AFC Championship Preview: Kansas City Chiefs – Cincinnati Bengals

Bühne frei für das NFL Championship Weekend!

Morgen Abend 21h geht es los mit dem AFC-Finale Kansas City Chiefs (14-5) – Cincinnati Bengals (12-7). Es ist ein Spiel David gegen Goliath: Die kleinen Bengals fordern den Giganten Kansas City heraus, der zum vierten Mal hintereinander im Conference-Finale steht und deutlich favorisiert ist.

Die Bengals sind die große Überraschungsmannschaft der Saison. Als krasser Außenseiter in der AFC North gestartet, haben sie sich an den von Verletzungen geplagten Favoriten Baltimore und Cleveland vorbei zum Divisionssieg gemausert, um dann in den ersten beiden Playoffrunden zwei knappe Siege gegen Las Vegas und Tennessee zu feiern.

Einer der fettesten Wins auf dem Weg dorthin passierte in Woche 17 – zuhause gegen die Chiefs, nach mehrmaligen 14-Punkte-Rückstand. Es war das Coming-Out der Emporkömmlinge, die Erklärung an die AFC, dass dieser ewige Underdog auch „richtige“ Mannschaften schlagen kann. Es war auch ein cooler Shootout zwischen den famosen Quarterbacks der beiden Mannschaften – Patrick Mahomes und Joe Burrow.

Trotzdem können wir unmöglich zu viel in dieses erste Spiel hineininterpretieren. Dass die Chiefs morgen mit 7.5 Punkten deutlich favorisiert sind, hat schon einen Grund. Sie sind einfach die insgesamt wesentlich bessere Mannschaft:

Wenn die Chiefs den Ball haben

Die Chiefs hatten heuer einige Zeit damit Probleme, dass Travis Kelce und Tyreek Hill gegen die extrem auf Two-High-Coverages fokussierten Defenses keinen vertikalen Route-Tree mehr laufen konnten. Die Chiefs haben die Herausforderungen basically auf zwei Arten gefixt:

  1. Mahomes spielt geduldiger als früher und nimmt jetzt auch die „einfachen“ Raumgewinne.
  2. Kelce wurde in den Slot gezogen – die Linebacker haben jetzt die Zielscheibe auf der Brust

Die Route-Charts der Chiefs-Offenses von 2020 und 2021 zeigen auf den ersten Blick, wie Kansas City auf die Challenge der Defenses reagiert hat:

Wir sehen: Die Chiefs attackieren heuer ganz krass die Spielfeldmitte zwischen 5-15 Yards downfield. Auf die Spitze getrieben haben sie das z.B. beim Woche-17-Duell gegen die Bengals, als LB Jermaine Pratt das Fadenkreuz förmlich auf der Brust hatte. In der US-Fachsprache nennt man das, den Mike-Linebacker in Hi/Low bringen – gerade gegen einen Gegner wie die Bengals, die in exakt dieser Underneath-Zone viele Yards und Completions aufgeben, ist das ein quasi perfektes Matchup für die Chiefs.

In der Praxis sieht das so aus: Kelce, 2019 und 2020 oft eine Art Iso X-Receiver, spielt heuer anders als die letzten zwei Jahre viel häufiger im Slot um ihn als vertikale Waffe aus der Mitte einzusetzen anstatt ihn als Outside-WR gegen die Bracket-Coverages zu verbrennen. Kelce wurde heuer fast doppelt so häufig in den Slot geschoben wie in den letzten beiden Jahren:

Datenquelle: PFF.com

Vor allem gelang es Andy Reid, mit Kelce im Slot wieder ein Downfield-Element in die Chiefs-Offense zu bringen und die Nahtstellen im Seam zu attackieren – und damit die gegnerischen Linebacker vor unlösbare Probleme zu stellen. So haben sich die Chiefs wie eigentlich immer erwartet rechtzeitig zum Saisonhöhepunkt gefunden. Die gefürchtete Angriffsmaschine ist zurück.

