfällt. Und in der anderen steht Alex „The Game Manager“ Smith mit einem Laufspiel, dem Jamaal Charles fehlt.

Die vier Schlüssel der Chiefs

Running Back Charles, der über seine gesamte Karriere hinweg konstant mehr als fünf Yards pro Carry erlaufen hat, mußte sich schon im Oktober auf die IR verabschieden. Eine Woche später standen die Chiefs mit einem 1-5-Record mit beiden Beinen tief im Morast der Verzweiflung. Glücklicherweise ist Head Coach Andy Reid niemand, der in so einer Situation die Nerven verliert. Sein In-Game-Management ist zwar manchmal geradezu lachhaft, aber kaum jemand arbeitet von Montag bis Samstag so gut und bringt immer ein wettbewerbsfähiges Team zum Gameday. So gut wie nie geraten die Chiefs unter die Räder; wenn sie verlieren, dann verlieren knapp.

Besonders beeindruckend ist, wie Reid und sein Offensive Coordinator Doug Pederson es diese Saison geschafft haben, mit einer mittelmäßigen Offensive Line und den No-Names Charcandrick West und Spencer Ware ein Laufspiel auf die Beine zu stellen, daß 4,7 Y/A macht. West ist dabei der grinder, der immer für drei oder vier Yards nach vorne fällt; Ware ist der Typ, der auch mal nicht hinfällt und für 30, 40 Yards durchbricht. Schlüssel #1: es braucht zwei oder drei Big Plays aus dem Laufspiel.

Nach Yards der zweitbeste Läufer – hinter Wests 634 Yards bei 4,0Y/A – ist tatsächlich Quarterback Alex Smith. Mehr als seine 498 Yards auf dem Boden machten nur die Quarterbacks Cam Newton und Russel Wilson. Smith ist ein athletischer Typ, auch wenn er auf den ersten Blick nicht so aussieht. Besonders interessant dürfte sein, wie oft Houstons Defense es mit Manndeckung im Paßspiel versucht, denn gerade gegen Manndeckung, wenn die Verteidiger sich umdrehen um den WRs zu folgen, hat der QB oft Platz zu laufen. Schlüssel #2: gib mir zwei oder drei 1st Downs durch Scrambles von Smith.

Schlüssel #3 ist ganz simpel: Null komma null Ballverluste. Da der Angriff nicht besonders gut ist, müssen um jeden Preis Ballverluste vermieden werden. Kansas City jedes Spiel zu einem „game of field position“ machen, eine Partie mit wenigen Punkten. Jeder Ballverlust dabei ist tödlich. Smith hat das verinnerlicht und wirft so wenige Interceptions wie kaum ein anderer. Ironischerweise war das größte Problem in Sachen Ballverluste immer der jetzt verletzte RB Charles. Seine Backups Ware und West halten das Ei fest, nur West hat in dieser Saison einmal den Ball verloren.

Nun haben wir als drei Schlüssel: Laufen, laufen, Ball nicht verlieren; das „game of field position“ gewinnen. So bleibt man mit einer starken Defense auf jeden Fall im Spiel, aber die ganz großen Sprünge macht man damit nicht. Für diese, die großen Sprünge, hat KC vor der Saison tief in die Tasche gegriffen und Reids alten Spezl Jeremy Maclin verpflichtet. Der Speedster ist der einzige WR von Format. 1088 Yards sind im Jahre 2016 kein großes Ding mehr, aber letzte Saison hatte Dwayne Bowe mit 750 Yards den Spitzenwert. Das sind Zahlen wie aus den 70er Jahren.

