Big Ten Conference | Vorschau 2014/15

Die Big Ten Conference – bestehend aus nunmehr 14 Footballmannschaften – sieht sich als älteste und traditionsreichste Conference als etwas Besonderes in der Landschaft des College-Sports. Selbst- und Fremdbild klaffen bei dieser Liga aber schon seit einigen Jahren etwas auseinander, und so wurde die einst unbestritten wichtigste Liga in den letzten Jahren doch recht deutlich von SEC, Pac-12 und vielleicht auch von der Big 12 Conference überholt. Eine Vorschau auf das, was 2014/15 passieren wird.

Zur groben Einschätzung sei nachfolgend eine Übersicht über die Saisonleistungen der Teams in der vergangenen Saison gegeben: Michigan State war sowohl Conference-Champion, als auch das höchstgerankte Team im AP-Poll. Laut SRS war aber eine andere Mannschaft die beste…

Übersicht Big Ten Conference 2013/14

Übersicht Big Ten Conference 2013/14

Record = Bilanz in allen Saisonspielen
Conf. = Record in Conference-Spielen
AP-Poll = finale Platzierung im AP-Poll
SRS = Simple Ranking System 2013/14
SRS-Rank = Platzierung im SRS 2013/14

Eastern Division

Die als stärker eingeschätzte Ost-Division beherbergt den ausgemachten Liga-Favoriten, die Ohio State Buckeyes. Die werden von Urban Meyer gecoacht, einem Multi, der auf all seinen bisherigen Stationen (Utah, Florida) große Erfolge feiern konnte, aber sich jeweils nach einer Handvoll Jahren ausgebrannt verabschiedete. Meyer ist ein Multi, ein kreativer Offensivgeist, dessen exponierter Charakter trotz seiner Ecken und Kanten schwierig zu greifen ist.

Meyer übernahm Ohio State vor zwei Jahren frisch aus einem Skandälchen um verdeckte Zuwendungen an Studenten („Tattoogate“), im Zuge dessen der berühmte Strickjacken-Headcoach Jim Tressel seinen Hut nehmen hatte müssen. Meyer führte die Buckeyes danach in zwei Saisons zu 12-0 und 12-2 Bilanzen – ja er konnte sogar die ersten 24 Spiele gewinnen, und hätte man nicht im letzten Dezember das Endspiel der Big Ten verloren, man wäre schon letztes Jahr im BCS-Endspiel gestanden. Dass dabei ein softer Schedule einige Schwächen übertünchen konnte – geschenkt. Ohio State ist wieder wer.

Und wird das mehr oder weniger bleiben, so lange Meyer coacht. Der Mann ist bei aller Abneigung, die ihm von vielen Seiten zuteilwird, einer, der den Erfolg gepachtet hat. Er jagt mit seinem exzellenten Recruiting einer ganzen Region Angst und Schrecken ein und fährt konstant die besten Talente ein – einzig Alabama unter Nick Saban ist noch erfolgreicher.

Superstar bei den Buckeyes ist QB Braxton Miller, ein perfekter Mann für die variantenreiche Option-Offense Meyers. Der laufstarke Miller (u.a. 1200yds, 12 TD in nur 10 Einsätzen) entwickelte sich vergangene Saison zu einem kompletten Spieler (64% Completion-Rate, 21 TD, 7 INT), dessen einzige echte Schwäche die häufigen Sacks bleiben (7.6% Sack-Quote). [Update 19.8.2014] Miller wird mit schwerer Hüftverletzung die komplette Saison ausfallen [/Update]

Für Miller wird 2014 Fluch und Segen zugleich: Seine Offense ist unerfahrener als letztes Jahr, und mit einem richtig guten Herbst könnte er sich in die Riege der Top-QBs im Draft spielen. Andererseits birgt ein zwar talentierter, aber grüner Offensiv-Kern auch Risiken, sprich kein eingespieltes Team und somit möglicherweise mehr Fehler für Miller und seine Kollegen. Schiss hat man dabei vor allem wegen der extrem jungen Offensive Line: Eine Line, die die diversen Tricks im Spielfluss noch nicht draufhat, kann in einem Quarterback alte, schlechte Gewohnheiten (Sacks, Sacks, Sacks) hervorrufen.

