NFL-Franchises im Kurzporträt, #9: Tennessee Titans

Als Houston Oilers so wenig beachtet, dass sie nicht einmal mit Schimpf und Schande verjagt wurden. Als Tennessee Titans zu einer Macht geworden und den Titel mit dem knappsten aller möglichen Entscheidungen verpasst: Ein Yard. 0,91 Meter.

Die Ölmänner

Gegründet vom Ölmagnaten Bud Adams 1960, waren die Houston Oilers schnell recht erfolgreich: Die ersten beiden Titel der AFL-Geschichte gehören Houston und der Titelhattrick wurde 1962 in einem der längsten Profifootballspiele ever vermasselt. Wenn du fuffzich Jahre Football spielst und deine einzigen beiden Titel in den ersten beiden Jahren geholt hast…

Wenn du nicht geliebt wirst

Die markanteste Zeit der Oilers war in den 80ern mit QB Warren Moon, einem ehemaligen CFL-Champion. Moon war zwar die Unbeständigkeit in Person, aber in guten Jahren machte er mal eben so im Vorbeigehen über 4500yds/Saison oder mehr – in einer Zeit, in der die Luftwaffe noch etwas weniger selbstverständlich war als heute.

Das berühmteste Spieler der Oilers wird für immer das Wild Card Playoffspiel gegen die Bills sein: Die Oilers geigten in Buffalo mächtig auf, führten 35-3 (!) im dritten Viertel, nur um am Ende noch 41-38 in der Overtime zu verlieren. Der größte Rückstand, der jemals in der NFL-Geschichte aufgeholt wurde – The Comeback. [Update] Das Spiel fand in der Saison 1992/93 statt. Ergo am 3. Jänner 1993. [/Update]

Abseits von Yards und Touchdowns erwies sich Owner Adams immer wieder als Eiertreter, drohte permanent mit Umzug in andere Städte, sollte Houston nicht den genialen Astrodome beständig mit Millionensubventionen auf neuestem Stand halten. Die älteren Leser werden sich noch an diverse Ölkrisen erinnern (putzig, wie die Leute auf der Autobahn picknickten) – für Houston keine gute Zeit, denn Houston ist neben NASA vor allem eines: Ölstadt. Resultat: Kein Geld für neue Stadien – die Oilers wurden aus der Stadt geekelt.

Die Ära Fisher

Die letzte Spielzeit in Houston war Tristesse. Man kann nicht mal sagen „mit Schimpf und Schande verjagt“. Einfach Tristesse. Keine 25.000 Zuschauer sagten in den letzten Wochen Goodbye, Oilers! Man zog früher als geplant nach Tennessee, musste dort jedoch zwei Jahre heimat- und stadionlos durch die Lande streunen.

1999/2000 die Umbenennung in Tennessee Titans. Und siehe da: Unter Jeff Fisher und dem mittlerweile gereiften QB Steve McNair waren die Titans plötzlich Titelkandidaten, spielten sich nach spektakulären Siegen („Music City Miracle“) gar in die Super Bowl. Die wurde dann verloren – um ein einziges, kümmerliches, mickriges Yard, das WR Kevin Dyson zu kurz war, um aus einem 16-23 ein mögliches 23-23 zu machen.

Unter dem Duo Fisher/McNair blieben die Titans mit ihrer knüppelharten Art, Football zu spielen, noch jahrelang Titelanwärter. Mehrfach scheiterte man nur knapp in den Playoffs.

Seit 2006 war QB Vince Young am Werk, aber es reichte für Tennessee bisher nicht mehr zu einem Playoffsieg. Mittlerweile hat man Coach Fisher entlassen, aber die Zukunft ist nicht zappenduster. Rund um RB Chris Johnson und WR Kenny Britt ist ein recht talentiertes, junges Team im Entstehen.

Das Coliseum

LP Field

Heimat der Titans: LP Field oder ganz einfach "Nashville Coliseum"

Keine 15 Jahre alt und schon ca. fünfunddreißig verschiedene Namen gehabt: Das LP Field in Nashville. Ein berühmtes Spiel gab es hier schon: Das Music City Miracle. Ansonsten ein eher langweiliges Stadiondesign und auch die Fankultur ist nichts, worüber man mehrere Absätze füllen könnte. Im Gegensatz zum 100km entfernten Knoxville, wo die Tennessee Volunteers vor regelmäßig über 100.000 spielen. Immerhin gilt das Titans-Publikum als sehr loyal.

