Der neue Weg der Washington Redskins

Die Washington Redskins haben vergangene Woche ihren neuen General Manager vorgestellt, und es ist ein Mann, bei dem das Prädikat „interessant“ ein Understatement sein dürfte: Scot McCloughan, ein Mann, der die Geister scheidet.

McCloughan war früher leitender Scout bei den Packers und Seahawks sowie zwischen 2005 und 2010 der GM der San Francisco 49ers. In seiner Zeit gewannen seine Mannschaften zwei Super Bowls, und mehr: Die von ihm zusammengestellten Kader gelten auch im Rückspiegel als einige der besten in der NFL.

McCloughan gilt als einer der besten Talent-Scouts der Liga. Vor allem in San Francisco bastelte er einen famosen Kader zusammen, der noch Jahre später – eigentlich bis heute – das Rückenmark bildet für einen jahrelangen Ansturm der Niners auf den Titel. Weil er in San Francisco nie die Trainerfrage zur Zufriedenheit lösen konnte, wurde er 2010 geschasst und ging nach Seattle zu seinem alten Kumpel GM John Schneider, wo er an den bereits heute legendären Drafts der Seahawks entscheidend beteiligt war. In San Francisco staubte derweil das nachfolgende Front-Office die Lorbeeren ab.

McCloughan ist mit 43 Jahren noch immer ein eher junger Mann für seinen Posten, hat aber zwei Jahrzehnte Erfahrung. Er ist ein Mann irischer Abstammung, sein Vater arbeitete als Al Davis‘ bester Scout in Zeiten, in denen Davis in Oakland und Los Angeles noch gescheite Mannschaften zusammenstellte.

Alle, die mir McCloughan zusammengearbeitet haben, schwärmen über seine Arbeitsmoral und Menschenführung. Immer wieder kommt die Vokabel genius im Dunstkreis McCloughans vor. Trotzdem trennte man sich von ihm im vergangenen Frühjahr in Seattle „einvernehmlich“. Das hat einen Grund: McCloughan ist bekannter Trinker.

McCloughan galt schon zu Zeiten als 49ers-GM als schwerer Alkoholiker, inklusive aller einhergehenden Probleme im Privatleben nebst Kur und Scheidung. McCloughan kam auch hernach nie wirklich vom Alkohol los, und seine Beteuerungen („Vodka ist schlimm. Bier? Nein, ich habe es unter Kontrolle“) klingen eins zu eins wie die Beteuerungen von sämtlichen mir bekannten Trinkern. Die meisten haben es nicht unter Kontrolle.

Viele Scouts gelten als Säufer, und einige der besten Coaches in der Footballgeschichte hingen so stark am Tropf, dass sie letztlich daran zugrunde gingen. Insofern ist die Footballwelt vielleicht weniger geschockt von Alkoholikern wie Außenstehende. Das ESPN-Magazin hat McCloughan schon im Dezember ein sehr lesenswertes Porträt über einen der spannendsten Männer in der NFL-Welt spendiert: The Far Sideline.

McCloughan wurde in Washington vom leitenden Angestellten Bruce Allen eingestellt, und er bekommt nicht nur die volle Kontrolle über seinen Scouting-Stab, sondern auch das letzte Wort über den 53-Mann Spielerkader. McCloughans expliziter Fokus auf den Wert des NFL-Drafts kann man in einer Franchise von Owner Dan Snyder durchaus als krassen Paradigmenwechsel interpretieren, und genau darin liegt neben McCloughans problematischer Vergangenheit auch das größte Risiko: Wird Snyder stillhalten?

Snyder gilt als Mann, der gerne überall dreinpfuscht, vor allem in sportliche Belange, von denen er wenig versteht. Snyder ist ein neureicher Mann, der die Redskins Mitte der 1990er Jahre kaufte und seither verzweifelt versucht, die Franchise an alte Glanzzeiten zurückzuführen. Snyders Methoden galten bislang als verpönt: Die drei teuersten Free-Agents pro Jahr wurden vom Markt aufgekauft, und als der zum Scheitern verurteilte Plan dann auch tatsächlich scheiterte, waren GM und Coaches schuld und sprangen reihenweise über die Klinge. Später besann sich Snyder, gab mehr Kontrolle ab an besagten Allen, nur um letztlich doch über die Köpfe hinweg einen Monster-Trade für RG3 zu initiieren und seinen Coaches die Handhabe mit RG3 vorzuschreiben.