Im „Two High“-Podcast haben Galina und Deionte Lee das dieser Tage besprochen: Gegner spielen praktisch kein Pattern-Matching gegen die Chiefs, weil sie panische Angst haben, dabei versehentlich einen „schwereren“ Body wie einen Linebacker gegen Kelce/Hill zu matchen. Vielfach ist das defensiv dann straightes Cover-2. Diese Coverage in Dime-Personell (also mit 6 DBs am Feld) zu spielen, trauen sie sich aber auch nicht so wirklich, weil die Chiefs mit ihrer verbesserten O-Line Gegner mittlerweile auch physisch dominieren können.

Doch was anderes als mit zwei tiefen Safetys zu spielen, bleibt den Gegnern der Chiefs auch nicht übrig, denn jeder Snap in Single-High wird mit tiefem Pass für Hill abgestraft. Die Bengals sind diesbezüglich schematisch nicht schlecht aufgestellt: 67% der Regular-Season Snaps hatten hinten zwei Safetys als Absicherung drin hocken – aber eben mit dem Problem, dann viele kurze Completions in der Mitte zu kassieren, weil niemand da ist, der die Routen abräumt.

Der Weg für die Bengals zu einem „Slowdown“ ist ein überragendes Spiel der Safetys Jessie Bates und Vonn Bell als Support für die auf dem Papier überforderten Linebacker, und dass deren Deckung lange genug hält um dem Passrush mit EDGE Trey Hendrickson, EDGE Sam Hubbard und DT D.J. Reader genug Zeit für den Passrush-Win zu geben um Mahomes ernsthaft unter Druck zu setzen. Also: Nicht nur ein bissl aus der Pocket zu bewegen. Sondern richtig aufs Maul geben.

Also: Wenn die Chiefs „on fire“ sind, sind sie nicht zu stoppen. Aber auch wenn Mahomes ganze Spiele im Alleingang dominieren kann: Die Chiefs nehmen sich immer wieder ein Päuschen riskieren damit, den einen oder anderen Drive zu verschlafen. Wenn die Bengals daraus Kapital schlagen, können sie das Spiel vielleicht enger machen als gedacht.

Wenn die Bengals den Ball haben

Die Bengals sind eine einfach zu lesende Offense: Wenn die Connection Burrow-to-Ja’Marr Chase (oder Tee Higgins) entlang der Seitenlinien zündet, dann feuert die Offense. Aber ohne kann das eine ziemlich zahnlose Offense sein, weil sie schematisch nicht viel macht um schwache Tagesform ihrer Stars zu kaschieren.  

Raffiniert ist das nicht – aber je nach Verfassunf von Chase kann das extrem effektiv sein. Burrow ist ein QB mit Eiern, den tiefen Ball für die Receiver zu legen – egal auf welche Schulter. Chase und Higgins sind beides Top-10 Receiver in Yards pro gelaufener Route und können outside jeden Cornerback schlagen. Insbesondere Chase ist ein absoluter Geek dabei, sich auf engstem Raum Platz zu verschaffen. Wenn er die sicheren Fanghände mitbringt, ist er jederzeit für einen Big Play zu haben. (Wenn nicht, dann drohen allerdings Drops ohne Ende.)

Die Chiefs werden den Teufel tun und gegen diese Armada nur einen Safety tief zu stellen. DefCoord Steve Spagnuolo wird wahrscheinlich das ganze Spiel über hinten drinsitzen und darauf hoffen, dass Headcoach Zac Taylor den berüchtigten „Mixon-Plan“ („ball control“ Gameplan) auspackt –Galaxy-Brain-Denke, mit Reduktion von Drives die Varianz zu erhöhen.

Allgemein ist die Chiefs-Defense bis auf die berüchtigten Sorensen-Implosionen nicht schlecht darin, den tiefen Ball wegzunehmen, aber Spagnuolo hat einen weiteren Trumpf: Sein Passrush ist ähnlich stark (oder stärker) als jener der Tennessee Titans, der Burrow letzte Woche zur Verzweiflung brachte.

