College Football 2019 Preview: UCF Knights

College Football ist ein Wettbewerb, der ambitionierten Up-Starts viele Steine auf ihren Weg nach oben legt. Nicht umsonst ist die Liste der Top-Teams von 2019 relativ deckungsgleich mit der Liste der Top-Teams der Fünfziger oder Sechziger Jahre. Wir sprechen eben von einem Sport der Eliten.

Doch es hat im Laufe der Jahrzehnte immer wieder Außenseitergeschichten gegeben, die sich nach oben gearbeitet haben – manche sind nach kurzer Zeit wieder in der Versenkung verschwunden, andere konnten sich in der Spitze etablieren. Die Penn State University zum Beispiel stellt ein Programm, das sich in der Joe-Paterno Ära ab den 1960ern von einem relativen Freak-College im Nirgendwo von Pennsylvania in die Spitze hochgearbeitet hat. Florida State, Miami/FL oder Florida: Alles Teams, die sich über die letzten vier Jahrzehnte einen Namen machen konnten.

Doch es gibt auch Beispiele von relativ kurzen Strohfeuern, die aufflackerten, ehe sie wieder verschwanden. In den 1990ern zum Beispiel spielte der Marshall Thundering Herd mit späteren Superstars wie QB Chad Pennington oder WR Randy Moss gewaltig auf, doch Marshall konnte sich nie unter den Großen etablieren.

Die Texas Christian University (TCU) oder die Utah Utes dagegen nutzten ihre große Zeit von ca. 2004-2010 um aus den Reihen der Mid-Majors hoch in die großen BCS-Power Conferences zu kommen – während der „andere“ große BCS-Buster Boise State als Provinzteam aus den Wäldern von Idaho bis heute als relative Freak-Erscheinung gilt, mit seinem Standortnachteil aussichtslos, jemals als echter Contender oder Power-5 Conference Anwärter wahrgenommen zu werden.

Die UCF Knights von der University of Central Florida aus Orlando sind der große Top-Mid Major der gegenwärtigen College-Football Szenerie: Sie beendeten ihre letzten beiden Saisons mit 14-0 und 12-1 Bilanzen in der American Athletic Conference extrem erfolgreich, ohne jemals ernsthafte Playoff-Chancen eingeräumt zu bekommen.

Diese Missachtung der Kleinen ist nichts Neues: Penn State musste z.B. einst dreimal ungeschlagen durch die Saison cruisen um 1982 beim dritten oder vierten Anlauf (und trotz einer Niederlage im Schedule!) endlich einen Landesmeistertitel zugesprochen zu bekommen. Ein neuer Contender? Kann gar nicht sein!

Jetzt ist UCF relativ neu: Das Programm existiert erst seit 1979 und spielt gar erst seit 1996 in der FBS, der höchsten Ebene des College Football. Erst 2007 wurden erstmals 10 Saisonspiele gewonnen. 2013 erreichte mal schonmal die Fiesta Bowl nach 12-1 Saison, doch stürzte zwei Jahre später komplett ab: 0-12. Sieglose Saison.

Die Entwicklung im S&P-Profil von Bill Connelly zeigt auch deutlich auf, wie weit drunten im Mittelmaß die UCF Knights in den letzten 15 Jahre operiert haben:

UCF Knights S&P 2005-2018.png

Gegen solche Teams werden dann auch bei perfekten Records wie sie UCF 2017 und mit Abstrichen 2018 hatte,alle Argumente gebracht, die man nur bringen kann:

…“aber sie haben einen laxen Schedule gespielt!“

…“aber sie haben ihre Gegner nicht aus dem Stadion geschossen!“

…“aber sie haben ihren Head Coach gewechselt (Scott Frost zu Josh Heupel) und können deswegen nicht wieder so stark wie 2017 sein!“

…“aber gegen Alabama hätten sie keine Chance!“

…“aber wie viele NFL-Prospects haben sie in den letzten Jahren produziert?“

Aber“ ist die Vokalel, die man so häufig wie keine andere hört, wenn man über College Footballs Mid-Majors und ihre Playoff-Ambitionen diskutiert. UCF ist nur der bislang Letzte in der Reihe, der sich gegen diese Skepsis verteidigen musste. Mythical National Championship, 14-0, Auburn geschlagen – alles umsonst. UCF wurde weder in 2017 noch in 2018 ernsthaft als Playoffteam diskutiert.

Wenn man nicht nur auf Bilanzen und Schedule schaut, sondern auch auf die zahlreichen verfügbaren Advanced-Stats, so könnte man natürlich auch zum Schluss kommen, dass dieser Ausschluss aus der Diskussion zurecht war. Denn so stark UCF aufspielte: Wirklich Top-5 Material war die Mannschaft trotz allem nicht:

  • SRS: 2017 die #10, 2018 die #9
  • S&P+: 2017 die #22, 2018 die #18
  • Schedule nach S&P+: 2017 die #97, 2018 die #107

Top-15 Qualität ist aller Ehren wert, es sind die „oberen 12%“ doch von der Qualität der damaligen BCS-Buster Boise State oder TCU oder von den richtigen Playoff-Kalibern wie Alabama oder Georgia war UCF dann doch ein Stück entfernt. Was die überzeugende Aufbauarbeit des Knights-Programms der letzten Jahre jedoch nur wenig schmälert.

Besonders eindrucksvoll in diesem Zusammenhang ist die hochkarätige Tiefe der Organisation: Der Erfolgscoach 2017 Scott Frost wechselte direkt im Anschluss an die Perfect-Season als Cheftrainer an seine Stamm-Uni Nebraska und übergab an Josh Heupel – mit dem Resultat, dass UCF eine 12-1 Saison nachschob, deren einzige Niederlage erst am Neujahrstag gegen die LSU Tigers passierte.