Daneben ist Travis Kelce mit ganz guten Händen ausgestattet und spielt als Tight End im Reid’schen Kurzpaßgewichse eine zentrale Rolle. Zum Saisonende hin kam mit Zwerg Albert Wilson noch ein dritter Mann hinzu, der mehr als einen Ball pro Spiel fangen kann. Wilson ist ein komischer Typ: gerade mal 1,75m groß, dafür mehr als 90kg schwer, also nicht wirklich ein typischer Slot-Guy, aber woanders kann er mangels Länge gar nicht spielen; gilt trotz seiner Masse auch als Deep Threat, obwohl er das dieses Jahr nicht bewiesen hat. Von wo auch immer: vom bekannten Maclin, vom großen Kelce oder vom komischen Wilson: Schlüssel #4 ist der lange Ball; QB Smith muß früher oder später auch mal tief gehen und dabei erfolgreich sein.

Können Hali und Houston dominieren?

Insgesamt müssen die Chiefs dabei aber nicht zu aggressiv sein. Durch ihre starke Defense können sie es sich erlauben, das Field-Position-Game zu spielen. Auch wenn alle Welt gerade über Rookie-CB Marcus Peters ausflippt, weil er acht Interceptions gefangen hat und viel über Safety Eric Berry geredet wird, der den Krebs besiegt hat und langsam zu alter Stärke zurückfindet: diese Verteidigung steht und fällt mit den Edge Rushers Tamba Hali und Justin Houston.

Hali ist leicht angeschlagen mit einer Handverletzung, Houston kommt nach fünf Woche Pause zurück von einer Knieverletzung. Beide haben sich diese Jahr zeitweise recht schwer getan, aber da kommt ihnen Houstons Offense als Opfer gerade recht. Wenn sie hier nicht glänzen, dann werden sie in diesem Januar auch nicht mehr glänzen.

Wie gesagt, LT Brown, der fähigste der dicken Männer Houstons, hat sich im letzten Spiel der Regular Season verletzt. Right Tackle Derek Newton ist nur Durchschnitt. Und Brian Hoyer hat diese Saison überhaupt erst einmal für mehr als 300 Yards geworfen. Das könnte ganz häßlich werden für Houstons Offense. Zumal auch das Laufspiel um Alfred Blue und Chris Polk anämisch ist (3,8 bzw. 3,4 Y/A).

Der Amboss und die Bombe

Die Texans haben nur eine Waffe – und das ist Wide Receiver DeAndre „Nuk“ Hopkins („NukDaBomb“ bei Twitter). Hopkins kann jeden CB im 1-on-1 schlagen und er kann jeden Ball fangen, der in seine Richtung geworfen wird. Selbst mit vier verschiedenen Quarterbacks – Hoyer, Ryan Mallett, T.J. Yates und Brandon Weeden – hat er es geschafft, mehr als 1500 Yards zu machen. Cecil Shorts und Nate Washington sind ganz patente Männer, aber sie profitieren vor allem davon, daß Hopkins alle Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Wenn Hopkins keine 100 Yards macht, können die Texans gleich nach Hause fahren. Macht er mehr, brauchen sie immer noch ganz viel Unterstützung ihrer Defense – und die könnte sie vielleicht sogar bekommen.

Houston hat keine Schlüssel, Houston hat nur einen Amboss. J.J. Watt ist endlich seinen Gips los und spielt wie J.J. Watt in his prime eben spielt: unstoppable. Will man ihn stoppen, müssen mindestens zwei Gegenspieler auf ihn angesetzt werden. Es gab ganz krasse Spiele dieses Jahr (mal wieder), als zum Beispiel die Bills und Patriots ihn bei wirklich jedem Spielzug mindestens gedoppelt haben.

Durch die viele Aufmerksamkeit, die Watt zieht, können andere Spieler wie Whitney Mercilus groß aufspielen. Zeitweise haben auch John Simon und Jadeveon Clowney (der mal wieder verletzt war) viele guten Szenen gehabt. Viele Pundits bescheinigen DC Romeo Crennel, daß er einen großartigen Job gemacht hat. Aber wieviel davon auf Crennels Game Plans und wieviel einfach auf Watts Übermenschlichkeit zurückgeführt werden kann ist – da bin ich mir nicht sicher.


