Divisional Playoffs 2013 in der Samstagnacht: San Francisco 49ers – Green Bay Packers Preview

Das Nachtspiel (ab 02h LIVE ESPN America und SPORT1+) ist ein Leckerbissen für Football-Traditionalisten wie Gelegenheitszuschauer. Schade, dass die Partie aus europäischer Sicht mitten in der Nacht stattfindet und deshalb wenig Beachtung außerhalb der Hardcore-Szenerie finden wird. Denn San Francisco (11-4-1) und Green Bay (12-5) stellen nicht nur zwei der besten Mannschaften dieses Jahr, sondern auch Franchises mit großen Namen, großer Historie und großer Fanbasis in den Staaten.

Beide waren in „ihren“ Top-Epochen (Green Bay in den 60ern und 90ern, und jetzt, San Francisco in den 80ern und 90ern) stilbildend mit revolutionären Coaches (Vince Lombardi, Bill Walsh) und legendären Quarterbacks (Bart Starr, Brett Favre, Joe Montana, Steve Young) und gewannen etliche Superbowls (Green Bay vier, San Francisco fünf). Auch 2012/13 sind beide qualitativ nicht weit vom Superbowlring entfernt.

Wenn die Packers den Ball halten

Rodgers stoppen?

Flor Zielbauer.

Bei den Packers der letzten Jahre ist das nix Neues, seit QB #12 Aaron Rodgers vor fünf Jahren vom Altmeister Favre übernehmen durfte: Rodgers ist der vermutlich beeindruckendste Quarterback, den ich in meinem Leben bisher gesehen habe, ein Mann, der hinter einer größtenteils mit „unzuverlässig“ zu beschreibenden Offensive Line nicht bloß ob seiner Mobilität improvisieren kann, sondern aus schier jedem Spielzug irgendwas Positives herauszupressen imstande ist („your want better protection? Gimme more damn receviers and spread the field out!“).

Gegen San Francisco trifft Rodgers aber auf die vielleicht beste NFL-Defense, die ihn schon in Woche 1 schwer pulverisiert hatte: Damals war der Druck der Front-Seven so massiv gewesen, dass Green Bay überhaupt keine Zeit für die Spielzugentwicklung bekam; DE #99 Aldon Smith und DE #94 Justin Smith stehen für den Pass Rush, die Middle Linebackers Bowman/Willis für kompromissloses Tackling und bärenstarke Deckungsqualitäten selbst gegen athletische Tight Ends wie Green Bays #88 Finley.

Zwei Knackpunkte: LT Lang gilt bei mir als Sicherheitsrisiko, aber Justin Smith soll nicht fit genug sein, um das ganze Spiel über durchzuhalten – und Justin halte ich für den wichtigeren Smith als den spektakuläreren Aldon (19.5 Sacks).

Und zweitens: Die Drops. Green Bays Receiver-Armada setzt sich neben Finley aus brutal flinken Leuten wie den präzisen #85 Jennings, den Arbeiter #87 Nelson, den Wusler #18 Cobb oder Allzweckwaffe #86 Jones zusammen, und die Jungs bringen jede Defense allein mit ihrer Präsenz unter Zugzwang. Aber sie sind anfällig gegen – eben – Drops. Man kann argumentieren, dass bei so vielen Pässen der Packer-Offense zwangsläufig der eine oder andere fallen gelassen wird – aber wenn das dann im dritten Down passiert…

Eine etwas dezidiertere Analyse zum Thema „Wie stoppen zu 49ers Rodgers?“ hat Flo Zielbauer von Hardcount dazu gewagt.

Wenn die 49ers den Ball halten

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Sa/So 02h SPORT1+

Tape

So 11h    ESPN America
So  9h50  SPORT1+
Do 15h30  ESPN America

Auf der anderen Seite sind die Packers zwar insgesamt nicht mehr so explosiv im Angriff wie letztes Jahr, dafür aber besser in der Defense. Beobachter machen das vor allem an der Wiedergeburt des DT #90 Raji fest, der nun wieder Center und Guard vor sich hertreibt, anstatt sich Snap für Snap zum Pfannkuchen plätten zu lassen, und es sind auch die Defensive Backs und die generelle Körpersprache der gesamten Defense-Unit, die im Vergleich zu letzter Saison auffallen.

