Seattle Seahawks in der Sezierstunde

Abschluss der Sezierstunde-Serie wie immer mit dem amtierenden Superbowl-Champion, dem überzeugendsten NFL-Titelträger seit langer Zeit, den Seattle Seahawks. So sehr ich den Zufall in dieser Sportliga NFL liebe, so angenehm ist es, mal wieder einen überzeugenden, über allen stehenden Meister zu sehen. Es gab auch in den letzten Jahren immer wieder bockstarke Siegermannschaften, aber selten in der Kombination: Qualität, Siege, Superbowl-Blowout. Wie Seattle den bedauernswerten Endspielgegner Denver platt wie eine Scheibe Toastbrot machte, das hatte was Episches, von dem man sich auch drei Monate hernach nicht so recht lösen kann.

Den Weg der Seahawks in den letzten Jahren habe ich schon im Vorfeld der Superbowl 48 nachzuzeichnen versucht: Philosophie trifft Pragmatismus. Ein jahrelang fast wie zufällig aussehendes Hin- und Herverschieben von Spielern und Draftpicks als verzweifelter Versuch des Head Coaches / quasi-GMs Pete Carroll, seine Trainerkarriere zu retten, ergab in Seattle erst dann einen Sinn, als man in der dritten Runde des NFL-Drafts die QB-Granate Russell Wilson fand. Mit dem richtigen Quarterback im Line-Up fügten sich die entscheidenden Teile der Mannschaft plötzlich zusammen.

2011 hatte man eine fantastische, aber nahezu unbekannte Defense, die unbemerkt blieb, weil die Offense nix war. Ein Jahr später hatte man mit Frontmann Wilson dann auch die Feuerkraft im Angriff, scheiterte aber extrem unglücklich in den Playoffs. 2013 fügte sich alles zusammen: Dank der billigen jungen Superstars hatte man Geld genug um auf kritischen Positionen einen enorm breiten Kader zusammenzukaufen, der quasi von der Nummer 1 bis zur Nummer 4 im Depth-Chart keinen Qualitätsverlust hatte.

Der Titelsturm hatte noch ein weiteres Gutes: Carroll konnte seine Assistenten halten. Galten OffCoord Bevell und DefCoord Dan Quinn lange Zeit als potenzielle Headcoach-Kandidaten z.B. in Cleveland, verhinderte die lange Playoffserie ein Abwerben der Co-Trainer. Bis Anfang Februar warten heutzutage nur noch ganz wenige Mannschaften – ad hoc fielen mir nur noch die Browns ein, die vor zehn Jahren nach dem letzten Patriots-Titel in New Englands Stab wilderten.

So haben wir in Seattle in diesem Frühjahr fast unveränderte Rahmenbedingungen: Ein Head Coach Carroll, der es auch weiterhin allen Kritikern zeigen will. Einen Trainerstab, der beisammen blieb. Einen sehr jungen Mannschaftskern, der nur wenige Abgänge zu verzeichnen hat. Und höchstens ein paar Fragezeichen mit mittelfristigem Fokus.

Überblick 2013

Record        13-3    SB
Engeö Spiele   5-3
Pythagorean   12.9     1
Power Ranking  0.760   1
Pass-Offense   6.8     8
Pass-Defense   5.1     1
Turnovers      +20

Management

Salary Cap 2014.

Freilich sind aber selbst die Seahawks nicht ohne Schwachstellen. Die Offensive Line zum Beispiel war das ganze Jahr über ein Fragezeichen, und sie zwang QB Wilson zeitweise, noch stärker zu improvisieren als gewohnt. Nun ist Wilson kein QB, der sich irgendwelche Anflüge von Nervosität anmerken lässt, wenn der Druck von allen Seiten auf die Pocket hereinprasselt, aber 51 Sacks in 526 Drop-Backs sind dann doch eine Hausnummer. Fast 10% Sack-Quote kassieren nur wenige NFL-Spielmacher.

Es war für Seattles Offense egal, weil sie eh primär versucht, ein hartes, staubtrockenes Laufspiel aufzubauen. Weil sie auf die Qualität der Defense bauen kann. Und weil sie darauf bauen kann, dass Wilson genügend Plays – zu Fuß oder mit aufregenden tiefen Bomben – macht um die Spiele trotzdem locker zu gewinnen.

LT Russell Okung gilt als Anker der Offensive Line, aber er verpasste Teile der 2013er-Saison mit Verletzungen und war ganz generell in seiner Karriere nie einer der Spieler, auf die du für alle 1200 Offense-Snaps pro Jahr bauen konntest. Der zweite Klassemann der Offense Line ist C Max Unger. Aber alle anderen Stamm-Vorblocker bekamen heuer auf die Fresse: LG Carpenter wird als 1st-Round Bust beschimpft, RG McQuistan wurde ohne mit der Wimper zu zucken nach Cleveland abgeschoben, und RT Giacomini stabilisierte sich erst Ende der Saison, wurde dann aber auch in der Free-Agency fortgeschickt.

Es gilt als hausgemacht, dass Seattle einen seiner hohen Draftpicks für einen Offense Liner spendieren wird – entweder für einen Guard oder einen Tackle, vielleicht werden es sogar je eins und eins. Seattle pickt erst zum Ende der ersten Runde, aber das ist kein Problem, wenn haarklein die OT-Position als eine der bestbesetzten im Draft 2014 gilt.

Eine weitere potenzielle Stelle zum Nachbessern in der Offense wurde auf Wide Receiver aufgemacht, wo man Golden Tate nach Detroit ziehen ließ. Man konnte sich zwar letzte Woche sozusagen als verführtes Ostergeschenk die Dienst von Sidney Rice erneut sichern (man hatte sich Rices teuren Vertrags im Februar entledigt, bekam ihn nun für Minimalgehalt und Einjahresvertrag wieder), aber ein Rice allein macht keine Kadertiefe hinter dem Stamm-Trio, und sei das noch so gut.

Dieses Trio Baldwin / Kearse / Harvin hat seine Schwächen – der klassische Wideout, der die Manndeckungen im Alleingang schlägt, fehlt – aber es reicht eigentlich potenziell aus. Harvin ist dabei der Star, der einzige Slot-WR der Liga, der wirklich aus eigener Kraft dem Gegner seinen Willen aufzwingen kann, aber Harvin ist halt oft verletzt. Letzte Saison hatte man sogar Glück, dass sich Harvin schon in der Vorbereitung die Bänder riss und somit erst zum Saisonende wieder fit wurde und nicht mehr genug Plays hatte um sich nochmal ernsthaft für das Endspiel zu verletzten; vielleicht sollte er es noch einmal so machen, aber dann gehen den Hawks die Optionen aus.

Kearse gilt als echter Kämpfer. Er hat schon in Seattle studiert (University of Washington) und sich als ungedrafteter Rookie durchgesetzt. Seine absolute Stärke ist das Blockspiel, ungewöhnlich für einen Receiver. Baldwin kann alles ein bisschen und nix hervorragend – das reicht zu einer sehr, sehr brauchbaren Nummer 2, aber wie gesagt: Sollte Harvin ausfallen, könnte das diesem Passspiel schon einen Knacks geben. Rice ist schließlich auch bis auf sein Ausreißer-Jahr 2009 in Minnesota auch bestenfalls ein mittelklassiger Mann.

Soll ich erwähnen, dass auch Wide Receiver als außerordentlich tief besetzte Position im Draft 2004 gilt?

Tight Ends: Check. Miller ist zwar kein Star, aber für 2-3 Catches pro Spiel und den einen oder anderen tiefen Ball immer zu haben. Der junge Luke Willson hatte zwar nur einen bestenfalls soliden Einstand in der Liga, aber er wird es erstmal tun.

Running Backs: Check. Marshawn Lynch ist einer der ganz wenigen Runningbacks der NFL 2014, um die du wirklich versuchen kannst, deine Offense zu bauen. Auch ein Lynch kann zwar die Offense nicht allein tragen, aber allein Lynchs Power reichen aus, um für Seattle die Balance im PlayCalling zu halten. Das kannst du sonst heute nur noch von einem Peterson in Minnesota oder einem Doug Martin in Tampa behaupten – und da drücken wir schon bei Letzterem ein Auge zu. Lynch ist zwar nicht außerordentlich effizient (41.6% Success-Rate ist Liga-Durchschnitt / 4.2yds/Carry sind auch nicht weltbewegend), aber er zwingt mit seiner Konstanz jeden Gegner, ein Auge auf das Laufspielzu halten. 1545yds, 16 Rush-TDs, und 37 Catches für 319yds und 3 TD-Catches sind Zeugnis für einen kompletten Spieler.

Sein Backup Turbin hatte zuletzt ein eher schwaches Jahr. Aber in der Hinterhand wartet noch RB Christine Michael, vor einem Jahr gedraftet als einer der herausragenden Zukunftstalente auf der RB-Position. Michael war letztes Jahr einer der großen Favoriten von Mike Mayock im Draftprozess, und bei Texas A&M am College ein extrem auffälliger, explosiver Back.

In der Defense kamen einige Leistungsträger für die Kadertiefe abhanden, aber die für die Spielidee zentralen Spieler sind alle noch da: Die Achse der Legion ist Boom ist noch komplett, der großartige DT MeBane ist noch da, LB Bobby Wagner ist noch da. Sogar die beiden Star-DE Michael Bennett und Cliff Avril, die besten und wichtigsten Spieler beim Superbowl-Blowout, bleiben in Seattle. Bennett konnte für einen nicht billigen, aber auch nicht überteuerten Vertrag gehalten werden. Er ist vielleicht mit nur rund 600 Snaps/Jahr kein klassischer Stammspieler, aber als Rotationsspieler ist er unersätzlich, und in den Snaps, in denen er spielt, gibt es kaum vielseitigere Leute.

Aus der Defense Line wurden nur DE Red Bryant und DE Clemons ziehen gelassen; beide gingen zum ehemaligen DefCoord der Hawks, Gus Bradley, nach Jacksonville. Dafür konnte Rotations-Tackle McDaniel (530 Snaps letztes Jahr) gehalten werden. Damit ist die Front-Four der Seahawks aktuell wie folgt besetzt:

  • DT: Brandon Mebane, Tony McDaniel, Jordan Hill, Jesse Williams
  • DE/LEO: Michael Bennett, Cliff Avril, Bruce Irvin

Es braucht nicht zwingend eine Neuverpflichtung, aber man darf trotzdem darauf tippen, dass der Stab der Seahawks versuchen wird, in den mittleren bis späten Runden (Seattle hat allerdings keinen 3rd-Rounder) einen neuen Defensive Liner zu holen, der langsam eingelernt werden kann.

Ein Irvin kann auch als Outside-Linebacker spielen, gilt dort jedoch als Sicherheitsrisiko, wenn der Gegner überraschend mit einem Laufspielzug daher kommt. Selten, dass Spieler deplatzierter aussehen wie ein Irvin in der Run-Defense, aber dafür wurde er ja auch nicht geholt. Die anderen Linebacker sind alle komplette Jungs: Wagner, der gerne unterschätzte K.J. Wright, und auch der offizielle Superbowl-MVP Malcolm Smith hat eine Wandlung hin zu einem gebräuchlichen three down Verteidiger gemacht.

Die Achse der Legion-of-BoomCB Sherman, FS Thomas, SS Chancellor – steht und muss nicht weiter diskutiert werden. Das vierte Gründungsmitglied Browner wurde nach New England ziehen gelassen, aber der verpasste eh die meiste Zeit mit Drogenproblemen. Browners Ersatzmann 2013, CB Thurmond, musste auch ziehen gelassen werden, sodass mittlerweile der CB Byron Maxwell die legendäre Seahawks-Secondary vervollständigt.

Maxwell und Slot-CB Jeremy Lane machten aber beide ihre Jobs im letzten Jahr sehr ordentlich, und man kann ihnen durchaus vertrauen. Brutal schwierig ist ihre Arbeit auch nicht: Die meisten Top-Receiver beim Gegner werden eh durch Sherman und der Scheming weggenommen, und wenn der Passrush wie gewohnt zündet, haben sie auch lange genug Zeit um ihre Gegenspieler halbwegs abzudecken. Zu schauen ist höchstens, ob und wie die Jungspunde SS Jeron Johnson (einst Boise State) und CB Tharold Simon (einst Problemkind bei LSU) besser eingebunden werden.

Wir haben also in Summe Needs in der Offensive Line (vermutlich Guard und Tackle), Spots für verbesserte Tiefe auf Wide Receiver, Defensive Line und vielleicht noch im Defensive Backfield, aber das sind Luxusprobleme vergleichen mit auch unmittelbaren Konkurrenten.

Fazit: Der Titelverteidiger ist schon vor dem Draft gut aufgestellt für die Titelverteidigung. Die sollte man zwar nicht erwarten – in einer NFL solltest du nie etwas „erwarten“ – aber der Kader ist schon wieder eine der komplettesten von allen.

In Offense und Defense greifen so fassungslos viele Rädchen ineinander, dass er bei Seattle gar nicht den „einen“ Mega-Spieler braucht, um den sich alles dreht. Die Offense ist ums Laufspiel gebaut, aber das Laufspiel hat nur deswegen eine Chance, weil der Quarterback ein Goldstück ist. Umgekehrt funktioniert dieser Quarterback vermutlich auch deswegen so fassungslos gut, weil er die Unterstützung von einem brachialen Run-Game hat.

Ähnlich die Defense: Die Secondary wäre vermutlich auch ohne Passrush in der Lage, jeden Gegner unter 6.0 NY/A zu halten, aber erst in Kombination mit dem Passrush ist sie total dominant. Deckt der Cornerback den Gegner 0.3 Sekunden länger als der durchschnittliche Corner, hat der Passrush 0.3sek mehr Zeit durchzubrechen. Bricht dieser Passrush dann noch aus eigener Kraft 0.2sek schneller durch als der durchschnittliche Passrush, hast du die dominanteste Defense seit mindestens zehn Jahren beisammen.

Es ist diese ausgeglichene, mannschaftliche Geschlossenheit, die mich bei allen famosen Einzelkönnern wie Wilson oder Earl Thomas seit gut zwei Jahren so fasziniert die Seahawks beobachten lässt. Es ist dieser Mannschaftsgedanke, der dazu führt, dass diese Mannschaft nicht einmal den Titel gebraucht hätte um mich für sie zu begeistern. Selten, sehr selten, dass solche Naturgewalten so perfekt ineinander verschmelzen – und schon allein deshalb ist auf die Seattle Seahawks schon wieder zu achten.

San Francisco 49ers in der Sezierstunde

Drei Jahre Jim Harbaugh, drei Jahre „eine Hand an der Trophäe“, dreimal knapp gescheitert – das sind die San Francisco 49ers dieser Tage. Eine Franchise, die ganz nahe dran ist, den Ruhm der glorreichen 80er wiederherzustellen, aber bisher jedesmal knapp vor der Erfüllung aller Träume gescheitert ist. Vor zwei Jahren zerstörten zwei Fumbles des Ersatz-Returners den Endspieltraum, und dieses und letztes Jahr scheiterte man jeweils in der Schlussminute von Semifinale und Finale mit einem Pass in die Endzone hinein. In anderen Worten: Die 49ers sind „dran“, aber sie konnten sich noch nicht belohnen. Viel schlimmer: Belohnt hat sich in der Zwischenzeit der lange Zeit nahezu völlig unbekannte Erzrivale, die Seattle Seahawks.

Da passt es doch wie angegossen, dass man sich GM Trent Baalke nach der Saison erstmal in einen Vertragsstreit mit Harbaugh begab, der zumindest Gespräche über einen möglichen Abgang Harbaughs entfachte. Wie viel an den Trade-Gerüchten „Harbaugh nach Cleveland“ dran war, ist nicht ganz klar, aber allein der Gedanke ist verrückt. Die Crux ist: Baalke will Harbaugh erst dann wie einen Superbowl-Coach bezahlen, wenn er eine gewonnen hat. Die alte Leier der Management-Fehler.

Trotzdem ist das Potenzial der 49ers da, und es ist sogar ziemlich gut: Für 2014 ist der Salary-Cap Raum zwar recht begrenzt, aber viel muss man auch nicht mehr bewegen, und ab 2015 hat man wieder einige Cap-Flexibilität. Baalke hat hier einen sehr guten Job gemacht – das neue CBA half ihm bei Leuten wie QB Colin Kaepernick natürlich, aber Baalke hat bislang seine Topspieler auch unabhängig vom CBA nicht mit horrende Verträgen beglückt.

Es gibt zwar auch junge, begabte Spieler mit auslaufenden Verträgen wie OLB Smith, WR Crabtree, OG Iupati, Kaepernick, aber das sind dann auch schon die meisten der Stützen. Die meisten anderen Free-Agents betreffen Mittelklassespieler wie DT Dorsey oder Altstars wie RB Gore. Dazu kommt, dass die 49ers mal wieder extremst viele Draftpicks für 2014 zur Verfügung haben – vor allem jene in der Zone, wo die Draftklasse 2014 am besten ist: Zwischen den Picks #20 und #70. San Francisco hat zwischen #30 und #100 gleich sechs Draftpicks im Sacko, und insgesamt 12 Stück.

Zur Kaderschau.

Überblick 2013

Record        12-4    CC
Enge Spiele    3-2
Pythagorean   11.6     4
Power Ranking  0.645   6
Pass-Offense   6.5    11
Pass-Defense   5.8     9
Turnovers      +12

Management

Salary Cap 2014.

Die 49ers-Offense der letzten Saison krankte über viele Wochen an einem zu wechselhaften Passspiel. Das lag zum Teil am mangelhaften Spielermaterial, zum Teil an Verletzungen, zum Teil an einer anfangs schwachen Offensive Line, aber es lag wohl auch am generellen Spielzugdesign und der Unerfahrenheit des jungen QBs Colin Kaepernick, 2012 wie Phoenix aus der Asche gestiegen, der 2013 aber doch einiges Lehrgeld zahlte.

Einvakuumiert lesen sich Kaepernicks Zahlen nicht völlig neben den Schuhen: 6.5 NY/A ist ein sehr anständiger Wert für eine Pass-Offense, nicht überragend, aber überdurchschnittlich für die starken Defenses, die San Francisco sah. Kaepernick hatte auch bloß 11 Interceptions in der Regular Season, insgesamt eine 2.2% INT-Quote – auch dies ist besser als der Durchschnitt, und für den Hopp-oder-Topp Stil der Niners sogar anständig.

Aber da sind auch nur 58% Completion-Rate und Kaepernick kassierte in 543 Passversuchen üble 45 Sacks, und es waren einige sehr sterile Performances von Kaepernicks Offenses mit dabei. Waren es die Wehwehchen des Lernenden? Viel Erfahrung hat Kaepernick ja nicht gerade. Auf alle Fälle war es eine zeitlang mau genug, dass San Francisco sich noch nicht traut, Kaepernick die geforderte 20 Mio/Jahr Vertragsverlängerung unterzujubeln.

Zu verlieren hat man nicht allzu viel: Ob Kaepernick auftrumpft oder nicht, viel teurer wird er in einem Jahr nicht sein. Kollabieren seine Leistungen, kriegt man ihn sogar billiger oder kann sich nach Alternativen umschauen. Hat er weiter Probleme mit fickfreudigen Sternchen, kann man über seine Nachfolge nachdenken.

Für das kommende Jahr steht Kaepernick, diese Naturgewalt, erstmal unter Beobachtung. Er zeigte letzten Herbst Ansätze, dass er auch Geduld in der Pocket entwickeln kann und auch mal 3sek auf seine Anspielstation warten kann – manchmal zu lange (die vielen Sacks!). Er ist in einer Findungsphase.

Man sollte sich darauf konzentrieren, ihm kurz- und mittelfristig einen besseren Receiving-Corp zur Seite zu stellen, der auch mal den Ausfall eines Leistungsträgers aushält.

WR Michael Crabtree wird kommenden Herbst fitter sein: Er verpasste den Großteil des letzten Jahres mit Achillessehnenriss und humpelte hernach auch mehr herum als er sprintete. Trotzdem war er nach seiner Rückkehr mit 30% tiefen Anspielen und 34 Catches wieder der Mann für die schwierigen Plays. Man kann ihn fast als Neuzugang werten, und ein Crabtree in 2012er-Form wäre einer der besten Receiver der Liga, plus er spielt um einen neuen Vertrag.

Zuletzt noch wertvoller als Crabtree war der Oldie-Bolzen WR Anquan Boldin, ein Brocken von Mann für die Spielfeldmitte, der die Offense fast eine halbe Saison lang allein auf seinen Schultern trug und unendlich viele kritische Plays hatte. Boldin geht auf die Mitte 30 zu und man sollte nicht drauf wetten, dass seine Leistungskurve stabil bleibt, aber vielleicht hat er noch ein gutes Jahr im Tank.

Dazu kommt der sehr komplette TE Vernon Davis, der fantastische Mann, der in der wenig passfreudigen Offense der 49ers 98x angespielt wurde, in 36% der Fälle davon tief über die Spielfeldmitte für 57 Catches, 904yds und 15 TD. Allein, bei Davis ist oft die Frage, wie motiviert er auftritt. Er hatte Bombenjahre, aber er hatte auch magere Jahre.

Hinter diesem Trio ist wenig, mit dem man arbeiten kann. Der junge WR Quinton Patton hat im Trainerstab noch was gut, weil er sich sofort nach dem Draft als Motivationsbündel allererster Güte erwies und mit seinem Trainingsfleiß alle mitriss, aber am Ende des Tages sprangen in 6 Einsätzen nur 7 Anspiele und 5 Catches bei raus. Patton wird sich verbessern müssen. WR Baldwin ist als Flop abgestempelt, und WR Manningham wurde zu den Giants zurückgeschickt – es ist also Platz da für den einen oder anderen Neuzugang für ein Team mit viel Holz zum Arbeiten in einer Draftklasse mit vielen WR-Talenten.

Bei den Ballträgern hatte man zuletzt ein eher schwaches Jahr: San Franciscos Offense ist immer noch um ein sehr variantenreiches Laufspiel aufgebaut, aber man war mit nur noch 40% Erfolgsquote bei Lauf-Downs nur noch unterdurchschnittlich (#20), und wenn man die Scrambles von Kaepernick rausrechnet, war man nur noch #24 der Liga nach Laufspieleffizienz – schwache Werte. RB Frank Gore wird nicht jünger, bekam aber zuletzt immer noch 324 Carries. Gore ist kein guter Ballfänger, aber er ist stark darin, sofort downfield abzubiegen und die notwendigen Yards herauszupressen.

Er ist nächstes Jahr wie eingangs beschrieben Free-Agent, und ob man dann mit einem 30jährigen noch verlängern will – who knows? Seine Backups sind alle junge Spieler: Kendall Hunter ist Draftklasse 2011, hat aber nie richtig überzeugen können, obwohl er 2012 sehr gute Ansätze hatte. Lamichael James ist Draftklasse 2012 und hätte eigentlich letztes Jahr eine größere Rolle bekommen sollen, aber es scheint mittlerweile so zu sein, dass ihn der Trainerstab aufgegeben hat und ihn verkaufen will. Und dann wäre da noch Marcus Lattimore, Draftklasse 2013, den sich die 49ers vor einem Jahr als Art Luxus leisten konnten; Lattimore, der schon einige schwere Verletzungen am College erlitt, galt immer schon als Mega-Back, und er war auch einer meiner Lieblingsspieler am College. Er ist wieder fit, und dürfte dieses Jahr sein NFL-Debüt geben. Vom Talent her wäre er ohne Verletzungen ein 1st-Rounder gewesen, eine Rarität in der heutigen NFL.

Tja, und Offensive Line: Hier wurde jahrelang geklotzt in San Francisco. Immer und immer wieder wurden 1st-Rounder ausgegeben, aber erst 2012 wirkte die Line zum ersten Mal richtig massiv. Letztes Jahr gab es einige Probleme mit Pass- und Lauf-Blocking, aber mit zunehmendem Spielverlauf kam immer besserer Drive in diese Unit. Vom Spielermaterial her ist man auf allen Positionen außer Center (Goodwin ist 35 und bekam noch keine Vertragsverlängerung) exzellent besetzt. Als Ergänzung für die Tackle-Positionen wurde Jonathan Martin aus Miami geholt, ein Harbaugh-Schützling am College, und das Mobbing-Opfer Martin soll sich in San Francisco wohler fühlen als im Haifischbecken bei den Delfinen.

