Über den Trade von Sam Darnold zu den Carolina Panthers

Der nächste Dominostein im QB-Rennen ist gefallen: Die Carolina Panthers haben gestern Abend für Jets-QB Sam Darnold getradet.

Der Preis ist nicht ohne und mehr als er auf den ersten Moment klingt: 6th Rounder 2021 plus 2nd und 4th Rounder 2022. Die Panthers ziehen außerdem die 5th Year Option und binden Darnold damit erstmal auch für das nächste Jahr. Sie kriegen damit ein „cost controlltes“ Jahr, plus ein relativ kontrolliertes nächstes Jahr (18.9 Mio fully guaranteed in 2022).

Aufaddiert auf das ausständige Gehalt des vierten Jahres sind das 23 Mio. guaranteed für die Dienste Darnolds. Das liegt auf Augenhöhe mit dem letztjährigen #7 Overall Pick Derrick Brown. Also eher „billig“, wenn wir über einen guten Starting-QB auf Veteran-Vertrag reden, aber „teuer“, wenn wir es mit einem Rookie-QB-Vertrag vergleichen.

Die Perspektive der Jets

Die Spatzen pfiffen es seit Wochen von den Dächern, dass Darnolds Zeit in New York abgelaufen ist. Das Ende war unvermeidlich – und auch wenn die Situation bei den Jets es gerade letzte Saison manchmal unmöglich machte, den QB sinnvoll zu bewerten, so haben wir doch zu lange zugeschaut wie am Ende nix bei rumkam.

Darnold war der #3 Pick im NFL Draft 2018 – und ein teuer erkaufter noch dazu (Einsatz von #6 und drei 2nd Roudnern). Er hat in drei Jahren als Starting-QB bei der Gang Green so gut wie nichts gezeigt. Sowohl nach CPOE als auch nach EPA/Play war Darnold horrend:

Darnold hat in den drei Jahren in New York nur 72% fangbare Pässe geworfen (NFL-Schnitt 76%), eine Big-Time-Throw Rate von 3.5% (NFL-schnitt um die 4.5%) und eine Quote von Turnover-würdigen Plays von 4.2% (ziemlich genau NFL-Schnitt). Es gibt auch außerhalb der PFF-Welt kaum ein Charting, das einigermaßen gütig zu Darnold ist.

Kurz: Darnold war einer der schlechtesten Starting-QBs in der NFL. Er war auch schwächer als Bridgewater 2020.

Die Jets mussten der Episode Darnold ein Ende bereiten. Mit dem #2 Overall Pick in einem QB-lastigen Draft war es immer logisch, dass die neue sportliche Leitung sich ihren neuen QB draftet und von vorn beginnt anstatt den alten Zopf mitzuschleppen.

Die Jets bekommen für mein Ermessen noch erstaunlich viel Trade-Value. Je ein 2nd, 4th und 6th ist eine durchaus respektable Ausbeute für GM Joe Douglas für einen als kolossalen Bust abgestempelten und der eigenen Fan-Base nicht mehr vermittelbaren ex-QB.

Die Jets werden neu anfangen – gerüchteweise mit Zach Wilson, einem weiteren nicht ungefährlichen QB.

Vor allem aber sammeln die Jets weiter unerhörtes Draftkapital: Vier 1st Rounder, drei 2nd Rounder, drei 3rd Rounder, zwei 4th Rounder, vier 5th Rounder und fünf 6th Rounder in den nächsten zwei Drafts, darunter eben einen Pick, der eine Quarterback-Einberufung ohne teuren Up-Trade erlaubt.

Für die Jets ist es auch quasi ein Abschluss mit ihrer Vergangenheit. Kein Draftpick von vor 2017 ist noch im Kader, und Quinnen Williams ist der längstdienende 1st Rounder.

Verdict: Notwendiger Befreiungsschlag für die Jets. Endgültige Gewissheit, dass ein QB-Pick am 29. April folgen wird. Keine weiteren Darnold-Hot-Takes bis dahin. Alle gewinnen.

Die Perspektive der Panthers

Aus den Panthers spricht ein Mix aus Verzweiflung und Resignation. Sie sahen letztlich nach dem Trade der 49ers an #3 im Draft-Ranking und der immer verzwickter werdenden Deshaun-Watson-Situation keine reelle Chance mehr auf einen Quarterback-Pick bzw. wollten sich nicht mit Mac freaking Jones zufrieden geben.

