Es ist offiziell: Big Ten und Pac-12 Conference haben ihre Herbstsaison gestern wie erwartet abgesagt.
Gerade für den noch recht frisch im Amt agierenden Big-Ten-Commissioner Kevin Warren gilt der Move als politische Profilierung. Er hat sich gegen die Interessen der mächtigen Coaches wie Jim Harbaugh oder Ryan Day oder aber auch gegen den Widerstand der University of Nebraska durchgesetzt.
Letztlich waren der Big Ten die Risiken zu groß; gerade das ungeklärte Thema Herzmuskelerkrankungen durch Corona war wohl letztlich mit ausschlaggebend.
Warren war der konsistenteste Commissioner in der ganzen Corona-Krise. Selbst als seine Liga vor ein paar Tagen einen reduzierten Spielplan vorlegte, hatte man nie den Eindruck, als würde er aufs Verrecken eine Saison durchprügeln.
Nebraska hat bekanntlich in den letzten Tagen offensiv verkündet, auch bei einem Football-Lock-Down im Herbst spielen zu wollen. Warren schob auch dem einen Riegel vor und droht mit dem Einfrieren von 50 Mio. und mehr. Wie dieser Machtkampf ausgeht, bleibt erstmal abzuwarten.
Andy Staples glaubt, der Nebraska-Widerstand hat vor allem mit dem Lenken der öffentlichen Meinung („wir wehren uns gegen das Establishment!!!“) zu tun. Intern habe man sich durchaus schon mit der Situation abgefunden:
Auch die Pac-12 hat das Erwartete gemacht.
Mid-Majors sind quasi alle tot für den Herbst.
In der Big 12 Conference entlang des Mississippi und der Rednecks in den USA dagegen scheint es intern massive Grabenkämpfe zu geben; man ist sich absolut nicht einig. Vorerst steht das Votum auf „spielen“, aber man hat nicht den Eindruck als ob man stramm hinter dem Status quo stehen würde.
ACC und SEC wirken überzeugter. Manche Beobachter glauben, dass die beiden Ligen im Herbst wirklich spielen könnten. Doch es sind viele Fragen ungeklärt – und der Wind kann sich jeden Moment drehen.
Sonst so
Nicht unspannend sind unter dieser Prämisse die Risikoeinschätzungen der Pac-12 Doktoren, die unterschiedliche Protokolle für unterschiedliche Unis vorgeschlagen haben – die Regionalität in den USA ist eines der unterschätzten Probleme, und College Football hat bekanntlich keine zentrale Instanz um alles zu koordinieren:
Man darf gespannt sein welche Wissenschaftler die beiden Conferences auftreiben um die Erkenntnisse der Big Ten/Pac-12 Berater infrage zu stellen. Der ACC-Chefmediziner sieht z.B. momentan kein Problem mit Footballspielen.
Ergänzung zum Thema „Spieler sind sicherer wenn sie Football spielen“: Es wäre nicht so, dass die Spieler nach Hause zurückkehren. Sie bleiben auf dem Campus – und alle Schutzeinrichtungen bleiben weiterhin intakt.
Unis wie Miami/FL oder Virginia Tech hatten schon vor der Pandemie Studien gemacht, in welchen Bereichen die Spieler sich am Feld sehr nahe kommen – außerhalb der Offense/Defense Line ist es nicht oft:
Freilich ist „außerhalb der Schützengräben“ eine nicht unerhebliche Einschränkung.
Was jetzt auch passieren könnte: Massive Abwerbeversuche von Big-Ten/Pac-12 Athleten und anderen ambitionierten Mid-Major-Prospects als Folge der verschobenen Saison.
Gäbe noch viel zu schreiben darüber, wie die Corona-Pandemie die strukturellen Probleme im College Football auf die brutalste Art offen gelegt hat. Aber dazu bleibt uns ja noch ein wenig Zeit. Nur so viel: Man möchte NCAA-Commissioner sein: 4 Millionen im Jahr kassieren um sich bei jeder unangenehmen Frage damit aus dem Schneider zu reden, ehe keine Entscheidungskompetenzen zu haben.
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