Auch die Defense hatte letztes Jahr anfängliche Schwierigkeiten, sah mehrere Wochen lang wie es ist, wenn sich Schlüsselspieler mit Verletzungen plagen. Gebaut ist sie um ihre aufgeblasene Front-Seven, die eine zumeist suspekte Secondary übertünchen kann, weil der Passrush extrem ist und Laufspiel nicht zu machen ist. 5.8 NY/A gegen den Pass sind ein starker Wert, aber es war auch schon mal besser in San Francisco.

Stichwort Passrush, wo die Frage der Fragen OLB Aldon Smith betrifft: Smith ist wenn fit einer der besten, wuchtigsten Passrusher in der NFL. Er kann locker 15-20 Sacks fabrizieren und für endlosen Terror im gegnerischen Backfield sorgen, aber er ist auf der anderen Seite ein Mann, der noch nicht begriffen hat, dass die Pubertät vorbei ist. Er hatte in den letzten Monaten von Alkohol- über Drogenprobleme über nervliche Probleme hin zu Gewaltausbrüchen so ziemlich alle Phasen, die eine Bilderbuchkarriere des stereotypischen Ghettoproblemkinds ausmachen, und die 49ers scheinen mittlerweile die Geduld mit ihm zu verlieren. Sein Vertrag läuft nächstes Jahr aus; unter dem neuen CBA haben NFL-Teams die Chance, eine Option auf ein fünftes Profijahr zu ziehen, und die Niners werden es möglicherweise bei Aldon nicht ziehen – und wenn schon, dann gilt es aktuell als wahrscheinlich, dass er getradet wird.

Es wird also Passrush von den Flanken brauchen – vielleicht via Draft. „innen“ ist man 100%ig gesattelt, wenn ILB Navorro Bowman nach seinem ganz üblen Kreuzbandriss aus dem NFC-Finale fit sein sollte; ein Backup-Plan für Bowman schadet vielleicht nicht, aber das Trainerteam wird darüber mehr Bescheid wissen. Bowmans Nebenmann ist der universellste Inside-LB, den man sich ausmalen kann: Patrick Willis.

In der Defensive Line ist nicht mehr alles nur um den famosen Altstar DE Justin Smith konzipiert. Justin ist mit 34 auch nimmer die körperliche Wucht vergangener Tage, aber er wird weiterhin ein wertvoller Spieler für die Rotation sein. Er bekommt für dieses Jahr einen neuen Schützling zum Einlernen zur Seite gestellt: DE Tank Carradine, Björn Werners Teamkollege am College, den San Francisco letztes Jahr ähnlich wie Lattimore als eine Art „Redshirt“-Rookie draftete. Carradine war ein 2nd-Round Pick, der sicher ganz weit vorne gedraftet worden wäre, hätte er sich nicht schwer am Knie verletzt. Carradine wird dieses Jahr fit sein, und er gilt als extrem gutes Talent. Er ist quasi ein weiterer Gratis-1st Rounder, den San Francisco in den Kader zu integrieren versucht.

Die weitere Genossen in der Line sind der DT/DE Glenn Dorsey, der letztes Jahr teilweise Nose-Tackle spielte, und DE Ray McDonald, dessen 2013er Saison hymnisch besungen wird. McDonald hatte irgendwie nie jemand über den Weg getraut, aber er scheint sich zu einem kompletten Spieler entwickelt zu haben.

Kurzum: „Da vorne“ in der Niners-Defense ist geballte Wucht vorhanden. Die Frage ist eher: Ist die Tiefe da, oder soll man mit dem einen oder anderen Pick nachladen? (Eher ja)

In der immer schon eher schwachen Secondary muss man gleich drei „Leistungsträger“ ziehen lassen: CB Brown, CB Rogers und S Whitner gingen, hinterlassen aber keine nicht zu schließende Lücke. S Bethea wurde aus Indianapolis geholt und dürfte mit seiner grundsoliden Spielweise eh ein Upgrade gegenüber Whitner sein, und auf Cornerback brauchst du in dieser Defense nur so gut sein, dass du nicht nach 1.5sek blank stehst. Den Rest macht der Passrush.

Der homophobe CB Culliver und CB Brock gelten aktuell als Stamm-CBs, während der zuletzt in Detroit und Tampa stets schnell gefeuerte CB Eric Wright auch eine Vertragsverlängerung sah und zumindest mehrere hundert Snaps Spielzeit sehen könnte. Hier könnte es angebracht sein, mit mittelfristigem Fokus auch mal einen der höheren Picks zu investieren.

Viele Lücken gibt es in San Francisco nicht. Der Kader ist relativ komplett. Auf den Positionen, auf denen man mit alternden Spielern besetzt ist, hat man schon die jungen Talente im Käfig. Für meine Begriffe sollte man sich nach einem Passrush-Talent umsehen. Aldon Smith scheint keine sichere Tüte zu sein und möglicherweise eher früher als später im Knast schmoren. Und so dominant die Front-Seven mit ihm ist: Ohne Aldons Skills ist das statt Lamborghini hat schnell nur noch Ford Focus – sehr gute Leistung, aber kein geraubter Atem mehr.

Dazu Wide Receiver/Tight End, Cornerback und für die Tiefe ein Defensive Liner – so zumindest könnte man die „Baustellen“ für 2014 bezeichnen. Bleibt aus Niners-Sicht zu hoffen, dass Kaepernick den „richtigen“ Druchbruch, also den Sprung in die QB-Elite, schafft. Oder sich zumindest als 1B-Klasse herausstellt – dann bleibt dieses Team auch nach den ersten schweren Vertragsverlängerungen für die noch immer billigen Jungstars ein Titelkandidat auf 2-3 Jahre hinaus.

Cincinnati Bengals in der Sezierstunde

Das einstige hässliche Entlein der Liga, die Cincinnati Bengals, hat sich in den letzten Jahren zu einer der bestgeführten Franchises entwickelt – ein Wahnsinn, wenn man sich zurückerinnert an die Zeiten, in denen fünf Saisonsiege gefeiert wurden wie die Weltmeisterschaft. Zu verdanken ist das in erster Linie der ruhigen Hand von Head Coach / GM Marvin Lewis, aber – Cincinnatis Ureinwohner geben das ungern zu – wohl auch dem Franchise-Owner Mike Brown, der es in der letzten schweren Krise vor drei Jahren vermied, Lewis zu feuern, und ihm sogar zusätzliche Komptenzen zuschusterte. Das Resultat kann sich sehen lassen: Drei Playoff-Qualifikationen en suite für die Bengals und ein Kader, der minimum 25 Kontrahenten vor Neid erblassen lässt – allein, der letzte Durchbruch wurde noch nicht geschafft: Lewis hat noch immer keinen Playoffsieg vorzuweisen.

In dieser Offseason musste Lewis dann auch erstmals seit Jahren seinen Trainerstab größer umbauen: OffCoord Jay Gruden wurde Headcoach in Washington, DefCoord Mike Zimmer in Minnesota. Beide gelten als ersetzbar, aber ein Coordinatorwechsel in beiden großen Units ist nie zu unterschätzen. Vermutlich wird Marv, der Defensiv-Guru, wieder mehr Hand in der Tagesarbeit anlegen müssen. In der Offense kann man nur hoffen, dass der neue OffCoord Hue Jackson besser ist als sein Ruf: Jacksons bisherige Positionen mit viel Verantwortung (OffCoord Atlanta, Headcoach Oakland) gingen beide eher in die Hosen, auch weil beide Male unter zugegeben fast unmöglichen Umständen.

Überblick 2013

Record        11-5    WC
Enge Spiele    5-3
Pythagorean   11.2     5
Power Ranking  0.711   4
Pass-Offense   6.7     9
Pass-Defense   5.1     2
Turnovers       +1

Management

Salary Cap 2014.

Dass der Bengals-Kader eine Wucht ist, muss nicht mehr öfters betont werden. Er wird auch gleich anschließend noch in aller Länge und Breite diskutiert, aber widmen wir uns gleich dem wichtigsten Thema bei den Bengals in dieser Offseason: Quarterback. Der Rotschopf Andy Dalton, Zweitrundenpick von 2011, hat mittlerweile drei Jahre Erfahrung als Stamm-QB auf dem Buckel – drei Jahre, die nicht jeden – besser: Nur wenige – überzeugt hinterließen.

Dalton hat immer wieder gute Momente. Er sieht bei gegebenen Rahmenbedingungen sogar wie ein richtig Guter aus, aber dann lässt er wieder Spiele zum Haareraufen folgen. Dalton ist kein mittelmäßiger boom or bust-QB. Dalton ist eher der Typ Quarterback, der wegen seines limitierten Wurfarms zwar sehr effizient sein kann, wenn der Gegner den GamePlan nicht überreißt, aber der keine Antworten mehr weiß, wenn der Gegner ihm seine paar Routen wegnimmt, die er werfen kann. So geschehen zuletzt in der seelenlosen Playoffpleite gegen San Diego, als Dalton sogar gegen die mittelmäßige Chargers-Defense kein Bein in den Boden bekam.

Es ist das stuck in the middle-Phänomen, das BWL-Studenten aus dem Erstsemesterkurs kennen, und das auch für die NFL in ihrer heutigen Struktur gilt: Wenn der Quarterback gut, aber nicht hervorragend ist, riskierst du, immer und immer wieder auf dreiviertel Weg stecken zu bleiben. Zu gut, um per Absturz den Umbau zu probieren, zu schlecht, um ohne viel Glück die Lombardi Trophy zu holen.

Aus meiner Sicht ist es unerlässlich, dass Cincinnati einen Quarterback draften muss. Mike Tanier von Sports on Earth hat in einem sehr stimmigen Eintrag den Standpunkt vertreten, wieso Zach Mettenberger die Wahl der Bengals sein muss: Mettenberger gilt mit seiner Rakete von Wurfarm als großes Talent, kommt aber von einer schweren Verletzung und ist möglicherweise für 2014 keine gute Option für Teams mit dringendem QB-Need.

Mettenberger würde es Cincinnati erlauben, Dalton noch ein Jahr Zeit zu geben ohne den Druck, ihn nach dem nächsten schwachen Spiel ersetzen zu müssen, wie es bei einem großen Namen wie Bridgewater der Fall wäre. Mettenberger böte aber gleichzeitig die Option an, ihn ein Jahr Lernen zu lassen und im Falle eine Scheiterns Daltons nächstes Jahr nicht auf einen komplett grünen Rookie angewiesen zu sein.

Soweit alles stimmig. Cincinnati hat keine dringenden Löcher im Kader, die man mit dem Erstrundenpick angehen muss. Es ist bloß der Fakt, dass das Management, sprich Lewis, schon verlauten ließen, mit Dalton möglicherweise schon im Sommer den Vertrag zu verlängern um ihm das volle Vertrauen zu schenken.

Das kann gut gehen – auch ein Flacco explodierte zum rechten Zeitpunkt, auch wenn er ein anderer Spielertyp ist. Aber Punkt ist: Auf eine Explosion bei Dalton zu hoffen, ist Hoffen auf den Zufall. Den Zufall, dass er genau im kritischen Moment den Durchbruch schafft.

Der Rest im Kader passt. Der Schlüsselspieler der Offense ist WR A.J. Green, der sich innerhalb kürzester Zeit zum Mega-Wideout entwickelt hat. Den fantastischen Green kannst du jederzeit 1-gegen-1 gegen die besten Cornerbacks der Liga schicken. Er sieht 30% der Anspiele der Bengals, und davon 30% tief. Er fabrizierte zuletzt wieder 101 Catches für 1460yds und 11 Touchdowns, und das als oft isolierte Waffe downfield.

Auf der anderen Seite konnte sich WR Marv Jones (59 Catches, 842yds, 10 TD) als Mitteldistanzwaffe etablieren, während der geschwindige WR Sanu ganz gerne im Slot operiert. Als zusätzliche Waffe für die Spielfeldmitte wurde der wenige WR Hawkins ausfindig gemacht, während der junge TE Eifert nach seniem Rookiejahr auch schon auf 39 Catches und 445yds zurückblicken kann.

Etwas umstritten ist TE Jermaine Gresham, der jedes Jahr um die 50 Catches macht, aber mit seiner Anfälligkeit für Fumbles, seinem schlamigen Routenlaufen und seiner gelegentlichen Faulheit, Blocks zu setzen, ein Ärgernis ist. Gresham passt aber als Hüne für die Spielfeldmitte auch wie Arsch auf Eimer in das bisherige Spielsystem in Cincinnati.

Von „hinten“ soll künftig verstärkt der extrem explosive RB Gio Bernard kommen, als Rookie mit 182 Carries und 63 Catches für insgesamt 1327yds und 8 TD in Erscheinung getreten. Es sind Zweifel angebracht, ob es Bernard als Arbeitstier schaffen kann, aber sollte das nicht der Plan sein, kannst du immer noch einen Back in den mittleren bis späten Runde als Ergänzung draften. Sollte das passieren, ist der komplett durchschnittliche Green-Ellis wohl weg vom Fenster.

Sie alle werden hinter einer sehr soliden Offensive Line operieren können. Der „Swing-Tackle“ Collins, der so ziemlich alles spielen konnte, musste zwar ziehen gelassen werden, aber es bleibt immer noch eine rundum komplette Line ohne die ganz großen Schwachpunkte: LT Whitworth und RT Andre Smith gelten als Pro-Bowl Kaliber, während die beiden Guards Zeitler und Boling durchaus gehobenen Ansprüchen genügen – und beide sind noch jung und entwicklungsfähig.

Bleibt eine Offense, die insgesamt ihr Potenzial nicht ganz ausschöpfen kann, weil der Quarterback zwar ein Sympath zum Knuddeln ist, aber eben zu limitiert für das ganze Arsenal. Dalton hat noch eine Chance verdient. Dalton kann, wenn er seine guten Tage hat, durchaus diesen Kader zum Titel führen. Aber es ist wahrscheinlicher, dass er sich als zu durchschnittlich entpuppt, und in diesem Fall wäre es nicht schlecht, eine Notfalloption in der Hinterhand zu halten.

Die Defense war letzte Saison eine Offenbarung: Obwohl sie mit DT Geno Atkins und CB Leon Hall die beiden wichtigsten Verteidiger fast das ganze Jahr lang vermisste, sprangen überragende 5.1 NY/A heraus – Werte, für die viele DefCoords killen würden. Zimmer ist nun eben abgesprungen und was sein Nachfolger Guenther draufhat, ist nicht ganz klar, aber es ist immer noch Marv Lewis da, und es ist immer noch eine fast kompletter Abwehrkader da.

Die potenziellen Lücken sind „up front“. DE Michael Johnson folgte dem Ruf des Geldes und unterschrieb für 8.5 Mio/Jahr in Tampa, weswegen möglicherweise Defensive End eine Position auf dem Wunschzettel wird. Man hält dort in Carlos Dunlap zwar einen sehr brauchbaren Passrusher, aber ansonsten ist wenig geprüftes Material vorhanden. Letztes Jahr wurde der estnische Bär DE Margus Hunt (2.03m, 127kg) gedraftet, aber Hunt ist bald 27 und möglicherweise nicht mehr so entwicklungsfähig. DE Gilberry hat sich in seiner Karriere bisher als eher situativ gebräuchlicher Spieler erwiesen, und nicht als einer, den zu 800 Snaps spielen lassen willst.

DT Atkins ist nicht der allerschwerste, allerbreiteste Tackle für heutige Standard-NFL Körpermaße, aber er ist so quick, so beweglich, dass er damit alles wettmacht und für unerlässlichen Passrush über die Mitte zu haben ist. Er spielt meistens den 3-technique Tackle, und man versucht, ihm 1-vs-1 Situationen zu geben. Das heißt wiederum viel Arbeit für seinen Nebenmann, der in den letzten Jahren der struwwelige Domata Peko war – Peko gilt als allerdings durchaus upgradewürdiger Stammspieler. Ist der kürzlich gedraftete DT Brandon Thompson eine alternative Option?

Dahinter war der junge LB Vontaze Burfict zuletzt eine Offenbarung: Burficts spielerische Klasse war nur von wenigen jemals ernsthaft bestritten worden; bei ihm hatte man stets mehr Angst ob seiner Unkontrollierbarkeit: Burfict galt stets als unbeherrscht nach Spielzugende, immer eine Tätlichkeit vom 15yds-Penalty oder Spielausschluss entfernt, und auch im Privatleben ein Mensch, der seine Vita nicht unter Kontrolle bekam. Solche Leute waren für Cincinnati noch nie ein Hindernis, und auch Burfict konnte allem Anschein nach hingebogen werden. Burfict hatte von einer schwierigen Position aus sensationelle 92 Successes (Success = Sacks, Tackle für EPA-Verlust, Interceptions, Fumbles).

Er dürfte als Fixstern eingeplant sein. Sein Nebenmann ILB Maualuga tut es gerade, auch wenn man seine Hüftsteifheit schon seit Jahren versucht zu ersetzen. Der 36jährige OLB Harrison wurde trotz guter Saison entlassen – sofern der junge DE/OLB Dontay Moch aus Arizona als sein direkter Nachfolger gekauft wurde, gut. Ansonsten wird es hier für Cincinnati Nachhilfe brauchen.

In der Secondary ist zu hoffen, dass CB Hall sich nicht erneut verletzt; Hall ist der Mann, der als eine Art „Standard-Nickelback“ im Slot operiert. Die Außen-Cornerbacks sind mit Pacman Jones und Terrance Newman ansprechend besetzt – immer im Hinterkopf zu halten, dass diese Jungs einen funktionierenden Passrush brauchen. Vielleicht sieht der vom Runningback zum CB umgeschulte junge Onterrio McCalebb (Sprintstar bei Auburn) auch erste Snaps im regulären Spielbetrieb. Die Safetys waren in Cincinnati noch nie ein großes Problem: Iloka, Reggie Nelson und der junge Shawn Williams (galt als gute Führungsfigur an der University of Georgia) dürften Arbeitsteilung betreiben.

Zusammenfassend: Quarterback ist die Position, die für die Bengals über Wohl und Wehe entscheidet. Dalton ist keine zwingende Katastrophe, aber er ist trotzdem einer der wenigen unterdurchschnittlichen Stammspieler in Cincinnati auf der Position, auf der man es sich am wenigsten leisten kann. Die Mettenberger-Lösung gefiele mir außerordentlich von der Idee.

Andere Stellen, die man angehen könnte: Defensive End, Outside Linebacker, Center, Tiefe bei den Cornerbacks, Wide Receivers und Runningbacks. Viele eklatante Lücken gibt es nicht. Prinzipiell ist man wie Seattle, San Francisco oder Tampa Bay aufgestellt, was die Qualität der Positionen abseits der Quarterbacks angeht, sprich: Man ist schon wieder einer der Superbowl-Anwärter in der AFC. Dalton oder sein Nachfolger müssen es halt überreißen. Und die Coordinator-Wechsel dürfen sich nicht als zu große Umstellung herausstellen…

Cleveland Browns in der Sezierstunde

Die Cleveland Browns haben mehr oder weniger offiziell die Raiders als Komödiantenstadel Nummer 1 in der NFL abgelöst – Pate steht dafür der verrückte Start in die Offseason 2014, als man nacheinander Head Coach Rob Chudzinski nach nur einem Jahr feuerte, sich wochenlang auf der Suche nach einem Nachfolger nur Watschen holte, eine gefühlte C-Lösung präsentierte und schließlich die Bomben zündete in Form von Hausreinemachen mit Entlassung von CEO und General Manager. Zurück bleibt ein Club, bei dem man sich fragen muss, ob der Owner Jimmy Haslam – rein zufällig noch immer in FBI-Ermittlungen steckend – ihn überhaupt noch unter Kontrolle hat.

Es ist also viel passiert, und über die Hintergründe kann man weiter nur spekulieren. Als Positives bleibt festzuhalten: GM Michael Lombardi ist entsorgt. Lombardi ist zwar der Magier, der für RB Trent Richardson noch einen 1st-Rounder via Trade herausholen konnte, aber

a) war sein Vertragspartner Jim Irsay, und
b) irgendwas Positives bewirkt jeder.

Lombardi darf nun in New England wieder Praktikant Belichicks spielen und wird dort keinen weiteren Schaden anrichten. Als sein Nachfolger wurde das Eigenbauprodukt Ray Farmer installiert, ein Mann, von dem man sagt, er sei in der Trainersuche auf Weisung Lombardis überhaupt nicht involviert gewesen. Na denn. CEO Joe Banners Posten wurde erstmal nicht nachbesetzt.

Zum Schreien ist dabei tatsächlich: Die Browns haben einiges Potenzial im Kader, und der neue Headcoach, so unglücklich die Suche nach ihm verlief, ist durchaus ein spannender: Mike Pettine, ehemaliger Defensive Coordinator der Jets und Bills, einer, der schon bewies, dass ihm längerfristige Planung kein Fremdwort ist.

Und er ist mutig, holte sich den ligaweit verpönten OffCoord Kyle Shanahan in den Trainerstab, der nach dem Fiasko in Washington erstmal einigen verspielten Kredit wieder aufnehmen muss. Shanahans Ankunft wird vermutlich für die Browns auch die Umschulung auf eine zonen-basierte Offense bedeuten, die schon sein Vater in Denver kultivierte, und die er selbst schon in Houston kultivierte, und die beide gemeinsam in Washington… kultivierten kann man es vielleicht nicht nennen, aber damit kurzzeitig großen Erfolg hatten.

Pettine nahm einen Posten an, den sonst keiner wollte, denn wer will schon wie Vorgänger Chudzinski nach nur einem einzigen Jahr abgesägt werden? Noch dazu, wenn man Chudzinskis Rahmenbedingungen berücksichtigt – oder die Tatsache, dass die Cleveland Browns 2013/14 durchaus recht fetzige „Upside“ andeuteten: Mit .507 Sieg-Wahrscheinlichkeit gegen den Ligaschnitt war man #18 der NFL nach meinem Power-Ranking, und so ziemlich der klassische Mittelfeldläufer. Die Pythagoreische Erwartung, und überhaupt alle punktbasierten Rankings sehen Cleveland etwas schlechter als die reinen Effizienz-Stats Down für Down, aber no way, dass Cleveland im kommenden Herbst noch einmal bloß vier Siege holt.

Überblick 2013

Record         4-12
Enge Spiele    2-5
Pythagorean    5.4    26
Power Ranking  0.507  18
Pass-Offense   5.5    27
Pass-Defense   5.5     4
Turnovers       -8

Management

Salary Cap 2014.

Das heißt nicht, dass der Einstand der neuen Führungsriege besonders optimistisch stimmte: Cleveland hatte so ziemlich genau drei oder vier echte NFL-Spitzenspieler. Einen davon – S T.J. Ward – ließ man trotz vieler Millionen Cap-Space ziehen. Einen anderen – C Alex Mack – hielt man unnötig lange hin, vergrämte ihn mit einer „Transition-Tag“ Klausel, die zu seinem Abgang hätte führen können.

Es wurden aber auch gute Moves gemacht. QB Brandon Weeden, gescheiterter 2012er-Erstrundendraftpick, wurde nach Dallas ziehen gelassen und somit ein Neuaufbau auf der zentralen Footballposition schlechthin ermöglicht. Weedens Backup Brian Hoyer ist Stand heute die Nummer 1 im Kader, ein blasser Mann, der bisher in New England und Arizona nur als Karteikartenhalter in Erscheinung getreten war, aber letztes Jahr in seinen wenigen Einsätzen zwischen Weedens Demontage und Campbells Verletzung sehr, sehr brauchbar ausgesehen haben soll.