PFFs Conor McQuiston hat unter der Woche eine hervorragende Studie zum Protection-Problem bei den Bengals geliefert, das zwei wesentliche Erkenntnisse gebracht hat:

  1. Die Bengals haben an der rechten Flanke der O-Line eklatante Schwächen in Pass-Protection, die von DT Chris Jones und/oder den EDGEs Melvin Ingram/Frank Clark auf unschöne Weise ausgeschlachtet werden könnten.

Es könnte ein Produkt von Burrows Unerfahrenheit sein – aber eben auch ein Burrow-implizites Problem. Auf jeden Fall ist die Schwachstelle offensichtlich – und Spagnuolo ist ein zu guter Defensive Coordinator um das Problem nicht schon längst erkannt zu haben. Die notwendigen Einzelkönner, um vorne Tam-Tam zu machen hat er.

Fazit: Die Bengals spielen eine von Downfield-Shots entlang der Seitenlinie abhängige boom or bust Offense, die bei Gelingen in Windeseile Touchdowns auflegen oder vorberieten kann, aber im schlechten Fall ständig droht in Pressures und Sacks zu enden.

Das Duell in der Regular Season

Im Regular-Season-Spiel in Woche 17 haben die Bengals einen dreimaligen 14-Punkte-Rückstand aufgeholt, in dem sie Kansas City mit kleinen schematischen Umstellungen vor Probleme gestellt haben. Das Spiel hat gezeigt: Die Chiefs können haufenweise Punkte auflegen, aber die Bengals können antworten, wenn sie zu Big Plays kommen.

Am Ende gewannen die Bengals das Ding, obwohl sie zwei Turnover-würdige Würfe von Mahomes droppten – und ein wichtiger Faktor dabei war das Time-Management am Spielende, als Taylor richtigerweise auf Zeit spielte um nicht zu schnell zu scoren. Timo Riske hat unter der Woche noch einmal aufgezeigt, dass selbst in „must score TD“ Situationen nicht das oberste Ziel sein sollte, einen Touchdown zu scoren, sondern einen Touchdown möglichst spät zu scoren – und Taylors Bengals (wenn auch sie nur ein Fieldgoal brauchten) ließen sich mit dem Punkten die notwendige Zeit.

Das zahlte sich. Am Ende hatten die Bengals auch Glück, weil die Defense mehrere Holdings zu 1st Downs beging. Doch der Grind wurde belohnt.

Fazit

Ich mag die Bengals und ich liebe Burrow-to-Chase. Aber der Terminus „Glück“ ist im Zusammenhang mit dem kleinen Wunder von Cincinnati schon nicht ganz zufällig gewählt, denn ich werde das Gefühl nicht los, dass Cincinnati bei aller Aura und Cockiness Burrows ihre Mittel ausgereizt haben und nach zwei knappen Siegen gegen AFC-Mittelklasseteams morgen in ein Debakel bei einem Juggernaut rennen.

Ich sehe einfach nicht, wie die Bengals-Defense Mahomes entscheidend stoppen will – und wenn Burrow, Chase, Higgins und Tyler Boyd kein absolut perfektes Spiel abliefern, dann geht das in die Binsen.

Das wäre keine Schande. Die Bengals sind viel weiter gekommen als gedacht. Das Halbfinale fühlt sich aber eine Gewichtsklasse zu hoch an. Wenn Cincinnati ausscheiden sollten, dann werden sie mit großen Hoffnungen in die Offseason gehen – sollten aber nicht vergessen wo sie wirklich stehen und die doch noch lange Checkliste an offenen Punkten abzuarbeiten, denn andernfalls werden sie trotz Burrow noch nicht einmal als Divisionsfavorit in die nächste Saison gehen.

Aber wenn sie tatsächlich die Sensation schaffen, dann will ich nix gesagt haben. Dann ziehe ich meinen Hut vor dem neuen Joe Cool und sitze in zwei Wochen mit Burreaux-Cappy vor dem Schirm.

12 Kommentare zu “AFC Championship Preview: Kansas City Chiefs – Cincinnati Bengals

  1. Hab gestern gelesen das ein 18er Amerikaner eine Petition gestartet hat um den Superbowl am Samstag statt Sonntag zu übertragen. Er denkt das dadurch mehr Zuschauer es Ansehen werden weil am Sonntag ja fast alle frei Haben. Was hält ihr von der Idee??
    Ich find’s gut würde den Superbowl lieber am Samstag schauen weil am Montag wirklich schwer ist zur Arbeit Hinzulatschen.

