Auftakt zur Bowl-Season 2017/18: Die wesentlichen Fragen und Antworten

Morgen beginnt die Bowl-Season 2017/18. „Bowl Season“ hat nicht so viel mit Schüsseln zu tun wie ein Neuling im ersten Moment denken würde. Es ist vielmehr der Saisonabschluss für die College-Football Mannschaften mit positivem Record, eine Art Belohnung für eine mehr oder weniger gelungene Saison. Über das Bowl-System habe ich schon mal vor ein paar Jahren geschrieben – es hat sich bis heute zwar hie und da ein Detail wie das Playoff geändert, aber im Kern sind die Bowls das geblieben, was sie schon immer waren: Freundschaftsspiele zum Ausklang des Jahres.

Das interessante an den Bowls sind die unterschiedlichen aufeinander treffenden Spielsysteme, die für optischen Thrill sorgen. Dazu die unterschiedliche Motivation: Nicht alle Mannschaften ziehen in der Bowl-Season voll durch. Diese Kombination sorgt oftmals für gewaltige Footballspiele, selbst in Anbetracht des Spiels um eine goldene Ananas.

Bowl-Season ist seit dem Ableben von ESPN America für mich nicht mehr das gleiche wie früher, als es um die Weihnachtszeit jeden Tag ein aufregendes Footballspiel gab. Aber nach zwei Jahren, in denen ich nur die großen Bowls zu Gesicht bekommen habe, juckt es diesmal auch wieder in der zweiten Reihe.

Als Vorbereitung habe ich mir Unterstützung von außen geholt: Christian Schimmel, bekannt als Chris5Sh auf Twitter sowie als Blogger von Der Draft.de und Podcaster bei Sportradio-360, beantwortet die wesentlichen Fragen, die ich mir im Vorfeld der Bowl-Season stelle.


Auftakt zur Bowl-Season machen zwei FCS-Teams in Grambling State und North Carolina A&T – zwei HBCU (historical black colleges und universities), deren Conferences sich traditionell nicht an den FCS-Playoffs beteiligen (wie z.B. die elitäre Ivy-League auch nicht). Dafür spielen sie heute in einem landesweit übertragenen Match im Atlanta Dome gegeneinander – es ist ein Feiertag für die Schwarzen. Bevor man drüber lacht: In den letzten Jahren waren jeweils rund 35.000 Zuschauer bei der Veranstaltung anwesend.

  • 18h: Grambling State Tigers – North Carolina A&T Aggies (Celebration Bowl)
  • 19h: North Texas Mean Green – Troy Trojans (New Orleans Bowl)
  • 20h30: Georgia State Panthers – Western Kentucky Hilltoppers (Autonation Bowl)
  • 21h30: #25 Boise State Broncos – Oregon Ducks (Las Vegas Bowl)
  • 22h30: Colorado State Rams – Marshall Thundering Herd (New Mexico Bowl)
  • 02h: Middle Tennessee Blue Raiders – Arkansas State Red Wolves (Camellia Bowl)

Thomas: Zu den „richtigen“ Bowls aus der FBS: Die New Orleans Bowl sollte ein Offense-Feuerwerk werden. Troy war jahrelang der Star der oft belächelten Sunbelt Conference, schaffte aber einen sensationellen Sieg gegen LSU. Wie konnte das passieren? Müsste nun nicht auch ein klarer Sieg gegen North Texas drin sein?

Christian: Es war ein komisches Jahr für LSU. Vor der Saison kam Matt Canada als neuer Offensive Coordinator von Pittsburgh, aber die Offense lief zum Großteil überhaupt nicht. Ironischerweise kamen nach dem Spiel Gerüchte auf, dass HC Ed Orgeron, ein Defensiv-Fachmann, Canada in seine Spielanlage reingequatscht hätte.

Es gab für mich fünf Faktoren, die Troy den Sieg ermöglichten. Zum einen sind die Trojans ein gutes Football Team, eine nichterklärbare Niederlage gegen South Alabama und eine zweite gegen ein gutes Boise State Team, das war‘s auch schon an Pleiten.
Dazu hat Troy mit 3,03 Yards pro gegnerischem Lauf die siebtbeste Laufverteidigung im kompletten College Football.

Zum dritten, war es für LSU ein Spiel, was man auf die leichte Schulter nehmen konnte, denn nach der Partie begannen die Begegnungen in der SEC. Viele Tigers waren im Kopf woanders. Weiters, Troy lag schnell 17:0, vorne und wenn du ein eindimensionales Football Team wie LSU bist, dass den Ball faktisch nicht effizient Werfen kann, bekommst du Probleme, wenn du in Rückstand bist. Ein letzter Faktor war, dass Tigers Star Running Back Darius Guice verletzt fehlte.