Da folgt die klassische Frage: Sollen wir ihm das abnehmen? Sind drei Wochen Brian Hoyer aussagekräftig genug um 28 Jahre Brian Hoyer vergessen zu machen? Sollen wir ihm eine Chance geben um drauf zu kommen, dass er Matt-Moore-like nach drei weiteren Spielen ausgeguckt ist oder kann er es wirklich packen?

Fakt ist: Cleveland hat mal wieder ernsthafte Fragezeichen auf Quarterback. Lösung a) ist Hoyer zu glauben und eventuell in einem Jahr sicher zu sein, keine Lösung oder die Lösung zu haben. Lösung b) ist, sofort einen neuen Quarterback zu draften. Von Manziel bis Carr geisterten denn auch schon alle möglichen Namen von bekannten Talenten aus dem Draft durch die Gazetten.

Wer auch immer neuer Quarterback wird: Er kann mit Material arbeiten. Bei den Wide Receivers hatte Josh Gordon seinen Durchbruch mit 1646yds aus nur 86 Catches. Von Gordon sind noch nicht alle überzeugt, dass er der neue beste Receiver der Liga ist, aber er sah auf alle Fälle phasenweise brillant aus. Gegen echt gute Manndeckung hat er noch Probleme, aber das haben viele andere auch.

Der groß gewachsene TE Jordan Cameron hat auch Potenzial zuhauf angedeutet, und die große Schwachstelle des Receiving-Corps hinter diesen Jungs wurde in der Offseason mit den Verpflichtungen von Andrew Hawkins aus Cincinnati und Nate Burleson aus Detroit angegangen – zwei wenig spektakuläre Neuzugänge, beide mit Verletzungssorgen, aber sie sind billig und sie bringen neben etwas Routine wohl auch die erhoffte kurzfristige Lösung für 2014 – eigentlich ideal, um noch einen jungen Wideout zu draften und den dieses Jahr einzulernen.

Bei den Runningbacks ist man schon qua Verkauf von Richardson besser aufgestellt als letzten Sommer, sagen die Spötter. Ganz so wird es nicht sein: Richardson war schon ein sehr spezielles Talent – aber einen 1st-Round Draftpick zu haben ist besser. Aus Houston wurde für relativ satte RB-Kohle (3.5 Mio/Jahr) Ben Tate eingekauft, der dort immer wieder kurz vor dem Durchbruch stand, ihn aber nie ganz schaffte. Tate gilt als kräftiger und explosiver Back, soll aber nicht rundum komplett sein, sprich Probleme haben, kurze Pässe aus dem Backfield heraus aufzunehmen. Tates Backups sind allesamt völlig unbeschriebene Blätter, bei denen man wohl auf den Shanahan’schen Effekt hofft.

Wo es nicht ganz übel hapern sollte: Offensive Line. Das Talent ist durchaus da. LT Thomas und C Mack gelten als möglicherweise beste Spieler ligaweit auf ihren Positionen, und beide sollten keine Probleme haben, die Umstellung auf die eher laterale Zonenoffense Shanahans haben. RT Schwartz gilt auch als aufstrebender Spieler, aber auf beiden Guard-Positionen könnte es noch Nachschub in Form von Draftpicks geben – hier ist Cleveland eher suboptimal besetzt.

Die Defense wurde zuletzt zwar ordentlich kritisiert, aber nach NY/A hatte sie eine Top-Passdefense: 5.5 NY/A, viertbester Wert der Liga. Das Personal ist gut für eine 3-4 Defense, die Pettine so liebt, aufgestellt, und mit DefCoord O’Neil holte sich Pettine auch einen alten Weggefährten in den Stab, der seine Denke teilt. Pettine ist bekannt dafür, dass er nicht häufig blitzt, sondern versucht, mit komplizierten „Zone-Wechseln“ zwischen den Outside Linebackers und Defensive Backs Druck auf das Offensive Backfield hinzukriegen. In New York bei den Jets sowie in Buffalo hatte er damit großen Erfolg.

Ganz vorne drin stehen mit den Tackle/Ends Rubin und Bryant sowie dem monströsen Nose Tackle Phil Taylor drei sehr potente, noch relativ junge Line-Spieler, die schon in den letzten Jahren gute Gegenwehr auch gegen bessere Offensive Lines leisteten. Sie sollten als Combo imstande sein, den Linebackers den Rücken frei zu halten, auch wenn sie in Sachen Tiefe Probleme bekommen könnten, wenn nicht noch der eine oder andere Rotationsspieler hinzugefügt wird.

Auf Linebacker ergänzte man den Oldie Karlos Dansby, der zuletzt einen eigenartigen Karriereverlauf hatte: In Arizona kurz nach dem Superbowl-Run 2008 entbehrlich geworden, ging Dansby nach Miami, wo er kurzzeitig mächtig aufgeigte, aber dann als zu alt abgeschrieben gefeuert wurde. Kehrte letztes Frühjahr für einen Minimalvertrag nach Arizona zurück und revitalisierte seine Karriere mit einer All-Pro würdigen Saison. Dansby ist 32 und folgte in dieser Offseason dem Ruf des Geldes, solange er noch konnte. Er unterschrieb für einen zweistelligen Millionenbetrag an Handgeld in Cleveland und ist als neuer Middle-Linebacker angedacht.

Dansby ersetzt den geschassten D’qwell Jackson, aber wer sein Nebenmann werden soll, ist nicht ganz klar: Es gibt kaum bekannte Alternativen. Ein Tank Carder, ehemals Abwehr-Hero bei TCU am College, gilt nicht als robust genug um als mehr als Ergänzungsspieler durchzugehen. Die meisten der weiteren Optionen sind eher Typus „Edge Rusher“ für die OLB-Positionen.

Zum Beispiel Paul Kruger, vor einem Jahr mit dem Nimbus des Superbowl-Champs für obszönes Geld aus Baltimore gelockt, und hernach klarerweise eine Ernüchterung. Oder Jabaal Sheard, der nach zwei sehr guten Einlernjahren schon eher als Wirbelwind an Passrush durchgeht; Sheard war nun zwei Jahre lang die beste Passrush-Waffe der Browns.

Das könnte sich ab heuer ändern, denn der 2013er-Draftpick, Barkevious Mingo, gilt als exzellentes Talent kurz vor seinem Durchbruch: Mingo hatte als Rookie seine Schwächephasen, sogar mehr Schwächephasen als gute Phasen, aber die Lichtblicke die er zeigte, sollen sehr hell gewesen sein. PFF.com charakterisiert den boom or bust-Spieler Mingo zudem schon als eine Art recht kompletter Edge-Spieler.

Wo es berechtigte Fragen gibt: Secondary. Dort wurde der Strong-Safety Ward durch den Hitter Whitner (oder Hitner) ersetzt. Es gibt wenige heftigere Downgrades als Whitner für Ward, wenn man solide Abwehrarbeit schätzt; Whitner steht für eine Handvoll Interceptions und zwei Handvoll blaue Flecken pro Jahr, wandelt aber stets am Rande eines aufgegebenen Big-Plays, weil er nicht flink genug ist um seine Rolle zur vollsten Zufriedenheit aller auszufüllen. Wenn Pettine denkt, er hat hier seinen neuen Super-Safety, könnte er sich getäuscht haben.

Auf Cornerback gibt es mit Joe Haden einen sehr guten Manndecker mit immensem Potenzial, aber Haden sah letztes Jahr manches Mal auch gegen mittelprächtige Receiver sehr, sehr durchschnittlich aus. Hadens bisherige Zeit in Cleveland verspricht allerdings Regression zur Mitte, sprich zur Mitte nach oben. Die restlichen Optionen im Backfield sind eher die Ergänzungsspieler, die du durchrotieren lässt – möglich, dass man bei vorhandenem CB-Talent im Draft nachbessert.

Ich sehe bei den Browns extrem viel schlummerndes Potenzial. Dieser Kader ist viel besser aufgestellt als es die vielen 4-12 und 5-11 Saisons der letzten Jahre befürchten lassen. Er ist halt bisher gescheitert, weil kein einziger der Quarterbacks sich als Glücksgriff erwies. Ob sich daran 2014 was ändern wird? Ob man überhaupt versuchen wird, den QB zu finden? Nix ist fix, aber Punkt ist auch, dass z.B. Seattle auch jahrelang wie eine unaufgeräumte Baustelle aussah, ehe mit Russell Wilson eher zufällig als geplant der QB-Superstar kam und plötzlich alles einen Sinn ergab.

Deswegen folgende Needs:

  1. Quarterback
  2. Defensive Backfield
  3. Inside Linebacker
  4. Offensive Guard
  5. Wide Receiver

Cleveland hat alle Optionen offen. Man hält zwei Picks in der ersten Runde (#4 und #26), man hält den Pick #35, dann zweimal dritte Runde und zweimal vierte Runde. Das ist mächtig Holz zum Abfackeln eines Feuerwerks – eine doch beachtliche Hinterlassenschaft eines ex-GMs wie Lombardi. Es ist noch etwas hin zum Draft, aber so wie es sich momentan zu entwickeln scheint, könnte es sogar sein, dass die Browns mit dem ersten Pick nichtmal einen Quarterback ziehen müssen, sondern eher eine Granate wie WR Watkins oder LB Mack in Angriff nehmen können. Quarterback für die späte erste oder frühe zweite Runde… oder, Cleveland? Oder hast du, Cleveland, noch die Gespenster von Brady Quinn (#22 Pick 2007) und Weeden (#22 Pick 2012) im Hinterkopf?

Miami Dolphins in der Sezierstunde

Konsolidierungsphase in Miami nach einer Saison des Grauens: Sportlich verpasste man nach einer großen Einkaufstour die Playoffs und geriet abseits des Spielfeld durch eine sehr üble Mobbing-Geschichte in die Schlagzeilen – eine Geschichte, bei der es am Ende einen Haufen Verlierer gab und die den Eindruck erweckte, dass der Trainerstab den Laden nicht mehr unter Kontrolle hatte bzw. ganze Mannschaftsteile aus Asozialen zusammengefügt wurden.

Das alles hätten die Dolphins etwas übertünchen können, hätten sie die gute Ausgangslage die Post-Season geschafft, aber die verspielten sie mit einer aseptischen Vorstellung im Saisonfinale gegen die Jets – zuhause, gegen einen eigentlich hilflosen Gegner.

Ganz so Trümmerhaufen ist Miami ein gutes Vierteljahr später nimmer. GM Ireland wurde gefeuert und durch GM Dennis Hickey ersetzt. Hickey behielt Headcoach Joe Philbin und Großteile des Trainerstabs, aber er entsorgte sich einiger Kopfschmerzen, indem er dem weißen Offensive Guard Richie Incognito, dem Mann im Zentrum der Mobbenden, eine Rückkehr verweigerte, und OT Jonathan Martin, den Gemobbten, nach San Francisco verschiffte.

Überblick 2013

Record         8-8
Enge Spiele    6-4
Pythagorean    7-5    19
Power Ranking  0.433  22
Pass-Offense   5.5    28
Pass-Defense   6.0    11
Turnovers       -2

Management

Salary Cap 2014.

Hickey hat noch einige PR-Arbeit zu leisten, aber er verhinderte zumindest ein weiteres Aufblasen der Zustände und richtete hernach seinen Fokus auf das Sportliche, wo er viele Transaktionen machte.

Absolute Priorität Nummer 1 in dieser Offseason war und ist die Offensive Line, letztes Jahr ein Torso allererster Güte, nicht bloß wegen der internen Streitereien, die zum Abgang Martins und zum Rausschmiss Incognitos führten: 58 Sacks gegen den bemitleidenswerten jungen QB Ryan Tannehill, der abseits des ständigen Passrushes sogar ganz passabel aussah.

Tannehill ist ein sehr schwierig zu bewertender Quarterback: Als Rookie 2012 hatte er die Entschuldigung der fehlenden Skill-Players. 2013 kann man ihm attestieren, keinen Schutz genossen zu haben und ein seelenloses Offensiv-Konzept durchschleifen zu müssen. Tannehill sieht in einem Vakuum wie ein sehr brauchbares QB-Talent aus: Mobilität, rattenscharfer Wurfarm, die Traute, auch die schwierigen Pässe zu nehmen – das alles ist höchst NFL-reif. Aber Tannehill baut dann immer wieder die Grottenspiele ein. Die Frage für Miami ist, ob diese mit der bisherigen O-Line Katastrophe zusammenhängen oder nicht.

Auf alle Fälle sind die ersten Moves bereits gemacht: LT Branden Albert wurde in einem lange erwarteten Move für einen schweren Fünfjahresvertrag (rund 9 Mio/Jahr) aus Kansas geholt um die Blindside des Quarterbacks zu beschützen. Der zuletzt bei den Rams sehr gelobte OG Shelley Smith wurde aus St Louis geholt und könnte durchaus einen der Stammplätze besetzen – Smith ist halt noch relativ unerfahren trotz seiner bereits 27 Lenze, und er war noch nie mehr als Ergänzungsspieler (letztes Jahr 372 Snaps). Aus Detroit holte man OT Fox, bei dem es mich überrascht hinterlassen würde, wenn er wirklich zum Starter ernannt wird. Dagegen wurde eine Latte an enttäuschenden Recken fortgeschickt: OT Clabo, OT Bomber McKinnie plus Martin und Incognito.

Das heißt summa summarum: Mit LT Albert und C Pouncey sind immer noch erst zwei Stammplätze fix besetzt. Smith könnte als „halber“ Starter durchgehen, während zumindest noch die rechte Seite Offensive Line unbesetzt bleibt: Hier sind die Wettquoten unter 1:1.5, dass Miami nicht zumindest einen seiner ersten beiden Draftpicks für Offense Liner rausgibt. Eher sind es zwei in einem Draft, der recht gut aufgestellt sein soll bei Tackles, und auch zwei hervorragende Guards hat. Vielleicht ist gar der Offense Guard der erste, der gezogen wird.

Passt die Line, kannst du am Konzept deiner Offense feilen, und dafür wurde OffCoord Bill Lazor aus Philadelphia geholt. Lazor war auch bei den Lions im Gespräch, und ich hätte nichts lieber gesehen als einen OffCoord Lazor in Detroit, aber der Mann entschied sich dann doch für Miami, wo er einen recht zufällig zusammengewürfelten Haufen auf eine Richtung trimmen soll.

Nur welche Richtung wird es sein? Lazor sah schon alles, was es an profitauglichen Offenses in den letzten Jahren so gab: Er war schon Assistent unter Mike Holmgren und Joe Gibbs, und zuletzt QB-Coach unter Chip Kelly in Philadelphia. Dazu gibt es einen Headcoach Philbin, der selbst eine eigene Agenda mitbringt und die klassische Packers-Offense intus hat. Ich sehe hier viel Kreativitätspotenzial, aber durchaus auch Bust-Chancen, wenn sich die Riege nicht auf etwas Kohärentes einigen kann.

Fakt ist: Miami hat den Quarterback. Miami wird vermutlich auch sowas wie eine Offensive Line haben, und dann kannst du plötzlich mit dem Spielermaterial anfangen zu arbeiten. Dann kannst du einen WR Mike Wallace öfters tief schicken als zuletzt, wo Tannehill längst in den Boden gerammt war, bis Wallace die 20yds tief ins Herz der Secondary gerannt war. Wallace wurde zwar immer noch in 31% der Fälle tief angespielt, aber seine Stats lesen sich gemessen an seinem Vertrag ernüchternd: 73 Catches, keine 1000yds, und das, obwohl er 141 Mal angespielt wurde und damit ein Viertel der Dolphins-Pässe sah.

Wallace ist gewiss das größte WR-Talent im Kader. Das zweite Talent ist WR Gibson, der immer wieder wie der angehende Superstar aussieht ehe er sich mit Kreuzbandriss auf die IR verabschiedet. Ein typischer #2-Receiver ist Brian Hartline. Dazu gibt es WR Matthews, der gutes Potenzial angedeutet hat, und den halben TE/HB Charles Clay, letztes Jahr berühmt geworden durch einen faszinierenden Catch/Lauf in der Crunch-Time gegen New England. Clay ist ein ungewöhnlicher Spieler, wird häufig für Hopp-oder-Topp Spielzüge eingesetzt.

Für das Backfield wurde RB Moreno aus Denver geholt. Moreno ergänzt die Rotation, die sich bisher RB Lamar Smith Miller und RB Dan Thomas teilten, beides Spieler, denen man einst gutes Potenzial bescheinigte, die aber als Enttäuschungen gewertet wurden. Moreno ist bei weitem der vielseitigste von all diesen Backs, da er zumindest auch mal einen Ball zu fangen imstande ist und somit eine Dimension in die Offense bringt, die überall Standard ist, nur in Miami bisher nie war (alle Runningbacks brachten letztes Jahr gemeinsam 40 Catches für ganze 230yds zustande).

Mit diesem Material muss Lazor arbeiten können, sofern die Offense Line passt. Es ist vorstellbar, dass man einen Tight End oder Wide Receiver ergänzt, sollte in den mittleren Runden gerade einer auf dem Präsentierteller liegen, der ins Konzept passt. Aber Prio 1 und 2 (und vielleicht sogar 3) in der Offense ist Offensive Line.

Die Defense ist eh nicht so schlecht: Überdurchschnittlich gegen Lauf und Pass, und wenn auch kein absolutes Kaliber, so erwiesen sich die meisten Zweifel an DefCoord Kevin Coyle doch als unbegründet. Man musste mit DT Soliai (nach Atlanta) und CB Carroll (nach Philadelphia) zwar zwei Stützen ziehen lassen, aber dafür wurden mit CB Grimes und DT Starks zwei Stützen gehalten.

Ganz klar ist noch nicht, was man denn eigentlich spielen will: 4-3 oder 3-4, oder ein Mischmasch. Es gerüchtelte auch schon, dass man den erst letztes Jahr für teures Geld und hohe Kompensation an #3 gedrafteten DE/OLB Dion Jordan schon wieder via Trade loswerden wollte – ein bizarrer Move, weil man normalerweise solche Talente nicht so schnell aufgibt. Das bedeutet entweder: Jordan ist eine Flasche, oder Jordan passt nicht ins System. Aber hätte man das nicht schon letztes Jahr wissen müssen?

Das Material für beide Defensive-Fronts ist jedenfalls da: DE/OLB Cameron Wake kann alles spielen was man ihm anvertraut, und er gilt in beiden Passrush-Positionen als absolute Ligaelite. Über Wake und sein Spielgefühl habe ich schon letztes Jahr mal geschrieben. Die Tackles wären mit Starks und Odrick auch ganz ordentlich besetzt, und für die Tiefe und Rotation könnte man durchaus einen mittleren Draftpick aufwenden. Als zweiter End/OLB kannst du immer Vernon mit seinen mehr als 10 Sacks aufstellen, oder eben hoffen, dass Jordan doch noch was wird.

Bei den Linebackers ist man nach der missglückten Einkaufstour letztes Jahr zwar mit Wheeler und Ellerbe nur suboptimal besetzt, aber zumindest kennen beide Spieler beide Systeme, und sind in der Lage, mehrere Positionen zu spielen. Hinter den beiden und LB Misi wird es allerdings bedenklich schnell gaaaaaaaaaaanz dünn.

Die Secondary muss den Abgang von CB Carroll und CB Patterson verkraften, die beide zuletzt gut gespielt haben sollen. Dafür konnte der Oldie CB Grimes gehalten und CB Cortland Finnegan aus St Louis geholt werden. Grimes galt letztes Jahr als Offenbarung. Finnegan, bekannt geworden als sehr nickeliger, teilweise unfairer Spieler, galt viele Jahre lang als Pro-Bowler, soll aber in St Louis extrem abgebaut haben. Finnegan ist 30 und dürfte zumindest noch 1-2 Jahre im Tank haben. Er ist ein klassischer Slot-Cornerback, und wenn 2013 nicht bloß ein einmaliger Ausreißer nach unten war, könnte er eine gute Verstärkung sein.

Für außen gibt es mit CB Jamar Taylor (2013-Draftpick) und Will Hill zwei junge, noch wenig erprobte Spieler, denen man aber gutes Potenzial nachsagt. Die Safety-Positionen sind mit Reshad Jones und dem aus Detroit geholten Louis Delmas auf dem Papier gut besetzt, auch wenn du immer bedenken musst, dass Delmas trotz seiner verletzungsfreien 2013er-Saison ein wandelndes Risiko ist: Guter Spieler, aber selten für mehr als 10 Spiele/Saison einsatzbereit.

Zwei der hohen Draftpicks dürften wie geschrieben der Offense Line gehören. Weitere Positionen kann man immer angehen, ohne dass eine Nichtbeachtung ihrer gleich einen Zusammenbruch des ganzen Gerippes bedeuten würde: Linebacker, Cornerback, Wide Receiver, Tight End. Ein bisschen dürfte es von den verfügbaren Spielern abhängen, ein bisschen von der Spielidee Lazors. Auf alle Fälle ist Miami rein sportlich ganz gut aufgestellt um in der lauen AFC mitzusprechen. An New England wird man nicht herankommen, aber vielleicht kann man den Ansturm der Bills verhindern und somit im Wildcardrennen bleiben.

Arizona Cardinals in der Sezierstunde

Die Arizona Cardinals waren eine der positiven Überraschungen des abgelaufenen Jahres mit ihrer verdienten 10-6 Bilanz in der knüppelharten NFC West. Sie verpassten die Playoffs aufgrund eben dieser Divisionsstärke, aber sie hinterließen trotzdem einen extrem starken Eindruck, und jede Wette: Es waren fünf oder sechs Teams froh, dass die Cards letztlich nicht in die Post Season kamen… zu mächtig wirkten sie in der Saisonschlussphase.

Die Cardinals waren viele Jahre unter dem Headcoach Ken Whisenhunt berüchtigt dafür gewesen, eine unterirdische Pass-Offense durchschleppen zu müssen, in der sich niemand entscheiden konnte, ob die Qualität des Quarterbacks oder jene der Offensive Line schlechter war. Letztlich wurde Whisenhunt genau deswegen gefeuert und im letzten Winter durch Bruce Arians (ex-OffCoord der Steelers und Colts) ersetzt.

Überblick 2013

Record        10-6
Enge Spiele    5-3
Pythagorean    9.5     9
Power Ranking  0.633   7
Pass-Offense   6.5    10
Pass-Defense   5.5     7
Turnovers       -1

Management

Salary Cap 2014.

Die zweite wichtige Neuerung: QB Carson Palmer wurde aus Oakland geholt. Palmer, ein ehemaliger 1st-Draftpick der Cincinnati Bengals, ist einer der NFL-Profis mit diesen einzigartigen Karriereverläufen, über die du Bücher schreiben könntest. Gekommen als große Hoffnung, die siechenden Bengals zu revitalisieren, und schon im zweiten Jahr als Starter dort ein All-Pro würdiges Kaliber mit dem ersten Playoffeinzug der Mannschaft seit zwei Jahrzehnten. Es ging zuhause gegen den Erzfeind Steelers, und im allerersten Offense-Spielzug brachte Palmer einen 70yds Pass downfield an den Mann. Ein Traumstart… bis die Kamera ins Backfield schwang. Dort lag Palmer mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden. Er war von einem Steeler lang genug am Bein festgehalten worden, dass Palmers Knie sich verdrehte und so ziemlich alle wichtigen Bänder im Knie rissen.

Der Anfang vom Ende Palmers als Superspieler: Er kam zwar zurück, aber er ward nie mehr so gut. Zwei Jahre später musste er seine Sehnen im Wurfarm via Tommy John-Operation flicken lassen. Später zerstritt er sich mit dem Owner Mike Brown in Cincinannti und bestreikte frustriert vom Misserfolg der Bengals-Franchise seine Mannschaft. Wurde für einen behämmerten Tauschhandel nach Oakland verschifft, wo er die Raiders (!) trotz einer Orgie an Interceptions um ein Haar in die Playoffs geführt hätte. Wurde in Oakland rausgeschmissen, und ging in seinem dritten Frühling nach Arizona.