Die einzige Chance auf einen der „Big Four“ war Pick #4 und dort stehen mit den Falcons Konkurrenten aus der NFC South. Die wollten wohl nicht an Carolina verkaufen. Beziehungsweise wollen vielleicht sogar selbst einen QB ziehen.

Mit Teddy Bridgewater nach dessen schwacher Saison als einziger Option in die nächste Saison zu gehen, war auch nicht so geil. Also bleibt Darnold als „reclamation project“. Es ist fast sicher nur „Plan C“ für Carolina:

Bei aller oben gezeigter Schlechtigkeit seiner Stats: Durch die NFL geistert noch immer der Glaube daran, dass Darnold ein Supertalent sei, dem man einfach die paar Flauseln austreiben müsse, damit er seinem Status als ex #3 Overall Pick doch noch gerecht werden kann.

Greg Cosell hat im November bei Rich Eisen dazu klar Stellung bezogen: Was heißt Talent? Und ist Darnold „talentiert“?

Demnach hat Darnold eine horrende Schwäche, die zu zwei bitterbösen Folgen führt: Sein „Footwork“ (Beinarbeit = „lower body mechanics“) ist wild bis unterirdisch, und das führt zu mieser, weil streuender Pass-Präzision und zu äußert ineffizientem Pocket-Management.

Seth Galina schlägt in die gleiche Kerbe:

Die Schwachstellen sind bei Darnold nicht neu. Sie waren alle schon benannt als er in die NFL kam. Er hat sich seither null weiterentwickelt. Doch sie wären nach Expertenmeinungen alle zu beheben – mit hartem Training.

Darnolds Headcoach war in den letzten beiden Jahren Adam Gase. Dessen Ruf wurde in den beiden Jahren in New York komplett verbrannt. Galt er nach seiner Entlassung in Miami noch als durchaus gute Versprechung, ist er heute toxisch und nicht mehr zu vermitteln.

Doch war es wirklich Gase, der keinen Schimmer von adäquatem Coaching hat? Oder war es Darnold, der nicht auf das Coaching angesprungen ist?

Das Gute für uns: Wir werden es bald wissen. Darnold wechselt vom verhassten Gase zu einer der größten Offense-Versprechungen im American Football: Panthers-OffCoord Joe Brady. Einen viel größeren Qualitätssprung kannst du als Spieler nicht erleben.

Die Panthers zahlen für Darnold mit drei Picks und 23 Mio. guaranteed wie oben geschrieben den Preis eines Starters. Sie geben ihm die beste Offense-Infrastruktur, das beste Playcalling und die besten Waffen seiner NFL-Karriere (u.a. Reunion mit Robby Anderson). Wenn Darnold jetzt nicht liefert, wann dann?

Der Fakt, dass Darnold jünger ist als Joe Burrow und trotz bereits drei Jahren NFL-Erfahrung nur unwesentlich älter als ein Mac Jones, ist längst wie die Sau durchs Dorf getrieben worden. Punkt ist: Darnold ist mit 24 Lenzen kein Teenager mehr, aber noch immer jung. Bei aller bisheriger Tragödie bleibt theoretisch noch etwas Zeit ihn zu retten. Und Ausreden gibt es ab sofort keine mehr.


Ich hätte den Trade aus Panthers-Sicht trotzdem nicht gemacht. Einmal war Darnold extrem weit entfernt nicht bloß von der Liga-Spitze, sondern von blankem Liga-Mittelmaß. Zu viele Dinge müssen sich nun von schwarz in weiß verändern um anständiges bis sehr gutes Quarterbacking herauszuwringen.

Und wenn es nicht wie gewünscht gelingt, aber dank Coachings zu einer ähnlichen Bilanz wie 2020 führt, dann haben die Panthers einiges Draftkapital verbrannt, das man nächstes Jahr eventuell gebrauchen könnte um in einer günstigeren Konstellation Draft-Trades für Quarterbacks einzufädeln.

Verdict: Wenn Joe Brady nicht die größte Transformation seit Jesus Wasser in Wein umwandelte hinkriegt, dann wandern die Panthers ins Quarterback-Purgatory. Wenn es das war was Matt Rhule wollte, dann hat er das Ziel erreicht.