Was das Spiel gegen North Texas betrifft, auch die hatten ein sehr gutes Jahr. Zwei der vier Niederlagen gab es gegen die „Lane Kiffin University of Offensive Football, FAU“ Eine gegen ein starkes SMU (deren Head Coach Chad Morris nun nach Arkansas gewechselt ist) und eine gegen Iowa. Dazu ist es ein sehr ausgeglichenes Team in der Offense, das sowohl Laufen als auch Werfen kann. Troy ist der Favorit und es sollte einige Punkte geben, aber die Mean Green werden lange im Spiel bleiben.

Thomas: Autonation Bowl? Es gibt heuer 39 Bowls, und ich habe nun mehrere Bowl-Rankings gelesen. In allen ist dieses Matchup die #39. Kannst du einen Grund anbieten, dieses Spiel anzuschauen?

Christian: Es ist Football. Es ist erst das zweite Bowl Spiel der Geschichte für Georgia State. Georgia State hat recht schöne Trikots. Western Kentucky hat mit Mike White einen ziemlich guten Quarterback, der auch im Senior Bowl spielen wird. WKU hat eine Serie von drei Bowl Siegen in Serie zu verteidigen. Und es ist Football.

Thomas: Zur Camellia Bowl: Middle Tennessee State schaffte mit Ach und Krach die Qualifikation für die Bowl Season – zum immerhin siebten Mal in 12 Jahren von Headcoach Rick Stockstill. Aber müsste mit relativ prominenten Coordinators wie Tony Franklin (Offense) und Scott Shafer (Defense) nicht eigentlich mehr herausschauen?

Christian: Das sollte man in der Tat meinen. Überraschend ist zudem, wie balanciert die Offense der Blue Raiders ist. Franklin hat lange bei Cal unter Sonny Dykes gearbeitet, der aus der Air Raid Schule von Mike Leach kommt. Das heißt, gelaufen wird nur im absoluten Notfall. Head Coach Rick Stockstill hat wiederum eine lange Vergangenheit bei Clemson und auch unter Steve Spurrier. Das sind schematisch schon gewaltige Unterschiede zu dem was Franklin zuletzt bei Cal gemacht hat.

Scott Shafer hatte eine unglückliche Zeit als Head Coach von Syracuse, ist aber schon lange dabei und als DC sehr erfahren. Ich bin gespannt, wie die Raiders Offense mit Arkansas State Pass Rusher Ja’Von Rolland-Jones umgehen wird, der seit dem fünften Saisonspiel immer mindestens einen Sack erzielt hat.

Thomas: Der Kracher des Abends ist die Las Vegas Bowl, Boise State vs Oregon. Als mittlerweile doch schon langjähriger Fan des College-Football erinnert mich diese Ansetzung sofort an eines der absoluten Highlights meiner Football-„Karriere“ vor dem TV: 2009, Chip Kellys Debüt als Cheftrainer der Oregon Ducks, wird mit seiner Mannschaft auf dem Blue Turf in Boise regelrecht vorgeführt, die Offense wird in einer 19-8 Pleite abgewürgt wie nie jemals wieder und hinterher gibt Oregon-RB Legarrette Blount einem Bronco vor laufender Kamera auf die Fresse.

Es war der Auftakt zu einer prägenden Zeit im College Football: Boise State stellte von 2009 bis 2011 den vielleicht besten Mid-Major, den der College Football je gesehen hat, scheiterte aber letztlich an der BCS und seinen eigenen Nerven. Oregon erlebte unter Kelly eine Blütezeit mit einer anschließenden 46-6 Bilanz und der Qualifikation für ein BCS-Endspiel. Heute ist vom Glanz nicht mehr allzu viel übrig. Es sind mehr Flashes, die beide Teams bieten.

Boise State ist 10-3 und gewann die Mountain West Conference. Trotzdem fühlt sich die Saison wieder hohl an. Muss Boise State seine Erwartungen in der Zeit nach der Ära Chris Petersen ganz einfach herunterschrauben um nicht künftig jedes Jahr enttäuscht zu werden oder besteht Hoffnung, dass Bryan Harsin diesen Kader in naher Zukunft noch einmal an große alte Zeiten anknüpfen lässt?