  2. Wegen der Zeitverschiebung ist in LA Kickoff schon um 15:30. Da dürften Samstags diverse werberelevante Personen noch auf der Arbeit sein. Deshalb verschiebung auf Samstag extrem unwahrscheinlich 😦 .

  3. Es heißt schließlich „an jedem verdammten Sonntag“ und nicht Samstag!
    Was wollen die Weicheier … Kickoff ist bei denen um 15:30 … wir hocken bis um 5:00 Uhr morgens vor dem Bildschirm und kämen im Leben nicht auf die Idee eine Petition zu starten!

  4. Die Petition dürfte eine Totgeburt sein. Der wahre Hintergrund ist ja eher, dass man nicht mehr Montag ggf. verkatert auf die Arbeit muss. Aber unabhängig davon, wie sehr man meint sich die Lichter ausschießen zu müssen/können – schauen tut man ja trotzdem. D.h. eine Verschiebung auf Samstag sorgt nicht für mehr Zuschauer, sondern nur, dass mehr Leute (guten Gewissens) saufen können. 😀
    Wie Ahmser schon schrieb dürfte eine Verschiebung auf Samstag eher noch mehr Leute in direkten Konflikt mit ihren Arbeitszeiten bringen. Und ich denke auch, dass die Austragungsorte kein Interesse daran haben. Mit Spiel am Sonntag dürften sie einen zusätzlichen Übernachtungstag der anreisenden Fans haben im Vergleich zu einem Kickoff am Samstag.

    Anderes Thema: waren die Bengals wirklich „krasser Außenseiter“ in der AFC North? Das klingt für mich so, als wären sie vor der Saison als abgeschlagener Letzter auf 5-12 oder so getippt worden.
    Sicherlich haben sie deutlich über den Erwartungen performed, aber meiner Erinnerungen nach waren in den Previews natürlich meistens Ravens und Browns vorne – aber viele hatten Bengals und Steelers in einer kompetitiven Division gleichauf. Und wer den Browns hinsichtlich Mayfield nicht getraut hat, der hat erst recht BigBen nicht getraut, sodass ich durchaus zwei, drei Previews gesehen habe, die die Bengals neben den Ravens in den Playoffs hatten.
    Überraschung ja, aber krasser Außenseiter in der AFC North ist mir dann doch ein bisschen zu viel Cinderella.

  5. Danke fürs Raussuchen, dann hatte ich Deine Formulierung vielleicht falsch verstanden. Krasser Außenseiter auf den Divisionssieg bin ich d’accord. Krasser Außenseiter im Sinne von „das Fallobst der Division, krasser Außenseiter auf die Playoffs“ wie ausgeführt eher nicht.

  6. Naja, als „Fallobst“ sind vielleicht die Texans und Lions in die Saison gegangen, und logisch war eine gute Saison der Bengals denkbar – schließlich hatten sie den #1 Pick von 2020 im zweiten Jahr (wo QBs tendenziell den größten Sprung machen) und seinen Lieblings-WR vom College als 1st Round Pick.

    Aber da war nach der Preseason schon sehr viel Negativität drin. Burrow, der schlecht ausgesehen haben soll im Trainingslager. Chase, der in der Preseason einen Drop nach dem anderen hatte. Taylor mit der Geschichte um die miese Stimmung in der Mannschaft.

    Dazu der Hype um die Browns und Ravens, und etwas Hoffnung auf Besserung bei den Steelers etc.

    Ich meine, ich war die letzten zwei Jahre dank Burrow optimistischer als der Public bei den Bengals, aber hab sie dann doch als #4 der Division getippt.

  7. not so fast – oder nicht so schnell ?
    Stimmen tweetes wie diese hier ?
    Confirming Tom Brady has called #Bucs GM Jason Licht to inform him he has NOT made up his mind about retiring or playing in 2022. @MikeSilver reported it first.

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