New England Patriots Mailbag, Teil 3: Defense

Teil 1 mit Belichick/Brady und Teil 2 mit der Offense hatten wir schon. Heute folgt Teil 3 mit der Patriots-Defense: Willkommen zum Mailbag.

#12 Letztes Jahr DefCoord Patricia, heuer DefCoord Flores: Wird der Aderlass an hochrangigen Assistenten irgendwann auch den großen Belichick treffen? Wenn ja: Wo besteht das größte Risiko, dass der ständige Abgang von Top-Coordinators zu spüren sein wird?

Herrmann: Auf jeden Fall in der Defense. Offense ist seit langem recht stabil mit McDaniels, RBs-Coach Ivan Fears und Legende Dante Scarnecchia. In der Defense dagegen sieht es sehr dünn aus. Mit Patricia, Flores und Branden Daley sind die drei längstgedienten Coaches weg; mit Greg Schiano auch der neue DC, der noch nichtmal richtig angefangen hatte.

Der dienstälteste Coach ist jetzt Steve Belichick, Bills Sohn und Coach der Secondary. “Chef” ist mehr oder weniger Jerod Mayo, der erst seit dem Frühjahr überhaupt fest im Coaching Staff ist.

Auf der defensive Seite ist noch sehr viel offen und es gibt viele Spekulationen, wer überhaupt der Playcaller sein wird: tatsächlich “Rookie” Mayo, Ex-Razorbacks-HC Bret Bielema, Belichick selbst? Sehr komische Situation. So lange Belly irgendwie dabei ist, hat Patriots Nation keine großen Befürchtungen, aber kleinere Sorgen durchaus.


#13 Belichick baut seine Defense um die Secondary, nicht um den Pass-Rush. Doch seien wir mal ehrlich: Nach den Abgängen von DE Flowers, DE Clayborn und DT Brown ist die Defensive Line dünner als zuletzt besetzt. Kann diese personelle Schwächung zu einer echten Sollbruchstelle werden oder werden Bennett/Winovich die Abgänge kompensieren?

Herrmann: Ersatz für Brown ist Mike Pennel und vielleicht auch ein verbesserter Danny Shelton, mit man letzte Saison oftmals unzufrieden war, aber anscheinend nochmal eine Chance bekommt. Neuzugang Bennett sollte ein großes Upgrade über Clayborn sein und kann vielleicht sogar Flowers ganz ersetzen.

Daneben gibt es vier gute Optionen, von denen mindestens zwei viel Spielzeit bekommen sollten: der physisch grandiose Dietrich Wise, bei dem man aber schon länger auf den nächsten Entwicklungsschritt wartet; Derek Rivers – wenn er denn endlich mal nicht verletzt sein sollte; John Simon, sehr hoch geschätzt von Staff und Fans, der letztes Jahr zum Ende hin immer wichtiger wurde; und Winovich, der zwar von Einstellung und Football IQ 100% Patriots Way ist, aber physisch wohl noch zu schwach, um sofort eine große Rolle zu spielen. Die Abfeierei von Winovich derzeit im NFL-Twitter ignoriert meist, daß er immer nur gegen den zweiten oder dritten Anzug eingesetzt wurde. Im Depth Chart ist er noch recht weit unten.


#14 Wer ist der wichtigere Verteidiger in der Patriots-Defense: CB Gilmore oder FS McCourty?

Herrmann: Gilmore. Bester Cornerback der NFL. Cornerback > Safety.


#15 Wenn du zwischen den folgenden Secondaries wählen kannst, für welche würdest du dich entscheiden?