23 Kommentare zu “Über den Trade von Sam Darnold zu den Carolina Panthers

  1. Ich verstehe schon warum man Darnold über Minshew haben will, bei allen Technischen Schwächen hat er einfach den besseren Arm und WENN die Schwächen ausgemerzt werden können, bietet er mehr an als Minshew (den ich mag).

    Ich frage mich halt ob das mit den besten Waffen schon so standhält.

    Vor zwei Jahren hatte Darnold bei den Jets auch Anderson, und dazu Crowder, Demariyus Thomas und Le’Veon Bell. So viel schlechter als Anderson, DJ und David Moore und CMC als RB ist das auch nicht, und in OL haben die Panthers schlechte FA Signings wie Elflein und Erving gemacht. Da muss mit dem #8 Pick jetzt noch was kommen, sonst sehe ich außer dem besseren OC da nicht viel Upgrade 🙂

  2. Das Problem ist der Preis. Der ist nur gut wenn Darnold zu einem Allen 2.0 wird.
    Für ein paar Late rounder wäre der Trade okay, so wirkt es wie eine Verzweiflungstat eines Duos auf dem Hotseat.

  3. Hot Seat denke ich noch nicht, dafür ist der Vertrag einfach zu lang. Eher ist es Ungeduld von Seiten Matt Rhules – die ich nicht per se *schlecht* finde. Auf jeden Fall besser als Jon-Gruden-like Jahr für Jahr nach Ausreden zu suchen warum man nichts überstürzen muss.

  4. Ich denke mal auch, dass sie sich die alten Tapes angeschaut haben und gedacht, was in Buffalo mit Allen geklappt hat, kann/soll/muss bei uns mit Darnold klappen.
    Also entweder waren die Panthers wirklich überzeugt von Darnold, dass für sie der Preis nicht zu hoch war oder Joe Douglas kann wirklich gut verhandeln.

  5. Ich bin da ganz zynisch: Sam Darnold kann man als zwischenzeitliche Versuch verkaufen und gleichzeitig garantiert er einen hohen Pick in einem oder beiden der nächsten 2 Drafts.

    Teddy bringt dich halt immer wieder auf Pick 10. Das ist weder Fisch noch Fleisch.

  6. Inwieweit wird der Spieler persönlich in einen solchen Trade einbezogen? Finden Gespräche zwischen neuem Team und dem Spieler statt? (z.B. Ist der Spieler motiviert – im neuen Team zu spielen? – an seinen Schwachstellen zu arbeiten? etc.)

  7. Gab es bei dem Preis vielleicht 2 Mannschaften, die mitgeboten haben?
    Wenn man bedenkt, wie günstig ein Rosen vor ein paar jahren wegging (der später nicht viel mehr geschafft hat, aber nach einem Jahr nicht schlechtere Leistung gezeigt hat als Darnold nach 3), ist das schon ein happiger Preis

  8. Wenn Adam Gase der böse Ausbremser des eigenen Starting QB gewesen sein soll (wie es im Netz ab und zu behauptet wird), warum hatten OC und QB-coach absolut keinen positiven Einfluss? Gerade wenn es „nur“ coachbare Mechanics-Fehler sind?
    Und: Es gibt viele hervorragende private QB-coaches, bei denen viele QBs in der Offseason an ihren throwing-mechanics feilen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Adam Gase dem armen Sam Darnold verboten hat, die Ärmel hochzukrempeln und sich dort in Eigeninitiative zu verbessern.
    Sprich: Adam Gase mag nicht unschuldig sein, aber die Passivität Darnolds wundert mich auch.

    Und der Preis? Darnold stand noch deutlich mehr auf dem New Yorker Abstellgleis als Garoppolo in SF. Da dürfte Nesro recht haben: Einfach so wirft kein Team mit Picks um sich für einen Spieler, den sonst keiner haben will.

  9. Persönlich halte ich den Preis für Darnold auch etwas hoch, aber bin gespannt ob der neuen Chance unter OC Joe Brady. Wenn jemand noch was rauskitzeln kann, dann vielleicht er.