Kein Mensch hält Palmer mehr für einen Elite-QB, aber er ist ein gigantisches Upgrade über alles an Quarterbacks, was die Cards seit dem Karriereende Kurt Warners nach der 2009er Saison so durchschleppen mussten. Palmer warf zwar auch 2013 viele Interceptions (22 an der Zahl), aber im Verlauf der Saison stabilisierte sich die Offense unter seiner Führung immer besser. Palmer warf über den Saisonschnitt nur 23% tiefe Pässe, komplettierte dabei 63% für insgesamt 6.5 NY/A – ein Wert, der für Cards-Verhältnisse Sektkorkenknallen bedeutet.

Palmer ist 34, und eigentlich muss Arizona somit schon mittelfristig an seine Nachfolge denken. Fällt dieses Jahr der richtige Quarterback in den Slot, sollte Arizona im Prinzip schon zugreifen. Wer kann schon garantieren, wie lange Palmer noch halten wird?

Auf der anderen Seite: Auch Headcoach Arians ist kein Jungspund mehr. Mit 62 Lenzen wird Arians auch nimmer so langfristig planen können, will er seinen ganz großen Wurf noch schaffen.

Wenn Arizona kurzfristig denkt, geht es andere Baustellen als Quarterback an. Die allergrößte adressierte man schon in der Free-Agency mit dem Einkauf von LT Jared Veldheer aus Oakland. Veldheer ist erst 26 und gilt als großes Talent, und er konnte dank seiner Verletzung in der letzten Saison auch vergleichsweise billig für 7 Mio/Jahr eingekauft werden.

Veldheer als Anker der linken Seite, und als sein Nebenmann wird LG Jonathan Cooper einrücken. Cooper war vor 12 Monaten der #7-Draftpick des Jahrgangs, gefeiert als eines der größten Talente seit Äonen, aber er erlitt dann einen komplizierten Fußbruch und fiel die ganze Saison aus. Schienbeinbrüche sind für so schwere Jungs wie Cooper (140 Kilo) oft unangenehmer als man denken würde, aber denk mal positiv drüber: Arizonas Monster-Team wird dieses Jahr quasi um einen Gratis-First Rounder verstärkt. Mit Veldheer und Cooper kriegst du zwei potenzielle Ankermänner für die größte Baustelle des Teams.

Der Rest der Offense Line ist mit C Sendlein, RG Sendlein und RT Bobby Massie okay, aber nicht hervorragend besetzt. „Okay“ ist dabei gemessen an den Katastrophen von 2010-2012 ein Kompliment. Vor allem Massie soll auf der rechten Seite enormes Potenzial gezeigt haben. Center und Right Guard könnten aber noch via Draft durch Upgrades ersetzt werden.

Auf Tight End gibt es derzeit in Arizona nicht allzu viel, mit dem man arbeiten kann. TE Rob Housler wird von PFF.com als einer der schlimmsten Stammspieler der NFL beschimpft, aber Fakt ist: Andere sahen schon viel Potenzial in Housler: Noch ein junger Spieler, durchaus athletisch genug, aber noch etwas unreif. Arians liebt vielseitige Tight Ends, die gut fangen und blocken können. Er coachte einst Heath Miller in Pittsburgh, über den er immer wieder in Interviews schwärmt. Er (respektive seine Führungskräfte) draftete in Indianapolis zwei Tight Ends in hohen Positionen – alles andere als auszuschließen, dass Arizona resp. Arians diesmal spätestens in Runde 2 nach einem Tight End á la Jenkins aus Washington greifen.

Nicht direkt eine Schwachstelle für 2014, aber durchaus nicht unheikel mit Blick 2015 und darüber hinaus ist die Situation auf Wide Receiver: Dort schaffte Michael Floyd zuletzt endlich den Durchbruch. 20% der Anspiele des Jahres gingen auf Floyd, 34% davon tief. Floyd häufig Doppeldeckungen, und fing trotzdem 66 Bälle für über 1000yds. Auf Floyd wird man längerfristig bauen können, aber die große WR-Legende in Arizona, Larry Fitzgerald, könnte diesmal ihr letztes Halali in der Wüste sehen. Nicht, dass Fitzgerald großartig abgebaut hätte; er ist immer noch einer der effizientesten Wide Receivers, nur eine Spur unter der absoluten Elite, zu der er selbst auch früher gehörte.

Es ist sein Vertrag. Fitzgeralds Vertrag ist so gebaut, dass es in einem Jahr möglicherweise zur Trennung kommen muss: Fitzgerald wird dann zwar immer noch 14 Mio. dead-money anschreiben, aber das ist vielleicht für Arizona immer noch besser als einen 8-Mio. Roster-Bonus zu zahlen und sich somit auf Jahre hinaus weiter zu kastrieren. Für Fitzgerald selbst hat eine Neustrukturierung auch nicht wirklich viel Sinn – er könnte höchstens auf Gehalt verzichten. Verzichten deswegen, weil er andernorts kaum mehr einen Vertrag der Güteklasse Arizona bekommen wird, und somit auch nach einem samaritanischen Moment immer noch mehr einstecken würde als sonst. Nur: Wie viele NFL-Profis verzichten? Wie viele Menschen verzichten?

So oder so sind die Cards nach dem Abgang von Slot-WR Roberts gezwungen, Nachschub zu draften. WR Ginn aus Carolina ist bestenfalls Durchschnitt und verhindert, dass sich Superstar-CB Peterson weiter in sinnlosen Puntreturns aufreibt, aber Ginn ist keine echte verlässliche Receiver-Waffe.

Selbst wenn du an Ginn, den Wide Receiver, glaubst, ist es mit dem Fitzgerald-Vertrag im Hinterkopf fast ein Muss, hier mittelfristig zu denken und schon den Nachfolger einzulernen.

Aus dem Corp der Runningbacks kam Mendenhall abhanden, der seiner Gesundheit zuliebe mit nur knapp mehr als 27 Jahren zurücktrat. Das erlaubt den Cardinals, künftig stärker auf die Rookie-Sensation RB Andre Ellington zu bauen: Ellington wurde letztes Jahr extrem selten eingesetzt (117 Carries, machte aber als change of pace Back sensationelle 5.6yds/Carry und addierte dazu noch 39 Catches als Multiwaffe.

Ellington ist vielleicht in dieser Konstellation auch am effizientesten, weswegen RB Dwyer aus Pittsburgh geholt wurde. Dazu gibt es den Power-Back Taylor (ex-Stanford Cardinal) und Ryan Williams, zwei Backs, die in den letzten Jahren gedrafet wurden, als Entlastung. Ellington muss also keine 300 Carries sehen, aber no way, dass es wieder nur 117 sein sollten.

Summa summarum würde ich sagen: Tight End ist der große kurzfristige Need, den man angehen sollte. Mindestens ein Wide Receiver, und sei es als Absicherung gegen einen Abgang von Fitzgerald in einem Jahr. Und wenn der richtige Groschen fällt, kannst du schonmal auf Quarterback oder Center/RG denken.

Die Defense der Cardinals war zuletzt fast immer großartig, egal ob unter dem alten DefCoord Horton oder unter dem neuen Todd Bowles. Dieses druckvolle Spiel der 3-4 Cardinals ist immer eine Augenweide. Nun wurden viele Ergänzungsspieler bzw. Backups ziehen gelassen, weil der Kader ansonsten zu teuer geworden wäre, und sie wurden durch billiges Nachrückermaterial ersetzt.

Der Superstar der Front-Seven ist der DE/DT Calais Campbell, der 2013 mal wieder von einer unsympathischen Position aus 11 Sacks und fassungslose 67 Successes (Summe aus Tackles für EPA-Gewinn, Sacks, Fumbles, Interceptions) erzielte. Campbell ist J.J. Watt light, und zählt vorne für zwei. Dank seiner Arbeit können die Cards systemtechnisch die Linebacker etwas gen „andere“ Seite ziehen, wo der alternde Superbowl-Held von 2008, Darnell Dockett, nicht mehr zum Spitzenfeld gehört. Dockett ist nicht „schlecht“, aber er ist kein Campbell. Und Docket ist dank seines Vertrags ein heißer Kandidat, 2014 entlassen zu werden (zählt dann als 33jähriger 9.8 Mio. gegen die Cap, aber würde nur 3 Mio. dead-money anschreiben).

In der Mitte soll sich NT Dan Williams, ein ehemaliger 1st-Rounder, mittlerweile durchgesetzt haben. Als erste Backup-Option wurde Frostee Rucker gehalten; in Alameda Ta’amu gibt es noch einen weiteren jungen ehemaligen Draftpick zum Einlernen.

Die Linebacker hinter dieser sensationellen Anspiellinie verlieren in Brinkley und Dansby ihren beiden Inside-Starter des letzten Jahres. Hier ist die Frage, ob der famose Daryl Washington (einst TCU Horned Frogs) künftig wieder verstärkt Inside-Linebacker spielt. Washington brillierte schon früher häufig in einer Art Weakside-Linebacker Rolle.

Die andere ILB-Rolle ist zu besetzen (Draft?). Auf OLB gibt es John Abraham, eine der positiven Erscheinungen des letzten Jahres, aber Abraham wird mit 35 nicht jünger. Hier könnte für mein Empfinden versucht werden, eine Nachbesserung zu finden.

Man sollte allerdings nicht vergessen, welche Talente die Cards hier in der Hinterhand halten: Ein Kevin Minter, ein Alex Okafor, ein Sam Acho sind alles junge Linebacker, die vor nicht allzu langer Zeit als potenzielle hohe Draftpicks gehandelt wurden. Sie alle haben den Durchbruch noch nicht geschafft, aber mit nur 1-2 Jahren Erfahrung sind sie noch lernfähig. Ein Minter könnte durchaus Grund für die Cards gewesen sein, Dansby ziehen zu lassen. Ein Okafor galt schon oft als potenzieller Star-DE, könnte als OLB eingesetzt werden. Selbst ein Matt Shaughnessy (ehemals Oakland Raiders) konnte schon als Kurzzeit-Starter von der OLB-Position überzeugen und ist noch kein überalterter Routinier.

Es ist halt die Frage, wie viel Vertrauen das Trainerteam in diesen Schwall an noch ungeprüften Jungstars hat.

Das Defensive Backfield genügt durchaus höchsten Ansprüchen: CB Patrick Peterson kannst du nach drei Jahren des Einlernens mittlerweile auf jeden gegnerischen Top-Wideout loslassen, und er wird dir nur wenige Fehler begehen; Peterson ist ein echter Shutdown-Cornerback geworden. Der andere Stamm-CB ist mit Antonio Cromartie ein Neuzugang aus New York, berühmt geworden als Vater von tausend Kindern und Meister der Interceptions. Cromartie ist vielleicht kein Weltmeister mehr, aber als zweiter Mann im Tandem sicher ein massiver Gewinn – und er gibt dir die Chance, einen CB Powers in die Rotation zu schicken.

Als eine Art Freelancer zwischen Slot-CB und Free-Safety wird wieder Tyrann Mathieu agieren, der Honey-Badger, dessen Rookiesaison alle baff hinterließ. Mathieu, dieses wandelnde Drogenproblem, blieb als Rookie clean und glänzte als Playmaker der allerersten Güte. Er riss sich allerdings gegen Saisonende das Kreuzband. Wie fit er zurückkehren wird, bleibt abzuwarten, aber nehmen wir auch hier den guten Fall an, und wir haben einen sehr, sehr jungen Spieler für einen jungen Abwehrkern, der seine beste Zeit wohl erst noch vor sich hat.

Einzig bei der Safety-Combo Johnson/Jefferson würde ich meine Hand noch nicht ins Feuer legen, dass hier Großes kommt. Ich halte es durchaus nicht für ausgeschlossen, dass die Cards Safety als wichtigste Priorität sehen und entsprechend versuchen, schon in Runde 1 einen Safety zu draften.

Insgesamt dank verbesserter Offensive Line und QB Palmer gut aufgestellte Cards-Mannschaft. Sie wird dank Coopers Rückkehr und des eigenen 1st-Rounder im Prinzip durch zwei 1st-Rounder ersetzt. Wenn die größten kurzfristigen Lücken wie TE, OLB oder Safety zur Zufriedenheit gelöst werden, ist man vermutlich auch diesmal ein Spitzenteam. Aber man wird im Hinterkopf schon über 2014 hinaus denken müssen.

Es ist also überraschenderweise auch auf die Arizona Cardinals ein Auge zu werfen.

Pittsburgh Steelers in der Sezierstunde

Die Pittsburgh Steelers sind ein weiteres dieser Teams, das sich seit einigen Jahren in einem Übergangszustand befinden: Zu gut besetzt für einen echten Umbruch, aber zu durchschnittlich, zu alt, um mit den ganz Großen mitzuhalten. Eine der Ursachen war, dass GM Colbert über mehrere Jahre einen klassischen Managementfehler in der NFL beging und seinen Kern aus alten Superbowl-Recken auf Druck zusammenhalten wollte – auf Kosten von verzögerter Verjüngung und resultierend in teuren Verträgen und einer angespannten Cap-Situation.

Das engt die Spielräume der Steelers auf dem Transfermarkt ein, und zwang Colbert die letzten zwei, drei Jahren, vor allem die Defense langsam und unterschwellig zu verjüngen zu versuchen.

Eine der beißenden Fragen für die Steelers-Fans war in den letzten Jahren, wie weit es noch mit der Genialität von DefCoord Dick LeBeau her ist: „Blitzburgh“ war immer weniger zuletzt, und spätestens als man sich von Terrelle Pryor für einen 93yds-TD verarschen ließ, wunderte man sich, ob LeBeau denn überhaupt noch mitkriegt, welche Entwicklung die NFL-Offenses so genommen haben.

Überblick 2013

Record         8-8
Enge Spiele    2-5
Pythagorean    8.2    14
Power Ranking  0.557  12
Pass-Offense   6.4    12
Pass-Defense   5.9    10
Turnovers      -4

Management

Salary Cap 2014.

Die Frage kann man aber auch Richtung Spielermaterial drehen: Wie logisch ist es eigentlich, dass eine einst dominante Defense plötzlich eher mittelmäßig wird, wenn langjährige Recken, ja Superstars, wie NT Hampton, OLB Harrison, ILB Farrior oder OLB Woodley den Laden verlassen? Wenn vom einst besten Linebacker-Corp der Liga nur noch ein einziger Mann – der grundsolide ILB Lawrence Timmons – übrig bleibt?

Die Versuche, die Linebacker-Klasse zu halten, war ja durchaus da: 2013 draftete man zum Beispiel d von der University of Georgia, einen der dominanten Passrusher des Jahrgangs. Bei Jones hatte man aber Bedenken aufgrund seiner Gesundheit, aufgrund seines Körperbaus, aufgrund seiner Fähigkeit, gegen gut gesetzte Blocks zu bestehen. Jones konnte als Rookie keine dieser Bedenken widerlegen. Er hatte nur einen einzigen Sack – und der kam ungeblockt.

OLB Woodley wurde ziehen gelassen. Zumindest OLB Worilds konnte gehalten werden, aber so ganz überzeugend findet niemand eine Combo Jones/Worilds als Vollzeit-Tandem von den Flanken. Innen wurde LB Moats aus Buffalo geholt um Timmons zur Seite zu stehen, aber mit der Kadertiefe ist es bei den Linebackern nicht mehr weit her. Möglich, dass ein neuer Grünschnabel gedraftet wird, oder dass man dem nicht allen koscheren Sean Spence eine Chance gibt sich zu beweisen.

In der Defensive Line gab man das enttäuschende Talent Ziggy Hood endgültig auf. Man scheint auf den aufstrebenden DT/DE Cam Hayward zu bauen, der hervorragende Ansätze zeigte. Hinter Hayward gibt es jedoch kaum Alternativen. Die zweite End-Position in der 3-4 Defense von LeBeau ist noch komplett offen, und NT McLendon ist auch noch nicht annähernd an seinen Vorgänger Hampton hingekommen.

Der brauchbare DT Woods wurde abgegeben, während man mit Cam Thomas aus Pittsburgh immerhin einen mittelprächtigen Ersatz holen konnte. Echte Stützen dürften diese Männer nach aktuellem Kenntnisstand aber kaum werden. Es gilt als geritzt, dass Pittsburgh dort vorne nachbessern muss.

In der Secondary vermisst man prinzipiell ein wirklich starkes Cornerback-Tandem. Man hat zwar in SS Troy Polamalu immer noch eine Safety-Legende im Line-Up, aber Polamalu war zuletzt immer öfter verletzt, und nach mittlerweile elf Jahren im Getümmel der NFL könnte es schneller als erwartet soweit sein, dass sein Körper endgültig „Nope“ sagt. Es ist möglicherweise zu früh, ihn zu ersetzen, und möglicherweise sind die Lücken andernorts zu krass um seinen Nachfolger schon jetzt zu draften, aber man muss das nahende Karriereende bei Polamalu schon im Kopf halten.

Vielleicht steht der Nachfolger aber auch schon im Kader: Shamarko Thomas, gedraftet im letzten Jahr und bisher ohne nennenswerte Einsatzzeit geblieben. Man vertraut Thomas aber wenig genug um Mike Mitchell aus Carolina nicht doch einen 5yrs/25 Mio. Vertrag unterjegubelt zu haben – ein Wahnsinn angesichts der sonst so gezahlten Preise auf dem Markt. Mitchell ist der Mann, der einst von den Oakland Raiders in der zweiten Runde gedraftet wurde, floppte, und später in Carolina wenigstens ein annehmbarer Stammspieler wurde. Aber 5 Mio/Jahr in einem offenen Markt?

Alles in allem war Pittsburghs Defense aber zuletzt trotz des fraglichen Spielermaterials nicht „schlecht“: Sie gab z.B. 2011 nur 4.9 NY/A gegen den Pass auf – ein sensationeller Wert, besser als z.B. die Seahawks dieses Jahr. 2012 hatte man bockstarke 5.3 NY/A, was auch heuer eni Top-5 Wert gewesen wäre. 2013 mit 5.9 NY/A immer noch eine Top-10 Passdefense. Es fehlt halt ein bissl der letzte Punch zur absoluten Dominanz. Und: Seit Jahren werden erstaunlicherweise kaum mehr INTs gefangen – immer unter 2% INT-Quote, was unterirdisch ist, sich aber auch wieder schnell wenden kann.

Immerhin haben die Steelers nach Jahren des Schimpfens mittlerweile eine Offensive Line, die ihren Namen verdient: Es ist keine dominante Line, aber sie ist zumindest keine Sollbruchstelle mehr. LT Beachum kannst du immer upgraden, aber angesichts der notwendigen Blutauffrischung in der Defense wird ein Draften von Offense Tackles in den ersten Runden nur dann passieren, wenn tatsächlich zufällig das richtige Prospect auf dem Tablett liegt. Beachum ist für einen ehemaligen Siebtrundendraftpick (2012er Jahrgang) aber schon jetzt eine sehr gute Geschichte, und er verhindert vor allem, dass der gefloppte Mike Adams den Tackle geben muss.

Dahinter kannst du weiter auf QB Roethlisberger bauen: Ben wirft zwar kaum mehr tief (2013 nur noch 20% tiefe Pässe), aber seine Improvisationskünste sind weiterhin unerreicht. Er scheint sich auch mit OffCoord Haley mittlerweile so gut zu verstehen, dass die allwöchentlichen Clashes in den Lokalmedien rar geworden sind. In WR Antonio Brown hat er einen All-Pro würdigen Go-To Guy, der letztes Jahr sensationelle 29% der Steelers-Anspiele sah und diese zu 110 Catches für 1498yds und 8 TD verwertete – und das ohne echte komplementäre Waffe, die ihn entlasten hätte können.

Zwei seiner Receiver-Kollegen wurden ziehen gelassen: Emmanuel Sanders ging nach Denver, Jerrico Cotchery nach Carolina. Damit bleibt neben Brown nur noch der grundsolide TE Miller als bekannte Anspielstation.

Der sehr junge WR Markus Wheaton hatte als Rookie nur wenig Einsatzzeit, und konnte diese bisher nicht für Eigenwerbung nutzen. Wheaton wird vermutlich ab sofort mehr Spielzeit bekommen, aber nicht überrascht sein, sollte Pittsburgh noch einen jungen Wide Receiver draften. Die eingekauften Lance Moore aus New Orleans und Heyward-Bey aus Indianapolis stehen schließlich nicht für 100%ige Qualität, und beide müssen sich nach Jahren in Domes erst einmal an einen Acker von Spielfeld gewöhnen.

Breit aufgestellt ist Pittsburgh im Backfield, das zuletzt unterirdische Effizienz-Zahlen einfuhr, trotz optisch gar nicht so übler Runningbacks: Le’Veon Bell erwies sich als beweglicher als gedacht und steuerte vor allem auch 45 Catches bei. Bell hatte trotzdem recht maue Statistiken (3.5yds/Carry). Als eine Art neuer Power-Back wurde Blount aus New England geholt – Blount hatte dort ein paar wenige massive Spiele und viel Leerlauf, und wurde entsprechend von Belichick ziehen gelassen. Bell/Blount sollten in Summe aber ein recht wuchtiges Duo abgeben, das maximal noch durch einen Billig-Back ergänzt wird.

Sieht nicht unterirdisch aus für Pittsburgh. Als größte Baustellen sehe ich die Front-Seven: Ein 3-4 Defensive End fehlt, und dann dürfte es gerne noch ein Talent zum 3-4 OLB sein, wenn wir uns schon zwei Wunschspieler aussuchen dürfen.

Auf Cornerback ist man durchaus unterdurchschnittlich besetzt, aber zumindest die Historie zeigt, dass man in Pittsburgh stets eher auf den Passrush/Blitz vertraute und Cornerback maximal als „1B“-Priorität sah. Von zumindest einem neuen Cornerback bin ich aber überzeugt. Man könnte auch Ike Taylor auf seine alten Spielertage zum Safety umschulen und zwei neue Cornerbacks draften.

In der Offense würde ich zu einem Wide Receiver mit Speed tendieren, sofern man nicht voll von Wheaton überzeugt ist. Mit den Steelers ist es wie mit vielen guten, aber nicht hervorragenden Teams: Schlagen zwei oder drei Draftpicks sofort ein, ist das Team per Knopfdruck wieder ein AFC-Titelanwärter (immer durchschnittliches Spielglück angenommen). Aber selbst mit einem bloß durchschnittlichen Draft können die Steelers durchaus qualitativ mit den besseren Teams in der AFC mithalten.

Minnesota Vikings in der Sezierstunde

Nächste Sezierstunde mit einer Mannschaft, deren Abschmieren im Herbst 2013 man hatte kommen sehen können: Minnesota Vikings, das Aschenputtel des Jahres 2012, das aus dem Gar Nichts heraus um eine atypisch gebaute Offense herum die Playoffs erreicht hatte, aber im letzten Herbst nach vielen Indikatoren doch wieder in das untere Tableau der NFC fiel. Genauer gesagt: Sie waren das 23t-beste Team der Liga, wie es erstaunlich viele Effizienz-Stats aufzeigen. Es folgte der Trainerwechsel. Es wird noch folgen: Ein Quarterback-Wechsel, zumindest sind sich darin alle einig.

Überblick 2013

Record         5-10-1
Enge Spiele    4-4-1
Pythagorean    5.9    23
Power Ranking  0.392  23
Pass-Offense   5.8    22
Pass-Defense   6.7    23
Turnovers      -12

Management

Salary Cap 2014.