Also erneut: Wird Snyder stillhalten? Wie sieht die Beziehung zwischen Allen und McCloughan aus? Wie sieht die Beziehung zwischen McCloughan und Head Coach Jay Gruden aus? Gruden, lame duck schon das ganze Jahr, bekommt vermutlich zumindest noch ein Jahr Schonfrist, wie auch RG3, dem seit Monaten eine problematische Beziehung zu seinem Coach nachgesagt wird. Alles, was McCloughan in seiner ersten Pressekonferenz sagte, lässt aber darauf schließen, dass die Redskins mit dem Gespann Snyder / Allen / McCloughan / Gruden / RG3 in die neue Saison gehen werden.

16 Kommentare zu “Der neue Weg der Washington Redskins

  1. worst Owner in der NFL. Viel Glück^^ … wo sind eigentlich die ganzen Kiddies die einem verklickern wollten, dass RGIII besser ist als Luck???

  2. @korsakoff: Wirst Du ggf. einen Eintrag verfassen und sämtliche Moves auf Trainer-/GM-Posten analysieren, zusammenfassen? Ich habe hierbei Interesse an den Jets und Bills, wo mir ein Blick in die Zukunft schwerfällt. Danke Dir.

  3. Der verlinkte Artikel ist wirklich sehr lesenswert (der Blog-Eintrag ansich natürlich auch), vielen Dank dafür!

    sunnyb, besser als Luck ist er (zumindest aktuell) sicher nicht, aber ich finde es sehr schwierig seine tatsächliche Qualität zu bewerten, die Verletzung, neue Trainer, Degradierung etc. pp.

  4. RG3 > Luck war doch eher die arge Außenseiter-Meinung zum Zeitpunkt des Drafts bzw. übliches Vorgeplänkel zum Draft.

    Im Season-to-Season führt Luck wie ich meine aber auch erst 2:1, natürlich mit steigender Tendenz…

  5. luck hat auch ein besseres Team um sich,rg3 braucht etwas mehr zeit als luck und dann wird er auch ein großer.

  6. Also unter den Shanahans (2012) hatten die Redskins ein brutales Laufspiel (5,2 Y/A) und da hat RG reingepasst wie die Faust aufs Auge, weil er dem Angriff noch eine laterale Komponente verpasst hat.

    Aber danach hat er kaum Schritte nach vorne gemacht. Ich weiß er war zwei Mal verletzt, aber er tut sich immer noch schwer damit verlässlich Abwehrreihen zu lesen und seine Fähigkeiten in der Poket sind nur minimal besser als in der Rookieseason. Und aus meiner Sicht hat er nur eine Chance wen er den Weg von D.McNabb einschlägt. Um dauerhaft Read-option zu spielen ist er einfach zu wenig Koloß ala C.Newton und endet dann vermutlich wie M.Vick.
    Und auf die Fußarbeit ist er dringend angewiesen, weil er sonst sofort eine viel zu große Streuung drin hat.

  7. Erstmal danke für diesen Bericht. Eine Story, die ich noch überhaupt nicht kannte. Deshalb bin ich immer so oft hier, weil ich hier immer noch neues lerne, obwohl ich schon so lange Football schaue.

    @sunny: Keine Ahnung, wo du dich rumtreibst, aber dass Luck mittlerweile der bessere QB ist, steht nirgends zur Debatte. Einfach ein toller Spieler, der zwar noch viel zu lernen hat, aber trotzdem auf einem fantastischen Weg ist. Welche „Kiddies“ sollen das denn sein, die das anders sehen?

    Oder kommst du immer noch nicht darüber hinweg, dass RG3 im Rookie Jahr einfach der besser Quarterback war? Hat das dein armes Fan-Hert so verletzt? Warum kann die heutige Fan-Generation nicht mehr objektiv auf das eigene Team schauen??

    Griffin hat sich seit seinem Rookie-Jahr nullkommanull entwickelt, was ein Problem darstellt. Fairerweise ging das auch schlecht, wenn du so viel verletzt bist. Ein Bereich, in dem er sich immerhin schon verbessert hat, sind seine Scrambles. Er schaffte es besser, den harten Hits aus dem Weg zu gehen und cleverer zu agieren.
    Wenn er jetzt mal ein wenig Glück hat, sowohl was Verletzungen als auch das Umfeld angeht, wird er zeigen müssen, ob er lernen kann.

    Richtig evaluieren können wir ihn jetzt noch gar nicht.

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  14. Danke für die inetressanten Zeilen.
    Scot McCloughan ist nun in Cleveland gelandet. Alle Gute ihm – sportlichen Erfolg hin oder her!

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