Christian: Boise State wird den strukturellen Nachteil, als Team aus Idaho, nie völlig ablegen können. Keine größere Conference wird Boise State (Im Gegensatz zu TCU) einladen. Du rekrutierst die Reste aus Kalifornien, die zwar einen breiten Talentpool, aber auch entsprechend viele Programme haben, die in der Hierarchie teils weit vor Boise stehen. Darüber hinaus ist es ein ziemlicher Flickenteppich aus den unterschiedlichsten Staaten. Der mittlere Westen produziert wenig gutes FBS Talent. Dazu kommt die Personalie Chris Petersen, der auch bei den Huskies bereits seine außergewöhnlichen Fähigkeiten bewiesen hat. So ein Coach kommt nicht alle zwei Jahre vorbei

Ich halte Harsin für einen guten Head Coach und ich glaube auch, dass einzelne Glanzjahre in Richtung ungeschlagene Saison drin sind. Boise State hat im Gegensatz zu den meisten anderen Programmen in der Mountain West eine Identität. Es gibt den Sieg gegen Oklahoma, viele weitere große Auftritte im nationalen Fernsehen und etliche NFL-Spieler. Dazu das blaue Feld. Die Recruits wissen wofür Boise steht. Ich glaub die Broncos werden davon weiter profitieren, müssen aber versuchen weiter regelmäßig zehn Siege+ einzufahren.

Thomas: Oregon war nur 7-5, zeigte aber lichte Momente. Kannst du erklären, worin der Unterschied der Ducks-Offense lag, als QB Justin Herbert spielte und als er nicht spielte?

Christian: Die simple, wie einfache Antwort ist, du bekommst einfach Problme, vor allem auf dem hohen Niveu der PAC12, wenn du ein eindimensionales Football Team bist. Der Gegner stellt sich darauf ein, entsprechend viele Verteidiger konzentrieren sich auf den Lauf und du kannst es nicht nutzen, weil dein Back-Up Quarterback nicht gut genug ist. 10, 7, 14, 41, 3 war der Output der Offense ohne Herbert, zugegeben waren da die drei besten Gegner Washington, Washington State und Stanford unter diesen fünf Spielen. Insofern, Herbert hat in seinen Partien meist gegen schwächere Gegner gespielt, er zwang die gegnerische Defense aber auch, das ganze Feld zu verteidigen. Das war in seiner Abwesenheit nicht der Fall.

Thomas: Oregon verlor im Anschluss an die Regular Season Headcoach Willie Taggert, der einen Traumvertrag bei FSU unterschrieb. Der neue Chefcoach wird Mario Cristobal, der dritte Ducks-Coach in drei Jahren – eine gute Wahl?

Christian: Cristobal wurde schon sehr lange als Head Coach gehandelt, obwohl er nur für die Offensive Line bei Alabama verantwortlich war. Wenn man sich ansieht, wie die Ducks Offense mit einem gesunden Justin Herbert aussah, dann gibt es zumindest schematisch keine Fragezeichen.

Aber das ist eben nicht alles. Cristobal galt bei der Crimson Tide zudem als exzellenter Recruiter und unter seiner Aufsicht sind mehrere Offensive Line Spieler in die NFL gedrafted worden. Er hat starke Verbindungen nach Kalifornien, was ihm bei Oregon sicher zu Gute kommen wird. Dazu besitzt er bereits Head Coaching Erfahrung durch eine Zeit bei Florida International. Cristobal wirkt insgesamt wie eine sehr logische Wahl. Ich denke, dass er eine gute Chance hat bei Oregon lange Erfolg zu haben.

8 Kommentare zu “Auftakt zur Bowl-Season 2017/18: Die wesentlichen Fragen und Antworten

  1. na ja die kleinen Bowls sind ganz nett, trotzdem zu langatmig das Interesse besteht bei mir nur an den Neujahrs bowls .

  2. Der ESPN Bowl Pass kostet 19,95 §.
    Insgesamt 40 Spiele inkl. Semi- und Finals. Korrekter Preis wie ich finde.

  3. Ich gehe mal davon aus, dass Ihr vom Samstag, den 16ten, sprecht. Nur, dass da keine Verwirrung entsteht. Oder hab ich mal wieder etwas überlesen?!? Danke für den schönen Beitrag.

  4. Pingback: Samstagsvorschauer (NFL-Version) – Woche 15 | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

  5. …vielleicht noch eine kleine Division III-Bowl-Erwähnung an dieser Stelle am Rande, wo gestern mit der Stagg Bowl deren Endspiel bestritten wurde und Mount Union 12-0 gegen Mary Hardin-Baylor gewonnen hat. Es ist das 20. Endspiel (13 davon gewonnen) in 25 Jahren für Mount Union, was unfassbar ist. Damit kommt es zu so unglaublich statistiken wie, dass jeder 4year Spieler der letzten 25 Jahre mindestens einen Ring am Finger hat. Zwei dieser Spieler sind ua. Matt Campbell (Iowa State HC) oder Jason Candle (Toledo HC). Let’s call it dynasty! http://www.espn.com/college-football/boxscore?gameId=401003806

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