Minnesotas geschasster Head Coach Les Frazier war für mich nie ein großer Innovator, und seine Statements über seine Offensiv-Philosophie kommen zirka 30 Jahre zu spät um als zeitgemäß zu gelten, aber trotzdem war der Mann für mich nie ein klarer Kandidat für eine Entlassung. Grund: Seine Teams spielten sauber. Sie spielten am oberen Rand der Leistungsfähigkeit. Frazier hatte zwei Probleme: Er bekam die Secondary nicht mehr gebacken – und ausgerechnet diese galt als sein Spezialgebiet. Das zweite: Der vor drei Jahren als neuer Franchise-QB gedraftete Chris Ponder schaffte nie den Durchbruch und wäre spätestens nach 2012 reif für eine Auswechslung gewesen… aber dann übertünchte der Playoff-Lauf und für die anämische Playoffvorstellung bekam eh Joe Webb auf die Fresse…

Ponder ist ein sympathischer Knabe, einer mit dem du dich gerne abgeben kannst. Er trinkt auch gerne mal ein Bier in der nächsten Kneipe um mit dir über Gott und die Welt zu sinnieren, schleppt vom Spielfeldrand die heißen Schnitten nach Hause ab, ohne aber als Angeber rüber zu kommen und dir nur mit Kinn voraus zu begeben. Nur leider reichen nett und blässlich für die NFL nicht so recht: Der Verwalter Ponder hatte nie den Wurfarm um sich die schweren Pässe zu trauen, um die Doppeldeckungen á la Stafford zu zerschießen, und er hatte nie die Reaktionsschnelligkeit der anderen Monster-QBs. Er blieb in seinen Jahren als Starter stets auf banale Offense beschränkt.

Und Ponder war ein wandelnder Kandidat, mit Schulterverletzungen zwei, drei Wochen krankgeschrieben zu werden. Weil sein Backup Matt Cassel dann auch stets etwas besser spielte, war die Ära Ponder in den Twin-Cities dann auch recht schnell beendet – wie auch die Ära Frazier.

Der neue Trainerstab ist einer mit klingenden Namen: Head Coach wird der ehemalige DefCoord der Cincinnati Bengals, Mike Zimmer, kein Mann von Traurigkeit in seiner Wortwahl im Training, und einer, der seit vielen, vielen Jahren als Headcoach-Kandidat galt, aber jedesmal durch die finalen Bewerbungsgespräche gerasselt war. Zimmer war für mich schon den Jim Johnson der letzten Jahre gewesen – ein hervorragender Defense Coordinator, dessen Upside „Coordinator“ blieb. Für Head Coach eine Nummer zu klein befunden.

Nun kam Zimmer durch, und er holte sich klingende Assistenten in seinen Stab. Der bekanntere der beiden ist sicher OffCoord Norv Turner, bei dem auch immer alle sagen, er sei ein viel besserer Coordinator als Head Coach, aber Turner hat seine Chance als Chef wenigstens bekommen. Norv gilt als Verfechter einer tieferen Offense, im Optimalfall basierend auf einem harten Laufspiel, aber mit einem Quarterback, der ganz gerne mal die langen Pässe auspackt. Norv spielt keine krassen Spread-Offenses, sondern operiert normalerweise aus einer standardmäßigen 2 WR / 1 TE / 2 RB Offense.

Der Blick auf den Kader gibt her: Bis auf den Quarterback sind alle Ingredienzien da. RB Adrian Peterson wird nicht jünger, aber mit 28 ist er noch ein Stückchen vom Abbauen entfernt, und er gehört mit seinem knochentrockenen und doch so explosiven Laufstil durchaus in die Kategorie Backs, die Turner so liebt. Peterson ist nicht der Allerbeständigste, aber er ist eine konstante Gefahr, die langen Läufe zu brechen. Sein Backup wird nach dem Abgang von Turner noch gesucht, und möglicherweise via Draft gefunden: Die Ausschreibung läuft auf einen fangstarken Back hinaus, der in den dritten Downs auch mal kurz einen Blitz aufnehmen kann um dann auf der Option-Route die notwendigen 4yds zur neuen Angriffsserie mitnimmt.

Auf Wide Receiver verfügt Minnesota über drei coole Optionen, die sich auf dem Papier super ergänzen: WR Cordarrelle Patterson ist dabei die Allzweckwaffe, der Mann, der als Rookie zwar nur 28% tief angespielt wurde, der aber mit seinem Explosivität eine Neigung entwickelte, aus mittellangen Bälle großartige Runs nach dem Catch zu generieren. Patterson ist in Topform eine nicht zu bremsende Wucht. Möglich, dass er den hoch riskanten Move des Front Office im letzten Jahr doch wert war – er muss höchstens noch etwas beständiger werden.

Seine Ergänzung ist der wenig aufregende, aber stets verlässliche Routenläufer Greg Jennings, mit dem der Quarterback stets quasi Pro-Day spielen kann: Du weißt, dass Jennings in 2.2 Sekunden auf Position x downfield y stehen wird, und kannst ihm den Standardpass dahin servieren. Der dritte Mann ist Jerome Simpson, der in lichten Momenten immer wieder wie ein angehender Klassemann aussieht, aber dann doch zu trainingsfaul ist um die letzten Schwächen auszumerzen, und so halt in der Region zwischen 40 und 60 Catches als dritter Mann stecken blieb.

Die Tight Ends sind auf Jahre um den Stammspieler Kyle Rudolph gebaut: Kein Gronkowski, kein Hernandez, aber ein Spieler Marke Witten: Verlässlich, macht dir die Catches, wenn die anderen dir die Einzeldeckung überlassen, und bringt so übers Jahr 60 Catches für 600yds auf das Tablett. Rudolph war allerdings letztes Jahr verletzt – ich denke aber nicht, dass Minnesota hier großartig nachbessern wird.

Die Offensive Line der Vikes war in den letzten Jahren stets eine der verlässlicheren: LT Kalil (Draftklasse 2012) gilt als aufstrebendes Talent, und bis auf die LG-Position dürften alle Stammplätze schon vergeben sein: C Sullivan, RG Fusco, RT Loadholt waren in den letzten Jahren immer gute Stützen. Für besagten Left-Guard wurde Ducasse aus New York geholt – nicht unbedingt ein Move, der nach „Starter“ schreit, aber möglicherweise angesichts weiterer Lücken im Kader schon die Lösung für die Vikings 2014.

Zur Defense, die künftig von George Edwards gecoacht wird, dem ehemaligen DefCoord der Buffalo Bills. Welche Strategie Edwards verfolgen wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass die Vikings unter Frazier nur relativ selten mehr als vier Passrusher auf das Spielfeld schickten und somit zu den am wenigsten blitz-freudigsten Teams der Liga gehörten. Vermutlich wird Zimmer das letzte Wort in Sachen Abwehr haben – und Zimmer war auch eher ein Mann, der gerne mit maximal vier Mann die Pocket bestürmte.

Das Herzstück der Defense – die Line – muss den Abgang vom langjährigen Stamm-DT Kevin Williams verkraften. Williams hatte eine große Karriere im lila-Trikot, mutierte nach zwei Einstandsjahren als passrushender 4-3 Under-Tackle mit jeweils 10 und mehr Sacks zu einem der komplettesten Lauf-Tackles, Bestandteil von einigen der besten Run-Defenses aller Zeiten. Seinen Nachfolger drafteten die Vikes schon im letzten Jahr: DT Sharrif Floyd, einen sehr beweglichen Tackle, der als Rookie allerdings noch etwas überfordert gewesen sein soll. Floyd soll sich im Lauf des Jahres aber immer besser in die Mannschaft integriert haben.

Von Floyd erwartet man an die 1000 Snaps für diese Saison. Die Wahrscheinlichkeit, dass sein regelmäßigster Partner der aus New York geholte DT Linval Joseph sein wird, ist hoch; Joseph ist mit 25 Lenzen noch ein sehr junger Spieler, der in seiner Rolle als Rotations-Tackle bei den Giants hervorragende Leistungen gezeigt haben soll – er wird vielleicht kein 1000 Snaps spielen, aber wenn es 600-800 sind, dann passt das schon. Als weitere Ergänzung könnten Fred Evans (bekam einen neuen Vertrag) und Tom Johnson aus New Orleans fungieren.

Die größte Lücke gibt es auf Defensive End: Jared Allen wurde ziehen gelassen, womit der ganz große Knaller als Passrusher von den Ecken abhanden geht. DE Everson Griffen, ein 26jähriger Spieler aus den eigenen Reihen, bekam einen mörderischen Vertrag zugeschachtelt, bei dem nur die Frage offen blieb, wie viel Prozente der Vikes-GM als Provision auf die Vertragssumme in seine eigene Brieftasche stecken darf. Griffen ist kein „schlechter“ Spieler, aber seine bisherige Zeit in der NFL lässt nicht vermuten, dass er sich in einer Reihe mit den besten auf seiner Position befindet.

Der zweite Defensive End ist Brian Robinson, der als Ergänzung zu Allen jahrelang eine recht gute Figur machte, der aber als nicht in der Lage gilt, allein einen Passrush zu entzünden. Die Wahrscheinlichkeit ist relativ hoch, dass Minnesota im Laufe der ersten Runden nach einem Defensive End greifen wird, um hier zumindest Tiefe in den Kader zu bringen.

Linebacker galt stets als leichter Schwachpunkt in Minnesota, und mit Jasper Brinkley aus Arizona wurde bisher nur ein echter Linebacker neu geholt, während z.B. Desmond Bishop nach einem verletzungsgeplagten Jahr erstmal keinen neuen Vertrag bekam. Zimmer galt in Cincinnati als Mann, der durchaus wert auf schnelle, wendige Linebackers legt, weswegen auch hier bei entsprechender Lage im Draft durchaus ein neuer Spieler folgen könnte.

In der Secondary sind zwei Positionen fix: FS Harrison Smith, ein exzellenter Mann, gibt den einen Safety, CB Xavier Rhodes gibt den #1-Corner. Smith kehrt von einer schweren Beinverletzung zurück, dürfte aber wieder fit sein, Rhodes sollte als Rookie zuletzt genug gelernt haben um ab sofort als echte Stütze zu taugen.

Weil CB Munnerlyn für recht ansehnliche Kohle aus Carolina geholt wurde, ist davon auszugehen, dass Munnerlyn als zweiter Stamm-CB angedacht ist. CB Sherels und CB Cox könnten für die Tiefe zuständig sein, aber möglicherweise wird auch hier noch nachgebessert.

Zimmers Bengals-Defenses kamen eigentlich alle ohne großartige Safetys aus, aber sie versuchten schon, sehr gute Qualität und Tiefe bei den Cornerbacks zu erreichen. Daher würde ich schon erwarten, dass man zumindest die Augen offenhält, wenn es um das Draft-Board bei Cornerbacks geht.

Größte Lücke ist also Quarterback. Das ist einerseits gut, weil du im Prinzip nur einen Spieler von der Relevanz entfernt bist. Auf der anderen Seite auch wieder nicht gut, weil genau QB die Position ist, auf der alle immer gesattelt sein wollen. Die 2014er-Klasse bekommt mittlerweile einigermaßen laue Kritiken. Wie die Vikings zu den Prospects stehen, ist mir nicht bekannt, aber es ist bekannt, dass Turner sehr gern mit Quarterbacks arbeitet und auch schon so manchen richtig weit gebracht hat. Es ist auch bekannt, dass Minnesota an #8 draftet. Es ist aber offen, ob es einen Sturm auf die QBs zu Beginn des Draft geben wird, oder ob ähnlich wie 2013 abgewartet wird.

Sollte man überzeugt sein von einem Knaben wie Bridgewater und er an #8 auf dem Tablett liegen, ist ein Zupacken der Vikings zu erwarten.

Auf alle Fälle würde ich nebenher versuchen, Defensive Ends und zumindest einen jungen Linebacker zu bekommen. In den mittleren und späten Runden vielleicht einen Cornerback und einen Runnnigback mit Fangqualitäten – so wäre zumindest mein Schlachtplan in diesem Fall.

Nochmal: Ohne besseres Offensiv-Passspiel werden die Vikings in der NFC North erstmal ein Mitläufer bleiben. Mit dem richtigen Quarterback sind sie aber per sofort wieder in der Verlosung um ein Playoffticket in einer engen und gar nicht so einfachen Division.

New York Giants in der Sezierstunde

Die New York Giants waren nach dem statistischen Profil der Saison 2013/14 gar nicht so weit weg vom Stadtrivalen Jets zu verorten: Man hatte eine Mannschaft mit relativ akzeptablen Effizienz-Statistiken, aber eine schlechte Pythagoreische Erwartung. Man wurde von einem turnoverhungrigen Quarterback angeführt und fing zu wenige Bälle in der Defense ab. In Summe ergab das eine 7-9 Bilanz.

Die rohen Zahlen lesen sich am Ende besser als man den Totalschaden „Giants“ eigentlich in Erinnerung hatte. Das Problem der Giants war aber in der Tat weniger, dass sie die ganz große Katastrophe waren, sondern mehr einfach ihr komplett missratener Saisonstart mit sechs Pleiten en suite. Damit verschwand man vom Fokus, und nur noch die Rekordjagd von Interception-Maschine QB Eli Manning war interessant.

Überblick 2013

Record         7-9
Enge Spiele    4-3
Pythagorean    5.5    25
Power Ranking  0.525  15
Pass-Offense   5.9    20
Pass-Defense   5.6     8
Turnovers      -15

Management

Salary Cap 2014.

Schwer zu sagen, wieso Manning einen solchen Ausbruch an Fehlpässen hatte. Manning ist überhaupt einer der ungewöhnlichsten Quarterbacks in der NFL: Er hatte zum Beispiel 2011/12 ein fantastisches Jahr, das locker mit – sagen wir – einem Philip Rivers 2013 mithalten kann. Er hatte aber auch einige sehr blasse Jahre. Er hatte mal ein Jahr mit 25 Interceptions, in denen die Hälfte davon seinen Receivern zuzuschreiben waren.

Letztes Jahr hatte Manning 27 INTs, und es waren die ganz brutalen Dinger drin: Würfe direkt ins Gesichtsgitter der Defensive Backs und dergleichen. Die Kategorie an Pässen, für die jeder andere QB als Stümper abgetan wird. Zu behaupten, er hatte einfach viel Pech, wird der Sachlage angesichts von nur 55% Completion-Rate nicht ganz gerecht. Woran lag es? Das Spielsystem? Schwierig zu behaupten, denn Manning warf mickrige 22% tiefe Pässe. Weniger tiefe Pässe = weniger Risiko = weniger Turnovergefahr – eigentlich.

Der Receiving-Corp? Das war letztes Jahr schon oft im Fluss (ein WR Nicks kam mit Verletzungsproblemen z.B. auf genau NULL Touchdowns), aber ist das wirklich eine Entschuldigung für einen Quarterback, den viele vor erst zwei Jahren schon in die Hall of Fame schreiben wollten?

Eine einfache Erklärung wäre: Der einst so breit aufgestellte WR-Corp in New York war mit seiner Instabilität sicher keine Hilfe. Cruuuuuz hatte ein Durchschnittsjahr mit 73 Catches für 998yds und nur 4 TD – Cruz wurde auch seltener tief angespielt als noch in seinen beiden famosen Einstandsjahren 2011 und 2012. Nicks wie gesagt selten eingesetzt und mittlerweile weg vom Fenster; dazu die beiden unerfahrenen Grünschnäbel Jernigan und Randle (mit 41% tiefen Anspielen noch am ehesten so etwas wie ein deep threat).

Dazu kommt, dass ausgerechnet in einer von Head Coach Tom Coughlin verantworteten Offense zuletzt zwei Jahre en suite keine Tight Ends mehr richtig funktionierten: Myers hatte nur 47 Catches – die meisten davon qua System, wie man so schön sagst. Coughlin ist keiner, der mit feuchten Höschen Tight Ends in den ersten Runden draftet, sondern vielmehr der Typus Coach, der als Guru der Wide Receiver-Position darauf vertraut, die Schmuckstücke aus den späteren Runden nach oben zu coachen. So war zumindest auch der Plan beim letzten dieser Zöglinge, TE Adrian Robinson, aber trotz aller Lobeshymnen schaffte der den Breakout noch nicht.

So bleibt Receiver/Receiving-TE eine der höchsten Prioritäten für diese Offseason.

Eine andere Prio wurde schon adressiert: Left-Guard, wo mit Geoff Schwartz aus Kansas City ein Mann mit Stammspiel-Qualitäten geholt wurde. Einziges Fragezeichen bei Schwartz: Ist er durchhaltevermögend genug? Er hat selten mehr als die Ergänzungsrolle gespielt. Power ist da, aber der Beweis steht noch aus, dass die Power für 1100 Snaps jedes Jahr reicht.

Für die andere Guard-Position wurde vielleicht RG John Jerry geholt, der in Miami zuletzt durchspielte – aber hey: Es war Miami, und wenn jemand sofort eine spezielle Eigenschaft bei den Dolphins nennen konnte, war es die schwache Offense Line… im schlimmsten Fall ist Jerry die Versicherung gegen die nächste Verletzung von Chris Snee, dessen Hüfte nicht mehr lange hält.

Für die Center-Position wurde Baas mit J.D. Walton aus Washington Feuer unterm Arsch gemacht, während die beiden Tackle-Hoffnungen LE Beatty sowie der junge RT Pugh erst einmal unangetastet bleiben werden. Nicht auszuschließen, dass die Neuverpflichtungen die Sorgen schon gelöst haben, aber auch bitte nicht überrascht sein, wenn noch nachgebessert wird.

Schauen wir uns noch die Runningbacks an: Kann man es als Demontage vom einstigen 1st-Rounder David Wilson werten, wenn ihm nicht nur mit RB Jennings aus Oakland ein zusätzlicher Ergänzungsspieler (neben Andre Brown) zur Seite gestellt wird, sondern auch noch in Trindon Holliday ein vortrefflicher Kickreturner. Wilson hatte in den letzten Jahren jeweils beide Rollen im Team inne, wurde aber von Coughlin wegen zu vieler leichtfertiger Fumbles zeitweise zum Backup degradiert.

Die Giants-Defense von DefCoord Perry Fewell ist eine derjenigen, bei denen die simple NY/A-Metrik nicht mit dem Augentest zusammenpasst: Sie ließ nur starke 5.6 NY/A Passspiel zu. Ist NY/A eine zu simplifizierte Metrik? Ich würde sagen: Nein, und auch bei den Footballoutsiders oder bei EPA ist die Giants-Defense eine der besten des Jahres. Man bemerkte sie halt nicht, weil New York nach fünf Wochen quasi aus dem Rennen war.

Viele bemängelten den zu lauwarmen Passrush: DE Pierre-Paul, dieses Monstrum von Passrusher, kam nie von hartnäckigen Rückenbeschwerden los und riskiert die Sportinvalidität. Pierre-Paul soll aktuell wieder so gut zusammengeflickt sein wie zuletzt 2011, aber was ist das wert, wenn nach den ersten zwei Snaps unter Wettbewerbsbedingungen wieder die Wirbel schmerzen? Es besteht jedenfalls die Gefahr, dass wir nie mehr den alten Pierre-Paul sehen werden.

Genau Pierre-Paul ist aber als Ankermann unbedingt gefragt. Was macht die Giants normalerweise so stark? Ihr Druck der Front-Four. In DT Jenkins und dem jungen DT Jonathan Hankins (plus vielleicht auch wieder dem deutschen DT Markus Kuhn) gibt es durchaus qualitativ gute Defensive Tackles als Absicherung, aber von den Flanken kommt zu wenig. Ein Kiwanuka soll zuletzt so deplatziert gewirkt haben, dass man über seine Entlassung nachdachte. Der junge Demontre Moore, vor erst 12 Monaten noch als potenzieller Top-Draftpick gehandelt, sah als Rookie quasi kein Land. Da muss von vorne mehr kommen – möglicherweise ab Mai verstärkt durch den einen oder anderen höheren Draftpick. Bisher wurde man nur durch den enttäuschenden DE Robert Ayers aus Denver versärkt.

Linebacker wird von den Giants nicht so hoch priorisiert. Das führt dann auch dazu, dass man mit einem MLB Herzlich zufrieden zu sein scheint, obwohl ein Herzlich nun in drei Jahren nie mehr als ganz leises Potenzial angedeutet hat. Herzlich zehrt aber immer noch von seiner Krebsgeschichte und gilt als inspirierender Leadertyp für die Nachrücker im Kader.

Im Defensive Backfield ist man nach dem Einkauf von Rodgers-Cromartie nun auf beiden Stamm-CB Positionen ordentlich besetzt: Der „andere“ Einser-Corner, Prince Amukamara, wurde den Erwartungen zwar nie ganz gerechnt, aber zumindest vermittelt er mittlerweile zumindest das Bild eines Starting-CB mit dem man arbeiten kann.

Nochmal: Diese Unit hat zuletzt verdammt wenige Yards/Play zugelassen. Es mag in Teilen auch am Schedule gelegen haben, aber 5.6 NY/A sind gewöhnlicherweise nicht bloß Produkt des Spielplans. Dafür, dass diese Kaderbesetzung so häufig auf die Rübe bekam, ist das sogar ein sehr, sehr gutes Endergebnis. Was es für 2014 zu bedeuten hat, ist nicht 100% einzuschätzen, aber normalerweise brechen solche Defenses nicht über Nacht in sich zusammen.

Die Giants hatten den Mut, ehemalige Helden wie DE Tuck oder WR Nicks ziehen zu lassen. Sie stellen schon jetzt eine Mannschaft, die mit durchschnittlichem Turnover-Glück erneut um die Playoffs mitspielen können. Es gibt Fragezeichen („Was reitet Eli Manning diesmal?“), aber dieses Team ist für meine Begriffe sehr gut – nicht herausragend, aber auch nicht grottenschlecht – aufgestellt.

Tight End, Wide Receiver sind wichtige Positionen. Offensive Line kannst du auch nie gut genug sein. Defensive Line schadet dir ein weiterer Passrusher auch nicht. Aber Punkt ist: Im Draft hast du Optionen offen. Du hast keine katastrophale Sollbruchstelle, die du via „Need“ angehen musst – und das ist immer eine gute Ausgangslage. Eine Ausgangslage, die dank eines General Managers wie Jerry Reese auch nicht überraschend kommt.

New York Jets in der Sezierstunde

Man nahm die New York Jets von 2013/14 als relativ Mitläuferteam wahr, was vielleicht am Lautstärkeregler bei Head Coach Rex Ryan lag, der die Saison ohne die ganz krassen verbalen Ausrutscher überstand. Oder es lag am Schattendasein des einstigen Franchise-QBs Mark Sanchez. Oder an der unspektakulären Offense. Oder an Tebow. Sache ist aber auch: Rein statistisch waren die Jets eine ungewöhnliche Mannschaft: Leistungsmäßig spielten sie in Nähe des Bodensatzes mit, fuhren aber mit acht Siegen eine komplett durchschnittliche Bilanz ein. Sie waren dabei ein gewaltig unglückliches Team nach Turnoverwerten (v.a. Fumbles), aber ein extrem glückliches nach engen Siegen.

Kurz: Ich hätte einen Rauswurf von Headcoach Ryan nach der Saison nachvollziehen können. Rex ist ein Meister der Defense, und seine Defenses gehörten immer alle zu den besten in der Liga, aber das alles unter kompletter Vernachlässigung der Offense, die seit Jahren kein Bein in den Boden bekommt. Dabei ist sogar wurscht, welche OffCoords eingestellt wurden, und welche Spieler gekauft wurden.

Überblick 2013

Record         8-8
Enge Spiele    5-1
Pythagorean    5.4    27
Power Ranking  0.385  24
Pass-Offense   5.6    26
Pass-Defense   6.3    17
Turnovers      -14

Management

Salary Cap 2014.

Defense wins Championship sagen die Traditionalisten, weil mit Seattle endlich mal wieder eine große Defense die Superbowl holten. Dass die Seahawks auch über eine erstklassige Offense verfügten, wird dabei gerne unterschlagen. Die Jets hingegen haben zero Offense. Und ohne Offense kommst du in der heutigen NFL nicht mehr durch, egal wie gut deine Defense aufgestellt ist.

Rex durfte bleiben, und mit ihm der OffCoord Marty Mornhinweg. Mornhinweg ist nur der letzte in einer Reihe an Coordinators, die unter Ryan nicht glücklich wurden. Man kann ihm aber zugute halten, dass er in seiner ersten Saison auch um ein Spielermaterial herumdoktern musste, aus dem viele andere auch nicht allzu viel mehr geformt hätten.

