Superbowl-Countdown T-minus 9: Vom Geschlecht des NFL-Finals

Derdiedas Super Bowl XLIII in Tampa

Bei Sideline Reporter startet der Superbowl-Countdown nicht neun Stunden vor dem Spiel, sondern neun Tage. Thema heute: Ist „Super Bowl“ männlich, weiblich oder sonst was?

Vorausgeschickt: Deutschland und die Schweiz haben dem NFL-Finale ein maskulines Dasein verpasst. In Österreich ist das etwas anders und man spricht über „die Super Bowl“. Vor ein paar Jahren echauffierte sich sogar mal der göttliche Christopher D. Ryan live im TV über eine E-Mail-Forderung nach dem männlichen Artikel.

Die Ur-Schüssel

Zu Zeiten des Ersten Weltkriegs wurde an der Yale University ein neues Footballstadion gebaut – in einer revolutionären, neuartigen Schüsselform. Die Uni war bei der Namensgebung nicht so kreativ wie auf dem Gebiet der Forschung und verpasste dem Stadion eiskalt den Namen „Yale Bowl“.

Ein paar Jahre später schrie man auch auf der anderen Seite der Staaten nach einem neuen Footballstadion – in Pasadena, einem Vorort von Los Angeles, einer hügeligen Gegend. Die Veranstalter des „Tournament East-West Football Game“, ein Beiwerk zum alljährlichen Rosen-Umzug am Neujahrstag, besaßen schon damals ein Ego, das alle Räumlichkeiten sprengte und konzipierten nach Vorbild der Kollegen in Yale eine ebenso schüsselförmige Arena in die buckelige Landschaft.

Das riesige Stadion wurde Rose Bowl getauft – und das Neujahrs-Footballspiel dementsprechend einfallsreich Rose Bowl Game. College Football war damals noch deutlich populärer als Profi-Football. Ein paar Jahre später war die Veranstaltung ein Hit und Inspiration für andere Tourismus-Destinationen in den Staaten.

Miami zum Beispiel, das 1935 zum 1. Jänner ebenso ein Spiel veranstalten ließ. Die Marketingabteilung wollte nicht das Rad der Welt neu erfinden, sondern blieb bei dem, was in Pasadena so gut funktioniert hatte, und taufte das Spiel Orange Bowl. Kurze Zeit später war dann auch das dazugehörige Stadion fertig. Welch Überraschung: Die Orange Bowl.

Am selben Tag war man auch in New Orleans, Louisiana dabei, die Wirtschaft aufzupeppen und spielte die erste Sugar Bowl aus.

Das ist der Ursprung des Beinamens „Bowl“ für Post Season College Football.

Die Zweckentfremdung

In den 50ern und 60ern wuchs der professionelle Football langsam, aber sicher aus dem Schattendasein heraus. 1960 bekam die allmächtige NFL Konkurrenz aus der AFL, eine neue Liga, die aggressiv in NFL-losen Städten neue Mannschaften aufbaute. Da wollte man natürlich wissen, wer denn nun die stärkere Liga stellte: AFL oder NFL?

Anno 67, im Jänner, flogen der Meister der NFL und der Champion der AFL nach Los Angeles, in das Coliseum (Olympiastadion 1932 und 1984), um den Weltmeister im Football auszuspielen. Das Spiel schimpfte sich offiziell AFL–NFL World Championship Game, aber wie der Amerikaner so ist, muss ein Spiel ein Produkt sein – und dazu gehört auch die Namensgebung.

Geforderte Eigenschaften: Kurz, markant, wiedererkennbar.

Durch die Rängen und Reporterkabinen in der uralten Schüssel (nope, diesmal nicht die Rose Bowl) geisterte der eine Vorschlag Super Bowl. Bowl – Synonym für Post Season Football, nicht nur mehr bloß auf Universitätssport begrenzt. Und Super – weil ein bisschen Größenwahn im amerikanischen Blut liegt.

Zwei Jahre später schafften die New York Jets aus der verspotteten AFL die Sensation, putzten erstmals den NFL-Champ. Folge: AFL und NFL schlossen sich nur kurz darauf zusammen, und das Endspiel bekam Kultcharakter. Super Bowl – das höchste aller Träume für einen Profi-Footballer. Das Spiel, in dem Legenden geschrieben werden. Das Event, das einen Tag zum inoffiziellen Staatsfeiertag gemacht hat. Bei dem Millionen umgesetzt werden.

Und alles gründet auf einer Schüssel. Daher präferiere ich den weiblichen Artikel für die Super Bowl.

Das Spiel selbst hat mit Schüsseln natürlich ebenso wenig zu tun wie Bill Belichick mit Unterhaltungswert. Deutschland hat dem Spiel den männlichen Artikel verliehen, wie auch die Italiener. Ich kann damit leben, auch wenn es mir nicht gefällt. Der Super Bowl. Auch irgendwie okay, denn der Superbowl war über lange Jahre eine der letzten Bastionen der Männlichkeit. Bier, Knabbereien und Testosteron in seiner fließendsten Form.

Dritter Vorschlag: Das Neutrum, im Prinzip die logischste Erklärung. Es heißt das Finale (außer in der Schweiz), es ist das Spiel und es ist das Event. Das Neutrum hat sich im deutschen Sprachraum nicht durchgesetzt.

Der Superbowl, die Superbowl, das Superbowl – Sie haben die Wahl. Im Gegensatz zum Wetten gegen Belichick können Sie dabei nichts falsch machen.

5 Kommentare zu “Superbowl-Countdown T-minus 9: Vom Geschlecht des NFL-Finals

  1. Keine Frage: Es ist der Superbowl!! Dank ORF klingt für mich die Superbowl auch recht gewohnt. Nur das Superbowl habe ich noch nie gehört…

  2. In der Schweiz hat sich mittlerweile ebenfalls klar die Superbowl durchgesetzt. Macht in meinen Augen Sinn, das Wort stammt von der Schüssel ab. Am Ende ist es aber Geschmackssache – wir sagen hier ja auch (und völlig korrekterweise) das SMS, das Mail – dafür der Fax 🙂

  3. Oder der Final.

    Schweizer und Südtiroler haben überhaupt bisweilen eine etwas seltsame Artikelsetzung…

  4. Pingback: Superbowl-Sonntag 2018 | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

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