  • Chargers mit CB Hayward, CB King, CB Williams, FS Derwin James und S Adderley
  • Patriots mit CB Gilmore, CB McCourty, CB Jackson, FS Patrick Chung und FS McCourty
  • Ravens mit CB Humphrey, CB Jimmy Smith, CB Tavon Young, CB Brandon Carr, SS Tony Jefferson, FS Earl Thomas

Herrmann: Patriots knapp vor Ravens wegen der Kontinuität, Tackling und Tiefe. Devin McCourty, Chung, Harmon und Gilmore wissen mittlerweile, was der jeweils andere träumt. Der andere McCourty und J.C. Jackson haben sich in ihrem ersten Jahr auch recht schnell eingefunden; Jon Jones, der im Super Bowl eine tragende Rolle gespielt hat, geht auch schon in seine dritte Saison. Dazu kommen für die Tiefe noch zwei Second Rounder in Duke Dawson (2018) und Joejuan Williams (2019). Mit den beiden hat man noch die Luxussituation, daß man sie gar nicht sofort braucht.

Dem Tackling nach ist es auf jeden Fall die beste Secondary der NFL. Das ist ein Charakteristikum, das Belichick von den meisten anderen GMs/Coaches unterscheidet: ein Defensive Back, der schlecht tacklet, hat hier keine Chance, egal wie gut er in der Deckungsarbeit ist. Durch Taktik, gutes Quarterbacking  und Regelwerk wird es immer, immer wieder vorkommen, daß der gegnerische Paßempfänger den eigenen Verteidiger schlägt und den Ball fängt, aber Big Plays zulassen durch schlampiges Tackling ist unnötig und für Belichick fast auf einer Stufe mit Fumbles.

Daß die meisten anderen GMs/Coaches das zumindest ähnlich sehen, konnte man in dieser Draft an dem Cornerback von LSU beobachten: in allen Mock Drafts Top-3-CB, aber in der Draft selbst wurde Greedy Williams als nur sechster oder siebter CB gezogen. Aber so extrem viel Wert wie Belichick auf Tackling legen in der NFL nur wenige.


#16 Belichick draftete in der 2ten Runde CB Joejuan Williams mit der Begründung, einen Matchup-Corner gegen hoch aufgeschossene Receiver zu brauchen. Doch welche AFC-Receiver hat Belichick damit überhaupt gemeint?

Herrmann: Das habe ich mich auch gefragt. Er hat wohl eher sehr junge Spieler gemeint, die erst letztes Jahr oder heuer gedraftet wurden und versucht hier einen Trend zu antizipieren. Vielleicht eher um Tight Ends zu decken? Oder vielleicht hat er nur eine lässige Begründung gebraucht, mal wieder einen Cornerback höher als alle Mock Drafts zu ziehen? Vielleicht wollte Belly auch nur mal die Patriots Beat Writer testen, ob sie ihm jede Antwort sofort glauben, die länger ist als drei Sätze? Der Rezeption in den Medien nach wurde die Antwort ja sofort aufgenommen als eine unhinterfragbare Wahrheit des allwissenden Orakels.

Große WR-Namen werden eh von Gilmore gedeckt, egal wie groß der Körper der großen Namen ist. Die jeweils 2ten-WR im Depth Chart oder jüngeren “Match-Up Riesen” kenne ich noch nicht. Was natürlich nicht heißt, daß es sie nicht gibt.

Am ehesten wäre mir da aus der NFC TE/WR Evan Engram eingefallen.  In der AFC East wären es am ehesten New Yorks Robby Anderson und Miamis DeVante Parker. Aber mit N’Keal Harry, Josh Gordon und Demetryius Thomas hat wohl New England selbst die meistens 1,90-Typen in der AFC. Also hat Belichick vielleicht auch nur seinen eigenen Trend gemeint: seine großen WR müssen schließlich im Training von einem großen Cornerback verteidigt werden.


#17 Weil einige in ihm den „wahren“ Superbowl-MVP gesehen haben wollen: Wie genau würdest du die Rolle von Kyle Van Noy in der Patriots-Defense beschreiben?