In jener Neujahrsbowl trat UCF sogar stark ersatzgeschwächt an, denn der Heisman-würdige QB McKenzie Milton verletzte sich gegen Ende der Regular Season übelst am Knie. Heupels UCF, dessen Offense stark auf die Talente seines QBs zugeschnitten war, wechselte Backup-QB Derrin Mack ein, der nicht nur mit Memphis und USF die beiden schwersten Gegner der Regular Season bezwang, sondern die Knights auch im Peach Bowl anführte.

Der Blick in die Zukunft

Wohin der Weg von UCF führt, ist nicht ganz klar. Zum Sportlichen für 2019 kommen wir gleich – aber UCF ist auch über 2019 hinaus eine spannende Geschichte. Der Campus der Uni liegt immerhin in Orlando, mitten im Herzen von Florida, einer der besten Regionen fürs Recruiting. In den letzten Jahren nahm UCF viel Geld in die Hand um die Facilities zu upgraden und ein neues Stadion zu bauen. Theoretisch erfüllt UCF also viele Voraussetzungen um für eine Power-5 Conference interessant zu werden…

…wenn da nicht das Hindernis existierte, dass die beiden geographisch am idealsten gelegenen Top-Ligen (SEC und ACC) beide schon vollgepflastert mit Mannschaften aus Florida sind: Florida in der SEC, Florida State und Miami in der ACC. Alle drei haben kein Interesse an einem weiteren Contender aus der Region, gegen den man im Recruiting umso stärker ankämpfen müsste, je weiter oben er mitspielen würde. So könnten sich die Standort- und Ressourcenvorteile, die UCF überhaupt erst zum Durchbruch verhalfen, am Ende als Nachteil auf dem Weg ganz nach oben erweisen.

So gut UCF z.B. im Vergleich zu Boise State aufgestellt ist, auch dauerhaft über eine kurze Blüte hinaus qualitativ weit oben mitzuspielen, so wenig wird das in SEC oder ACC passieren. Für UCF bleiben damit im Prinzip zwei ernsthafte mittelfristige Optionen: Entweder man bekommt ein Ticket in die Big-12 Conference, weil diese ihre Recruiting-Grounds nach Florida erweitern möchte, oder man schafft es im Verbund mit den aktuellen Conference-Mitstreitern wie USF, Houston oder Memphis (die alle ähnlich gute Standort-Voraussetzungen mitbringen), die American Athletic Conference in den nächsten Jahren als eine Art „sechste Power-Conference“ zu etablieren.

Und die Gegenwart?

Auch wenn viele Previews UCF nach wie vor als bestes (oder schlimmstenfalls 2t-bestes) AAC-Team erwarten: Als so komplett wie in den letzten beiden Jahren wird die Mannschaft nicht mehr erwartet. Offensive Line (satte 80 Starts wanderten zur Tür hinaus) und Defense müssen einen ordentlichen Aderlass verkraften (nur 54% der Offense und 63% der Defense kehren zurück), doch die größte Veränderung gibt es auf der Quarterback-Position.

Dort wird Milton wohl das ganze Jahr ausfallen – die Verletzung erwies sich als so katastrophal wie sie in Realzeit ausgesehen hatte. Wie eingangs schon erwähnt: Milton war das Epizentrum der faszinierenden UCF-Offense, der Trigger im Running- und im Passing-Game.

Ob Mack über die drei Einsätze im Winter hinaus ein zumindest halbwegs valider Ersatz sein kann, ist längst nicht klar. Sicherheitshalber holte sich UCF via Transfer in Brandon Wimbush noch den bei Notre Dame überflüssig gewordenen QB in den Kader um zumindest ein Duell um die Starter-Position ausspielen zu können. Doch zumindest Wimbush ist bei aller Klasse, die er als Ballträger zweifellos besitzt, kein adäquater Ersatzmann im Passspiel. Sollte Headcoach Heupel mit Wimbush als Starter in die Saison gehen, ist eine Passgewalt wie unter Milton undenkbar.

Der QB-Battle Mack-vs-Wimbush ist also „Upside“ (Mack) gegen „Erfahrung auf höchstem Niveau“ (Wimbush).

Vorteil für den Sieger des Duells: Es gibt vielleicht keine erfahrene Offense Line, aber drei rückkehrende Starter, die als beste ihrer Conference gelten. Dazu gibt es aufregende Skill-Player. RB Adrian Killins jr. ist ein Supersprinter und nicht nur für eine Menge explosiver Runs, sondern auch für 3-4 Catches pro Spiel gut. Das WR-Duo Gabriel Davis / Tre Nixon ist gut für bis zu 100 Targets pro Kopf und Otis Anderson ist so vielseitig, dass er noch nichtmal als „Runningback“ oder „Wide Receiver“ geführt wird.

Die Defense ist besser als ihr Ruf (letztes Jahr Top-50 nach S&P+). DE Brendon Hayes, LB Nate Evans, die CBs Nevelle Clarke und Brandon Moore sowie FS Rich Grant sind alles Spieler, denen man eventuell NFL-Ambitionen nachsagt. Problematisch ist allerdings erneut die Tiefe in der Defense Line.

Am Ende steht und fällt so vieles mit der Qualität auf Quarterback. Memphis gilt als aufstrebendes Team in der AAC, wie auch Temple oder Cincinnati. Doch auch wenn UCF nicht mehr 12-0 gehen wird, so bleiben die Knights trotzdem der knappe Favorit in der 6t-besten College-Football Conference.

Ein Kommentar zu “College Football 2019 Preview: UCF Knights

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