NFL Vorschau 2014 – Chicago Bears

Letztes Jahr haben die Bears nach vielen Jahren unter Lovie „Tampa2“ Smith einen sogenannten „Offensivguru“ oder „Quarterbackflüsterer“ als Head Coach engagiert. Unter Marc Trestman sah die Offense zeitweise richtig vielversprechend aus; allein: die Defense war von vornherein schon kaputt, dann litten sie auch noch unter riesigen Verletzungssorgen und verloren am Ende den Kampf um die NFC-North-Krone doch nur knapp.

Blablabla, interessiert alles niemanden mehr. Denn bei den Bears macht es richtig Spaß, in die Zukunft zu schauen und sich auf ein sehr aufregendes Team zu freuen.

Offense Chicago Bears

Diese Aufregung begründet vor allem die Offense. Man weiß nicht so recht, ob es von Anfang an die Idee war oder ob die Bears da eher so reingestolpert sein, aber: sie könnten das next big thing in Sachen „Offensivphilosophie“ werden.

In der NFL gibt es regelmäßig neue Ansätze, oder „Philosophien“, die sofort einschlagen, weil sie neu sind und die gängigen Verteidigungskonzepte mit bisher unbekannte Fragestellungen konfrontieren. In den letzten Jahren hatten wir da zum Beispiel die Spread Offense; die Wildcat; Philadelphias erstes Vick-Jahr mit der Combo dual-threat-QB/West-Coast-Offense/superathletische skill players; San Frans old school Laufangriff oder letztes Jahr Chip Kellys blur offense.

Die Bears unter Marc Trestman sind nicht direkt wegen des „Sytems“ so besonders, sondern wegen ihrer Spielertypen. Ihre Wide Receivers und Tight Ends sind allesamt riesig und ihr Quarterback hat den stärksten Arm seit He-Man. Sie haben die Idee der Seahawks-Secondary auf die Offense gespiegelt: größer, breiter, härter. Sie sind die „Legion of BAM!“.

Brandon Marshall und Alshon Jeffery sind beide 1,96km groß und bringen jeweils mehr als 100kg mit. Marshall wird sehr oft im slot eingesetzt und ist mit seinem massigen Körper dort das Gegenteil vom kleinenen Wuseler Typ Welker. Tight End Martellus Bennett mißt mehr als 2 Meter wiegt mehr als einige Defensive Ends. Alle drei können jeden air ball im eins-gegen-eins gewinnen. Jeffery und Marshall sind das beste WR-Duo der NFL; und selbst Bennett könnte noch eine Schippe drauflegen auf seine 65 gefangenen Bälle für 760 yards.

Bedient werden sie von rocket arm Jay Cutler. Dieser hat in seinem ersten Jahr unter Trestman endlich mal wieder einen Schritt in seiner Entwicklung gemacht und könnte bei entsprechender Gesundheit seiner selbst und seiner drei „monsters of the midway“ der große Geheimfavorit auf den MVP-Titel sein. Nicht grundlos haben die Bears ihm im Sommer mehr als $50M garantiert. Er ist beileibe nicht der „spielklügste“ QB unter der Sonne, aber Trestman setzt ihn so ein, daß seine große Stärke, der mordsmßäßige Arm, bestens zur Geltung kommt.

Das Ziel ist immer, den Ball zu Jeffery/Marshall/Bennett zu werfen, die dann gegen einen oder auch zwei Verteidiger ihre körperliche Stärke ausspielen. Um Abwechslung reinzubekommen, wird auch RB Matt Forte sehr stark mit ins Paßspiel einbezogen. Diese vier (für Verschnaufpausen manchmal ausgewechselt gegen WR Earl Bennett) sind so wichtig, daß Trestman oftmals gar nicht erst einen fünften skill player aufstellt, sondern lieber einen sechsten Offensive Linemen.

Um die rosigen Aussichten noch rosiger zu machen, kehren das erste Mal seit Mike Ditka (ungefähr) alle fünf anderen Linienspieler zurück und damit könnte endlich so etwas wie Kontinuität entstehen, die gerade beim Zusammenspiel der Linie so wichtig ist. In der Mitte waren Matt Slauson, Roberto Garza und Rookie Kyle Long besser als Durchschnitt, ein Level, das man in Chicago schon gar nicht mehr kannte. Aus New Orleans kam jetzt auch noch Center Brian De Le Puente dazu. Links Außen spielt sein Ex-Kollege von den Saints, Jermon Bushrod auch zu aller Zufriedenheit; nur rechts war Rookie Jordan Mills zu oft überfordert und könnte seinen Platz an Jacksonvilles ehemaligen 1st-rd pick Eben Britton verlieren.

Hinter dieser Linie – und den beiden ganz passablen Laufblockern auf der TE-Position Dante Rosario und Zach Miller – hatte auch RB Matt Forte sein bisher bestes Profijahr. Mit seinen 28 Jahren ist er idealerweise auf dem Höhepunkt seines Könnens, im schlimmsten Fall 6-12 Monate darüber hinaus. Als back-up für ihn wurde in der vierten Runde Ka’Deem Carey gedraftet; daneben noch im Kader sind irgendwelche Leute von der Straße. Forte sollte sich also besser nicht verletzen.

Wie sich überhaupt niemand verletzen sollte. Cutlers back-up ist weg (Josh McCown, der letzte Saison während Cutlers Verletzungspause fast besser gespielt hat als dieser selbst); Ersatz für Marshall/Jeffery wäre Marquess Wilson, letztes Jahr in der 7ten Runde gedraftet (aber immerhin auch 1,95m groß); Ersatz für Bennett wären die bereits erwähnten Rosario und Zach Miller (früher JAX, nicht der Zach Miller von Seattle), die letztes Jahr zusammen einen Ball gefangen haben.