    Zu Adam Gase: „Galt er nach seiner Entlassung in Miami noch als durchaus gute Versprechung, ist er heute toxisch und nicht mehr zu vermitteln.“ Ich konnte schon nach der Entlassung in Miami nicht verstehen, wie man so einem Mann nochmal ne Chance geben würde. Letzter guter Leistungsnachweis war 2013 in Denver mit Peyton Manning. Dann 2016-2018 HC bei den Dolphins im unteren Mittelmaß mit einem scheinbar schlechten QB Tannehill, der ein Jahr darauf in Tennessee wie ein geretteter QB auftritt und eine gute Offense anführt. Für mich war Gase schon 2018 keinen Pfennig mehr wert.
    Damit ich vom Rant weg zu einem sinnvollen Abschluss komme: persönliche Verbindungen oder Vetternwirtschaft scheinen in der NFL schon echt ne sehr große Rolle zu spielen (auch keine neue Erkenntnis, aber für mich am Beispiel Gase schon eklatant).

  10. Aus Sicht der Jets ein guter Deal. Ob er für die Panthers aufgeht, wird sich zeigen. Carolina ist hier ein hohes Risiko eingegangen, wenn sie Darnold jedoch hinbekommen, gutes Investment. Ich traue ihm die Entwicklung in jedem Fall zu, auch dass fehlende Mobilität eventuell kompensiert bzw. durch hartes Training angeordnet werden kann.

    Was mich interessieren würde, ist nun die Contract Situation mit Teddy. Vll könnte korsakoff auf seinen Vertrag mal eingehen und den Deal in Sachen Cap bewerten.

  11. RE: Teddy Bridgewater Vertrag
    https://overthecap.com/player/teddy-bridgewater/2971/

    2021 und 2022 steht er unter Vertrag.
    Cap-Zahl 2021 = 22,9 Mio.
    Cap-Zahl 2022 = 26 Mio.

    Eine Trennung in dieser Offseason kostet 20 Mio. Dead-Money, eine Trennung in der nächsten kostet nur noch 5 Mio.

    Mit „post June 1“ Designationen könnte man die 20 Mio. auf zwei Offseason aufteilen.

    Bei einem Standard-Trade ohne Gehaltsanpassungen könnten die Panthers sich nach dem 1. Juni von Bridgewater trennen und 10 der 20 Mio auf das nächste Team schieben. Das drückt dann üblicherweise halt den Verkaufspreis. In dem Fall würden die Panthers dann 2021 und 2022 jeweils 5 Mio. für Teddys Geiste in der Salary-Cap anschreiben.

    Also so oder so keine wunderprächtige Ausgangslage.

  12. Ein Problem, das ich bei Joe Brady sehe, ist übrigens, dass er kein „QB-Coach“ für die Fundamentals ist – und auch noch nie war.

    Brady ist noch ziemlich jung, aber er hat bis jetzt eher auf der „konzeptionellen Ebene“ gearbeitet, d.h. Offense Assistant, Passing Game Coordinator, OC.

    Dass Brady ein gutes Scheme hinzaubert und als Play-Caller den Fuß auf dem Gaspedal hält, daran habe ich keine Zweifel, aber bei Darnold sind die „Fundamentals“ nicht sauber. Diese Detailarbeit muss der Positions-Coach übernehmen.

  13. Ich bin voll bei patpicksix, was den Preis angeht und auch bei Adam Gase.
    Und bei Bridgewater hatte man sich schlicht verschätzt, jetzt zahlt man die Zeche dafür.

  14. Also wenn man mich fragt, erfordert der Darnold Trade einen Abschied von Teddy. Der hat das letzte Jahr mit einer durchschnittlichen O-Line, aber durchaus offensivem Arsenal, eine aus meiner Sicht dürftige Saison hinter sich gebracht. Vor allem wenn man den Contract dabei im Hinterkopf behält. Ich denke man hatte sich in Carolina einen anderen Effekt erhofft und anders geplant. Aber mit beiden in die Saison zu gehen, erscheint mir etwas zu teuer. Ein Post-June 1 Deal macht hier wohl Sinn, zumal es Spekulationen um eine Rückkehr nach NO gibt, was auch durchaus Sinn ergeben könnte, da er dort Brees schon solide vertreten konnte. Ein paar potenzielle Landing Spots fielen mir da noch ein, jedoch auch abhängig davon, wie sich das QB Karussell dreht. Beispielhaft sei hier JG10 genannt. Der Draft wird weitere Erkenntnisse liefern.

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