College Football Championship Game 2017/18 Preview: Alabama Crimson Tide – Georgia Bulldogs

Heute Nacht ab 02h30 (live bei DAZN und SPORT1 US) wird das Endspiel um die Meisterschaft im College Football ausgetragen: Die Alabama Crimson Tide (12-1) treffen in einem SEC-internen Duell auf die Georgia Bulldogs (13-1). In den USA wird die Partie zum old school Football Festival und Duell „Lehrer gegen Schüler“ hochstilisiert.


Halten wir die Einleitung kurz: Alabama und Georgia sind zwei der traditionsreichsten Programme im College Football und sie kommen aus dem tiefsten Süden der USA, aus dem Herzen des Bible Belt, und sie sind Aushängeschilder der weithin als Königsklasse Nummer 1 angesehenen Southeastern Conference (SEC). Sie treffen heute in Atlanta aufeinander –nicht nur die Hauptstadt von Georgia, sondern darüber hinaus auch die heimliche Hauptstadt des College Football. Das heutige Endspiel ist sozusagen auch eine Sternstunde für das Konservative im Amerikaner – und passenderweise dazu hat der POTUS für heute seine Anwesenheit im Stadion angekündigt.


Wo wir noch im Halbfinale letzte Woche einen Kampf der Kulturen zwischen der Super-Offense von Oklahoma und Monster-Defene von Georgia erlebten, gilt das heutige Endspiel als ein Kampf unter Gleichen und Gleichgesinnten. Das ist kein Zufall: Schließlich war der Head Coach der Georgia Bulldogs, Kirby Smart, fast 13 Jahre lang Assistent und Coordinator im Trainerstab von Alabamas Headcoach Nick Saban, ehe er vor zwei Jahren bei Georgia unterschrieb.

Saban ist der Meister unter den College-Football Coaches [1][2]. Seine Alabama-Mannschaften haben vier National Titles in elf Jahren geholt und kämpfen so konstant wie niemand anders in der Spitzenklasse mit. Das ist eine epische Errungenschaft Sabans.

Denn rufen wir uns in Erinnerung: Im College Football kannst du deine Spieler nicht halten. Sie haben vier Jahren als Studenten, ehe sie die Uni und deine Mannschaft verlassen. Gerade in den Spitzenprogrammen sind die meisten Top-Athleten schon nach drei Jahren weg, mit dem Ziel die heiligen Scheine in der NFL zu verdienen. Aufgrund des permanenten Umbruchs im Kader sind die Coaches im College Football also gezwungen, ihre Teams Jahr für Jahr umzubauen. Niemand bekommt das so gut hin wie Saban.

Saban gilt als bester Recruiter im College Football. Niemand holt so viele Top-Talente in den Kader wie Saban – und niemand entwickelt diese Spieler besser in einem ausgefeilteren System wie Saban. Ein oft unterschätzter Punkt: Niemand entwickelt seine Coaches so gut wie Nick Saban.

Und niemanden hat Saban so gut entwickelt wie seinen Lieblingsassistenten Kirby Smart, der schon zu Zeiten, als Saban bei LSU coachte (2004) in seinem Stab agierte und später mit ihm zu den Miami Dolphins in die NFL und wieder zurück ans College nach Alabama ging. Smart war jahrelang Sabans Defensive Coordinator und Speerspitze im Recruiting in den Südstaaten der USA – und er war so gut, dass Georgia ihn vor zwei Jahren als Nachfolger des gefeuerten – nicht gerade erfolglosen! – Head Coaches Mark Richt bestellte.

Alabama war unter Saban von 2011 bis 2017 jeweils die #1 im landesweiten Ranking des Recruitings. Doch der Schüler hat gut gelernt: Smart war 2017 in seinem ersten vollen Zyklus bereits die #3. Und 2018 wird voraussichtlich er selbst die #1.

Doch Smart ist nicht allein Recruiting. Sein Team von 2017 setzt sich noch zusammen vor allem aus den Bestandteilen seines Vorgängers. Smart hat daraus ein Monster geformt – knackige Defense gepaart mit einem extrem physischen Laufstil in der Offense. Das ist es, was Georgia letztlich zu dem macht, was viele von dieser Mannschaft behaupten – eine sehr gute Kopie des Originals zu sein.

Die Frage, die sich heute Nacht stellt: Ist die Kopie schon jetzt besser als das Original?

Die Marken: Kopie und Original

Georgia und Alabama spielen einen sehr ähnlichen Stil an Football: Furztrockene Defense, die vor allem dafür gebaut ist, gegnerisches Laufspiel zu stoppen. Und eine relativ risikolose Offense, die gedrillt wird, bloß ja nicht den Ball per Turnover herzugeben.