Die Quarterback-Situation ist nach dem Einkauf von Michael Vick offen. Vick war in Philadelphia überflüssig geworden, wollte aber noch ein letztes Mal in seiner Karriere eine Chance erhalten, den Stammplatz zu erarbeiten. Die Jets haben mit Geno Smith aber schon einen jungen QB im Kader, der letztes Jahr als Rookie erste Erfahrungen sammeln konnte. Smith konnte seine Kritiker dabei nicht verstummen lassen, ließ sich zu oft ins Bockhorn jagen und warf zu viele Interceptions (21 Stück).

Aber Geno ist kein hoffnungsloser Fall, hatte auch gute Momente, und man kann ihn auch mit einem denkbar schlechten WR-Corp entschuldigen. Umsonst wird man Vick allerdings nicht geholt haben: Hätten die Jets in den Vertragsverhandlungen mit Vick keine ernsthafte Chance als Starter in Aussicht gestellt, Vick hätte woanders unterschrieben. Und mehr: Vick ist in New York nun mit seinem alten Offensive Coordinator aus gemeinsamen, kurzzeitig extrem erfolgreichen Zeiten wiedervereint: Mornhinweg.

So oder so: New York wird ab Herbst wohl einen mobilen Starting-QB sehen. Weil aber sowohl Geno als auch Vick die Tendenz haben, den Ball gerne mal etwas zu lang zu halten bzw. sich in unnötiges Scrambling hinter der Line of Scrimmage reinreiten lassen, ist eine starke Offensive Line unerlässlich. Die Jets sind hier hinter dem Kern LT Ferguson/C Mangold schlecht aufgestellt: Die RT-Position ist seit Jahren ein Pulverfass, das auch regelmäßig hochgeht, und auf Guard haben die Bemühungen der letzten Jahre noch nicht gefruchtet.

Richtig schlecht sieht es bei den Jets auf den Skill-Positionen an der Anspiellinie aus: WR Holmes musste aus Vertrags- und Motivationsgründen entlassen werden, aber andere Leute aus dem Kader konnten sich nie aufdrängen. Slot-WR Jeremy Kerley war letztes Jahr mit 43 (!) Catches der Mann mit den meisten Receptions. Als Abhilfe konnte Eric Decker aus Denver geholt werden, aber Decker ist bei allem 1000yds und 10 TDs aus der Broncos-Offense auch kein klassischer #1-Receiver, dem man die Schlüsselposition zukommen lassen will.

Decker wird aber sicher helfen. Hinter ihm und Kerley lässt die Qualität aber rapide nach. WR Stephen Hill wurde vor zwei Jahren mit dem Credo, noch ein sehr unfertiger Spieler zu sein, gedraftet, und er bestätigte bisher alle Vorurteile: Hat zwischendurch mal einen schönen tiefen Catch, aber läuft ansonsten häufig falsche Routen und ist kein Mann mit sicheren Fanghänden. Das ist oft ein Problem bei diesen Wide Receivern, die am College nur Triple-Option sahen, 90x/Spiel sowieso wussten, dass sie keinen Ball sehen würden und daher keine Bemühungen unternahmen, aber dann zweimal geradeaus laufen durften um die einfachen tiefen Pässe zum 80yds-TD zu fangen.

Tight End gibt es auch keinen von Format – aktuell dürfte der von Patriots entlassene Zach Sudfeld die erste Wahl sein. Bei den Running Backs gilt die Combo aus dem Parasiten RB Ivory und dem kräftigeren RB Powell als zufriedenstellend genug um angesichts der anderen Lücken große Verstärkungen zu holen.

Händeringend upgrade-würdig: Rechter Tackle, Guard, Tight End, Starting-WR – da braucht es so ziemlich an jeder Ecke und an jedem Ende im Locker-Room der Gang Green. „Locker Room“? Es wird auch zu beachten sein, welchen Einfluss Vick üben kann. Die Umkleidekabine der Jets war in den letzten Jahren schließlich eine der instabilsten, aus der immer wieder Interna an die Öffentlichkeit durchsickerten. Wie viel Einfluss kann ein gereifter Mann wie Vick üben? Ein Vick, der sich möglicherweise in Konkurrenzkampf mit dem Franchise-QB in spe wiederfindet?

Damit dorthin, wo das Gras grüner wächst: Jede Defense von Rex Ryan wird nahe am spielerischen Maximum wandeln. Der Mann ist die Expertise schlechthin, holt seit Jahren aus nicht komplettem Abwehrpersonal Gewaltiges heraus.

Absolute Stärke ist die Defensive Line: Der Ankermann NT Damon Harrison hat seinen Durchbruch geschafft, aber die wahren Stars sind seine beiden Flankenmänner: DT Muhammad Wilkerson gilt seit Jahren als verlässliche Fachkraft, und auch der letztjährige Rookie-DT Sheldon Richardson war eine Offenbarung: Richardson dominierte von seiner stillen 3-4 DE Position ausreichend um überraschend (aber glaubt man PFF.com nicht unverdientermaßen) zum Rookie des Jahres gewählt zu werden.

Richardson ist auch deswegen eine bizarre Geschichte, weil er vor einem Jahr als eindimensionales one trick pony gegolten hatte: Kam als Passrusher in die Liga, der zu faul war um die 30 Snaps Lauf-Defense auch noch durchzuziehen. Ein Jahr später gilt Richardson als einer der besten Lauf-Verteidiger der Liga, der von seinen gepriesenen Passrush-Skills noch nix gezeigt hat.

Die Starting-Formation der Defense Line passt. Als Tiefe könnte man den 2012er-Erstrundenpick Quinton Coples reinrotieren, aber Coples soll verstärkt als Outside Linebacker („Edge Rusher“) im Passrush eingesetzt werden – eine Position, die Coples bisher nur unzufriedenstellend ausfüllen konnte. Coples‘ Job ist nicht ohne: Seit Jahren versuchen die Jets, diese Position adäquat zu besetzen – bisher nicht mit durchschlagendem Erfolg.

Die Inside-Linebacker sind marginal besetzt: Den alten David Harris kannst du noch mit PlayCalling-Aufgaben betrauen, aber Harris ist langsam geworden. Blutauffrischung wird früher oder später kommen müssen.

In der Secondary sind die Needs am größten: Der Star-CB Cromartie musste wegen zu teurem Vertrag gefeuert werden, und hinter Cromartie standen zwar mehrere ehemalige Erstrundenpicks im Kader, aber keiner von denen erweckt Vertrauen.

CB Kyle Wilson kam einst von Boise State nach New York, machte aber bisher keine gute Figur und wird – wenn überhaupt – nur noch widerwillig im Slot eingesetzt. Der letztes Jahr in den Top-Ten gedraftete CB Dee Milliner hatte einen Scheiß-Einstand als Rookie: Er hatte zwar 3 INT, aber galt Woche ein, Woche aus als der Mann, der vom Gegner attackiert wurde, egal welchen Gegenspieler er sah.

Als Ergänzung wurde CB Patterson aus Miami geholt, aber wenn er nicht eine völlig verblüffende Entwicklung nimmt, wird Patterson nicht mehr werden als ein Aushilfsspieler für die Downs zwischendurch. Aus San Diego verstärkt Johnny Patrick den Kern – alles keine Granaten.

Schließlich und endlich ist eine Safety-Combo aus Antonio Allen und Dawan Landry nie etwas, worauf du bauen willst. Der legendäre Ed Reed scheint mittlerweile so verbraucht zu sein, dass er nicht einmal mehr einen neuen Vertrag bekam.

Die Defense liest sich nach den Namen nicht wirklich wie eine potenzielle Top-Unit, aber Ryan hat noch jedesmal ein Produkt auf das Feld geschickt, das die Erwartungen übertreffen konnte. Die wichtigste Position in der Defensive Line passt in Qualität und Tiefe, und somit kannst du die Jets schonmal nicht so einfach überlaufen. Sollte im Draft ein erstklassiges Passrush-Prospect verfügbar sein, kann es gut sein, dass die Jets zugreifen werden – sie haben es mittlerweile oft versucht, aber den echten Goldgriff noch jedesmal verpasst.

Die Needs sind nicht eindeutig zu priorisieren, aber nach man in Sachen Quarterbacks erst einmal auf die Geduldsschiene setzen muss, bleiben die ganz krassen Löcher im Draft:

  • Top-Widereceiver
  • Tight End
  • Tight Tackle
  • Offensive Guard
  • Edge Rusher/Outside Linebacker
  • Cornerback

Es sind eigentlich verdammt viele Lücken in einem Kader, der innerhalb kürzester Zeit heruntergewirtschaftet wurde, weil die Jets zu lange Altstars holten um in einem kurzen Fenster zum Erfolg einmal die Superbowl zu gewinnen – sie waren ja auch keine sieben Meilen entfernt. Die Schmerzen müssen sie nun überwinden.

Eigentlich wäre ein Wechsel von Ryan auf einen neuen Trainerstab logisch gewesen, denn es ist ein Kader, der sich mitten im Umbau findet. Die ersten Schritte wurden jetzt aber auch mit Rex eingeleitet, und wenn die Jets einige der genannten ganz großen Lücken mit hochwertigen Talenten stopfen können, wenn sich einer der Quarterbacks bewährt (im Optimalfall Geno Smith als Hoffnungsträger für die Zukunft), dann sehe ich schonmal nicht komplett schwarz für die mittelfristige Zukunft.

Auf der anderen Seite natürlich auch Druck für Rex: Schmieren die Jets dieses Jahr ab – und es gibt Zahlen wie den Pythagorean oder den Close-Win Index, die zumindest Regression nach unten befürchten lassen, ist auch ein Trainerwechsel im kommenden Winter mal wieder nicht auszuschließen. As said: Gewöhnlich ist anders.

Atlanta Falcons in der Sezierstunde

Die Atlanta Falcons gelten als eine der langweiligeren Franchises in der Ära nach Michael Vick, aber so ganz erschließt sich mir nicht, warum. Die Mannschaft ist seit der Inthronisierung des sportlichen Führungsduos bestehend aus Head Coach Mike Smith und GM Thomas Dimitroff eine permanente Wundertüte, die, obwohl jeder weiß was sie spielen möchte, die immergleichen Erwartungen entweder massiv übertrifft (2008, 2010, 2012) oder massiv enttäuscht (2011, 2013). So richtig „in line“ sind die Falcons nicht – warum, ist fast nicht nachvollziehbar.

Dimitroff ist eine coole Socke, fast nicht in das klassische Schema des NFL-Bürokraten zu pressen. Das neue, alpenländische deutschsprachige Football-Blog Two Point Conversation von Simon Traxl und dem Falcons-nahen Marko Markovic (in Blogsphären auch als Wiesengrund unterwegs) schreibt in einem der ersten Blogeinträge, einer Buchrezension, unter anderem auch über den (O-Ton) „liberalen laid-back Nerd“ Dimitroff. Ein lesenswertes Stück. Dimitroff kommt, wie wir wissen, aus dem Stamm Belichicks, aber er wirkt wie ein Gegenentwurf zu Belichick. Mit dem harten Hund Scott Pioli (einst auch in New England, später als GM in Kansas City gescheitert) holte sich Dimitroff nun einen alten Weggefährten in das Front-Office.

Dimitroffs Falcons versprühten trotzdem nie die ganz große Magie. Es mag dran liegen, dass der Franchise-QB Matt Ryan kein Lautsprecher ist, dem die Sideline-Reporterinnen am Hals hängen. Oder dass man den leisen Head Coach Mike Smith nicht auf der Straße erkennen würde. Oder dass man die Bilder vom verbrauchten RB Michael Turner (*schmacht*) noch nicht ganz verdrängt hat. Oder dass die heimatliche Halle nur dann ausverkauft ist, wenn die SEC dort College-Football spielt. Anyhow: So fasziniert man von den Falcons und ihren kultigen Führungspersönlichkeiten sein sollte, so langweilig findet man diese Jungs.

Überblick 2013

Record         4-12   --
Enge Spiele    4-7
Pythagorean    5.8    24
Power Ranking  0.340  28
Pass-Offense   6.0    17
Pass-Defense   7.1    32
Turnovers      -7

Management

Salary Cap 2014.

Der Absturz der letzten Saison auf 4-12 tat nicht viel dafür, dieses Vorteil in deinem Kopf zu beseitigen. 2013/14 lief alles schief, was schieflaufen konnte: Knappe Niederlagen zum Saisonauftakt, ein schneller Ausfall des Schlüssel-WRs Julio Jones (2012 mit 22% Anspielen, 2013 mit 41 Catches für 580yds in nur viereinhalb Spielen / 33% tiefe Anspiele), eine unter Verletzungen kollabierende Offensive Line und Defense, ein WR Roddy White auf dem Zahnfleisch. Das Gute an solchen Seuchenjahren: Es gibt dir die Möglichkeit, ein bissl umzubauen, und mit ein paar höheren Draftpicks wieder nachzubessern.

Jones und White sollten zur kommenden Saison wieder fit sein. In WR Douglas hat man einen ganz brauchbaren dritten Mann für die Catches. Dafür muss man versuchen, die TE-Legende Tony Gonzalez zu ersetzen.

Ryan würdest du für Max Müller aus der Blumenthalstraße 17 halten, wenn du nicht wüsstest, dass er einer der erfolglosesten erfolgreichsten Quarterbacks der letzten Jahre in der NFL ist. Ryan leidet noch immer unter seinem Image als Playoff-Loser. Er ist im Gegensatz zu einem Rodgers, Manning oder Brees nicht in der Lage, eine Offense komplett im Alleingang zu tragen, aber unter passenden Rahmenbedingungen ist Ryan trotzdem ein verlässlicher Mann, der dir über 7 NY/A und 30 Touchdowns ohne Laufspiel fabrizieren wird.

Gerade wegen dieser Rahmenbedingungen sollte Atlanta vielleicht ein Auge auf die TE-Position halten, und im Draft versuchen nachzubessern. Erinnert sei noch einmal an das NFC-Finale 2012/13, als Jones/White/Gonzalez so um die ersten 21 Catches im Spiel unter sich aufteilten, weil sich keine weitere Alternative anbot. Einen Gonzalez ersetzt du niemals 1:1, aber es dürfte nicht mit einem TE Levine Toilolo in die Saison gehen.

Wo bereits eine gute Ergänzung gemacht wurde: Offensive Line. Diese ist seit Jahre ein Bremsklotz in Atlanta, aber mit dem RG Jon Asamoah aus Kansas City wurde ein hervorragender Mann geholt, um die halbrechte Position nicht in die Hände eines ungedrafteten Rookies zu legen. Der Rest der Line halt zuletzt aber als purste Katastrophe in Reinform.

Atlanta wird vermutlich nicht viel anderes übrig bleiben als in der ersten Runde einen Offensive Tackle zu draften: Ein neuer Tackle dürfte sogar zwei Probleme lösen: Die linke Flanke (Ryans „Blind Side“), und man könnte der bisherigen LT Baker nach rechts schieben, wo ihn Experten als besser geeignet sehen.

Und dann sehen es alle als wichtig an, noch einen „interior Lineman“ zu holen, also einen weiteren Guard oder Center. Gerade auf Center galt zuletzt der junge Peter Konz als komplett pulverisiert und hoffnungsloser Fall. Es gibt Experten, die behaupten, Atlanta müsse bloß irgendeinen Center holen, ihn zwei Wochen lang in ein Steakhouse schicken und mit dem Bröckerl hätte man genügend Physis um Konz vergessen zu machen.

Also: Left-Tackle, Center/Guard als unbedingte Needs für die Offense, plus wenn es sich ausgeht, noch einen Tight End. Das sind gar einige dringende Fälle auf einmal.


Zumal auch die Defense keine g’mahnte Wiesn ist. Nicht einmal DefCoord Mike Nolan war zuletzt noch in der Lage, aus diesem Haufen eine gescheite Unit zusammenzufinden. Atlantas Defense war nie eine der effizientesten, aber sie kaschierte ihr abwartendes und oft viele NY/A kassierendes Spiel häufig mit Turnovers und Interceptions. Letztes Jahr ging aber alles den Bach runter.

In der Offseason waren die Bemühungen erkennbar, die Front-Seven zu massieren: Mit Tyson Jackson (einstiger 1st-Round Pick Piolis in Kansas / hatte 2013 seine erste wirklich gute Saison) und Paul Soliai aus Miami wurden zwei Männer für die Innenseite der Defensive Line geholt, um eine schwache Lauf-Defense aufzubolstern und den Flanken und Linebackers etwas mehr Raum zum Atmen zu verschaffen. Die beiden Eigenbauprodukte Babineaux, Jerry und Peters wurden gehalten, sodass man diese Position zumindest im weiteren Offseason-Verlauf vernachlässigen kann.

Auf Defensive End ist man mit einem verbrauchten Umenyiora und Bierman nicht unbedingt weltbewegend besetzt – in einer Defense, die zuletzt die wenigsten „Adjusted-Sacks“ der Liga hatte, kannst du da immer ein Upgrade brauchen. Sagen wir es so: Sollte Jadeveon Clowney wider Erwarten zu den Falcons runterfallen, ist keine Frage, wer als erstes gedraftet wird. Dann kannst du dir auch deinen Offense Tackle eine Runde aufsparen. Aber Clowney wird höchstwahrscheinlich nicht fallen. Möglicherweise wird Atlanta versuchen, in den späteren Runden des Drafts passende Spielertypen auf Defensive End zu holen – es war eh überraschend, das man sich keine Ends vom Transfermarkt holte.

Oder bastelt Dimitroff schon am nächsten Mega-Trade, diesmal für Clowney?

Linebacker ist nur auf der Strong-Side mit Weatherspoon adäquat besetzt, aber bei so vielen Problemen kannst du dich im Draft nicht auf LB stürzen. Es bleibt die Option, auf den Frühsommer zu warten, wenn möglicherweise nach einer Entlassungswelle einige billige Routiniers auf dem Markt kommen.

In der Secondary ist man mit dem starken Rookie-CB Trufant sowie dem phasenweise ähnlich guten Rookie-CB Alford eh ganz gut aufgestellt. Die größte Schwachstelle, S Decoud, wurde per Entlassung Decouds gelöst – ein Fall von Addition durch Subtraktion, sagen die Auguren. Keine Ahnung, wie man diese Free-Safety Position zu verbessern versucht.

Das liest sich alles ein wenig wie zu viele Baustellen für eine halbe verbleibende Offseason. Aber man sage mir nicht, man hätte es nicht schon eine zeitlang sehen können: Atlanta hat diese Schwachstellen zu lange mit einem fantastischen Pass-Spiel, knappen Siegen und hoher Interception-Quote kaschieren können. Solche Erfolgsstrategien können natürlich gut gehen – man war erst vor 15 Monaten einen 4yds-Pass davon entfernt, in die Superbowl einzuziehen – aber wenn nur Kleinigkeiten wie 1-2 Verletzungen daneben gehen, bricht so ein Haus schnell mal zusammen.

Atlanta wird 2014/15 deutlich mehr als vier Siege holen. Bei allen Verletzungen, bei aller Schlechtigkeit: Man war 4-7 in engen Spielen, also phasenweise durchaus konkurrenzfähig, eine 1.9% INT-Quote in der Defense ist auch gering genug, dass man Regression erwarten kann.

Eine Offense Line, die einem Quarterback ein paar Zehntel mehr Schutz gibt, zwei der besten Wide Receiver in der Liga auf ihrer Comeback-Tour und eine etwas verbesserte Defense – das dürfte schon reichen, um Atlanta zumindest per sofort wieder nahe an eine 8-8 Bilanz zu bringen. Zumal eine eigene Offense, die imstande ist, das Tempo vorzugeben, der eigenen Defense auch meistens hilft, weil sie den Gegner eindimensionaler macht. Kannst du dich darauf konzentrieren, den Pass zu stoppen, hast du immer einen Vorteil.

Atlanta hat folgende Needs:

  1. Offensive Tackle (LT, kurzfristig)
  2. Guard/Center (kurzfristig)
  3. Tight End (kurzfristig)
  4. Free-Safety (kurzfristig)
  5. Defensive End (kurz-/mittelfristig)
  6. Tiefe bei Wide Receivern (mittelfristig)
  7. Running Back (mittelfristig)

Vielleicht sollte Dimitroff nicht einmal zu kurzfristig „Need“ draften, sondern versuchen, den Laden eine Spur mittelfristiger aufzustellen. Lieber den exzellenten Mann für 2015 als den guten für 2014, oder so. In einer einzigen Offseason räumst du den Laden nicht auf, aber der Kern ist schon jetzt gut genug um wieder spätestens 2015 in den Playoffs mitzuspielen, wenn man nicht ausschließlich Griffe in den Gully macht.


Auch für heute gilt das Mantra: Haben die Falcons die letzten drei Tage besondere Moves gemacht, hab ich nix davon mitgekriegt. Also bitte keine Klagen ob mangelnder Tagesaktualität.

New Orleans Saints in der Sezierstunde

Im Wettrüsten der Topteams im Frühjahr 2014 konnten die New Orleans Saints aufgrund ihrer pikanten finanziellen Situation nicht ganz mithalten, aber das heißt nicht, dass sich dieser heimliche Gigant der abgelaufenen Saison untätig geblieben ist. Im Gegenteil: Viel mehr als über New Orleans gibt es über kaum eine andere Franchise zu erzählen.

New Orleans hat ein Problem, das sich seit zwei, drei Jahren abzeichnete, aber unter diversen anderen Geschichten – Bountygate, anyone? – versteckt blieb: Die Salary-Cap. GM Mickey Loomis hat die Blutauffrischung in New Orleans zu lange hinausgezögert und erst spät damit aufgehört, die alten Superbowl-Helden von 2009/10 zu bezahlen. Als Folge fand man sich nach Saisonende 2013 im Fegefeuer der Salary-Cap: Zu wenig Platz um eine echte Einkaufstour auf die alten Tage des Franchise-QBs Drew Brees zu veranstalten, aber noch gerade gut genug aufgestellt um noch nicht alles an die Wand zu fahren.

Überblick 2013

Record        11-5    WC
Enge Spiele    5-3
Pythagorean   10.9     7
Power Ranking  0.751   2
Pass-Offense   7.2     4
Pass-Defense   5.5     5
Turnovers    +/- 0

Management

Salary Cap 2014.

Loomis machte seine Sache gemessen an der Ausgangslage sogar noch relativ gut, entledigte sich einer ganze Latte an Altstars, die nur noch auf dem Zahnfleisch daher gekrochen waren (CB Greer, OLB Smith, DT Coleman, LB Vilma, S Harper, LB Herring waren alle jenseits der 30) oder Leistungsträger, die wie RB Sproles am Scheideweg der Karriere standen. Loomis hielt nur die Routiniers, die er für Minimalgehalt unter Vertrag bringen konnte um die Kaderbreite nicht ganz ausbluten zu lassen, und er schaffte sogar sein Gesellenstück: Die Verpflichtung vom hoch gehandelten FS Jairus Byrd aus Buffalo, der für einen sensationellen Vertrag in den Big-Easy gelockt werden konnte. Angesichts der Cap-Probleme war es alles andere als selbstverständlich, dass ein Team wie New Orleans einen Byrd holen konnte.

Trotzdem: Ein Team, das 13 Mio. für Geister anschreibt („dead money“) und mit Überstunden und dem Zufall einer unerwarteten Anhebung der Obergrenze der Cap-Implosion entgehen konnte, kann man nur mit viel gutem Willen als gut gemanagt bezeichnen. Und so groß der Byrd-Deal ist, so könnte er in einigen Jahren in Form der Cap-Hölle auf New Orleans zurückfallen.

Aber in einigen Jahren wird Brees seine Karriere beendet haben und das Jahrzehnt des Glücks für diese Franchise erstmal ein jähes Ende finden. Was Brees und der Head Coach Sean Payton für diese Franchise bedeuten, kann nur mehr mit Brady/Belichick in New England verglichen werden: Sie machten einen jahrzehntelangen Mitläufer zu einer der Premium-Franchises.