Während Ohio State sich vor allem über seine Offense definiert, kommen die Kollegen von der Michigan State University in erster Linie über die Abwehr. Die Spartans von Headcoach Mark Dantonio legen ihr Spiel danach aus, dem Gegner die Grenzen ihrer kreativen Schaffenskraft aufzuzeigen – so gelungen letztes Jahr im Endspiel der Conference, als man Ohio State verprügelte, dass den Buckeyes Hören und Sehen verging. Nach der Neusortierung der Conference ist man Kollege in der Division geworden.

Michigan State war letztes Jahr 13-1, Conference-Champ und Rose Bowl Gewinner. Es war das Jahr, in dem man aufhörte, neun (oder so) knappe Spiele pro Jahr zu verlieren. Die Offense kam zwar nie wirklich in Gang, aber mit der besten Verteidigung im Lande war das egal. Und man hatte fabulöse Feldposition: Die fünfbeste in der Offense (33.5yds-Line), die viertbeste in der Defense (25.8yds-Line). Es spielten 125 Mannschaften um die Krone; Michigan State war in beiden Kategorien Top-5.

QB Connor Cook passt mit seiner 22/6 TD-INT Ratio wie Arsch auf Eimer ins Team, dazu kehrt der effiziente RB Jeremy Langford (1422yds, 18 TD) als Alleinunterhalter zurück. Ansehnlicher ist die Spartans-Defense, die meistens elf Mann an die Anspiellinie stellt um dem Gegner von Beginn an keinen Raum zum Schnaufen zu geben. Das führt zwar hie und da zu langen Bällen für 60yds, aber im Großen und Ganzen ist es extrem erfolgreich, weil das Spielermaterial die meiste Zeit die Plays durchzieht, und weil nur wenige College-Offenses konstant den tiefen Ball auszupacken imstande sind.

Ohio State und Michigan State treffen sich am 8. November in East Lansing, der Heimstätte der Spartans im direkten Duell, das nach Meinung vieler das vorweggenommene Ligaendspiel ist. Ohio State gilt als besseres Team, aber die Spartans haben Heimvorteil.

Hinter diesen beiden vermeintlich klaren Favoriten werden die historisch so mächtigen Michigan Wolverines nur noch als Nummer 3 angesehen. Letztes Jahr stürzte man nach akzeptablem Start auf eine desaströse 7-6 Bilanz ab. Die Hauptschuld wurde der unterirdischen Offensive Line zugeschoben (wo LT Taylor Lewan trotz allem an #11 gedraftet wurde), die die Quarterbacks und Runningbacks derart bloßstellte, dass sie Snap für Snap um ihr Leben laufen mussten und der schwergewichtige OffCoord Al Borges gefeuert wurde.

Die Offense Line sollte dieses Jahr verbessert sein. Das kommt den Spielmachern zugute. Das QB-Rennen wird zwischen dem Scrambler Devin Gardner und dem Highschool-Superstar Shane Morris entschieden, wobei Gardner durchaus erstmal als Favorit gilt. Gardner machte zwar letzte Saison den einen oder anderen Fehler zuviel (u.a. 9.0% Sack-Quote), aber wer wollte es ihm verdenken, wenn du jedesmal loslaufen musst und dich nie auf das Essenzielle – Ausgucken von Receivern – konzentrieren kannst?

Michigan hat zwei Auswärtsspiele bei Ohio State und Michigan State – das werden fast unlösbare Aufgaben – aber man sollte trotzdem zumindest auf einem soliden dritten Rang einlaufen. Die Penn State Nittany Lions als vierter Gigant der Division hatte ich schon letzte Woche: Die haben ein ambitioniertes Team, in dem nach einem Coach-Wechsel gute Stimmung herrschen soll, einen exzellenten jungen QB Christian Hackenberg, und einen insgesamt mehr als passablen ersten Anzug, aber nach den Recruiting-Sperren kaum Tiefe im Kader – eher wird Penn State diesen Herbst von hinten überholt als dass man die großen Drei angreifen kann.

Die Nesthäkchen im Osten der Big Ten sind Rutgers, Maryland und die Indiana Hoosiers. Letztere sind dabei das ansehnlichste Team: Indiana wird von Kevin Wilson gecoacht, einem Offensivspezialisten, und die Hoosiers zeigen das auch: Die QBs Sudfeld/Roberson spielen mit Breit-Grinsen im Gesicht zu 36 Pass-Touchdowns und weniger als 4% Sack-Quote, aber die Defense… 42, 63, 42, 35, 51, 42, 36 – keine Lottozahlen, sondern die kassierten Punkte in der zweiten Saisonhälfte 2013/14. Logisch, dass du davon nur zwei von sieben Spielen gewinnen kannst.