Beide Mannschaften haben ihre Stärken im Laufspiel, wo beide auf ein extrem effizientes Runningback-Tandem setzen: Alabama auf #34 Damion Harris und den furchteinflößenden #9 Bo Scarborough (zusammen fast 1600yds, 6.2yds/Carry, 9 TD), Georgia auf das epische Duo #27 Nick Chubb und #1 Sony Michel (gemeinsam 2430yds, 7.0yds/Carry, 31 TD) – ergänzt durch den Backup #7 De’Andre Swift, der nochmal 603yds und fast 8yds/Carry drüberlegt.

Die Unterschiede sind in den Details zu finden – beziehungsweise beim Quarterback: Alabama baut auf den mobilen QB #2 Jalen Hurts, einen sehr guten Scrambler, aber manchmal ineffizienten Werfer, der aber das Credo Sabans perfekt umsetzt: Verkaufe niemals für unnötiges Risiko deine Großmutter, oder anders: Verursache niemals einen Turnover (Hurts 2017: 1 INT). Georgia hingegen baut auf den QB #11 Jake Fromm, einen Freshman, für sein Alter sehr reif, aber immobil wie eine Scheibe Toastbrot.

Und hier haben wir die Crux in dieser Partie: Alabama verlor in den letzten sechs Jahren genau acht Spiele. Das wiederkehrende Thema bei diesen Niederlagen: Sie kamen entweder gegen eine gefinkelte Spread-Offense mit einem extrem guten mobilen Quarterback, der tiefe Würfe downfield anbringen konnte, zustande, oder gegen ein Team, das große, physische Passempfänger aufstellte, die Alabamas Cornerbacks im 1-vs-1 challengen konnten – oder gegen eine Kombination aus beidem.

Gegen ein Team vom Schlage Georgias, ein physisches Running-Team mit Pocket-Passer auf Quarterback, verlor Alabama zuletzt 2011 im „Spiel des Jahrhunderts“, einer durch viele unglückliche Umstände zustande gekommenen 6-9 Niederlage in der Overtime gegen LSU. Jenes LSU, das Alabama im „Rückspiel“, im Landesmeisterschaftsfinale, mit 21-0 an die Wand spielte.

Die Schlüssel in dieser Partie

Alabama stellt die beste Rushing-Defense im Lande. Diese Erkenntnis ist so neu wie Pilz im Schimmelbrot. Egal wie viele Abgänge Crimson Tide verzeichnen muss, egal wie viele Verletzungen die Front Seven schwächen (der halbe Linebacker-Corp ist in Krankenstand): Gegen Alabama Laufspiel durchzudrücken, ist die höchste Leistung, die eine College-Footballmannschaft vollbringen kann.

So ist die zentrale Frage dieser Partie: Kann Georgia gegen die massierte Defense-Front von Alabama laufen? Und wenn ja, wie viele Big Plays resultieren daraus?

Georgia hat wie angedeutet ein episches Defensive Backfield –Chubb, der immer downfield abbiegt, Cut-Back Michel und Turbo-Swift – das hinter einer erstklassigen Offensive Line operiert und zuletzt über 11yds/Carry gegen Oklahoma machte. Georgia läuft diese Saison in 70% seiner Offense-Spielzüge und gar in 81% der 1st Downs.

Unter Offensive Coordinator Jim Chaney ist das Laufspiel durchaus mehr als I-Formation und Power-Sets. Chaney, ein Mann, der schon alle System im Football gecoacht hat wenn es das Spielertalent bloß hergegeben hat, baut viele verschiedene Formationen in seine Offense ein: 4-WR Sets aus denen gelaufen wird, ebenso wie 2-TE Sets oder Wildcat (oder Wild-Dog) Formationen mit direkten Ballübergaben an den Runningback.

Verschiedene Formationen allein aber werden Alabamas Defensive-Front nicht verwirren oder gar aussteigen lassen. Alabamas Defense wird nur noch selten analysiert, weil sich jeder an ihre Größe gewöhnt hat, aber Fakt ist, dass ein Nick Saban über die Jahrzehnte alles gesehen und aufgesaugt hat, was die Footballgeschichte an Defense hergibt. Seine ausschweifenden Playbooks sind legendär. Saban weiß, worauf er seine Defense einstellen muss – und Saban hat alle notwendigen Spielzüge auf Lager, um jedwede Offense-Formation anzugreifen, besonders wenn es Laufspiel betrifft.