Herrmann: Ich finde Van Noy schwierig. Er fährt natürlich mit einem großen Truck über den Patriots Way: Einstellung, Klugheit, Vielseitigkeit, Diszipliniertheit in komplexen Drucksituationen, Do-Your-Job-Attitude ist alles aus dem obersten Regal. Aber er ist relativ langsam in der Horizontalen. Und daher wird er immer wieder im Paßspiel attackiert und kann nicht gefahrlos als ILB in Nickel und Dime spielen.

Am besten ist er als SAM oder WILL in Base-D; gut auch als End-of-Line-Player in Sub Packages mit vier oder fünf Spielern an der Linie (oder auch sechs wie im Super Bowl). Setting the Edge, langsamere Paßempfänger verteidigen, sicheres Tackling, auch gut im Blitzen – alles gut und wichtig. Aber in einer NFL, die so stark auf einzelne Match-ups fokussiert, ist 1st-class speed unabdingbar als Linebacker, wenn man über die Top-10 redet.

Da auch die anderen Linebackers Hightower und Elandon Roberts recht langsam sind, könnte Rückkehrer Jamie Collins eine sehr große Rolle spielen. Collins ist wahrscheinlich der athletischste Linebacker, den New England je hatte; das Ende seiner ersten Zeit hat anscheinend die mangelnden taktischen Disziplin eingeläutet.

JaWuan Bentley, 4th-rd pick 2018, schnell verletzt nach drei Wochen, sah in der kurzen Zeit sehr patent in Pass Coverage aus, auch wenn er bei der Combine nicht als besonders schnell getestet wurde. Von Bentley erwarte ich mir recht viel.

Also in kurz: Van Noy wird diese Saison wahrscheinlich eine weniger wichtige Rolle spielen als in der Vergangenheit, ist aber eine vielseitige Allzweckwaffe, die im Laufe der Saison durch Verletzungen von Kollegen und besonders geschnitten Game Plans wieder wichtiger werden wird.


#18 Donta Hightower: Unterschätztester Verteidiger der NFL?

Herrmann: Hightower ist als Spielertyp Van Noy sehr ähnlich – nur ist er kräftiger und noch ein besserer Blitzer, und er spielt ein wenig schneller (wenn er fit ist). In der letzten Saison mußte Hightower sich nach einer Verletzung zurückkämpfen und war gefühlt der langsamste Verteidiger der NFL. Er wurde im Laufe der Saison zwar wieder schneller, aber für die oberste Spitzenklasse reicht es nicht, er ist kein Bobby Wagner oder Luke Kuechly, aber wieviele von dieser Sorte gibt es schon? Es ist jammern auf hohem Niveau.

Unterschätzt? Bestimmt. Aber nicht “criminally underrated”. Gerade in den Super Bowls hat er einige Plays gemacht, die in die Patriots Hall of Fame kommen (Shoestring Tackle gegen Beast Mode direkt vor der Interception und Strip-Sack gegen Matt Ryan im 28-3-Game beispielsweise), aber dafür wird er in interessierten Kreisen durchaus heftig gefeiert.

Belichick findet immer wieder solche Leute: von Bruschi, Vrabel, Mayo bis hin zu eben Hightower und Van Noy. Wobei es schon viel aussagt, daß Belichick eigentlich immer mindestens einen Linebacker hat, der ein menschgewordener “Patriots Way” ist.

2 Kommentare zu “New England Patriots Mailbag, Teil 3: Defense

  1. Interessante Theore zum Tackling in der Secondary. Hätte gedacht, dass Teams Coverage Skills über Tackling priorisieren, weil es ganz einfach wichtiger als Tackling ist nach dem Motto lieber einen 20 Yards Gain verhindern als 5 Yards mehr Raumverlust durch besseres Tackling zu verhindern. Die Typen Greedy über die Sure Tackler zu ranken, weil es ganz einfach mehr Raumgewinn verhindert.

    Aber du hast schon Recht, Greedy und andere schwache Tackling DB sind in der Draft schon des Öfteren weiter gefallen als man denkt.

  2. Pingback: New England Patriots in der Sezierstunde | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

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