Die Maryland Terrapins sind neu in der Big Ten: Head Coach Randy Edsall, vor zwei Jahren als Debütant noch verhasst wie die Pest, schien sein Team im letzten Herbst in die richtigen Bahnen gelenkt zu haben (inkl. kurzzeitigem Aufstieg in die AP Top 25), ehe man von den Großen um Florida State 0-63 abgeschlachtet wurde. Maryland ist trotzdem ein Sleeper: Man hatte extremstes Verletzungspech und konnte sich doch in der zweiten Saisonhälfte zu sporadischen Topleistungen zusammenreißen.

Rutgers ist die Uni, wo der (beliebte) Vorgänger von Edsall bei Maryland, Ralph Friedgen, als OffCoord fungiert. Schon allein könnte sich hier eine Rivalität entwickeln. Die Scarlet Knights sind ein wenig greifbares Team. Auffälligste Statistik 2013/14 war die fassungslose Defensiv-Schwäche gegen Mitteldistanz-Bälle: Man kassierte 170 Pässe, die weiter als 10yds gingen – einsame Spitze im College-Football.

Western Division

Im Vergleich zum Osten fällt der neu formierte Westen doch deutlich ab. Zu favorisieren sind einmal mehr die Wisconsin Badgers, die allerdings längst nicht über alle Zweifel erhaben sind. Das Problem der Badgers: Einer der beiden erfolgreichen Runningbacks, James White (1444yds, 13 TD in 221 Carries) ist Profi geworden, so auch WR Abbrederis und 2/3 des Herzstücks der Mannschaft – der Defensive Line.

Head Coach Gary Andersen, gekommen als gefeierter Defensivspezialist, hatte mit 9-4 einen erfolgreichen Einstand, muss nun aber mit grundlegend veränderten Rahmenbedingungen arbeiten. RB Melvin Gordon, der zweite Star-RB, bleibt im Team, die traditionell starke Offensive Line bleibt großteils beisammen, aber es gibt Fragezeichen im Receiving-Corp, auf Quarterback und in der Front-Seven. Letzteres könnte das größte Problem werden: Der Passrush war nie besonders gut, und mit ausgedünntem Kader dürfte auch die gute Lauf-Defense leiden.

Chance für die konstant mittelmäßigen Nebraska Cornhuskers, die die 9-4 Saison gepachtet haben? Nebraska ist ein traditioneller Gigant des College-Football, bei dem wir seit vielen Jahren prinzipiell die immergleiche Vorschau schreiben könnten – so bewies auch jene aus dem Vorjahr 100%ige Korrektheit.

Die Probleme von Head Coach Bo Pelini sind weithin bekannt: Er kriegt es nicht gebacken, dass mal alle Mannschaftsteile in einem Jahr zusammen klicken. Letztes Jahr war es die Offense, die versagte. Um die sieht es auch diesmal nicht gut aus: Alle Offense Liner sind neu – immer problematisch in einer so laufintensiven Mannschaft wie Nebraska.

In der Defense hofft man, dass der letztens explodierte DE Randy Gregory seinen Level von 2013 halten kann: Der zirka 2m große, extrem breitschultrige Gregory kam vor 12 Monaten aus dem Nichts und spielte sich mit 16 Tackles-for-Loss (davon 10 Sacks) in die Favoriten auf einen ganz hohen Draftpick 2015. War Gregory ein one year wonder? Dann sieht es düster aus um eine Defense, die jeden Playmaker braucht. Kann er auf dem superben 2013 aufbauen? Dann hätten wir einen echten Ankermann.

Egal. Nebraska wird sowieso genau neun Spiele gewinnen und vier Spiele verlieren.

Dahinter gibt es fünf Teams mit Flauseln. Vier von ihnen haben bei günstigem Saisonverlauf eine Außenseiterchance, das Spitzenduo zu knacken, aber es wird schwierig. Die Minnesota Golden Gophers vom epilepsie-anfälligen Coach Jerry Kill zum Beispiel sehen viele als Sleeper. Die Advanced-Stats geben allerdings nicht viel her, und die QB-Position wird man weiterhin nicht im Griff haben.

Viel besser positioniert sind dafür die Iowa Hawkeyes, die sich nach Jahren des Abstiegs und ersten öffentlich angemeldeten Zweifeln am extrem teuren Head Coach Kirk Ferentz mit einer grundsoliden 8-5 Saison zurückmeldeten, inklusive sehr guten, nur unglücklich verlorenen Partien gegen LSU und Ohio State.