So muss die zentrale Frage um ein Sternchen ergänzt werden: Kann Georgia so gut laufen, dass QB Jake Fromm den einen oder anderen Play-Action Pass für seine Downfield-Waffen #6 Wims oder #8 Riley Ridley anbringen kann um die Defense für Momente in die Länge zu ziehen? Fromm ist kein Schlechter, aber er ist die Art von Quarterback, die Alabama am liebsten verteidigt. So versucht Chaney, ihm zu helfen mit Play-Action, einfachen Reads und rund 4-6 Run/Pass-Options (RPO) pro Spiel um die Offense nicht völlig eindimensional werden zu lassen.

Der Idealfall für Georgias Offense sieht also so aus: Chubb/Michel/Swift bringen eine Handvoll Drives mit guten 1st-Down Runs zustande und brechen 3-4 Mal für längere Läufe durch das Defensive Backfield des Gegners, Fromm trifft die nötigsten tiefen Routen um Georgia gerade oft genug in Scoring-Reichweite zu bringen um mit einem Paar Touchdowns und einigen Fieldgoals ausreichend Punkte für das Upset zu servieren.


Für Alabama wird die Partie so laufen wie immer: Run/Pass-Options in der Offense. Laufen die Runningbacks, wird es ein physischer Grabenkampf mit der zentralen Frage „wer hält länger durch – meine Backs oder deine Defense?“. Behält Hurts den Ball, kann er laufen oder werden. Läuft Hurts, sind Georgias „Spys“ im Linebacker-Corp um #3 Raquon Smith oder #7 Lorenzo Carter gefragt. Wirft Hurts, hat Alabama nur eine ernsthafte Option: WR #3 Calvin Ridley, der 6x so viele Catches hat wie der nächstbeste Bama-Fänger. Kann Georgia ihn zustellen und Hurts zum Laufen zwingen?

Und schließlich bleiben wie so oft in Defense-dominierten Matchups die beiden X-Faktoren #1 und #2: Turnovers und Special Teams. Turnovers hatten wir schon – Hurts ist exzellent im Verhindern, doch auch Georgias Fromm hat nur 5 INTs im ganzen Jahr geworfen.

Auf Special Teams liegen die Vorteile bei Georgia, denn auch wenn Alabama einen exzellenten Punter hat, Georgias Cameron Nizialek ist besser. Und Georgia hat den schnurrbärtigen Kicker Blankenship, der auch vor 55-yds Versuchen nicht zurückschreckt und in Situationen Punkte bringen kann, die am Ende über den Titel entscheiden können.

Fazit und Prognose

Die Special Teams sind auf Georgias Seite, aber sie sind der einzige wirkliche Wettbewerbsvorteil für die Bulldogs. Zu oft hat Alabama einen Gegner vom Schlage Georgias in den letzten Jahren zermalmt, zu schwer fällt es, daran zu glauben, dass ausgerechnet jetzt, im Finale, der Lehrling den Meister besiegt. Alabama hat die Front-Seven um Georgias Big-Plays Backs zu bremsen, und wenn die Hoffnungen der Bulldog-Offense erst einmal bei 3rd-und-8 auf den Schultern von eines Freshman-QBs liegen, ist die halbe Miete zum Sieg schon geliefert.

Es ist langweilig und es ist nicht inspirierend, aber es riecht sehr stark nach einer fünften Alabama-Meisterschaft in der Ära Nick Saban.

7 Kommentare zu “College Football Championship Game 2017/18 Preview: Alabama Crimson Tide – Georgia Bulldogs

  1. Schöne Vorschau, Danke.
    Wie wird den Recrutingerfolg gemssen? Woran wird festgelegt, dass Alabama auf #1 steht?

  2. …und es geht darum wie gut die Athleten sind, die an die Unis kommen. Klassifiziert wird nach „stars“, ein recruit mit 5 Sternen „five star“ gehört zu den allerbesten (High-School)-Athleten des Landes und je nachdem wieviele 5-, 4-, 3-star Athleten an die Uni wechseln ergibt sich ein Ranking unter den Unis, siehe SamSeaborns Link!

    Wie das mit den Sternen und recruiting im Allgemeinen funktioniert hat der Wiki-Artikel ganz gut finde ich, hier der Abschnitt wie es zu den Sternen kommt herauskopiert:
    „Most recruiting services classify recruits by a number of „stars“ with a higher number for more highly ranked prospects. Most services use 5 stars for the highest ranked recruits and only a few players at each position attain this rank. 4 stars is a typical ranking for most recruits at schools which regularly finish as one of the top ranked teams in a particular sport. 3 stars is a typical ranking for recruits at most other schools in „Power Five“ football conferences. 2 stars is a typical ranking for recruits at most mid-major level or Division I FCS schools. 1 star players typically play at levels below NCAA Division I or may be walk-ons at Division I schools.“
    https://en.wikipedia.org/wiki/College_recruiting

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