Die Pass-Defense hat sich von reinem bend but don’t break und Hoffen auf Turnovers wieder gewandelt zu einer insgesamt aggressiveren Manndeckung, die nicht erst in der RedZone die Schotten dicht macht, muss aber im Pass Rush immer noch auf die eine Abrissbirne OLB #52 Matthews vertrauen.

Gegen San Francisco wird in erster Linie die Lauf-Defense wichtig: Die 49ers sind bei aller Liebe eines der wenigen verbliebenen NFL-Teams, dessen Grund-Philosophie auf dem Laufspiel gründet. Green Bay zeigte sich zuletzt recht geschickt, die „Ecken“ um die Tackles herum abzudichten, aber San Francisco läuft eh primär über die Mitte und RB #21 Frank Gore, ein Mann, dessen Effizienz in den letzten Wochen sehr massiv gen Süden wanderte. Außen herum wird meistens der nur 25kg schwere Rookie #23 LaMichael James geschickt, ein flinker Mann, aber wegen Gebrechlichkeit noch nicht öfters als 10x pro Spiel einsetzbar. Möglich, dass die Packers einen Safety (Barnett?) in die Box stellen werden…

…und da kommt der meistdiskutierte Move der Regular Season ins Spiel: QB #7 Colin Kaepernick, den HC Jim Harbaugh Mitte November für den blassen Alex Smith einwechselte. Kaepernick ist unbestritten ein superber Athlet, ein Freak mit zweieinhalb Metern Oberarmdurchmesser, ein Sprinter und gesegnet mit einer Granate von Wurfarm, dass Flacco und Leftwich dagegen verblassen. Kaepernick arbeitet viel mit Elementen der „read-option“, die der Laufspieleffizienz hilft, und Play-Action, das seinen Receivern die Zeit verschafft, sich freizulaufen, und das aggressive Pass Rushing etwas einzudämmen soll, schließlich ist Kaepernick auch ein fulminanter Scrambler.

Soweit die Theorie. In der Praxis bin ich noch etwas skeptisch, da Kaepernick bei allen vorzeitigen Samenergüssen, die seine Highlights produzieren, nicht nur seeehr viele Plays liegen lässt, weil er zu früh losläuft, sondern auch viele Strafen kassiert, viele Timeouts verbrennen muss, weil er die Plays nicht durchgesagt bekommt, relativ Fumble-anfällig zu sein scheint. Verschenkte Timeouts sind immer dann ungemütlich, wenn man im letzten Viertel Rückstände aufholen muss, oder bei Gleichstand zum Sieg-FG unterwegs ist: Gegen Green Bays Schnellstarter kein unwahrscheinliches Szenario. Aber vor allem Fumbles und Turnovers sollte man dringend (!) gegen Green Bay unterlassen.

Kaepernick sieht also nicht bloß ungestüm aus, sein wildes Spiel birgt auch die Risiken, die man nach fünf Minuten Zusehen vermuten würde. Das gesagt, würden die 49ers mit Kaepernicks Zahlen (7.3 NY/A Passspiel) über die Saison von .695 Qualität im Power-Ranking auf .715 springen – wäre #1 der NFL. Die 49ers, die eigentlich nicht viel Risiko in der Offense gehen müssen, haben sich getraut, eine relativ „sichere“ Option (Smith) gegen eine potenzielle „Superstar“-Option (Kaepernick) einzutauschen. Mutig, zukunftsorientiert, aber nicht gänzlich problemfrei – vor allem nicht gegen die Packers.