Problem an Iowa: Das Team spielt einen absurd langweiligen Football. Es gibt kaum Plays, die über 10yds gehen, und für eine derart konservative Spielweise hat man mit 4.0% INT-Quote eine hohe Turnover-Anfälligkeit. Es gibt kaum hochwertige Individualisten im Angriff, wo einzig die Offensive Line schon traditionell mit künftigen Profi-Spielern besetzt ist.

Northwestern kommt aus einer Freak-Saison: Letztes Jahr startete man 4-0, nur um die nächsten sieben Spiele abzuschenken und die Bowl-season zu verpassen. Um ehrlich zu sein: Wenn du 1-4 in engen Spielen gehst, bist du schnell mal von 8-4 und der Gesamteinschätzung „solide“ bei 5-7 und „krasse Enttäuschung“. Deswegen klingen die Wildcats auch nach einer Mannschaft regression tot he mean – sprich: nach oben.

QB Kain Colter, zuletzt verletzter Star-QB, hat seine Spielerkarriere mittlerweile beendet und ist Anwalt der unbezahlten Studentenschaft im Kampf gegen das NCAA-Kartell geworden, und so wird nächstes Jahr auch die Offense ein rundum neues Gewand haben – weg vom Alleinunterhalter Colter, hin zu einer balancierteren Offense.

Die Illinois Fighting Illini aus Chicago sind ein Team, das man nie einschätzen kann. QB Scheelhase hat hier nach zirka zwölf Jahren als Student seine Karriere beendet und wird durch einen interessanten Mann ersetzt: QB Wes Lunt, einst ein gehyptes Talent. Lunt hätte bei Oklahoma State für Passrekorde sorgen sollen, wurde dort aber schließlich aus unerfindlichen Gründen gefeuert und heuerte nun bei Illinois an – damit hat man nach Scheelhase nun sogar ein potenzielles Upgrade auf QB. Sofern die unterirdische Defense (gab 2013 60, 56, 52, 39, 37, 34, 34 Punkte ab) sich nicht gewaltig steigert, wird es nichts an den Resultaten ändern.

Bleibt Purdue. Purdue ist eine kleine Uni, hat aber gute Footballtradition. Umso übler war die katastrophale 1-11 Saison letztes Jahr, inklusive zweier Shutouts und eines einzigen, knappen Sieges über ein FCS-Team, das seinerseits nur ein einziges Saisonspiel gewinnen konnte. Darrell Hazell, der zuletzt Kent State vor zwei Jahren fast in die BCS geführt hätte, wurde zum neuen Head Coach bestellt – ein Mann, der bei eingangs erwähntem Jim Tressel gelernt hat und als harter Hund gilt.

Purdue wird 2014 mit einem extrem jungen Team keine Chance haben. Nicht wenige erwartem von Hazell aber, dass er die kleinen Boilermakers in der soften Western Division früher oder später zu einem echten Player entwickeln wird.

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9 Kommentare zu “Big Ten Conference | Vorschau 2014/15

  1. Danke für den tollen Artikel! Ich mach mir auch etwas sorgen um meine Badgers, der Aderlass war doch heftig. Aber schau ma mal… 🙂

  2. weis jemand ob der ESPN Player dieses Jahr College Football in HD sendet,ich hab irgendwo gelesen das es diese season in HD ausstrahlt.

  3. #espnplayer – angekündigt ist es, aber aus erfahrung heraus kann man zu diesem streamangebot vor allem eins sagen: was letztendlich angeboten bzw. umgesetzt wird weiss man erst dann, wenn die übertragungen beginnen. alles was vorher ist, ist reine spekulation. der player wird von espn stiefmütterlich behandelt.

  4. hab vom espn player support diese Antwort bekommen

    Greetings,

    Thank you for contacting ESPN Player support.

    Streams available on ESPN Player will be offered in high quality, 3000kbps, equivalent to a 720p television broadcast.

    3000kbps ist es das was beim NFL gamepass gezeigt wird

  5. Gamepass bietet 4500kbps.
    Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die Streamqualität im ESPN-Player oft recht gruselig ist und man sie nicht mit dem NFL-Gamepass vergleichen sollte.

  6. Pingback: College Football 2014/15 am ersten Samstag | Sideline Reporter

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