Auch letztes Jahr waren die Saints eines der absolut besten Teams: Mein Power-Ranking spuckte diese Jungs an #2 nur unwesentlich hinter dem Superbowl-Champion Seattle aus. Das ist einen Tick höher als andere Metriken oder der common sense, aber selbst wenn es die Saints etwas überschätzt, so zeigt sich doch die Richtung: Man ist immer noch ein Spitzenteam. Die Effizienz-Statistiken waren wieder gewaltig: 7.2 NY/A für die Pass-Offense, 43% Success-Rate für das Laufspiel, und sogar die ganz große Interception-Orgie konnte diesmal mit nur 1.9% INT-Quote abgewendet werden. Aber die Offense passte eh immer. Die Überraschung des Jahres war die Defense.

Die kassierte ein Jahr nach dem historischen Kollaps von 2012 unter dem neuen DefCoord Rob Ryan ganze 5.5 NY/A gegen das Passspiel, ein nie erträumter Wert für New Orleans. Was ein kompetenter (wenn auch durchgeknaller) Coach und ein paar wohl getimte Neueinkäufe so ausmachen können!

Schlüssel war wohl das Defensive Backfield, respektive die neu geholten CB Keenan Lewis und SS Kenny Vaccaro (Rookie). Lewis kam aus Pittsburgh und konnte als erster Saints-Cornerback seit Porter/Greer 2009 gegenhalten. Mit einem Lewis, der seine Spielfeldhälfte unter Kontrolle hatte, und einem Vaccaro mit seinem fantastischen druckvollen Spiel, kriegt auch der Passrush vorne die drei Zehntelsekunden mehr Zeit um in das Gesichtsfeld des Quarterbacks zu gelangen oder ihn zu sacken, und schon klickt ein Rad in das andere.

Zumal DefCoord Ryan schematisch auch mehr drauf hat als sein Vorgänger Spagnuolo („gib mir die zehn besten Passrusher der Welt und ich lasse sie Pass Rush machen“) und mit seinen vielfältigen Blitzes/Zonenwechseln auch aus bis dato mittelmäßigen Edge-Rushern sehr brauchbare Spieler machte.

In der Offseason wurde diese Secondary noch einmal um zwei Spieler ergänzt: Der eine ist Byrd, der als bester Free-Safety neben Earl Thomas aus Seattle gilt, und als gelernter Cornerback auch ein ganz feines Näschen für Interceptions hat (22 in fünf Jahren). INTs ist aber volatil genug, dass du nicht darauf bauen willst. Byrd brilliert eher in seiner Rolle als tiefer Safety, der trotz seiner relativ langsamen Beine instinktiv genug spielt um der perfekte Partner für Vaccaro zu sein und eine Art Saints-Version der Legion-of-Boom zu kreieren. Sagt die Theorie. Wie es in der Praxis aussehen wird, bleibt abzuwarten. PFF.com hat eine interessante Charakterisierung des Spielers Byrd vorgenommen.

Wenn Byrd wirklich so tief spielt wie PFF andeutet, dürften die Saints auf Cornerback vielleicht doch etwas dünn besetzt sein. Lewis in Ehren, vor dem aus Denver geholten Altstar CB Champ Bailey (der andere der beiden Neuzugänge) den Hut ziehend, aber hinter diesen beiden wird es dünn: Slot-CB White gilt als Sicherheitsrisiko und der einst hoch gedraftete CB Patrick Robinson gilt bisher als Bust. Vielleicht ist der Backup-Safety Bush eine Alternative. Hier böte sich an, noch im Draft nachzubessern.

Der größere Nachholbedarf herrscht allerdings auf Outside Linebacker, wo Junior Gallette zwar zuletzt eine extrem gute Saison spielte (12 Sacks, allerdings „nur“ 39 Successes), aber sein Gegenüber Butler gilt als austauschbar. Manch einer möchte für die Saints außerdem einen weiteren Inside-Linebacker sehen: Lofton und Hawthorne gelten als zu hüftsteif um alle Moves, die Rob Ryan von ihnen verlangt, umzusetzen. Möglicherweise wird hier für die Rotation und einige spezielle Plays nachgebessert.

„Vorne“ hofft man, dass der zuletzt aufgeblühte DE/DT Cameron Jordan keine Eintagsfliege war; Jordan, einstiger Erstrundenpick von Cal, galt lange als Enttäuschung, verbuchte aber von einer schwierigen Position aus (Hauptberuf 3-4 DE) 13 Sacks und bockstarke 46 Successes. Sein Nachbar, NT Broderick Bunkley, ist einer der stillen Helden jeder Footballmannschaft: Überall wo Bunkley spielte, war es mit gegnerischem Laufspiel nicht so doll, aber trotzdem wurde Bunkley Jahr für Jahr an die nächste Franchise weitergereicht. Die Saints hielten ihn nun für ein zweites Jahr en suite. Allenfalls die Tiefe geht dort vorn ab. Vielleicht kann man einen Defense Liner für die Rotation draften.

Diese Abwehr wird vielleicht nicht noch einmal 5.5 NY/A fabrizieren, aber wenn es – sagen wir – um die 6.0 NY/A sind und vielleicht die eine oder anderen Interception mehr (mit nur 2.2% INT-Quote war man mal wieder im untersten Viertel), dann dürfte es reichen um mit der eigenen Offense im NFC-Spitzenfeld zu bleiben.


Ein paar Worte sollte man doch noch über besagten Angriff verlieren. Brees ist ein Hall-of-Famer per Akklamation und mit seiner herausragenden Karriere locker einer der zehn herausragenden Quarterbacks der NFL-Geschichte, aber er konnte bisher stets auf einen sehr runden, breiten WR-Corp bauen – nie den einen großen Superstar-WR, sondern eine ganze Latte an unterschiedlichen Spielertypen, die einander sehr gut ergänzten.

Nur in New Orleans war es einst möglich, dass Brees mit über 5000 Pass-Yards einen Kern bedienen konnte, der nicht einen einzigen Receiver mit mehr als 1000 Yards sah. Allerdings dünnt sich der Kader langsam aus.

Lance Moore (41 Catches) verabschiedete sich gen Pittsburgh. WR Meachem (zuletzt allerdings kaum mehr ein Faktor) wurde erstmal auf den freien Markt gelassen, aber weil er noch keinen Abnehmer fand, ist eine Rückkehr noch nicht auszuschließen. Und mit dem vielseitigen RB/Slot-WR Sproles gehen weitere 80 Catches und eine Portion Kreativität flöten (Sproles wurde nach Philadelphia getradet).

Der beinharte Slot-Bolzen Marques Colston (sah 129 Anspiele, machte 88 Catches) kommt langsam in die Jahre, was man immer dran merkt, dass er College-Football an einer Uni spielte, die längst keine Footballmannschaft mehr hat (Hofstra).

Der einzige junge Wide Receiver mit Versprechung auf mehr ist der letztes Jahr gedraftete Kenny Stills (machte 35 Catches, wurde in 48% der Fälle tief angespielt). Ach, und WR ähhh TE Jimmy Graham ist auch noch da. Graham ist die Schlüsselfigur schlechthin auf den Skill-Positionen: Ein 2m großer ehemaliger Basketballspieler, als Vorblocker nicht zu gebrauchen, aber überall am Spielfeld unterwegs und mit konventionellen Methoden nicht zu stoppen. Graham sah zuletzt „nur“ 140 Anspiele, was eher wenig ist gemessen an seinem Einfluss im Game-Planning. Graham spielt die Mehrzahl seiner Snaps von traditionell früher den Wide Receiver vorenthaltenen Positionen, ist aber von der Art wie er eingesetzt wird, näher am Tight End: Man versucht ihn, gegen Linebackers abzustellen, oder die Linebacker und Safetys mit seiner Präsenz vom Spielgeschehen wegzuziehen.

Graham wird gerade vom Leben gefickt: Erst bekam er von den Saints die Franchise-Tag für Tight Ends übergestülpt und verlor so zirka 5 Mio/Jahr (die WR-Tag ist 12 Mio. wert, die TE-Tag nur 7 Mio.), dann verbot die NFL seinen Touchdown-Zauber.

Für die Saints ist die Situation nicht ganz ohne: Das neue CBA schreibt den Teams vor, dass die Franchise-Tag für die Position vergeben werden muss, auf der der Spieler in der Saison zuvor die meisten Snaps gespielt hat. Das war bei Graham, dem Tight End, trotz allem Wide Receiver. Die Verhandlungen laufen noch, und möglicherweise müssen die Saints ihrem Graham noch entweder die teure Franchise-Tag überstülpen oder ihm einen ca. 10 Mio/Jahr schweren Vertrag anbieten – beides könnte die angespannte Cap-Situation noch soweit strapazieren, dass anderswo ein Leistungsträger dran glauben muss (sprich: entlassen werden muss).

Im Backfield vertraut man neben dem genialen Brees auf die RB-Rotation: RB Thomas ist nicht der stabilste was seine Gesundheit angeht, aber er war eigentlich immer ein grundsolider Ballträger, der zuletzt auch wieder 77 Catches beisteuerte. Der eindimensionale Power-Runner Ingram und der parasitäre Kyrie Robinson ergänzen Thomas – nicht auszuschließen, dass man spät im Draft noch einen weiteren Allrounder holt.

Bleibt die Offensive Line: C De la Puente ging nach Chicago und wurde noch nicht ersetzt. Möglicherweise nach Cornerback die größte Lücke, was sofortigen Nachbesserungsbedarf angeht. Das zweite Fragezeichen betrifft LT Armstead, vor einem Jahr als Rookie mit athletischen Rekordwerten von einer absurd kleinen Uni geholt, aber in seinen ersten Einsätzen ziemlich übermannt. Armstead gilt aber als talentiert und mental stabil genug, dass man ihm die LT-Rolle zutraut. Schlechter, sagt man in New Orleans, als der geschasste Charlie Brown kann es mit Armstead auch nicht werden, und selbst Brown hat es nicht geschafft, unsere Offense in den Abgrund zu reißen.

Die Saints konnten nicht viel gewinnen in dieser Offseason, aber sie machten genau die Moves, die sie machen konnten, um zumindest den Status-Quo zu halten. Zumindest eine Ergänzung auf Linebacker, einen neuen Center, einen #3/#4-Wide Receiver in einem gut besetzten Draft, und der Kader kann wieder als relativ komplett angesehen werden.

Viele Schlüsselspieler dürfen sich zwar nicht verletzten, aber man ist personell und von den Coaches nicht weit von den Giganten des Westens, San Francisco und Seattle, entfernt. Und man hat den besten Quarterback aus diesem Trio.


Nachschub: Der Artikel stammt von Anfang Woche. Da ich auf der momentan „on Tour“ nur begrenzten Internetzugang habe, kann es sein, dass die Saints seither Moves gemacht haben. Sollte das passiert sein, scheinen sie in diesem Artikel nicht auf. Ich bitte darum, von einer verbalen Steinigung abzusehen.

Jacksonville Jaguars in der Sezierstunde

Nach allen Metriken zur Leistungsbewertung waren die Jacksonville Jaguars 2013/14 nicht bloß das schwächste Team der Saison; sie waren eines der schwächsten Teams der letzten zehn Jahre. Sie waren so schlecht, dass man unterwegs fast Angst vor der dritten sieglosen Saison der Superbowl-Ära haben musste. Dann würgten sie sich doch noch zu Siegen bis zum Ringfinger – freilich auf Kosten des Top-Draftpicks 2014. Aber viel wichtiger: Die Mannschaft zeigte Leben. Das fällt positiv auf den noch unerfahrenen Trainerstab zurück. Und mal ehrlich: Niemand hatte was anderes erwartet als chancenlose Jacksonville Jaguars.

Überblick 2013

Record         4-12
Enge Spiele    4-2
Pythagorean    3.0    32
Power Ranking  0.195  32
Pass-Offense   5.4    31
Pass-Defense   6.8    26
Turnovers      -6

Management

Salary Cap 2014.

Es mag zynisch klingen, aber eine der wichtigsten Erkenntnisse der Saison war der Abgesang auf QB Blaine Gabbert, erst vor drei Jahren mit Pauken und Trompeten als neuer Retter der Franchise verkündet, der sich dann aber als kolossaler Bust entpuppte. Gabbert wurde von GM David Caldwell nach San Francisco getradet, und Caldwell konnte für Gabbert sogar noch einen 6th-Round Draftpick herausschlagen, womit er per Knopfdruck seinen Finalplatz im Voting um den NFL-Manager des Jahres sicher hat.

Caldwell verlängerte dafür mit Gabberts Backup Henne um zwei Jahre; niemand glaubt mehr ernsthaft, dass Henne die Zukunftslösung ist, aber zumindest als Absicherung sollte Henne ausreichen. Er nimmt vielleicht auch erstmal Druck von den Jags, im Draft einen Quarterback ziehen zu müssen.

Die Offseason bisher war klar gekennzeichnet vom Versuch, eine Art „Seattle des Südostens“ zu kreieren. Macht zum Teil Sinn: Head Coach Gus Bradley kam vor einem Jahr eben aus Seattle nach Jacksonville, und er ist bekannt dafür, eher unkonventionelle, flexible Spielertypen zu suchen. DT/DE Red Bryant und DE Chris Clemons wurden via Free-Agency geholt. Bryant und Clemons waren vielleicht beim Titel-Run 2013/14 nicht mehr die großen Leistungsträger in Seattle (Verletzungs- und Altersgründe), aber beide waren vor Jahren die Vorreiter der aktuellen Spielergeneration beim Superbowl-Champ: Anderswo gescheiterte oder billig bekömmliche Existenzen, die man mit klugem Game-Planning zu Stars machte. Beide werden in Jacksonville die Aufgabe bekommen, Power an die Anspiellinie zu bringen.

Und zwar die Power, die man Leuten wie dem NT Roy Miller oder dem mittlerweile wohl endgültig gescheiterten DT/DE Tyson Alualu nicht mehr zutraut. Als dritter Neuzugang wurde bislang DE Ziggy Hood vermeldet, auch so ein einstiger 1st-Rounder, der in Pittsburgh gescheitert ist. Die Versuche sind erstmal klar erkennbar: Finde billige Notlösungen um zumindest ein bissl „Punch“ in der Front-Seven zu haben, damit zu zumindest eine Chance hast, ein paar Spiele zu gewinnen.

Was sollten die Jaguars sonst auch machen? Der Kader hat nur sehr beschränktes Individual-Talent. Die Topspieler dürften aktuell eher „Top-Prospects“ sein: Der dynamische FS Jonathan Cyprien oder der LT Luke Joeckel aus dem letztjährigen Draft zum Beispiel oder der WR Justin Blackmon, Draft-Klasse 2012, wobei ausgerechnet Blackmon ein wandelndes Drogenproblem ist und ständig nahe einer Sperre wandelt.

Viel mehr ist nicht. Das ist – wie bei den Raiders – auf der anderen Seite aber auch spannend, denn es öffnet so viele Wege über die man im Draft neue Spieler holen kann. Persönlich würde ich in so einer Situation immer zuerst Offense draften und hoffen, mit einer Latte an bezahlbaren Routiniers wie eben Bryant oder Clemons zumindest akzeptable Defense zu haben. Dagegen spricht natürlich der Faktor Bradley (kommt von der Defense), aber auch das möglicherweise epische Talent DE Jadeveon Clowney, das die Jags vielleicht (mit großem V) an #3 draften können – und sollten. Clowney dürfte eine Idealbesetzung für die berühmte LEO-Position in der Bradley-Defense sein. Bleibt aus Jacksonville-Sicht nur zu hoffen, dass Clowney zu haben ist.

Wenn nicht, ist alles offen.

In der Offense Line sind alle Positionen außer Left-Tackle (Luke Joeckel wurde erst letztes Jahr an #2 gedraftet) und einer Guard-Position (Beadles wurde aus Denver eingekauft) noch in der Ausschreibung.

Bei den Wide Receivers kann man darauf hoffen, dass Blackmon einer weiteren Sperre entgeht. Man hat in Cecil Shorts einen grundsoliden #2-Mann, der es für den Moment wohl tut. Der kleinwüchsige Slot-WR Ace Sanders soll auch mit zunehmendem Saisonverlauf immer mehr Spielverständnis gezeigt haben und gilt wohl momentan als ernst zu nehmende Alternative. Der von mir sehr geschätzte Backup-WR Mike Brown bekam die RFA-Tag übergestülpt und wird in Jacksonville bleiben; Brown ist für mich rein optisch durchaus ein Kandidat für den Durchbruch.

Bei den Tight Ends ist zwar hinter dem teuren Mercedez Lewis nicht viel da, aber auch wenn Lewis eher A-Klasse denn S-Klasse ist, Lewis tut es erstmal für das nächste Jahr.

Bei den Running Backs wurde der Kampfzwerg Jones-Drew nach acht grundsoliden Jahren ziehen gelassen; mit Toby Gerhart kommt ein interessanter Mann aus Minnesota neu in den Mischer. Gerhart ist ein weißer Back, der bei Stanford am College schon eine massive Rolle spielte. In Minnesota agierte Gerhart als Backup für den Meister, Adrian Peterson, und sah nicht mehr viele Carries. Gerhart ist ein eher schwerer Back, der für sein Gewicht aber erstaunlich schnell und wendig aussieht. Er gilt als Power-Back, aber man hat ihn schon Leute aussteigen sehen.

Gerhart wurde für einen relativ teuren 3yrs/10 Mio.-Vertrag geholt, und es sieht danach aus, dass die Jags ihm die Starter-Rolle zukommen lassen wollen. Als Backup dürfte der kleine Jordan Todman fungieren. Als X-Faktor könnte „Shoelace“ Denard Robinson agieren; Robinson ist noch ein sehr ungeschliffener Mann, den man langsam in die Offense integrieren möchte. 2013 war man in Jacksonville nicht sehr kreativ im Einsetzen von Robinson, der natürlich durchaus Bust-Potenzial hat.

Tja, und dann ist da die Quarterback-Position. Ein Franchise-QB kann viele der Fragezeichen übertünchen. Meine favorisierte Version für Jacksonville im Draft-2014 ist – sollte Clowney nicht zu haben sein – das Suchen und Finden einer QB-Hoffnung für die Zukunft. Ich würde nach wie vor Teddy Bridgewater als Favoriten sehen, auch wenn die Stimmungslage in den Medien mittlerweile weit weg von Bridgewater zu gehen scheint.

Vielleicht kann man so priorisieren?

  • Quarterback: hoher Nachbesserungsbedarf
  • Running Back: kein Nachbesserungsbedarf
  • Wide Receiver: geringer kurzfristiger Nachbesserungsbedarf
  • Tight End: Backup fehlt
  • Offensive Tackle: Right Tackle fehlt
  • Offensive Guard: nur eine Position ist belegt
  • Center: hoher Nachbesserungsbedarf
  • Defensive Line: mittlerer Nachbesserungsbedarf
  • Edge-Rush: hoher Nachbesserungsbedarf
  • Linebacker: mittlerer Nachbesserungsbedarf
  • Secondary: mittlerer Nachbesserungsbedarf

Jacksonville hat im Draft elf Picks. Die meisten sind zwar erst in den Runden 4, 5 und 6, aber du kannst damit ja auch den einen oder anderen Trade nach oben wagen. Du hast auf alle Fälle Flexibilität. Wie der Draft ausgehen wird und welche Spieler / Positionen nach Jacksonville gehen werden, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Wunschvorstellung wäre Clowney oder Bridgewater. Aber es kann alles ganz anders kommen, und es wäre vielleicht auch nicht schlimm. Wichtig ist, dass Jacksonville wenigstens drei, vier Spieler finden muss, die mittelfristig Leistungsträger werden. Bausteine, die das Fundament verbreitern und solidieren, damit diese Mannschaft spätestens in zwei Jahren wieder angreifen kann.

Denver Broncos in der Sezierstunde

Eigentlich war die Denver Broncos in der Saison 2013/14 alles perfekt gelaufen. Eigentlich hatten sie alle Offense-Rekorde pulverisiert, die es zu pulverisieren galt. Eigentlich hatte sich dann jeder auf das krönende Highlight Superbowl 2014 gefreut, aber das mutierte bekanntlich schon mit dem ersten Spielzug zum Fiasko, was dazu führte, dass eine eigentlich famose Saison im Rückspiegel mit einem Sternchen bewertet werden muss. Jetzt ist 2014. Jetzt geht es auf ein Neues.

OffCoord Adam Gase und QB Peyton Manning führen die Offense ein weiteres Jahr an. Das System Manning ist lange abgeluscht, aber noch einmal in Kurzform: Manning lebt nicht mehr von einem monströsen Wurfarm, der mit seinen 38 Lenzen nur noch zu den durchschnittlichen gehört. Das Erfolgsgeheimnis ist Mannings Kopf, seine Erfahrung, seine Intuition.

Überblick 2013

Record        13-3    SB
Enge Spiele    3-3
Pythagorean   12.1     2
Power Ranking  0.725   3
Pass-Offense   7.7     1
Pass-Defense   6.3    16
Turnovers    +/- 0

Management

Salary Cap 2014.

Es ist nicht mehr 100% die 3WR / 1TE / 1RB Aufstellung, die Manning spielen lässt, aber sie ist noch immer das Basiselement dieser Mannschaft: Better With Age. Entsprechend ausgerüstet sollte auch der Spielerkern in der Offense sein.

Die Einser-Offense dürfte passen. WR Demariyus Thomas und TE Julius Thomas sind beide Hünen und Matchup-Probleme, wenn auch beiden zum absoluten Superstar-Status noch ein Quäntchen Konsequenz fehlt. Der #2-Wide Receiver wurde mit Eric Decker zwar verloren, aber niemand geht davon aus, dass das ernsthaft ein Problem sein wird, zumal WR Andre Caldwell für billiges Geld gehalten wurde und mit WR Emmanuel Sanders ein grundsolider Ergänzungsspieler aus Pittsburgh geholt werden konnte. Sanders kostet wenig Geld; er konnte in Pittsburgh nicht alle in ihn gesteckte Erwartungen erfüllen, aber er war stets ein verlässlicher zweiter oder dritter Mann. Dazu Wes Welker als Slot-Sicherheitsoption. Viel mehr braucht Denvers Offense nicht.

Auf Running Back wird nach dem schmerzlosen Abgang von Knowshon Moreno (das Vertragsangebot der Broncos soll „lächerlich“ gewesen sein) vielleicht nachgebessert. Einen hohen Draftpick wird man wohl eher nicht investieren, aber einen dritten Mann hinter Montee Ball und Ronnie Hillman kannst du schon ergänzen. Einen Fokus wird man dabei auf die Pass-Block Qualitäten des eventuell neuen Backs legen.

Die Offense Line galt eigentlich trotz des Ausfalls von LT Ryan Clady als mehr als solide, wurde aber in der Superbowl zermalmt, dass es beim Zuschauen weh tat. Es ist vorstellbar, dass Denver in einer tief besetzten Tackle-Klasse auf Right Tackle aktiv wird: Franklin ist kein unterirdischer Mann, aber durchaus upgrade-würdig. Sollte zufällig das richtige Prospect auf dem Tablett liegen, würde ich über ein Zupacken nachdenken.

In der Free-Agency wurde außerdem Will Montgomery aus Washington eingekauft, eine Art Zwitter-Dings zwischen Center und Left Guard. Montgomery wird einen der beiden Plätze einnehmen, den anderen der bisherige Center Ramirez. Das Schreckgespenst eines Stammspielers Kuper in der Offensive Line scheint somit abgewendet.

Generell gilt: Eine Offense Line vor Peyton Manning muss nicht überragend aufgestellt sein. Aber mit dem Superbowl-Desaster im Hinterkopf war der Handlungsbedarf trotzdem durchaus berechtigt. Personell ist diese Offense nicht viel schlechter als letztes Jahr aufgestellt; Manning ist zwar ein weiteres Jahr gealtert, Decker ist zwar weg, aber dafür ist die Offense Line besser aufgestellt, und LT Clady kehrt auch zurück. Es müssen ja nicht mehr 55 Touchdowns in der Regular Season werden; einen eventuellen Produktivitätsverlust wird die verbesserte Defense auffangen.