Sicher ist jedenfalls, daß KC hier der Favorit ist. Spielen sie ihr gewohntes (langweiliges) Spiel, machen sie immer zwei, drei First Downs pro Drive, machen keine Turnovers und behalten stets ihre gute Field Position, kann Houston nur gewinnen, wenn entweder Hopkins 250 Yards macht oder Watt himself macht zwei Touchdowns. Ausgeschlossen ist das beides nicht. Und zumindest wird es niemals langweilig, wenn J.J. Watt mit dabei ist.

Nicht mal, wenn die Chiefs mitspielen: 2013 geriet der Wild-Card-Auftakt der Chiefs zu einem der krassesten Playoffspiele aller Zeiten, als Andrew Luck in der zweiten Hälfte einen 38-10-Rückstand in einen 45-44-Sieg verwandelte. 2011 war der Wild-Card-Auftakt der Texans die große Coming-Out-Party des Rookies J.J. Watt. Und wenn gar nichts geht und alle fast eingeschlafen sind, macht immer noch Andy Reid etwas so dummes mit seinen Timeouts, das Twitter explodiert.

8 Kommentare zu “Vorschau Wild Card Playoffs 2015/16: Kansas City Chiefs @ Houston Texans

  1. Müssen die Team in den Playoffs die verletzten Spieler nicht mehr listen? Normal findet man auf nfl.com, wer out, questionable usw. ist.

  2. Ich sehe auch eher KC vorne, höchstens wenn WATT den QB Smith zerstört, könnte es eng werden! Wer hat nen Vorteil bei den Kickern im Game of field position?

  3. @Napoleon: Wahrscheinlich ein Fehler der NFL.com Seite. Alternativ kann ich dir die FOX-Seite anbieten:
    http://www.foxsports.com/nfl/injuries

    z.B. RB Lynch wurde für morgen auf „Ausfall“ deklariert.

    @ThomasP: Kicker sind immer schwierig zu bewerten, weil sie nur ca. 30 Kicks (plus Extrapunkte) pro Jahr haben, oft in unterschiedlichen Konditionen.

    Aber: Obwohl Houston die halbe Saison in einer Halle bestreitet, hat der Texans Kicker 3.7 Punkte weniger produziert als man es von einem durchschnittlichen Kicker mit den entsprechenden Distanzen erwarten würde.

    KC und seine Kicker: -0.8 Punkte, also auch leicht unterdurchschnittlich, aber besser.

    Ob das in einem Spiel ein wirklicher Vorteil ist? Ich zweifle. (NE Kicker z.B. 14 Punkte über Durchschnitt in dieser Saison)

  4. @korsakoff: Danke für den link!

    Ich persönlich glaube an einen relativ klaren Erfolg für die Chiefs. Halte vor allem die o-line der Texans für eine mittelschwere Katastrophe. An Laufspiel wird nicht zu denken sein und Hoyer wird zeigen müssen, ob er den Druck in seinem ersten Playoffspiel standhalten kann. Hopkins und Watt sollten normal zu wenig sein um ein relativ komplettes Team wie Kansas zu gefährden.

  5. Zeichen deuten darauf hin, dass DE Clowney ausfallen wird.

    Wäre ein großes Problem für Houston, das hoffen muss, dass die Defense ähnlich wie in Cincinnati oder gegen New Orleans (jeweils nur 6 Punkte) auch Kansas City in ein Spiel mit ganz wenigen Punkten drängen kann.

  6. „Also: ist das wirklich so ein langweiliges Matchup, wie es sich anhört?“ Wenn ich das richtig lese, lautet die Antwort auf die eingangs gestellte Frage: Ja. Kurzpass Gewichs und anämisches Laufspiel. Damit dürfte der Artikel um einiges unterhaltsamer gewesen sein als das Spiel… 😀

  7. Pingback: AFC-Wildcards 2015/16: Houston Texans – Kansas City Chiefs live | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

  8. bei den Texan`s wäre in der Defens vielleicht noch MLB Cushing und der in der Mitte der Defensline spielente Wilfork, zu erwähnen die auch nicht von schlechten Eltern sind , ansonsten würde ich das hier geschriebene alles unterschreiben 😉 !

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