Kansas City Chiefs-Draft 2020: Vertane Chance

[Disclaimer: Ja, ich bin mir bewusst, dass mir der folgende Artikel in einem Jahr um die Ohren geworfen werden wird – nämlich dann wenn die Chiefs in der Superbowl spielen. Aber das ist ein Team-Building Artikel, und die Chiefs werden diesen Draft bereuen. Das ist garantiert.]

Denn ich komme trotzdem nicht damit klar, dass die Kansas City Chiefs mit ihrem 1st Rounder im Draft an #32 nicht auf Cornerback oder Receiver nachgelegt haben, sondern RB Clyde Edwards-Helaire gedraftet haben. Es bleibt ein verblüffender Pick, und einer der zeigt, dass auch die scheinbar smartesten Teams an einigen Stellen schlicht blind sind.

Durchaus möglich, dass der Helaire-Pick der Chiefs-Offense den einen oder anderen zusätzlichen Kniff geben und für noch mehr Potenz sorgen wird, und Helaire ist als multi-dimension Back als Runner, Receiver und williger & fähiger Pass-Blocker eindeutig ein wertvollerer Spieler in der zeitgenössischen NFL als ein Big-Bruiser wie A.J. Dillon.

Doch es bleibt eine signifikante Investition in die unwichtigste und austauschbarste Position am Footballfeld von einer Mannschaft, die es besser wissen müsste:

Erstens waren die Chiefs jahrelang trotz des grandiosen RB Jamaal Charles ein Offense-Mauerblümchen.

Zweitens hat man die notgedrungene Entlassung des ultra-effizienten Frauenschlägers RB Kareem Hunt vor eineinhalb Jahren sportlich kaum wahrgenommen.

Drittens hat man mit einem ungedrafteten plug & play Back wie Damien Williams die Superbowl gewonnen – und jener Williams war sogar ein echter Leistungsträger im Finale.

Viertens und wichtigstens hat man Patrick Mahomes.

Mahomes ist der Grund, warum die Chiefs auf absehbare Zeit Superbowl-Kandidat bleiben, und „Screen Pass Guru“ Andy Reid hat zu viel Erfahrung im Schemen von erfolgreichen Passing-Plays für Runningbacks, als dass der Helaire-Pick sich als annähernd so verheerend wie ein Dillon in Green Bay erweisen würde.

Doch es bleibt verschwendete Ressource. Die Evidenz ist schon seit Jahren nicht mehr von der Hand zu weisen, und mit jedem Jahr wird es noch klarer: Der Runningback ist der unwichtigste Mitwirkende für den unwichtigen Teil von Football-Offense: Rushing. Will man tatsächlich laufen – eine äußerst suspekte Strategie mit einem Quarterback Mahomes – hat man zwei wesentlich entscheidendere Stellhebel in der Aufstellung und im Scheme.

Die Gefahr mit einem solch hoch dekorierten Runningback ist noch eine andere: Er verleitet dazu, mehr zu laufen. Das Statement von Chiefs-GM Brett Veach direkt nach dem Draft ging dann auch eindeutig in diese Richtung:

Winning 1st down… situational football… making life easier for Pat Mahomes… Mal abgesehen davon, dass es schlicht beispiellos wäre, wenn die Chiefs mit Heliare eine 7-yds/Carry 1st Down Rushing-Offense auf die Beine stellen würden, ist hohe Laufspiel-Quote in Early-Down fast immer kontraproduktiv. In einer Offense mit einem Quarterback wie Mahomes nur umso mehr.

Die alternativen Optionen

Die Chiefs haben letztes Jahr mit einem bestenfalls „unbekannten“ Cornerback-Depth Chart überlebt, und nach dem Abgang der beiden besten Deckungsspieler Breeland und Kendall Fuller bleibt man jetzt komplett namenlos zurück.

Cornerback wurde in Runde 6 adressiert, mit Takarius Keyes. Nie gehört? Dann biste in bester Gesellschaft. Edge-Rusher, Safety – alles nur in den späten Runden am dritten Tag. Das kann gut gehen – aber man kann seine Prioritäten auch anders setzen.

Hell – die Chiefs hätten in Receiver investieren können und sie hätten es besser gemacht als mit Helaire!

Nächstes Jahr wird man nicht viel von der verpassten Chance merken, doch was, wenn der atemberaubende Receiving-Corps auseinanderfällt? Tyreek Hill ist eine Schlägerei von einer langen Sperre entfernt, Sammy Watkins ist teuer, durchgeknallt und wohl nur noch ein Jahr im Kader, und der primär als Slot-Receiver eingesetzte TE Kelce mit bald 31 auch nicht mehr der jüngste!

Receiver ist der Trigger der Offense, Runningback das Beiwerk. Receiver ist die „teure“ Position in der Offense, Runningback die billige.


Kurzfristig wird der Helaire-Pick – so Andy Reid ihn nicht in Early-Downs überbeansprucht – also die Offense wohl ein klein wenig verbessern, aber langfristig ist er eine vertane Chance. Die Chiefs werden dank Mahomes wohl die nächsten Jahre im Titelmodus bleiben. Doch schon in zwei oder drei Jahren wird man sich wehmütig an diesen Pick und die Chance, die er geboten hätte, zurückerinnern.

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2 Kommentare zu “Kansas City Chiefs-Draft 2020: Vertane Chance

  1. „ultra-effizienter Frauenschläger“? 🙂 Schon klar, dass die Effizienz sich auf seine RB-Fähigkeiten bezieht. Trotzdem ein schönes Beispiel, dass dieser Blog durch seinen kreativen Sprachgebrauch auch linguistisch einiges zu bieten hat. 🙂
    (nicht mal das allwissende Google kennt diese Wortkombination)

  2. Pingback: NFL Power Ranking 2020 – Woche 5 | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

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