Der McCarthy-Faktor

Ein Faktor, bei dem ich mir ziemlich sicher bin: Jim Harbaugh wird das Spiel nicht vercoachen. Bei Harbaughs Gegenüber (Mike McCarthy) habe ich da so meine Zweifel. Ein Packers-Klassiker läuft so: Green Bay startet wie die Feuerwehr, Rodgers legt gleichmal drei TDs vor, und ab dem dritten Viertel werden die Running Backs von der Leine gelassen, die die Uhr runterlaufen lassen sollen, aber three’n’out auf three’n’out auf three’n’out fabrizieren. Dazu mischten sich bei McCarthy diese Saison seeeehr zweifelhafte 4th-down-Entscheidungen und Challenge-Versuche hin zu einem „Schwartz“, weswegen mir das Vertrauen in McCarthy etwas flöten gegangen ist.

Coin Flipping

Das Tippen macht mich sehr unentschlossen, da ich mir alles und nichts vorstellen kann: Von einem Rodgers-Feuerwerk (wenn er die Millisekunden mehr dank Justin Smiths Zipperlein bekommt) hin zu einem Kaepernick-Fest (wenn die Packers die Play-Action nicht in den Griff kriegen) bis zu einem extrem engen Spiel down to the wire sehe ich alles drin.

Für mich ist es trotz der beiden hochwertigen Sonntagsspiele vielleicht die beste Ansetzung an diesem Wochenende. San Francisco mit 3.

6 Kommentare zu “Divisional Playoffs 2013 in der Samstagnacht: San Francisco 49ers – Green Bay Packers Preview

  1. Top-Preview !!!!!!!!!
    Ja , insbesondere in den 90er Jahren haben sich beide Teams große schlachten geliefert . Für mich wird es auch wichtig sein , wie du hier geschrieben hast , die WR der Packers brauchen einen guten Tag ( also so wenig Drops wie möglich ) +wen man Adrian Peterson so gut kontrollieren kann wie die Packers am letzten Wochenende , dann ist mir um die deffens nicht bange + ich hoffe das es den Packers gelingt Druck auf Kaepernick auszuüben , denn ich sehe das auch so das er zum Risiko werden könnte für die 49ner . Wen es dann noch gelingt den Lauf ein bischen zu etablieren dann könnte es für die Packers reichen !
    Beide Regionen sind übrigens die Käsehochburgen in Amerika . Der Name der 49ner rüht daher das im Jahr 1849 der große Goldrausch in Amerika war , deshalb auch die goldenen Helme ! Die Packers wurden von ein Konservenfirma gesponsert , daher der Name + die gelben Helme haben dann wohl auch was mit Käse zu tun 🙂 .
    meinTipp 31:21 für die Packers

  2. Ja, super Vorschau, immer was neues dabei, das man vorher noch nicht wusste oder noch nicht drauf acht gegeben hat. Die Lauf-D der Packers würde ich nicht überschätzen, letzte Woche musste man nur einen Spieler verteidigen und vor zwei Wochen war man overmatched gegen Peterson und (!) Ponder! Kaepernick ist ein ganz anderes Kaliber als Ponder.
    Kaep darf aber keine Turnover begehen, denn Green Bay hat irre Splits zwischen Games mit forcierten Turnover (10-1 wieder dieses Jahr) und ohne forcierte TO (1-4), ein Trend aus den letzten Jahren, der auch diesmal fortgeführt wurde.

    Tipp: 49ers gewinnen das.

  3. Sehr guter Artikel mal wieder! Vom Ergebnis her tippe ich aber dagegen und sehe es wie Bill Simmons, die Packers schaffen das.

  4. Die receiver dürfen ich keine drops leisten und Aaron muss 4-5 TDs rausschütteln, dann reicht das hoffentlich. Die 49ers werden zwischendurch auch fumblen. So stell ich mir das „leicht idealisiert“ vor… 😀

  5. Pingback: NFC Divisionals 2013: San Francisco 49ers – Green Bay Packers | Sideline Reporter

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