Rivalitäten

Da die Titans vom Namen bis zum Logo über die Ortschaft alles aus aus ihrer Oilers-Zeit aufgegeben haben, sind die Rivalitäten ziemlich jung, und wenig intensiv. Divisionsintern geht es am ehesten gegen die Indianapolis Colts hoch her, aber zumeist waren die Titans der unterlegene Part.

Höchst intensiv waren Anfang der 2000er die Duelle mit den Baltimore Ravens. Die Titans schafften es trotz Steve McNair nur ein einziges Mal, die Ravens in den Playoffs auszuschalten, verloren im Gegenzug dazu gleich mehrmals die Titelchance gegen Baltimore. Später wechselten dann gar einige wichtige Spieler (McNair, Mason, Rolle, I’m looking @ you!) gen Baltimore.

Gesichter der Franchise

  • Warren Moon – QB, der aus der CFL kam und jahrelang in der Run’n’Shoot-Offense der Oilers Pass-Rekorde pulverisierte. Ist heute sogar Hall of Famer.
  • Jeff Fisher – Head Coach für 15 Jahre und Stratege hinter meist beinhart spielenden, defensivstarken Mannschaften.
  • Steve McNair – QB und zwar der beste, den die Titans je hatten. Kam bis auf ein Yard an den Titel heran und führte jahrelang die Titans notfalls allein zum Sieg. Vor zwei Jahren leider ermordet. Nachruf siehe hier.

korsakoffs Highlight

Super Bowl XXXIV – büsschen exotisch, weil ich das Spiel nur als ORF/TW1-Tape Jahre später gesehen habe. Aber wenn eine Meisterschaft nach 256 Footballspielen im allerletzten Spielzug um ein einziges, hauchzartes Yard entschieden wird, muss es dieses Spiel sein. Auch wenn es die Titans um Steve McNair verloren haben.

Eckdaten

Gegründet: 1960 als Houston Oilers
Besitzer: Bud Adams (Öl)
Division: AFC South
Erfolge: Superbowl-Verlierer 1999, AFL-Champ 1960, 1961 als Houston Oilers, 21x Playoffs (14-19) – Stand 2012

5 Kommentare zu “NFL-Franchises im Kurzporträt, #9: Tennessee Titans

  1. Super Sache hast du das für die anderen Teams auch noch vor?
    Ich denke da speziell an die Jaguars aus Jacksonville?

  2. Also, die Umbenennung in Titans (und wimre die erste Saison in Nashville) muss definitiv schon vor 1999/2000 gewesen sein.
    Ich war während der 98er Saison im Osten Tennessees und damals gab es bereits die Titans. (Würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass es das erste Jahr in Nashville war (vorher 1 Jahr Memphis), aber nageö‘ mich nicht drauf fest…)

    1999/2000 könnte aber als Saison des verlorenen SB passen…

    (Evtl. könntest du The Comeback noch ein Datum/jahr spendieren.)

  3. @Bullsfan: Einträge in dieser Form zu allen 32 Teams sind schon geschrieben und werden scheibchenweise als Lückenfüller online gestellt.

    @topas: Nope. 1997 und 1998 hieß die Mannschaft „Tennessee Oilers“ und tourte quer durch Tennessee mit ihren Heimspielen, eine Saison in Memphis und weil dort die Zuschauerzahlen nonexistent waren, eine Saison in Nashville im Stadion der Commodores. Nashville, aber nicht gleich „Coliseum“, sondern Gast auf dem Campus einer Universität. (Knoxvilles Neyland Stadium war Bud Adams zu groß)

    Pünktlich zur Saison 99/2000 dann neuer Name, neues Logo und neues Stadion – und optimales Timing: Sofort in die Superbowl eingezogen.
    Siehe auch offizielle Titans-Homepage: http://www.titansonline.com/team/history/history-1990s.html

  4. Ja die Einträge zu den anderen Franchises hab ich gefunden nur gibt es da meine Jags nicht;)

    Es besteht nur ein Breakdown der letzten Saison.

    aber trozdem gute Arbeit

  5. Hmm, mit der Umbenennung könnte sein. Wegen Rumtingelns habe ich keine Ahnung.

    In dem Jahr (Jahr 1 nach Peyton) marschierten die Vols undefeated zur Meisterschaft. Da hat es in NE-TN irgendwie keine Sau interessiert, wie die Titans oder Oilers hiessen oder ob sie überhaupt existierten…

    Keep up the good work! 🙂

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