Bleiben alle fit, können die Chicago Bears mit dieser Offense jedes Spiel spannend haltens, notfalls eben in einem wilden shoot-out. Von diesen shoot-outs gab es letzte Saison viel zu viele.

Defense Chicago Bears

Chicagos Defense war furchterregend schlecht. Es fehlte nicht viel, dann hätten die Stadtnachbarn der Bulls weniger Punkte zugelassen. Es haben schlicht und ergreifend gute Spieler gefehlt. Es war eine blöde Kombination aus: die guten Spieler waren verletzt (Lance Briggs, Charles Tillman, Henry Melton); die verbliebenen guten bekamen zu viel Aufmerksamkeit der gegnerischen Offense (Julius Peppers); und es fehlten die guten Spieler, die nie gedraftet wurden.

Stattdessen hatte Chicago das schlechteste Safety-Pärchen seit Einführung des forward pass in Major Wright und Chris Conte und den schlechtesten Linebacker gegen den Lauf, den ich jemals gesehen habe: 2nd-rd pick Jon Bostic. Was allein diese drei abgeliefert haben, spottet jeder Beschreibung. Bostic war auch einer der Hauptverantwortlichen dafür, daß Chicago ab Oktober völlig absurde 200 Laufyards pro Spiel zugelassen hat. Ja, 200 pro Spiel.

Dieses Jahr kann es gar nicht mehr schlechter werden, die Frage ist nur, wieviel besser die Verteidigung denn sein wird. GM Phil Emery hat als Notfallmaßnahme erstmal vier Verteidiger in den ersten vier Runde der Draft gezogen. Dazu kamen als Free Agens die Defensive Ends Lamarr Houston, Jared Allen und Willie Young. Der alte Allen ist nur als pass rusher zu gebrauchen und sollte einige Pausen bekommen. Young hat in limitierter Einsatzzeit bei Lions sehr vielversprechend ausgesehen. Und Houston hat eher noch mehr Potential und kann bei passing downs auch als Tackle spielen.

Für die beiden Positionen zwischen Allen/Houston/Young hat man die Wahl zwischen dem alten, ehemals guten Anker bei den Cowboys Jay Ratliff (ebenfalls letztes Jahr verletzt gewesen); dem ehemaligen 1st-rd pick Stephen Paea und den beiden diesjährigen 2nd- und 3rd-picks Will Sutton und Ego (sic!) Ferguson.

Bei den Linebackers kommt Lance Briggs zurück, der hoffentlich noch ein gutes Jahr „im Tank hat“. SLB soll Shea McClellin spielen; 2012 in der ersten Runde gedraftet, als DE aber „bust“. In der Mitte hofft man, daß D.J. Williams (ja: auch er 2013 verletzt) weniger kaputt macht als Bostic.

Für das Safetyproblem hat man noch keine richtige Lösung. Typische JAGs (Ryan Mundy, M.D. Jennings), ein Rookie (Brock Vereen) und aus irgendeinem Grund auch auch wieder Conte sind der pool, aus dem die zwei am wenigsten schlechtesten ausgewählt werden. Eventuell wird auch mal einer der beiden Veteranen Peanut Tilman und Tim Jennings in der Mitte ausprobiert. Wobei man die beiden dringend außen braucht. Komplettiert wird die secondary von 1st-rd pick Kyle Fuller (Cornerbacks in ihrem ersten Jahr, blabla ihr kennt das) und Kelvin Hayden. Ich kann mich noch an ihn erinnern, wie er bei Peytons Colts Stammspieler war, aber keine Ahnung was er in den letzten Jahren gemacht hat.

Aber die Personalie Hayden könnte auch ein Hinweis darauf sein, was DC Mel Tucker vorhat: sichere Zonenverteidigungen, die keine Katastrophen zuläßt und ab und an mal einen Ballverlust produziert – so wie eben damals die Colts.

Hier wurde also die Defense einmal ganz kräftig durchgeschüttelt, mit der Hoffnung, daß die Offense nicht jede Woche 35 Punkte machen muß um zu gewinnen. So ein großer Umbruch führt selten zu schnellem Erfolg, aber ein Fortschritt sollte es schon sein, zumal durch verletzte Rückkehrer, viele Free Agents und Rookies mehr Talten im Kader sein sollte.  Tucker war früher bei den Jaguars für einige starke Verteidigungsreihen verantwortlich und hat dort bereits bewiesen, daß er aus verschiedensten Versatzstücken eine funktionierende „Einheit“ formen kann.

Ausblick

Schafft Tucker das, könnten die Bears im Dezember und Januar das Monster sein, das aus der Tiefe kam. Mit dieser Offense ist alles drin. Diese Offense muß sich vor niemandem verstecken. Da sie mit ihrem Angriffspersonal den Ansatz der Seahawks gespiegelt haben, nicht mal vor diesen. Gegen Seattles Secondary muß man 1-on-1 gegen sehr physische Verteidiger gewinnen können – niemand sollte das besser können als die neuen Monsters of the Midway.

7 Kommentare zu “NFL Vorschau 2014 – Chicago Bears

  1. obwohl man zur letzten saison fairerweise sagen muss bzw mehr betonen, dass es eigentlich pflicht war, den divisionstitel zu holen, wenn GB fsat die hälfte der saison nicht mit rodgers aufwarten kann…

    von daher kann man die saison eigentlich als enttäuschung abhaken ^^

  2. Sehe ich such so. Für die Bears war es on der Gesamtsituation eher eine Enttäuschung. Wenngleich man mit dieser Defense natürlich nichts in den Playoffs verloren hat.

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