Dort wurde ordentlich ausgemistet: Durchschnittsspieler wie DE Ayers, DE/OLB Shaun Phillips, CB Jammer, DE Mincey, S Adams, S Huff oder LB Woodyard wurden geschasst. CB Bailey wurde aus Alters- und Cap-Gründen ziehen gelassen. CB Rodgers-Cromartie bekam auch keine Vertragsverlängerung, aber seine Situation war etwas vertrackter als bloß „zu teuer“.

Um vorne zu beginnen: Die Front-Seven der Broncos liest sich nach der bisherigen Offseason schon recht mächtig. Das allerbeste an den meisten Spielern im Kader ist ihre Flexibilität: Ein Derek Wolfe zum Beispiel wurde einst als Tackle gedraftet, spielte – und überzeugte – dann aber vor allem in der Rolle des Ends. Ein Miller hat schon quasi alles gespielt. And so on. Wenn Head Coach John Fox und DefCoord Jack Del Rio mehr als 4-3 Defense spielen wollen, oder die 4-3 Defense variabel gestalten wollen, können Dutzende Formationen ausprobiert werden.

Wenn es um Passrush geht, hast du dank Kalibern wie dem Eigenbauprodukt OLB Von Miller (sensationelle 5.24 +EPA/Spiel trotz Verletzung) sowie dem aus Dallas eingekauften DE/OLB Demarcus Ware (Vertrag 3yrs/30 Mio) zwei epische Talente, die beide nicht auf eine Position fixiert sind. Miller übte ursprünglich eine sehr aggressive Version des 4-3 OLBs aus, aber minimum gleich effizient war er stets in seiner Arbeit als Defensive End in speziellen Nickel-Situationen. Miller ist überhaupt der große Schlüsselspieler, wenn er wieder fit ist: Er ist vielleicht der universellste Linebacker, den es gibt. Passrush, Deckung, Lauf-Defense: Der Mann kann alles.

Etwas eindimensionaler ist Ware, der recht stark auf seine Arbeit im Passrush festgenagelt werden kann, aber das machte Ware nun fast ein Jahrzehnt lang so gut wie kein oder kaum ein anderer. Ware ist in einer 3-4 Front als OLB einsetzbar, oder in einer 4-3 Front als Defensive End. Und für verrückte Situationen kannst du einen Ware auch in die Mitte stellen, als Tackle, der innen Passrush bringt.

Vorne drin kannst du deine vielen Line-Spieler in einer 4-3 Front aufstellen:

  • DT Knighton, DT Vickerson als Stamm
  • DT Williams, DT Unrein, DT Fua als Rotationsspieler
  • DE Ware, DE Wolfe als Stamm
  • DE Jackson, DE Smith für die Rotation

Ein Knighton ist mit seiner für seinen Körperfettanteil unglaublich beweglicher Spieler, ist auch vorstellbar in einer Rolle als Nose Tackle in einer 3-4 Defense. Diese könnte so aussehen:

  • NT Knighton, DT/DE Wolfe, DT Williams für die Line
  • OLBs Miller und Ware für den Passrush an den Flanken

Die Optionen stehen dir offen. Du hast zwei high end-Superstars in Ware und Miller, einen sehr, sehr guten Tackle in Knighton, der um einen neuen Vertrag spielt (Knightons extrem billiger Vertrag läuft 2015 aus), und eine Reihe an soliden, jungen Spielern, die alle mal in den frühen Runden gedraftet wurden. Kleine Fragezeichen gibt es doch noch: Wolfe hatte letztes Jahr fast schon chronisch anmutende Gesundheitsprobleme, Williams‘ Einstand als Rookie war eine Spur besorgniserregender als normalerweise Rookie-DTs, die in die NFL kommen.

In Mincey, Ayers und Phillips sind allerdings drei Rotationsspieler gegangen, in Ware nur einer gekommen. Die Frage ist: Kommen noch 1-2 Talente aus den mittleren Draftrunden?

Bei den Linebackers ein ähnliches Bild: Der bereits bekannte Miller killt die Strong-Side (SAM-Linebacker) quasi seit seinem ersten Tag als Profi wie der Weltmeister. Die anderen Stammspieler wie Trevathan (Weak-Side; zuständig für viele Tackles) oder Irving/Johnson (Middle-Linebacker) sind guter NFL-Durchschnitt, aber nicht mehr. Vor allem Irving ist nur gegen das Laufspiel gebräuchlich. Es ist nicht auszuschließen, dass Denver in der ersten oder zweiten Runde nach einem flexibleren Inside-Linebacker Ausschau hält.

In der Secondary schickte man Rodgers-Cromartie weg, der ein gutes Jahr hatte. Im Gegenzug wurde CB Aqib Talib aus New England geholt. Talib und Rodgers-Cromartie dürften spielerisch in etwa auf einem Level liegen, aber die Einstellung Talibs gibt trotzdem kleine Fragezeichen auf: Man schickte DRC (der Annahme nach) aus Gehaltsgründen fort, aber Talib mit seinem Sechsjahresvertrag über insgesamt 57 Mio. Dollar und massivem Handgeld (ca. 25 Mio.) ist sogar eher noch teurer. Dazu kommen Charakter-Bedenken bei Talib sowie eine Historie an Verletzungen in Schlüsselmomenten, die man sich in New England zum Kaffeeklatsch erzählt.

Slot-CB Chris Harris ist ein Guter und er kehrt zurück. Weil aber Bailey entlassen werden musste (zu alt, zu teuer), ist zumindest noch eine Position in der Stammformation auf Cornerback unbesetzt. Vielleicht ist das der größte Need der Broncos vor dem Draft.

Safety geht klar: Als Strong-Safety und extrem guter Run-Defender konnte T.J. Ward aus Cleveland losgeeist werden, und sein Nebenmann ist der mehr als zufriedenstellende FS Rahim Moore. In Summe muss man hier höchstens Angst haben, wenn sich beide schon in Woche 1 auf die IR verabschieden sollten – ein denkbar unwahrscheinlicher Fall.

Zusammenfassend kann man konstatieren, dass Denver gute Arbeit geleistet hat: Man opfert zwar die Zeit nach 2016 einer möglichen „Cap-Hölle“, aber dann ist QB Peyton Manning wohl eh weg, und ein Neuaufbau wird sowieso unumgänglich. Bis dahin hast du nun ein oder zwei Chancen, doch noch die Superbowl zu gewinnen.

Eklatant ersichtliche Needs gibt es nicht, aber wenn wir schon drüber schreiben müssen, bitte:

  • Cornerback (Stamm)
  • Inside Linebacker (Stamm)
  • Wide Receiver (Depth)
  • Safety (Depth)
  • Right Tackle (Upgrade)

Gestern die Patriots, heute die Broncos. Diese Offseason hatte etwas von Wettrüsten im Duell dieser beiden Franchises um die Vorherrschaft in der AFC. Den Patriots ist es gewiss gelungen, die Lücke etwas zu schließen, aber ganz gewaltiges Verletzungspech mal nicht betrachtet, stehen die Broncos möglicherweise noch einen Zacken über dem Rivalen. Man vergesse nicht, dass Denver 2013/14 mit seinen mickrigen 38% recoverten Fumbles nicht bloß ein erfolgreiches, sondern auch noch ein unglückliches Team waren!

In einer langen NFL-Saison kann so einiges passieren, aber es sieht schon vor dem Draft so aus, dass die AFC 2014 möglicherweise wieder Richtung Zweikampf hinausläuft.

New England Patriots in der Sezierstunde

Die New England Patriots sind gleichzeitig das Murmeltier und das Chamäleon der NFL. Murmeltier, weil sie die gefühlt zwanzigste 12-4 Saison en suite absolviert haben und in der Titelvergabe zumindest leise mitsprachen. Chamäleon, weil diese Mannschaft in den letzten Jahren eigentlich mindestens zehn Mannschaften war. Allein in der abgelaufenen Saison 2013/14 war man mehr oder weniger ohne zeitliche Trennung offensive Trostlosigkeit, defensives Bollwerk, dann wieder offensive Passgewalt mit defensivem offenen Scheunentor, dann wieder ein Wirbelwind von Lauf-Offense mit Hand zur Interception in der Defense. Man war alles in einem – mal wieder.

Die Größe des Head Coaches / General Managers Bill Belichick muss nicht weiter diskutiert werden. Man kann allerdings nicht oft genug unterstreichen, dass diese Kombination aus so langer Erfolgsserie aus 12-4 Saisons aufwärts und der Wandelbarkeit der Belichick-Mannschaften ziemlich einmalig in der Profifootballgeschichte sein dürfte. Dass New England seit mittlerweile zehn Jahren keinen Titel mehr gewonnen hat, ist eigentlich ein Treppenwitz. Im Prinzip wären die Patriots mal wieder dran.

Überblick 2013

Record        12-4    CC
Enge Spiele    7-4
Pythagorean   10.7     8
Power Ranking  0.569  11
Pass-Offense   6.2    15
Pass-Defense   6.3    15
Turnovers      +9

Management

Salary Cap 2014.

2013/14 endete in einer 12-4 Saison mit einem Playoff-Kantersieg gegen Indy und einem gefühlten Playoff-Debakel in Denver. Es hätte aber auch alles ganz anders kommen können. Die vier Pleiten im Grunddurchgang waren allesamt Freakspiele, die leicht auch hätten gen Patriots ausschlagen können. Auf der anderen Seite hatte man auch sieben knappe Siege, darunter umstrittene Dinger wie gegen New Orleans oder Cleveland. Man war am Ende erstaunlich mittelmäßig in den meisten Effizienz-Kategorien, aber vielleicht war man dann doch wieder nur ein paar präzisere tiefe Bomben von der Superbowl entfernt.

Ein Problem der abgelaufenen Saison war unter anderem das enorme Verletzungspech: Zeitweise waren beide Offensive Tackles im Krankenstand, der Corp der Wide Receiver sah jede Woche neu aus, TE Gronkowskis Geschichte ist bekannt, und in der Defense verabschiedeten sich nacheinander LB Mayo, DT Wilfork und immer wenn es um die Wurst ging, wie gewohnt auch der CB Talib.

In der Offseason antwortete Belichick darauf nicht mit dem Versuch, Kadertiefe auszubauen, sondern – ungewohnt für ihn – mit einigen Star-Einkäufen. Im Gegenzug wurde eine ganze Latte an Hinterbänklern oder zu alten Spielern hinausgeschmissen. Und auch nicht charakteristisch: Mit dem abwanderungswilligen DT Wilfork wurde vertraglich nachgebessert. So viel win now Modus waren die Patriots zuletzt im Frühjahr 2007.

Die Story der Offseason war der Einkauf von CB Darrelle Revis, dem besten Manndecker der NFL. Die Auswirkungen des extrem potenten Moves und Vertrags hatte ich schon diskutiert. Fakt ist: Revis ist, wenn schematisch korrekt eingesetzt, konkurrenzlos in der NFL. Er spielt das Spiel auf einem anderen Level als alle anderen Cornerbacks. Er ist der einzige, dem man bedingungslos den besten Receiver des Gegners anvertrauen kann – und das ist ja die Kernbotschaft des Defense-Genius Belichick: Schalte den gefährlichsten gegnerischen Spieler aus.

Revis ist mit seinen einzigartigen Fähigkeiten im direkten 1-vs-1 aber noch mehr: Er ermöglicht einem Coach, seine Safetys schematisch anders einzusetzen. Anstatt jedem Cornerback zumindest theoretisch einen Safety als Absicherung gegen den worst case (= 70yds Touchdown-Pass) in die Nähe zu stellen, kannst du Revis auch vier Viertel plus Overtime allein auf dem Egotrip gegen die Johnsons und Fitzgeralds lassen. Allein auf der Insel. Daher gründet auch Revis Island™.

Revis ist allerdings auch ein finanzielles Risiko: In der Praxis ist er ein 12 Mio./Jahr-Mann, der auch nächstes Jahr auf alle Fälle Geld gegen die Salary-Cap der Patriots zählen wird. Revis wird nur 2014 unter seinem Vertrag in New England spielen. Spätestens im März 2015 muss nachverhandelt werden, oder es kommt die Trennung.

Viel, sehr viel freundlicher ist da der Dreijahresvertrag, der CB Brandon Browner untergejubelt wurde. Browner ist ein original Gründungsmitglied der viel diskutierten Legion of Boom in Seattle, durfte aber in den letzten Monaten aufgrund einer komplizierten Dopingsperre nur noch als Teilzeitkraft mitwirken und geriet fast in Vergessenheit. Browner ist kein Revis, er gilt aber auf der Höhe seines Schaffens als sehr, sehr solider Mann, der der Secondary im schlimmsten Fall Tiefe gibt.

Im Gegenzug wurde CB Talib ziehen gelassen – angesichts des verrückten Vertrags, den Talib in Denver bekam, und Revis/Browner ein guter Move von den Patriots. Der jahrelange Schwachpunkt Defensive Backfield liest sich bei den Patriots mit einem Mal qualitativ hochwertig:

  • CB Revis / CB Browner als Starter außen
  • CB Arrington als Starter im Slot
  • CB Ryan / CB Dennard als Backups
  • FS Devin McCourty
  • SS Wilson / Gregory / Chung als Konkurrenzkampf

Ein Dennard zum Beispiel gilt ja auch nicht als Gurke, höchstens als Knalltüte, der jederzeit mit einem Fuß im Knast steht. Etwas irritierend ist die Rückholung von Chung aus dem Exil in Philadelphia, aber gut. Alles muss man dann auch net verstehen.

„Vorne“ steht mit dem beendeten Vertragsstreit mit dem Ankermann Wilfork sowie der Rückkehr des ILBs Mayo zumindest die Achse wieder. Die Front-Seven der Patriots ist gleichzeitig frustrierend und aufregend, weil sich dort mittlerweile eine einmalige Ansammlung aus Supertalenten tummelt, die aber nie zugleich ihr ganzes Potenzial ausschöpfen können.

Zuerst die Linebackers: Mayo ist mit seiner Spielintelligenz ein Leadertyp, aber spielerisch laufen ihm vielleicht mittlerweile andere schon davon. Der junge DE/OLB Jamie Collins, im Belichick-System zuletzt der Weakside Linebacker, zum Beispiel, ein brutal schneller Mann, der für Momente in seiner Rookiesaison 2013 wie ein Weltklassemann aussah und nur noch besser werden sollte. Oder der Mann, der feuchte Träume wahr werden lässt: LB Dont’a Hightower, einer meiner Lieblingsspieler seit Jahren, der sich in zwei Jahren zu einem kompletten Spieler entwickelt hat. Das ist ein LB-Kern, der allenfalls noch einen oder zwei bessere Backups als Absicherung verträgt.

Dann Defensive Ends: DE Chandler Jones war erst vor zwei Jahren ein Erstrundenpick, und mit seinen 10 Sacks liest sich die Bilanz nicht übel, aber Jones hat immer wieder Aussetzer. Er ist gebaut wie der prototypische End der NFL 2014, und alle bescheinigtem ihm schon immer eine glänzende Zukunft, aber er schaffte es bisher nicht, die extrem hohen Erwartungen zur Zufriedenheit aller zu erfüllen. Mehr geliebt wird da anscheinend der harte Arbeiter auf der anderen Seite, Rob Ninkovich, eine Art neuer Vrabel. Das ist in Kombination guter, aber nicht herausragender Passrush. Es ist höchstens potenziell herausragender Passrush.

Dann Tackle: Wilfork ist, wenn fit, gesetzt. Mit seinem schätzungsweise zwei Zentnern zählt er eigentlich für zwei, und das fühlte sich dann letztes Jahr nach seinem Ausfall auch erstmal so an. Die Lücke, die Wilfork hinterließ, war extrem, auch wenn sich seine Backups um Chris White und Tommy Kelly besser schlugen als befürchtet.

In der Defense sehe ich durchaus die Option für New England, Defensive Tackle und Defensive End hoch zu priorisieren. End als Ergänzung zu Jones/Ninkovich. Tackle mit kurz- (Verletzungen, Kadertiefe), aber auch mittelfristigem Fokus (Wilfork ist 33). Es schadet nie, genügend Line-Männer zu haben, deswegen gehe ich auch bei einem Anarchisten wie Belichick davon aus, dass irgendwann in den ersten ein oder zwei Runden als Minimum ein Defense Liner gezogen wird.

Die Offense ist eine andere Art von Baustelle. Hier wird 24/7 geschraubt und gewerkelt, mit zuletzt immer wechselhafteren Erfolgen. OffCoord McDaniels ist fachlich mittlerweile unumstritten, aber er hat nur begrenzt satisfaktionsfähiges Material zum Arbeiten.

QB Tom Brady ist natürlich der Mann um den sich alles dreht, allerdings wurden die Schwachstellen in Bradys Spiel in der letzten Saison schon phasenweise brutal offen gelegt. Die „Lochpässe“ im AFC-Conference Championship Game in Denver stehen nur stellvertretend für eine Phase in Bradys Footballkarriere, in der er schlicht keinen qualitativ überragenden tiefen Ball mehr werfen kann. Brady war nie der ganz große Bomber – er profitierte halt ein paar Jahre lang von einem Randy Moss in Hochform, der jeden 60yder zum Touchdown verwertete, egal wie präzise oder hart geworfen.

Vielleicht würde Brady diesbezüglich ein deep threat auf Wide Receiver helfen – ein Spieler, der mit Geschwindigkeit die tiefen Routen laufen kann und sich im Idealfall im vollen Sprint an einen suboptimalen Ball anpassen kann. Die WR-Klasse 2014 im Draft ist gut besetzt, und mit Leuten der Güteklasse Cooks/Oregon State sind auch diese tiefen Waffen dabei. Einer von denen stünde den Patriots schon sehr gut zu Gesicht.

Es ist eh Wahnsinn, wie New England mit diesem WR-Corp 2013 überleben konnte. Für 2014 wurde bisher nicht viel geändert. Die Sicherheitsoption Edelman wurde gehalten. Edelman ist der neue Welker, mit 175 Anspielen, 121 Catches für 1229yds und 7 TD. Nur jeder fünfte Pass auf Edelman geht weiter als 15yds. Er ist keiner, der aus eigener Kraft gegen die besseren Cornerbacks durchkommt, aber er ist nervtötend, wenn er im Gewirrl der Spielfeldmitte zum siebten Mal ein 3rd-und-6 mit einem 6yds-Catch verwertet.

Quasi der gleiche Spielertyp, nur etwas explosiver, etwas größeres Potenzial, aber brutal viel mehr Verletzungsgefahr ist Danny Amendola, erst letztes Jahr geholt, und dann wieder vier Spiele mit Zipperlein ausgefallen. Amendola hat einen recht teuren Vertrag, und man munkelt, dass er noch ein Opfer der Salary-Cap werden könnte – vielleicht am 1. Juni. Bleibt er, hat New England zumindest zwei weiße Irrlichter für die Zonen zwischen und um die Hashmarks.

Langfristiger ist da schon der Block um die blutjungen WR Aaron Dobson, WR Kenbrell Thompkins und WR Josh Boyce sowie den eingekauften Brandon LaFell ausgelegt. Erstere zwei sind von der Anlage her klassische Wideouts: Groß, kräftig, sprungstark. Gerade bei Dobson merkte man letztes Jahr aber, dass die Umstellung von einer Conference-USA auf die NFL doch schwieriger ist als angenommen, und Dobson bekam dann auch noch wegen zu vieler Drops in einer anfänglich schlicht nicht funktionierenden Offense auf die Fresse. Es ist zu früh, ihn abzuschreiben.

Fazit: Bei den Wide Receivern ist es schwierig, noch viel zu machen. Man hat viele junge Ressourcen in die Position investiert und angesichts der Eingewöhnungsprobleme auf dieser Position könnte auch ein Rookie erstmal keine allzu große Hilfe sein. Einen Draftpick investieren würde ich allenfalls für einen klassischen deep threat, der die Offense lang machen kann. Sollte dieser deep threat kommen, dürfte ein Amendola in New England Geschichte sein.

Der Seuchenvogel in der Patriots-Offense ist natürlich TE Gronkowski, auf der Höhe seines Schaffens der beste Tight End in der NFL, aber Gronkowski wurde in den letzten Jahren von einer unheimlichen Masse an Verletzungen außer Gefecht gesetzt: Handbruch, Komplikationen nach Handbruch, Kreuzbandriss, und da haben wir noch nicht über die schlimmste gesprochen: Den Rücken. Gronkowski ist körperlich quasi ein Wrack. Du kannst nicht mehr auf ihn als Vollzeit-Starter bauen. Du kannst höchstens hoffen, dass er die Regular Season so gut es geht aussetzt um wenigstens in den Playoffs einsatzfähig zu sein. Ersatzplan ist Hoomanawanui, der trotz schlechter Leistungen gehalten wurde (werden musste?). Wird hier noch nachgebessert?

Bradys Stärke ist seine tödliche Präzision auf den kurzen und mittellangen Routen. Es ist seine jahrelange Erfahrung, sein Wissen um die Intentionen der Defense. Aber Brady hat auch eine Schwäche: Sieht er zu schnell im Spielzug Druck vom Passrush, geht seine Effizienz exponentiell gen „austauschbar“. Letztes Jahr kassierte Brady hinter einer wackeligen Backup-Offense Line 43 Sacks – ein für ihn unerhörter Wert. Mindestens genauso schlimm sind die tausend Incompletions, die Brady in solchen Momenten zu werfen pflegt.

Da ist die Offensive Line gefragt. Die war in New England über viele Jahre immer verlässlich (außer 2013, aber die Gründe sind bekannt). Das lag zum einen am Festhalten an der Strategie, häufig Erst- und Zweitrundenpicks auf OL machen. Zum anderen lag es am harten Hund, dem OL-Coach Dante Scarnecchia, der nach der Saison aber seinen Rücktritt bekannt gab. Wie wird sich sein Verlust auswirken?

Nun sollten LT Solder und RT Vollmer wieder einsatzbereit sein. C Wendell wurde trotz einer viel kritisierten Saison gehalten. LG Mankins ist bis auf seine Superbowl-Einsätze auch ein Spieler, auf den du schon zehn Jahre konstant bauen kannst. Die RG-Position ist noch in der Schwebe, aber wir wissen von Belichick, dass diese seine am niedrigsten priorisierte Position in der Offense ist. Vielleicht wird der Springer Cannon dort eingesetzt. Komplett ausschließen würde ich einen hohen Draftpick-Invest in die Offensive Line bei den Patriots aber nicht: Zum einen macht Belichick das immer gern, zum anderen ist vor allem Vollmer mit seinem Rücken kein verlässlicher Kandidat, alle Spiele bestreiten zu können.

War noch was? Running Backs, anyone? Legarrette Blount wurde wie erwartet ziehen gelassen, aber mit Ridley (trotz Fumble-Anfälligkeit), Bolden und dem „halben Gronkowski“ Shane Vereen gibt es noch etliche gute Backs. Nicht auszuschließen, dass mit einem mittleren Draftpick noch ein kräftiger Power-Back für den Geschwindigkeitswechsel addiert wird. Dann könnte man vielleicht Vereen noch konsequenter das machen lassen, was er letztes Jahr schon tat: Eine Art Gronkowski-Rolle spielen. Würde zwei Fliegen auf einen Schlag schlachten.

Summa summarum sind die Patriots mittlerweile deutlich besser aufgestellt als in der letzten Saison. Die Blutauffrischung in der Defense über die letzten Jahre zahlt sich langsam aus, und mit Revis ist vielleicht das noch fehlende Puzzleteil angekommen um wirklich wieder eine verlässliche Defense aufs Feld schicken zu können. Ich erwarte von der Abwehr in diesem Herbst einen großen Sprung nach vorn. Vielleicht noch ein, zwei hohe Draftpicks für die Rotation in der Line, dann passt das.

Die Offense ist vielleicht nimmer der Juggernaut früherer Tage, aber sie wird auch dann zumindest im Soll liegen, wenn keine tiefe Bedrohung mehr aufzutreiben ist. Alles in allem dürfte New England damit in der AFC wieder auf einer Stufe mit Denver zu sehen sein, sprich: Klarer Mitfavorit auf den Superbowl-Einzug.