Interessante Diskussion letzte Woche im PFF-Podcast zur Bewertung von Cornerbacks. Aufhänger dabei: Die monströse Vertragsverlängerung von CB Xavien Howard.
Das Argument geht kurz so: Der Common-Sense hat sich angewöhnt, bei Cornerbacks zuallererst auf aufgegebene Yards und Catches zu schauen. Auch PFF verwendet diese Metrik und zieht dabei sogar die offiziellen Statistiken von NFL.com.
Was darin nicht inkludiert wird: Aufgegebene Strafen. Eine DPI oder ein Defensive-Holding sind großartige Mittel für einen Defensive Back, die eigene Scheiße zuzudecken: Einfach den Receiver tackeln bevor der Ball da ist (bzw. noch besser: bevor er geworfen ist), und schon vermeidest du, wie der Depp dazustehen und einhundert Videoclips bei ESPN zu sehen wie du zum Touchdown verarscht wurdest.
Derartiges Gehabe ist nicht hilfreich für die Mannschaft: Sie gibt ein sicheres 1st Down auf und kassiert im Falle einer DPI überdies eine fette Raumstrafe – in einem Play, das ohne Strafe zumindest kein 100%iges Verlustgeschäft wäre (ungenauer QB-Wurf oder WR-Drop sind immer möglich).
Dem Einzelnen, nämlich dem Defensive Back, dagegen hilft es: Leute vergessen solche Bad-Plays, weil sie in keiner Statistik aufscheinen. Besonders in Primetime-Spielen zahle sich solche Spieler-Strategie aus. PFF folgert daraus, dass auch sie selbst ihre Coverage-Stats erweitern sollten.
Howard ist einer der Cornerbacks, die sich relativ häufig mit solchen Strafen aus der Patsche helfen. Howard ist ein heiß/kalt Spieler, der sensationelle Shutdown-Spiele mit horrenden Auftritten abwechselt. Er hatte in seiner Karriere schon fünf Partien mit zwei INTs, aber auch mehrere Spiele mit PFF-Coverage Grade auf Replacement-Level. Das summiert sich im Durchschnitt zu einem durchaus guten Spieler. Kein Weltstar, aber einer der besseren Cornerbacks in der NFL.
Man vs. Zone Coverage
Die Manndecker vs. Zone-Decker Diskussion lässt sich nicht in einigen kurzen Absätzen bearbeiten – genauso wenig, wie eine NFL-Mannschaft sich nicht eindeutig in Manndeckung vs. Zonendeckung einteilen lässt. Die meisten Teams spielen ein Mischmasch.
Zonendeckung ist kurz gesagt mental anspruchsvoller zu spielen, während Manndeckung athletischere Individualisten erfordert. Manndecker folgen das ganze Spiel über einem fix definierten Wide Receiver – man muss nicht viel denken, aber physisch in der Lage sein, dem Gegenspieler überallhin zu folgen.
Zonen-Decker sind verantwortlich für eine definierte Zone, an deren Nahtstelle die Zuordnung an den nächsten Verteidiger übergeben wird. Doch so eindeutig ist der Fall nicht immer: Die besten Zonen-Decker sind diejenigen, die ein gutes Verständnis dafür haben, in welchen Momenten sie einem Gegenspieler auch dann folgen müssen, wenn die Übergabe an die nächste Zone theoretisch schon passiert ist.
Darüber hinaus sind zahlreiche Routen in der NFL so designt, dass eine Zonendeckung am Papier effektiv Manndeckung ist, z.B. wenn in Cover-3 an den Seitenlinien die Cornerbacks 1-vs-1 gegen die Receiver isoliert werden.
PFF sagt: Richard Sherman in seiner Blütezeit war der beste dieser Mann/Zone Decker. Physisch imposant, gute Ball-Skills im Moment des Catch-Points, im Prinzip herausragender Manndecker in einer theoretisch als Cover-3 designten Defense. Howard in seinen lichtesten Momenten sei ähnlich – aber Howard habe zu viele Spiele, in denen er Bullshit veranstalte.
Howards Vertragsstruktur
Howard weiß das auch. So ist sein Vertrag zwar fett, aus Team-Sicht aber dennoch akzeptabel. Denn: Er ist sehr „front-geloaded“: Die meiste Kohle wird im ersten Jahr ausgezahlt. Schon nächstes Jahr können die Dolphins ohne katastrophale Schäden aussteigen – in zwei Jahren ist der Schaden einer teamseitigen Vertragsauflösung sogar nur noch minimal (Bild von Over-the-Cap):

Vertrag Xavien Howard – Quelle: Overthecap.com
Normalerweise schauen Spieler immer, so lange wie möglich einen „sicheren“ Vertrag zu bekommen, aus dem Teams nur unter größten Bauschmerzen aussteigen wollen: Verträge mit viel guaranteed Money, v.a. viel Handgeld. Das zwingt Teams eher zur Restrukturierung des Vertrags als zur sofortigen Entlassung ohne Zusatzzahlungen.
Aus Team-Sicht operieren die Dolphins ähnlich wie die 49ers. PFF sagt: Eine smarte Strategie. Diese beiden Mannschaften geben keine Verträge aus, die auf lange Sicht die Franchise kastrieren. Sie zahlen früh die große Kohle, laden die hohen Cap-Hits damit in die Jahre, in denen die Teams eh nicht um Superbowls competen können, und haben dann in 1-2 Jahren, in denen die Mannschaften bereit sein für einen Angriff sollten, mehr Cap-Space zur Verfügung.
An dieser Strategie geht mir eines nicht auf: Der lange Hebel, auf dem die Spieler in solchen Fällen sitzen. Spieler, die den großen Zahltag schon hinter sich haben, hindert niemand daran, den nächsten großen Zahltag zu fordern. Denn einer der wichtigeren Hebel in der Vertragsgestaltung für Teams ist künftig anstehende Gehaltsauszahlung: Du bist jetzt still, denn nächstes Jahr kassierst du 20 Millionen. Wenn du aufmuckst, schmeißen wir dich raus und dann sieh zu, dass du annähernd sowas am Markt bekommst…
Pingback: Miami Dolphins in der Sezierstunde | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!
Pingback: Gedanken zur Quarterback-Bewertung im Draft | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!
Pingback: Reizüberflutung zum NFL-Trainingsauftakt 2021 | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!